Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 25.05.2005, Az.: S 34 AY 8/05 ER

Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbewLG) bei einem Aufenthalt in der BRD von mehr als 36 Monaten; Anforderungen an die Annahme der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts i.S.d. § 2 AsylbewLG; Fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik; Erforderlichkeit der Benennung der konkreten Mitwirkungshandlung des Asylbewerbers zur Beschaffung von Passersatzpapieren durch die Behörde

Bibliographie

Gericht
SG Hildesheim
Datum
25.05.2005
Aktenzeichen
S 34 AY 8/05 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 32816
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHILDE:2005:0525.S34AY8.05ER.0A

Fundstellen

  • ANA-ZAR 2005, 26 (Kurzinformation)
  • InfAuslR 2005, 329-331 (Volltext mit red. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Fall des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre.

  2. 2.

    Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können.

  3. 3.

    Bei ausreichend langer Aufenthaltsdauer widerspricht es dem Integrationsgedanken des Asylbewerberleistungsgesetzes, den Antragstellern Leistungen vorzuenthalten, die ihnen glaubhaft zustehen.

In dem Rechtsstreit
hat das Sozialgericht Hildesheim - 34. Kammer -
am 25. Mai 2005
durch
die Vorsitzende, Richterin J.,
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern zu 1. bis 7. vorläufig - bis zur Entscheidung über die Klage - Leistungen nach § 2 AsylbewLG nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und unter Anrechnung der nach §§ 1,3 AsylbewLG gewährten Leistungen zu gewähren.

  2. 2.

    Den Antragstellern wird unter gleichzeitiger Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt K., Göttingen Prozesskostenhilfe bewilligt.

  3. 3.

    Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe

1

I.

Der 1952 in Kumanova (ehemaliges Jugoslawien, jetzt Makedonien) geborene Antragsteller zu 1, seine Ehefrau, die 1964 in Sarajewo (ehemaliges Jugoslawien, jetzt Bosnien Herzegowina) geborene Antragstellerin zu 2. sowie die 1987 und 1989 jeweils in Kumanova geborenen Kinder der Antragsteller, der Antragsteller zu 4. und die Antragstellerin zu 3. sind Volkszugehörige der Roma und am 19.11.1992 aus Kumanovo nach Deutschland eingereist. Drei weitere Kinder der Antragsteller zu 1. und 2., nämlich die 1993 geborene Antragstellerin zu 5., der 1995 geborene Antragsteller zu 6. und die 1996 geborene Antragstellerin zu 7. sind in Deutschland zur Welt gekommen. Asylanträge der Antragsteller zu 1. bis 5. sind seit 18.11.1994 als offensichtlich unbegründet rechtskräftig abgelehnt. Der Asylantrag des Antragstellers zu 6. wurde mit Bescheid vom 24.08.1995 abgelehnt. Die Antragsteller zu 1. bis 7. sind vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und werden geduldet. Ausweislich eines Vermerks des Antragsgegners vom 31.08.2004 bezogen sie im Jahr 2004 seit wenigstens 6 Jahren Leistungen nach § 1,3 AsylbewLG. Auf Anforderung durch den Antragsgegner übersandte die Botschaft der Republik Makedonien Passersatzpapiere für die Antragsteller zu 1. bis 4. mit Schreiben vom 11.07.1995. Auf die erneute Anforderung von Passersatzpapieren übersandte die Botschaft der Republik Makedonien im November 1996 Passersatzpapiere für den Antragsteller zu 1, die Antragstellerin zu 3. und den Antragsteller zu 4. Mit weiterem Schreiben vom 17.1.1997 teilte die Botschaft mit, dass die Antragsteller zu 2., 5., 6. und 7. keine Staatsangehörigen der Republik Makedonien seien. Mit Schreiben vom 21.03.1997 wandte sich der Antragsgegner an das Generalkonsulat Jugoslawien mit der Bitte um Ausstellung von Ausweispapieren für die Antragsteller zu 2., 5., 6. und 7. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien erklärte sich mit Schreiben vom 16.05.1997 für unzuständig und verwies darauf, dass die Angelegenheit an die Vertretung Bosnien-Herzegowinas und Mazedoniens weiterzuleiten sei. Die mit Schreiben vom 21.05.1997 sowie 05.11.1997 an die Botschaft der Republik Bosnien-Herzegowina übermittelten Bitten um Ausstellung von Passersatzpapieren für die Antragsteller zu 2., 5., 6. und 7. blieben unbeantwortet. Die mit Schreiben vom 27.02.1998 an die Bezirksregierung Braunschweig übermittelte Bitte um Unterstützung bei der Passersatzbeschaffung blieb ausweislich der vorliegenden Ausländerakten ebenfalls unbeantwortet. Weitere Bemühungen um die Beschaffung von Passersatzpapieren sind nicht aktenkundig.

