Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.03.1996, Az.: 21 WF 14/96

Antrag auf Änderung und Erweiterung des Umgangsrechts; Antrag auf Prozesskostenhilfe; Verteilung der Kosten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.03.1996
Aktenzeichen
21 WF 14/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 22400
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1996:0322.21WF14.96.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 22.11.1995 - AZ: 614 F 2120/93
AG Hannover - 15.01.1996 - AZ: 614 F 2120/93

Fundstellen

  • FamRZ 1996, 1559-1560 (Volltext mit red. LS)
  • Rpfleger 1996, 344-345 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Umgangsrecht

Prozessführer

Herr B. R., ...

Prozessgegner

Frau U. R., ...

Sonstige Beteiligte

Der Bezirksrevirsor bei dem Amtsgericht Hannover (BLR 622/96)

In der Familiensache
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sch. und
die Richter am Gerlandesgericht Dr. K. und P.
am 22. März 1996
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Hannover vom 22. November 1995 und 15. Januar 1996 sowie die Kostenrechnung vom 22. November 1995 aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.

2

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Mutter hat das Sorgerecht für die 7-jährige Tochter M. übertragen erhalten. Gemäß gerichtlicher Vereinbarung vom 6. August 1992 (614 F 2537/91 AG Hannover) hat der Vater ein Umgangsrecht für den ersten und dritten Sonntag im Monat.

3

Im vorliegenden Verfahren hat er eine Änderung und Erweiterung des Umgangsrechts beantragt; die Mutter hat sich dagegen gewehrt. Das Amtsgericht hat ein psychologisches Gutachten des Prof. Dr. T. eingeholt (Kosten 1.952 DM) und den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.1994 gehört (Kosten 150 DM). Daraufhin haben die Parteien eine neue Vereinbarung über das Umgangsrecht geschlossen, nach deren Ziffer 3 die Kosten des Verfahrens und der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben werden.

4

Dem Antragsteller ist Prozeßkostenhilfe versagt. Die Antragsgegnerin hat Prozeßkostenhilfe mit monatlichen Raten von 120 DM, die bis zur Deckung der Kosten geleistet sind. Durch Beschluß vom 22.11.1995 ist der Antragsgegnerin aufgegeben worden, die Ratenzahlungen wieder aufzunehmen, weil sie als, Zweitschuldnerin gemäß § 2 Nr. 2 KostO auch für den vom Antragsteller zu leistenden Teil der gerichtlichen Auslagen (in erster Linie der zweiten Hälfte der Sachverständigenentschädigung) in Anspruch zu nehmen sei; denn der Antragsteller sei fruchtlos gepfändet worden. Zugleich ist ihr die Zweitschuldner-Kostenrechnung vom 22.11.1995 über 1.055 DM übersandt worden. Gegen beide Anordnungen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

5

Die Antragsgegnerin braucht weitere Prozeßkostenhilferaten gemäß § 120 Abs. 1 und 3 Nr. 1 ZPO, § 14 FGG nicht zu leisten.

6

Sie ist nicht Zweitschuldnerin nach § 2 Nr. 2 KostO. Die zugehörige Kostenrechnung vom 22.11.1995 ist daher aufzuheben (§ 14 KostO).

7

In Sorge- und Umgangsrechtsverfahren nach dem FGG ist Kostenschuldner nur derjenige Elternteil, den das Gericht nach billigem Ermessen bestimmt (§ 94 Abs. 3 Satz 2 KostO). Das gilt in diesem Fall nicht nur für die gerichtlichen Gebühren, sondern auch für die gerichtlichen Auslagen, zu denen nach § 137 Nr. 6 KostO insbesondere die Sachverständigenentschädigung zählt (vgl. im einzelnen Beschluß des Senats vom 31.01.1990 FamRZ 1990, 900 = Nds.Rpfl 1990, 174; zuletzt OLG Nürnberg Rpfl 1994, 228 und OLG Rostock FamRZ 1994, 252 [OLG Rostock 15.03.1993 - 3 WF 22/93]; a.A. zuletzt OLG München FamRZ 1992, 1095 [OLG München 27.02.1992 - 11 WF 521/92] und BayObLGE 1994, 1). Daran hält der Senat fest. Die gerichtliche Kostenbestimmung verdrängt die Haftung nach anderen Vorschriften. Hier ist das Verfahren jedoch durch Vergleich beendet worden, nach dem der Antragsteller die eine Hälfte der Gerichtskosten und die Antragsgegnerin die andere Hälfte trägt, diese insofern als Übernahmeschuldnerin nach § 3 Nr. 2 KostO. Den übernommenen Teil der Kosten hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Prozeßkostenhilfe-Raten entrichtet.

