Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.03.1996, Az.: 13 U 146/95

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.03.1996
Aktenzeichen
13 U 146/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 26233
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1996:0320.13U146.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden,

Fundstellen

  • NJW 1996, 2660-2662 (Volltext mit red. LS)
  • NJW 1997, 2932-2934 (Urteilsbesprechung von Wiss. Assistent Ass. Armin Willingmann)

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 11. April 1995 - 4 O 441/94 - teilweise geändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten I. Instanz trägt der Kläger 1/74. Seine eigenen außergerichtlichen Kosten erster Instanz trägt der Kläger selbst.

    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Streitwert:

    I. Instanz bis

    460. 000 DM

    II. Instanz

    6. 500 DM.

    Beschwer:

    6. 500 DM.

Tatbestand:

1

Der Kläger verlangt die Rückerstattung einer Geldzahlung, die er zur Teilnahme an dem vom Beklagten im gesamten Bundesgebiet durchgeführten Unternehmer-Life-Spiel geleistet hat.

2

Der Kläger wurde von einem Bekannten angesprochen, an einer Informationsveranstaltung des .-Spiels teilzunehmen. Diese fand am 27.03.1994 in . statt. Dem Kläger wurde die Konzeption des . -Spiels, einem Progressionssystem, erklärt. Er unterzeichnete einen Antrag auf Mitgliedschaft beim . -Spiel, der auswies, daß es sich um ein Glücksspiel handele und ein Rückzahlungsanspruch nicht bestehe (Band XIII Bl. 389). Den "Spieleinsatz" von 6. 500 DM zahlte der Kläger am 28.03.1994.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei über die Hintergründe des Spiels im Ungewissen gelassen worden. Er sei nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welchem Umfang neue Teilnehmer angeworben werden müßten. Er habe nicht gewußt, daß es sich um ein sog. Schneeball- oder Progressionssystem handele. Der Beklagte sei zur Rückzahlung des Spieleinsatzes verpflichtet, weil der Spielvertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.

4

Der Kläger hat gemeinsam mit weiteren 39 "Geschädigten" Klage auf Rückzahlung des Spieleinsatzes erhoben.

5

Der Beklagte hat das Spiel für nicht sittenwidrig gehalten, weil kein Warenvertrieb damit verbunden sei. Einem etwaigen Bereicherungsanspruch stehe die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB entgegen, weil dem Kläger ebenfalls ein Sittenverstoß zur Last falle.

6

Das Landgericht hat der Klage aller gemeinsam Klagenden stattgegeben und den Beklagten zur Rückzahlung des jeweiligen Spieleinsatzes verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das . -Spiel sei sittenwidrig. Dementsprechend bestehe ein Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB. Die Rückforderung sei nicht gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil dem Kläger die Verwerflichkeit seines Handelns aufgrund der Informationsveranstaltung nicht bekannt gewesen sei.

7

Auf die Berufung des Beklagten sind die verbundenen Prozesse der Kläger getrennt worden. Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Beklagte im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

8

Der Beklagte beantragt,

das am 11.04.1995 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden abzuändern und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

10

Auch er wiederholt im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Auffassung, das ganze Spielsystem sei sittenwidrig. Deshalb bestehe ein Bereicherungsanspruch, der nicht nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen sei. Denn er habe nach der Informationsveranstaltung und vor Zahlung des Spieleinsatzes das System einfach nicht durchschaut. Im übrigen ist der Kläger der Auffassung, ihm stünden Schadensersatzansprüche zu.

11

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

12

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg.

13

A.

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Spieleinsatzes von 6. 500 DM steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

14

I.

Ein Schuldverhältnis ist aufgrund der Erklärungen der Parteien zwischen ihnen nicht wirksam zustande gekommen. Das Rechtsgeschäft ist vielmehr gemäß § 138 BGB sittenwidrig, so daß ein Rechtsgrund des Beklagten für das Behalten der Leistung nicht besteht. Der daraus resultierende Rückforderungsanspruch des Klägers aus § 812 BGB scheitert jedoch an § 817 Satz 2 BGB, weil ihm bei der Leistung seines Einsatzes ein Sittenverstoß zur Last zu legen ist.