2

Gegen die Bewilligung von Leistungen nach §§ 1, 3 AsylbewLG mit Bescheid vom ...2004 legten die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten am 13.01.2005 Widerspruch ein, mit dem sie unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage zum ...2004 die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbewLG beantragen, hilfsweise ab Eingang des Antrags. Mit weiterem Bescheid vom 24.01.2005 gewährte der Antragsgegner den Antragsteilem ab 01.02.2005 wiederum Leistungen nach §§ 1,3 AsylbewLG. Auch hiergegen erhoben die Antragsteller insoweit Widerspruch, wie ihnen keine Leistungen nach § 2 AsylbewLG gewährt wurden. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2005 wies der Antragsgegner beide Widersprüche zurück und verwies zur Begründung darauf, dass die Antragsteller die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflussen, da sie es unterließen, bei der Beschaffung notwendiger Reisedokumente mitzuwirken. Hiergegen haben die Antragsteller am 08.02.2005 Klage beim Sozialgericht Hildesheim erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 34 AY 10/05 geführt wird.

3

Am 03.02.2005 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Hildesheim den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Ihnen könne nicht der Vorwurf gemacht werden, bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht mitgewirkt haben, da schon die Bemühungen des Antragsgegners, Passersatzpapiere für die Antragsteller von den mazedonischen Stellen zu erlangen, ergebnislos geblieben sind. Es sei unklar, welche Staatsangehörigkeit die Antragsteller zu 2 bis 7 hätten. Weder habe der Antragsgegner weitere Mitwirkungspflichten konkretisiert, noch sei klar, welche Bemühungen von den Antragstellern erwartet werden könnten. Es werde auch bestritten, dass die Antragsteller regelmäßig bei Vorsprachen zur Verlängerung von ihrer Duldung mündlich aufgefordert wurden, sich um Passersatzpapiere zu bemühen.

4

Die Antragsteller beantragen,

den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen gemäß § 2 AsylbewLG zu gewähren.

5

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

6

Er verweist auf mangelnde Bemühungen der Antragsteller zur Beschaffung von Reisedokumenten und eine entsprechende Verpflichtung der Antragsteller zur Mitwirkung aus § 82 AufenthG. Die Antragsteller seien auch regelmäßig bei Vorsprachen zur Verlängerung ihrer Duldung aufgefordert worden, sich um neue Passersatzpapiere zu bemühen.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Sozialamts- und Ausländerakten des Antragsgegners Bezug genommen.

8

II.

Der zulässige Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

9

Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Fall des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschl. v. 19.10.1977, 2 BvR 42/76, BVerfGE 46, 166, 179, 184). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (LSG Nds., Beschl. v. 08.09.2004, L 7 AL 103/04 ER).

