Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.09.2016, Az.: 4 A 206/15

Jugendhilfe; Kostenbeitrag

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
29.09.2016
Aktenzeichen
4 A 206/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43494
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Rahmen der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nach §§ 91 ff. SGB VIII ist nicht mehr die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfemaßnahme zu prüfen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme Herangezogene in dem der Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme zugrundeliegenden Verfahren beteiligt gewesen ist.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbeitragsbescheid des Beklagten, mit welchem er zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme herangezogen worden ist.

Der Kläger ist Vater des Kindes C. D. (geboren am E.). Nachdem C. im Frühjahr 2011 Opfer eines sexuellen Missbrauchs im Internet geworden war, ersuchten der Kläger und seine Ehefrau den Beklagten um Hilfe. C. wurde daraufhin im Mai 2011 zunächst in Obhut genommen. Unter dem 12. Mai 2011 beantragten der Kläger und seine Ehefrau sodann Hilfe zur Erziehung bei dem Beklagten. Der Beklagte gewährte für C. seit dem 16. Juni 2011 bis zum 10. April 2014 Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder sonstigen betreuten Wohnform nach §§ 27, 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII - und dann auf entsprechenden Antrag der Frau F. G. vom 17. April 2014, die seit dem 08. April 2014 für C. als Betreuerin bestellt worden war, bis zum 04. Juli 2014 als Anschlusshilfe Hilfe für junge Volljährige in dieser Einrichtung gemäß §§ 41, 34 SGB VIII. Zunächst lebte C. in der Kinder- und Jugendeinrichtung H. in I.. Die gewährte Hilfe zur Erziehung im H. wurde mit Ablauf des 21. Juli 2012 eingestellt und wurde zum 07. September 2012 in der Mädchenwohngruppe im Kinderhaus in J. fortgeführt. Die Jugendhilfemaßnahme wurde zum 04. Juli 2014 beendet.

Nach Anhörung des Klägers setzte der Beklagte mit Bescheid vom 08. Juni 2015 für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis 03. Juli 2014 einen Kostenbeitrag in Höhe von 210,00 EUR monatlich fest und forderte den Kläger auf, die bis dahin entstandenen Rückstände in Höhe von insgesamt 1.281,00 EUR zu zahlen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 08. Juli 2015 erhobenen Klage. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass die Maßnahme der Unterbringung nach § 34 SGB VIII nicht sachgerecht gewesen sei. Vielmehr habe C. Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gehabt. Ein entsprechender Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII vom 23. Oktober 2007 sei jedoch von dem Beklagten negativ beschieden worden. Darüber hinaus habe die Unterbringung in I. auf dem H. C. geschadet und traumatisiert. Nach Beendigung des Aufenthalts auf dem H. hätte er seine Tochter gerne wieder bei sich aufgenommen. Der Beklagte sei jedoch ohne weitere Sachverhaltsprüfung davon ausgegangen, dass C. weiter untergebracht werden müsse. Die daraufhin erfolgte Unterbringung in der Mädchenwohngruppe in J. sei ebenfalls nicht sachgerecht gewesen, da dabei insbesondere nicht auf die schulischen Sonderbedürfnisse K. eingegangen worden sei. Ferner sei eine Erziehungshilfe nicht notwendig gewesen, da es niemals Probleme in der Erziehung gegeben hätte. Vielmehr hätte - spätestens nach dem sexuellen Übergriff im Jahr 2011 - Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gewährt werden müssen, da für C. mehrere Anzeichen einer seelischen Behinderung vorgelegen hätten. Dies würde sich auch aus den zahlreichen ärztlichen Untersuchungsbefunden, die in den Jahren ab 2011 erfolgt seien, ergeben. Dem Beklagten sei speziell vorzuwerfen, dass er nicht hinreichend abgeklärt habe, ob der Hilfebedarf K. eher auf einer seelischen Störung beruhe oder aber auf eine erzieherische Mangelsituation zurückzuführen sei. Hilfeplangespräche hätten zunächst nicht und erst auf Drängen dann am 09. Juli 2012 stattgefunden. Er und seine Ehefrau hätten aufgrund der psychischen Ausnahmesituation Anfang 2011 akut Hilfe benötigt. Sie hätten jedoch keine Hilfe zur Erziehung benötigt. Im Gegenteil hätte C., sobald die psychische Ausnahmesituation überwunden gewesen wäre, zu ihnen zurückkehren sollen. Danach hätten ambulante Hilfen ausgereicht. Bereits die ursprüngliche Inobhutnahme und die Umwandlung in die Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII seien nicht rechtmäßig gewesen. Da die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, dürfe ein Kostenbescheid nicht ergehen. Im Übrigen habe er mehrfach versucht, die Maßnahme zu beenden. Den Rechtsweg habe er nicht bestritten, da er Angst gehabt habe, das Sorgerecht zu verlieren. Dies sei ihm so von dem Beklagten mitgeteilt worden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 08. Juni 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, dass die Frage, ob die Maßnahme nach § 27 SGB VIII notwendig gewesen sei, nicht im Rahmen eines Klageverfahrens gegen einen Kostenbeitragsbescheid zu klären sei. Der Kläger hätte vielmehr gegen den Grundbewilligungsbescheid der Jugendhilfe Klage erheben müssen. Zudem sei diese Frage auch unbeachtlich, da auch im Rahmen der Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII ein Kostenbeitrag zu leisten sei. Ferner sei die gewährte Maßnahme entgegen der Ansicht des Klägers für C. geeignet gewesen. In diesem Zusammenhang werde insbesondere die Behauptung des Klägers bestritten, dass die Unterbringung auf dem H. nicht sachgerecht erfolgt sei. Zudem treffe die Behauptung des Klägers, man habe im Falle einer Beendigung der Maßnahme damit gedroht, dem Kläger das Sorgerecht entziehen zu lassen, nicht zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 08. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Kostenbeitragserhebung sind die §§ 91 ff. SGB VIII (in der hier anzuwendenden Fassung des Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetzes vom 29.8.2013, BGBl. I, S. 3464).