15

1.

Der "Vertrag" über die Teilnahme am .-Spiel ist gemäß § 138 BGB sittenwidrig und nichtig; er ist seinem Inhalt nach mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnug unvereinbar. Der "Spielvertrag" ist aus gleichgelagerten Gründen unwirksam, welche in Rechtsprechung und Literatur zur Annahme einer Sittenwidrigkeit des Systems der progressiven Kundenwerbung im Leistungsvertrieb geführt haben (vgl. BGH WM 1978, 875; OLG München NJW 1986, 1880 m.w.Nachw.; Soergel-Hefermehl, BGB-Kommentar, 12. Aufl., § 138 Rn. 160). Er ist nach seinem Inhalt, Zweck und Beweggrund schlechthin sozialschädlich.

16

Die Grundkonzeption des Spiels entspricht dem Schneeballsystem. Es ist darauf ausgerichtet, dem Initiator und nur wenigen Teilnehmern an der Spitze des Systems enorme wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Eine breite Menge von Mitspielern soll veranlaßt werden, sich zu beteiligen, obwohl aufgrund der rasch ansteigenden Progression die Aussichten, neue Mitspieler zu finden, immer geringer werden. Denn es gibt nicht unendlich viele Interessenten. Es tritt sehr schnell eine Verengung der denkbaren Teilnehmerzahl ein, welches systemimmanent dazu führt, daß die Gewinnerwartung der später auf niedrigerer Stufe Eintretenden zwangsläufig enttäuscht werden muß.

17

Der Anreiz zum Kapitaleinsatz erfolgt dabei durch den Vergleich von Spielbetrag und dem erzielbaren Gewinn, der allerdings lediglich theoretisch ein Vielfaches davon beträgt. Durch diese Verquickung besteht grundsätzlich die Gefahr, daß finanziell schwächeren und geschäftlich unerfahrenen Personen suggeriert wird, sie könnten ihre Situation nachhaltig ohne besonderen Arbeitseinsatz aufbessern. Ferner ist das System darauf ausgelegt, durch Ausnutzung privater Kontakte der Teilnehmer weitere Mitspieler zu gewinnen. Dies führt zu einer Kommerzialisierung des Privatlebens und dadurch zu unerwünschten Belastungen des sozialen Umfeldes eines jeden Spielers. Denn dieser ist gehalten, zur Steigerung seines Gewinns oder zur Vermeidung eines Verlustes Freunde oder Verwandte anzuwerben, wobei er sich auf deren Kosten ohne Gegenleistung bereichert. Daß der so Geschädigte dem Werbenden nicht mehr gut gesonnen sein wird, liegt auf der Hand.

18

2.

Dem so aus der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts abgeleiteten Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB steht aber § 817 Satz 2 BGB entgegen. Den Kläger trifft mit der Zahlung des Spieleinsatzes der Vorwurf eigenen Sittenverstoßes. Sein Rückforderungsrecht ist ausgeschlossen, weil er sich mit der Teilnahme an dem . -Spiel selbst außerhalb der Sitten- und Rechtsordnung gestellt hat.