10

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller zu 1. bis 7. sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Den Antragstellern ist ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten, da die derzeit bewilligten Leistungen nach §§ 1,3 AsylbewLG deutlich geringer sind als die Leistungen nach § 2 AsylbewLG i.V.m. dem SGB XII. Nach Auffassung des Gerichts ist in diesem Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen, dass ausweislich der Gesetzesbegründung zum Asylbewerberleistungsgesetz der für den Personenkreis des § 1 Abs. 1 AsylbewLG a.F. vorgesehene deutlich abgesenkte Leistungsumfang, der ein Leben ermögliche, dass durch Sicherung des Mindestunterhalts dem Grundsatz der Menschenwürde gerecht werde, nur für eine vorübergehende Zeit als zumutbar angesehen werden kann (GK zum Asylbewerberleistungsgesetz, Stand: Dez. 2004, § 2, Rdn. 16 m. w. N). Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf ergibt sich weiterhin, dass bei einem längeren (über 36 Monate andauernden) Aufenthalt in der Bundesrepublik nicht mehr auf einen geringeren Bedarf abgestellt werden kann, der bei einem kurzen vorübergehenden Aufenthalt besteht. Insoweit seien auch Bedürfnisse anzunehmen, die auf bessere soziale Integration gerichtet seien (GK zum AsylbewLG, Stand: Dez. 2004, § 2, Rdn. 16 m.w.N.). Das bedeutet, dass die Beschränkung auf die deutlich geringeren Leistungen nur insoweit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wie die Voraussetzung für den Bezug von Leistungen nach § 2 AsylbewLG nicht vorliegen. Bei ausreichend langer Aufenthaltsdauer widerspricht es jedoch dem Integrationsgedanken des Asylbewerberleistungsgesetzes, den Antragstellern Leistungen vorzuenthalten, die ihnen glaubhaft zustehen. Daher ist die Verweisung auf die Entscheidung in der Hauptsache für die Antragsteller insoweit unzumutbar. Insoweit schließt sich das Gericht der bisherigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Februar 2001, 4 ME 3889/00, zitiert nach JURIS) an.

12

Die Antragsteller zu 1. bis 7. haben auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach § 2 Abs. 1 AsylbewLG ist abweichend von den § 3 - 7 des Asylbewerberleistungsgesetzes das 12. Buch Sozialgesetzbuch auf Leistungsberechtigte entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Da die Antragsteller zu 1. bis 7. die zeitlichen Voraussetzungen nach § 2 AsylbewLG erfüllen, ist zwischen den Beteiligten allein streitig, ob sie die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 2 Asylbewerberleistungsgesetz n.F. beeinflussen. Nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung von § 2 AsylbewLG (Bundestagsdrucksache 15/420 [121] Gesetzesentwurf- Zuwanderungsgesetz zu Nr. 3) soll zwischen denjenigen Ausländern unterschieden werden, die unverschuldet nicht ausreisen können und denjenigen, die ihrer Ausreispflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen. Darüber hinaus enthält die Gesetzesbegründung Hinweise auf Beispiele, in denen ein solcher Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, nämlich bei der Vernichtung des Passes und bei Angabe einer falschen Identität. Schließlich findet sich noch der Hinweis, dass die Bestimmung über die Folgen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens an den Entwurf einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern anknüpft. Insoweit werden in Artikel 16 des Entwurfes Formen negativen Verhaltens zusammengefasst, die auf nationaler Ebene eine Einschränkung von Leistungen erlauben. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um Einschränkungen bei der Verletzung von Meldepflichten und Auflagen zum Aufenthaltsort sowie das Verschweigen von finanziellen Mitteln. Aus der Gesamtschau dieser Vorschriften ergibt sich, dass eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts durch den Antragsteller dann anzunehmen ist, wenn er seinen Pass vernichtet, Angaben einer falschen Identität macht, eine der in Artikel 16 der Richtlinie genannte Verhaltensweise aufweist oder eine den vorgenannten Verhaltensweisen vergleichbare Handlung vornimmt, die entsprechend missbräuchlich ist.

13

Vorliegend wird den Antragstellern weder vorgeworfen, dass sie ihre Pässe vernichtet haben, noch, dass sie falsche Angaben zur Identität gemacht haben, sondern der Antragsgegner legt ihnen vielmehr eine fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten zur Last und beruft sich dabei auf das Fehlen von Bemühungen im Sinne von § 82 AufenthG. Das Gericht geht zwar grundsätzlich davon aus, dass die fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten bzw. Reisedokumenten auch die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik rechtfertigen kann. Allerdings vermag das Gericht auf der Grundlage des bisherigen Vortrags und der beigezogenen Sozialamts- und Ausländerakten nicht zu erkennen, dass den Antragstellern tatsächlich eine fehlende Mitwirkung im Sinne einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland vorgeworfen werden kann.