Gemäß § 91 Abs. 1 Ziff. 5 Buchst. b), Ziff. 8 SGB VIII i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII können die Eltern von Kindern und Jugendlichen zu den Kosten einer vollstationären Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) herangezogen werden. Die Heranziehung zu den Kosten erfolgt auf Grundlage der §§ 92 bis 94 SGB VIII. Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab dem ihnen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und sie über die Folgen für ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt worden sind (§ 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Was zum Einkommen gehört bestimmt im Einzelnen § 93 Abs. 1 SGB VIII. Danach gehören zum Einkommen grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der in der Vorschrift genannten Sozialleistungen, die hier nicht relevant sind. Von dem Einkommen sind nach § 93 Abs. 2 SGB VIII auf das Einkommen gezahlte Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit abzusetzen. Von dem nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII errechneten Betrag sind sodann Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt grundsätzlich durch eine Kürzung des errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen; die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen. Nach § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII kommen als Belastung insbesondere Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben und Schuldverpflichtungen in Betracht.

Der Umfang der Heranziehung ergibt sich aus § 94 SGB VIII i.V.m. der nach § 94 Abs. 5 SGB VIII ergangenen Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (KostenbeitragsV vom 01. Oktober 2005, BGBl. I, S. 2907; hier anwendbar in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Kostenbeitragsverordnung vom 05. Dezember 2013, BGBl. I, S. 4040).

Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen ist der angefochtene Kostenbeitragsbescheid vom 08. Juni 2015 rechtmäßig.