8

Soweit nicht die genannten Kostenvorschriften in Betracht kommen, sind die Eltern in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren neben dem Kind Interesseschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO (vgl. OLG Celle a.a.O.; KG JB 1985, 1378; OLG München a.a.O.; BayObLGE a.a.O.; Rohs/Wedewer/Belchaus, KostO, 1995, § 2 Rz. 11/11 a; Göttlich/Mümmler, KostO, 9. Aufl., Kostenschuldner Ziff. 2; a.A. Korintenberg-Lappe-Bengel-Reimann, KostO, 13. Aufl., § 2 Rz. 21). Verfahren nach § 1672 BGB auf Übertragung der elterlichen Sorge für die Dauer des Getrenntlebens und Verfahren nach § 1634 BGBüber die Regelung des Umgangs mit dem Kind werden regelmäßig auf Antrag eines Elternteiles entschieden. Sie können auch von Amts wegen eingeleitet werden. Inwieweit das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen geführt wird, ist für die Kostenlast ohne Bedeutung; insofern gibt es keine Abgrenzung. Entscheidend ist, wessen Interesse mit dem Verfahren wahrgenommen wird. Dieses ist in erster Linie das Kind, um dessen Wohl es geht. Da die Erziehung und Sorge für das Kind die vor allem den Eltern obliegende Pflicht darstellt (Art. 6 Abs. 2 GG), werden Sorge- und Umgangsrechtsverfahren nicht nur im allgemeinen Interesse (Art. 6 Abs. 1 GG), sondern gerade auch im Interesse beider Elternteile geführt, selbst wenn diese sich dem Grunde nach oder wegen der Einzelheiten streiten. Demgemäß sind beide Eltern auch Kostenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO; dem stimmt der Senat für den Fall zu, daß nicht eine Kostenentscheidung nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO ergeht.

9

Ist die Entscheidung über das Sorge- und Umgangsrecht - formell rechtskraftig, vgl. §§ 621 e, 629 a ZPO - aber bereits getroffen, kommt eine andere Entscheidung nur im Abänderungsverfahren nach §§ 1696, 1666 BGB in Betracht. Sinn dieses Verfahrens ist nicht die erneute Überprüfung der getroffenen Regelung. Vielmehr müssen sich die maßgebenden Umstände geändert haben, und die Gründe für eine Abänderung als Eingriff in die bestehende Rechtsstellung sind zu prüfen (Staudinger-Coester, BGB. 12. Aufl., § 1696 Rz. 31 + 27/28; Palandt-Diederichsen, BGB, 55. Aufl., § 1696 Rz. 5; BGH NJW-RR 1986, 1130 [BGH 28.05.1986 - IVb ZR 36/84] u.1264; BayObLG FamRZ 1976, 38; OLG Stuttgart NJW 1985, 67 [OLG Stuttgart 03.07.1984 - 15 UF 33/83]; OLG Bamberg NJW-RR 1990, 774 [OLG Bamberg 20.03.1990 - 2 UF 49/90]). Dies bedeutet, daß sich das Verfahren - in der Regel auf Antrag eines Elternteiles, aber auch von Amtswegen eingeleitet - gegen den Inhaber der elterlichen Sorge oder gegen die Ausübung des Umgangsrechts richtet. Der Verfahrensgegner will an der bestehenden Regelung, die ihn begünstigt, festhalten und bestreitet die Abänderungstatsachen. Das Abänderungsverfahren richtet sich; gegen ihn und seine titulierten Interessen. Zwar mögen die Interessen des antragstellenden Elternteiles und des Kindes zu dessen Wohl wahrgenommen werden, nicht jedoch die Interessen des Inhabers des Sorgerechts (oder des Umgangsrechts). Dessen Rechtsstellung soll durch einen Eingriff beeinträchtigt werden.

10

An der Änderung zu seinen Ungunsten hat der Verfahrensgegner kein Interesse. § 2 Nr. 2 KostO erfordert die Wahrnehmung eines konkreten Interesses der Partei. In Änderungsverfahren geschient jedoch das Gegenteil. Der Verfahrensgegner kann daher insbesondere nicht auf den gegen ihn gerichteten Antrag des verfahrenseinleitenden Elternteiles Interesseschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO werden (vgl. OLG Celle Nds.Rpfl.1987, 284; OlG Frankfurt aM MDR 1988, 328; OLG Zweibrücken JB 1988, 17; Korintenberg a.a.O.; Rohs/Wedewer a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl., § 2 KostO Rz. 29; Mümmler in Anm. JB 1995, 600; a.A. BayObLG JB 1995, 599 mit abl. Anm. von Lappe KostRspr. § 2 KostO Nr. 85).

11

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 14 Abs. 5, 131 Abs. 1 S. 2 KostO, 127 Abs. 4 ZPO.