14

Nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen stellt sich der Sachverhalt bislang so dar, dass die Beschaffung von Passersatzpapieren durch die Botschaft der Republik Makedonien für die Antragsteller zu 1., 3. und 4. keine Schwierigkeiten bereitet und in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolgt ist. Im Hinblick auf diese Antragsteller dürfte damit von einer makedonischen Staatsangehörigkeit auszugehen sein. Probleme bereitet hingegen die Beschaffung von Passersatzpapieren für die Antragsteller zu 2., 5., 6. und 7. Für die in Sarajevo geborene Antragstellerin zu 2. liegen ausweislich der Verwaltungsvorgänge Kopien eines mazedonischen Ausweises sowie eines mazedonischen Passes vor. Dementsprechend waren im Juli 1995 auch noch Passersatzpapiere auch für die Antragstellerin zu 2. von der Botschaft der Republik Makedonien ausgestellt worden. Dass es die Botschaft der Republik Makedonien dann mit Schreiben vom 17.01.1997 ablehnte, für die Antragstellerin zu 2. sowie für die Deutschland geborenen Antragsteller zu 5. bis 7. Passersatzpapiere auszustellen und darauf verwies, dass diese keine Staatsangehörigen der Republik Makedonien seien, dürfte weder von der Antragstellerin zu 2., noch von den Antragstellern zu 5. bis 7. zu verantworten sein. Weitere eigene Bemühungen des Antragsgegners, die Beschaffung von Passersatzpapieren für die Antragstellerin zu 2. und die Antragsteller zu 5. bis 7. durch entsprechende Anfragen bei der Vertretung der Republik Bosnien-Herzegowina voranzutreiben sowie die entsprechende Bitte um Unterstützung durch die Bezirksregierung Braunschweig aus dem Februar 1998 blieben im Ergebnis offenkundig auch erfolglos.

15

Angesichts der Erfolglosigkeit der eigenen Bemühungen des Antragsgegners stellt sich bereits die Frage, warum eigenständige Bemühungen um die Beschaffung der Passersatzpapiere durch die Antragstellerin zu 2. und die Antragsteller zu 5. bis 7. mehr Erfolg hätten haben können oder müssen. Zudem ist für das Gericht auch nicht erkennbar, dass für die Antragsteller selbst hinreichend klar war, dass sie selbst weitere Mitwirkungshandlungen zur Beschaffung von Identitätspapieren erbringen sollten. Abgesehen davon, dass es angesichts der oben dargestellten Probleme in der Kommunikation mit der Vertretung Bosnien-Herzegowinas schon nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welche konkreten Handlungen seitens der Antragsteller das Verfahren zur Erteilung von Passersatzpapieren beschleunigt hätten, lässt sich den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners auch nicht entnehmen, dass die Antragsteller selbst explizit aufgefordert wurden, entsprechende Mitwirkungshandlungen zu erbringen. Soweit der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren behauptet hat, dass es ständige Praxis seines Ausländeramtes sei, dass die Antragsteller bei der Verlängerung der Duldung auf die entsprechenden Mitwirkungspflichten (mündlich) hingewiesen werden, ist dies jedenfalls nicht aktenkundig und wird so auch von den Antragstellern bestritten. Darüber hinaus dürfte es dem Antragsgegner auch zuzumuten gewesen sein, die Antragsteller in dem Zeitraum zwischen 1997 (Fehlschlagen der Erteilung der Passersatzpapiere bei der Botschaft der Republik Makedonien) und dem Beginn des gerichtlichen Verfahrens Anfang 2005 auf die bekannt gewordenen Probleme hinzuweisen und konkret um Mitwirkung durch persönliche Vorsprache in der Vertretung Bosnien-Herzegowinas zu bitten, falls dies - angesichts einer möglichen bosnischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin zu 2. - vom Antragsgegner als erfolgsversprechendere Maßnahme im Vergleich zu den eigenen Bemühungen angesehen wurde. Dass dies geschehen ist, wird auch von dem Antragsgegner nicht behauptet. Nach Auffassung des Gerichts kann auch nicht angenommen werden, dass die Vorschrift des § 82 AufenthG eine konkret nachweisbare, an die Antragsteller gerichtete Aufforderung des Antragsgegners, sich binnen einer bestimmten Frist aktiv durch Vorsprache bei bestimmten Behörden oder Vorlage von Unterlagen oder Angabe von fehlenden Daten um die Beschaffung von Passersatzpapieren zu bemühen, ersetzen kann. Dies ergibt sich einmal daraus, dass schon nach § 82 Abs. 3 AufenthG eine Pflicht zum Hinweis auf entsprechende Mitwirkungsverpflichten des Ausländers statutiert wird ("Der Ausländer soll auf seine Pflichten .... hingewiesen werden. Im Fall der Fristsetzung ist er auf die Folgen der Fristversäumung hinzuweisen."). Zum anderen wird gerade bei komplizierter gelagerten Sachverhalten - wie in dem vorliegenden Fall - nicht ohne Weiteres davon auszugehen sein, dass der Ausländer selbst weiß, bei welcher Behörde er welche Dokumente beantragen kann oder vorzulegen hat, so dass eine Konkretisierung der Mitwirkungspflichten geradezu geboten erscheint. Schließlich dürfte auch der Behörde selbst der Nachweis dafür, dass der Ausländer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, leichter fallen, wenn entsprechende Aufforderungen an den Ausländer zu konkreten Mitwirkungshandlungen innerhalb bestimmter Fristen auch aktenkundig gemacht werden. Dass der Antragsgegner im vorliegenden Fall nur pauschal auf Mitwirkungspflichten im Hinblick auf die Ausreisepflicht verweist, ohne erkennbar zu machen, welche Mitwirkungshandlungen der Antragsteller zum Erfolg hätten führen können, führt nach Ansicht des Gerichts dazu, dass jedenfalls von einer fehlenden Mitwirkung der Antragsteller im Sinne der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung ihres Aufenthaltes nicht die Rede sein kann. Daher spricht derzeit Überwiegendes für einen Anspruch der Antragsteller zu 1. bis 7. auf Leistungen nach § 2 AsylbewLG.