Seiner Kostenbeitragspflicht kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er mit der stationären Unterbringung K. nach §§ 2734 SGB VIII (bzw. §§ 41, 34 SGB VIII) nicht einverstanden gewesen sei, die Unterbringung nicht sachgerecht erfolgt sei und C. vielmehr Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gehabt habe. Denn für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nach Jugendhilferecht kommt es nicht darauf an, ob die Jugendhilfe rechtmäßig gewährt worden ist, sondern nur darauf, dass die Hilfe tatsächlich gewährt worden ist (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 12.6.1995 - 12 L 6009/93 -, V.n.b., sowie Beschluss vom 24.11.1999 - 12 L 4460/99 -; VG München, Urteil vom 12.11.2003 - M 18 K 02.3435 -, zitiert jeweils nach juris; anders dagegen: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6.6.2008 - 12 A 144/06 -; VG Arnsberg, Urteil vom 23.10.1995 - 11 K 3211/94 -, zitiert jeweils nach juris; offen gelassen von: Nds. OVG, Beschluss vom 26.6.2008 - 4 ME 210/08 -, V.n.b.; BayVGH, Urteil vom 24.6.2010 - 12 BV 09.2527 -, juris). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme Herangezogene in dem der Bewilligung der Maßnahme zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen ist (vgl. insoweit auch Nds. OVG, Beschluss vom 17.9.2013 - 4 LA 50/12 -, juris). Dies ist hier der Fall. Die von dem Beklagte gewährte Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII ist auf Antrag des Klägers und seiner Ehefrau vom 12. Mai 2011 durch Bescheide vom 16. Juni 2011 sowie vom 02. Oktober2012 gegenüber dem Kläger förmlich bewilligt worden; diese Bescheide sind bestandskräftig geworden (vgl. zur Frage der Rechtmäßigkeitsprüfung im Rahmen der Geltendmachung von Aufwendungsersatz bei Eingliederungshilfe nach dem SGB XII auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2015 - L 2 SO 5064/14 -, juris). Es ist nicht rechtlich geboten, einer an dem der Bewilligung einer Jugendhilfemaßnahme zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren beteiligten Person, die sich aus eigenem Recht mit Widerspruch und Klage gegen die Bewilligung der Maßnahme wenden könnte, im Rahmen des die Beitragserhebung betreffenden Rechtsmittelverfahrens nochmals die Möglichkeit einzuräumen, Einwendungen gegen den unter Umständen bereits bestandskräftigen Verwaltungsakt, mit welchem die Maßnahme bewilligt worden ist, vorzubringen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.3.2011 - 12 S 2823/08 -, juris). Etwas anderes mag gelten, wenn der zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme Herangezogene in dem der Bewilligung der Maßnahme zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren nicht beteiligt gewesen ist und nicht aus eigenem Recht die Bewilligung der Maßnahme anfechten kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17.9.2013 - 4 LA 50/12 -, juris). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, da der Kläger und seine Ehefrau die Hilfegewährung für ihre Tochter C. gemeinsam förmlich bei dem Beklagten beantragt haben.

Unabhängig davon bestehen an der Rechtmäßigkeit der erfolgten Hilfegewährung auch keine Zweifel. Die Hilfegewährung erfolgte mit dem Einverständnis der Sorgerechtsinhaber, denn der Kläger und seine Ehefrau haben als Personenberechtigte unter dem 12. Mai 2011 die Hilfegewährung selbst beantragt (vgl. zum Erfordernis des Einverständnisses der Sorgerechtsinhaber: BVerwG, Urteil vom 21.6.2001 - 5 C 6/00 -, juris). Die (Anschluss-)Hilfegewährung im Zeitraum vom 11. April 2014 bis 04. Juli 2014 erfolgte auf entsprechenden Antrag der Tochter des Klägers vertreten durch ihre Betreuerin F. G.. Im Rahmen der fortlaufenden Hilfeplangespräche wurde die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung K. immer wieder zwischen den Beteiligten thematisiert und wurde von dem Kläger nicht durchgreifend bezweifelt. Der Kläger hat zudem keinerlei ernsthaften Versuche unternommen, die Heimunterbringung seiner Tochter C. zu beenden, was für eine (zumindest stillschweigende) Billigung spricht. Dass nach der Auffassung des Klägers mitunter eine gewählte Einrichtung, hier die Kinder- und Jugendeinrichtung H. in I., nicht den gewünschten Erfolg der Jugendhilfemaßnahme bei dem Kind oder Jugendlichen mit sich bringt, begründet nicht die Rechtswidrigkeit der generellen Bewilligung der Maßnahme. Lediglich ergänzend ist anzuführen, dass der Kläger auch bei Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für C. nach § 91 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII kostenbeitragspflichtig wäre. Im Übrigen bestehen aus Sicht der Kammer zumindest Zweifel, ob bei C. alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 35a SGB VIII während der Zeit der Hilfegewährung vorgelegen haben. Zwar ist in der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Stellungnahme zur Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII der Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 14. Februar 2014 ausgeführt, dass bei C. eine seelische Behinderung gemäß § 35a SGB VIII vorliege. Dies allein reicht für die Bewilligung von Eingliederungshilfe jedoch nicht aus. Auch bei Vorliegen einer seelischen Störung besteht ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nämlich nur dann, wenn infolge dessen („daher“) die Teilhabe des Kindes oder Jugendlichen am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Die Feststellungen hierzu sind vom insoweit allein entscheidungsbefugten Jugendamt des Beklagten aus eigener sozialpädagogischer Sachkunde zu treffen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.8.2010 - 12 A 1237/09 -, juris). Dass im hier relevanten Zeitraum aus der seelischen Störung K. eine Teilhabebeeinträchtigung folgt, ist weder hinreichend dargetan worden noch sonst ersichtlich.