16

Die Leistungen sind den Antragstellern zu 1. bis 7. nur vorläufig zuzusprechen, und zwar ab dem Eingang des Antrages bei Gericht. Für weitere in der Vergangenheit liegende Zeiträume kann von einer aktuellen Notlage nicht die Rede sein. Eine Bewilligung erst ab dem Tag der gerichtlichen Entscheidung erscheint unbillig, da es nicht in den Händen der Antragsteller liegt, wie schnell das Gericht eine Entscheidung trifft. Das Gericht vermag auch nicht der Einschätzung des Antragsgegners zu folgen, dass ihm mehr Zeit zur Bearbeitung des Antrags auf Leistungen nach § 2 AsylbewLG hätten bleiben müssen, da schon mit dem am 13.1.2005 gegen den Bescheid vom 23.12.2004 erhobenen Widerspruch hilfsweise die Gewährung von Leistungen nach Antragseingang beantragt wurde, dem Antragsgegner also spätestens seit dem 13.1.2005 ein Antrag der Antragsteller auf Leistungen nach § 2 AsylbewLG vorlag. Das Gericht hat es nicht als erforderlich angesehen, die vorläufig zugesprochenen Leistungen weiter zeitlich zu begrenzen, da es dem Antragsgegner unbenommen bleibt, auf Änderungen der Tatsachengrundlage bei der Leistungsgewährung zu reagieren, da es sich bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht um rentengleiche Dauerleistungen, sondern um zeitabschnittsweise zu gewährende Leistungen handelt. Um eine Situation zu vermeiden, in der den Antragstellern doppelte Leistungen zuerkannt werden, kann der Leistungsausspruch nur unter Anrechnung der bisher gewährten Leistungen ergehen.

17

Den Antragstellern ist gemäß § 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. 114, 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung bzw. Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ferner sind die Antragsteller als Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf Grund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die -Kosten der Prozessführung aus eigenem Einkommen oder Vermögen aufzubringen.

18

Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.