Die Voraussetzungen für die Erhebung eines Kostenbeitrages nach den §§ 91 ff. SGB VIII dem Grunde nach liegen vor. Nach § 91 Abs. 1 Ziff. 5 Buchst. b) SGB VIII können Kostenbeiträge u.a. zu Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) erhoben werden. Der Beklagte gewährte der Tochter des Klägers seit dem 16. Juni 2011 bis zum 10. April 2014 Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder sonstigen betreuten Wohnform nach §§ 27, 34 SGB VIII. Seit dem 11. April 2014 bis zum 04. Juli 2014 erfolgte die Hilfegewährung als Hilfe für junge Volljährige in Form der Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform nach §§ 41, 34 SGB VIII, wofür gemäß § 91 Abs. 1 Ziff. 8 i.V.m. Ziff. 5 Buchst. b) SGB VIII ebenfalls Kostenbeiträge erhoben werden können.

Der Beklagte hat dem Kläger entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII die Gewährung der konkreten Jugendhilfeleistung sowie die grundsätzliche Kostenbeitragspflicht mit Schreiben vom 01. September 2011 mitgeteilt und darauf aufmerksam gemacht, dass der Unterhaltsbedarf K. für die Dauer der Hilfegewährung durch die Leistung des Beklagten in vollem Umfang gedeckt ist. Diese Information genügt den Anforderungen des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (vgl. zu einer ähnlichen Mitteilung u.a. BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 22/11 -, juris). Eine erneute Belehrung vor der weiteren Heimunterbringung K. ab dem 11. April 2014 als Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 34 SGB VIII war nicht erforderlich. Zwar ist bei einem Wechsel der für den jungen Menschen gewährten Jugendhilfeleistung grundsätzlich eine erneute Belehrung nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII erforderlich (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8.12.2014 - 4 LA 46/14 -, juris). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen Wechsel der Leistungsart, sondern lediglich um eine Weitergewährung der bisherigen Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung, diese jedoch als Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 34 SGB VIII.

Die Kostenbeitragsfestsetzung weist der Höhe nach zwar Rechtsfehler auf. Diese verhelfen der Klage indes nicht zum Erfolg, da der Beklagte womöglich höhere Kostenbeiträge hätte festsetzen können, sodass der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte hat rechtsfehlerhaft das Jahresbruttoeinkommen aus dem Jahr 2013 in Höhe von 53.450,72 EUR bei seiner Beitragserhebung zugrunde gelegt, obwohl grundsätzlich das im Hilfezeitraum (hier 01. Januar 2014 bis 03. Juli 2014) tatsächlich erzielte monatliche Durchschnittseinkommen eines unselbstständig ebenso wie eines selbstständig Erwerbstätigen ausschlaggebend ist. Dies gilt vorliegend insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich nicht um eine Kostenbeitragsfestsetzung für die Vergangenheit handelt, sodass eine Prognoseentscheidung anhand von Einkommensnachweisen aus Vorjahren nicht erforderlich ist. Das Jahresbruttoeinkommen des Klägers für das hier maßgebliche Jahre 2014 betrug ausweislich der vom Gericht angeforderten und mit Schriftsatz vom 07. September 2016 eingereichten Unterlagen insgesamt 54.572,32 EUR und damit sogar mehr, als vom Beklagten in dem hier angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt. Darüber hinaus ist dem Beklagten bei seiner Beitragsberechnung auch ein (offensichtlicher) Rechenfehler unterlaufen. Zieht man nämlich von dem vom Beklagten zugrunde gelegten Jahresbrutto von 53.450,72 EUR die Lohnsteuer (8.609,61 EUR), den Solidaritätszuschlag (414,93 EUR), die Krankenversicherung (3.840,29 EUR), die Rentenversicherung (4.652,82 EUR), die Pflegeversicherung (480,02 EUR) und die Arbeitslosenversicherung (738,53 EUR) ab, so ergibt sich ein Betrag von 34.714,52 EUR Jahresnettoeinkommen und nicht wie von dem Beklagten im angefochtenen Bescheid errechnet von 23.084,05 EUR.

Im Übrigen bestehen keine Bedenken an der Beitragsberechnung. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass der Beklagte nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII pauschal 25 vom Hundert als Belastung vom Einkommen abgerechnet hat. Denn der Kläger hat gegenüber diesem Betrag keine höheren Belastungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII nachgewiesen. Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, es seien die gesamten monatlichen Eigenheimkosten zu berücksichtigen, trifft dies nicht zu. Denn Schuldverpflichtungen, die zur Finanzierung selbstgenutzten Wohnungseigentums eingegangen worden sind, stellen nur insoweit Belastungen im Sinne des § 93 Abs. 3 SGB VIII dar, als sie über den Betrag hinausgehen, der für den durch die Nutzung des Eigentums erzielten Wohnwert anzusetzen ist (st. Rspr., vgl. nur Nds. OVG, Beschluss vom 26.1.2010 - 4 ME 2/10 -, juris). Die ortsübliche Miete beträgt vorliegend 629,76 EUR. Dies ergibt sich aus der in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindlichen Mitteilung des Klägers vom 06. Juli 2011. Von den monatlichen Eigenheimkosten in Höhe von 1.160,39 EUR waren mithin 629,76 EUR abzuziehen, was einer Mehrbelastung von 530,63 EUR entspricht. Von dem Betrag von 530,63 EUR ist wiederum lediglich die Hälfte im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII abzuziehen, da die berücksichtigungsfähigen Kreditbelastungen für das Eigenheim von dem Kläger und von seiner Ehefrau je zur Hälfte getragen werden. Dies entspricht einem nach § 93 Abs. 3 SGB VIII berücksichtigungsfähigen Betrag von 265,32 EUR.

Die Heranziehung des Klägers zu dem festgesetzten Kostenbeitrag ist auch angemessen im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Das Tatbestandsmerkmal „in angemessenem Umfang" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung der uneingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag ist nur dann angemessen im Sinne dieser Vorschrift, wenn dem (erwerbstätigen) Kostenbeitragspflichtigen der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - 5 C 10/09 -, juris). Nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Celle (hier anwendbar mit Stand: 01. Januar 2011) betrug der notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen gegenüber seinen minderjährigen Kindern im Jahr 2014 monatlich 950,00 EUR (vgl. Ziff. 21.2 der Leitlinien). Dass dem Kläger dieser Selbstbehalt bei einem festgesetzten Kostenbeitrag von vorliegend 210,00 EUR monatlich nicht belassen wird, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Schließlich steht § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 08. Juni 2015 nicht entgegen. Nach dieser Regelung soll von der Heranziehung im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Dies ist nicht der Fall. Aus dem Vorbringen, die Ehefrau des Klägers habe in einem Gespräch am 17. November 2011 gegenüber dem Fachdienstleister des Beklagten erklärt, dass sie wegen der Kosten überlegen würde, C. aus der Einrichtung zu nehmen, ergibt sich nicht, dass hierdurch Ziel und Zweck der Maßnahme durch eine Kostenbeitragserhebung gefährdet wurde. Denn abgesehen davon, dass es sich vorliegend um eine rückwirkende Beitragsfestsetzung für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 handelt und die Maßnahme zum 04. Juli 2014 beendet worden ist, womit ein Abbruch der Maßnahme nicht mehr zu befürchten steht, genügt dieses Vorbringen nicht, um eine ernsthafte Gefährdung des Ziels und Zwecks der Jugendhilfemaßnahme annehmen zu können. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger auch das Vorliegen einer „besonderen Härte" im Sinne dieser Bestimmung nicht dargelegt. Für das Vorliegen einer „besonderen Härte" können grundsätzlich die vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26.1.1966 - V C 88.64 -, juris) für die Auslegung der Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 BSHG entwickelten Grundsätze herangezogen werden, wonach es bei der Bestimmung des Begriffs der Härte darauf ankommt, ob die Anwendung der Rechtsvorschriften zu einem den Leitvorstellungen - hier der §§ 91 bis 94 SGB VIII - widersprechenden Ergebnis führen würde (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.9.2009 - 4 LA 706/07 -; OVG Brandenburg, Urteil vom 19.6.2003 - 4 A 4/02 -; zitiert jeweils nach juris; Wiesner, SGB VIII, Kommentar, 5. Auflage, 2015, § 92 Rn. 20). Da bei der Festlegung der Beträge in den einzelnen Einkommensstufen die Pfändungsfreigrenzen beachtet worden sind, ist die Erhebung eines Kostenbeitrags, der die Existenzsicherung der kostenbeitragspflichtigen Person gefährden könnte, ausgeschlossen. Allerdings berücksichtigen die nach Einkommensgruppen gestaffelten Pauschalbeträge nur typische Belastungen. Deshalb bleibt zwar Raum zur Berücksichtigung atypischer (außergewöhnlicher) Belastungen im Rahmen des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII. Derartige außergewöhnliche Belastungen werden von dem Kläger jedoch nicht substantiiert geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.