19

a)

Entgegen der Auffassung des Klägers muß der Beklagte nicht näher darlegen und beweisen, daß der Kläger bei Einzahlung des Spieleinsatzes positive Kenntnis der Sittenwidrigkeit seines Handelns gehabt hat. Ausreichend für die Anwendbarkeit des Rückforderungsausschlusses gemäß § 817 Satz 2 BGB ist, daß der Kläger sich leichtfertig der Einsicht der Sittenwidrigkeit seines Tuns verschlossen hat (vgl. BGH NJW 1992, 310, 311 [BGH 09.10.1991 - VIII ZR 19/91]; NJW 1983, 1420, 1423 [BGH 02.12.1982 - III ZR 90/81]; OLG Oldenburg FamRZ 1991, 981; Erman-H.P. Westermann, BGB-Kommentar, 9. Aufl. § 817 Rdn. 13; Staudinger-Lorenz, BGB-Kommentar, 13. Aufl., § 817 Rdn. 21 m.w.N. Palandt, BGB-Kommentar, 55. Aufl., § 817 Rdn. 11). Dafür genügt bereits die unstreitige Kenntnis des Klägers von der Konzeption des Spiels. Er wußte, daß er für den nicht unerheblichen Betrag von 6. 500 DM nur die Möglichkeit erhalten sollte, am Spiel teilzunehmen und daß sein "Erfolg" davon abhing, daß er weitere Teilnehmer finde, an deren Spieleinsatz er partizipieren würde. Er wußte weiter, daß er diese Mitspieler nur aus seinem privaten Umfeld gewinnen konnte und sie zunächst einen verlorenen Einsatz zu leisten hatten, wodurch er das Risiko des Spiels erhöhte und auf diese übertrug. Über Kettenbriefe, Pilotenspiel etc. wird verstärkt seit Anfang der 80er Jahre in Tageszeitungen, Zeitschriften und anderen Medien berichtet. Es ist daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, daß dem Kläger progressive Systeme und deren Auswirkungen, insbesondere die daraus resultierenden Verluste der Mehrzahl der Teilnehmer grundsätzlich bekannt waren. Im übrigen mußten bei dem Kläger Bedenken an der Lauterkeit des Systems aufkommen, weil er ohne besonderen persönlichen Einsatz - lediglich weitere Personen waren auf die einmalige Gelegenheit aufmerksam zu machen - einen astronomischen Gewinn erzielen sollte. Da der Gewinn weder aus einem Verkauf von Waren oder einer Ausspielung im Rahmen einer Lotterie herrühren sollte, mußte sich dem Kläger die Frage aufdrängen, wer ihm denn seinen Gewinn verschafft, obschon er nichts dafür an Arbeitsleistung erbringen muß.

20

b)

Wenn er sich trotz dieser Kenntnisse zur Teilnahme am . -Spiel entschließt, obwohl er nach der Informationsveranstaltung am Sonntag, den 27.03.1994, noch bis zur Zahlung seines Einsatzes am nächsten Montag genügend Zeit hatte, sich über Inhalt und Auswirkungen des Spielsystems Gedanken zu machen, hat er leichtfertig die Augen vor der Sittenwidrigkeit des Spielsystems verschlossen.

21

c)

Bei diesem naheliegenden Geschehensablauf wäre es nunmehr an dem Kläger darzulegen, warum er nicht durch sein Gewinnstreben veranlaßt wurde, letztlich auf Kosten später eintretender Mitspieler dem . -Spiel beizutreten. Der Kläger hat jedoch nichts dazu vorgetragen, warum er getäuscht oder sonst uninformiert war, das Spielsystem nicht durchschauen konnte oder daß etwa seine Unerfahrenheit Ursache dafür war, den Einsatz zu zahlen. Obwohl er mit der Terminsladung vom 28.09.1995 dazu aufgefordert wurde, Einzelheiten zu den Vorgängen und Überlegungen darzulegen, hat er sich darauf beschränkt, pauschal ohne Nennung von einzelnen Fakten und Namen vorzutragen, er sei von einem Bekannten zur Teilnahme an der Veranstaltung geworben worden, er habe nur auf ehrliche Weise Geld verdienen wollen, er habe das System einfach nicht durchschaut. Dieser allgemein gehaltene Vortrag ist unzureichend, die aufgrund der von dem Kläger eingeräumten Kenntnisse über das Spiel festzustellende Sittenwidrigkeit seines Handelns in Zweifel zu ziehen.

22

3.

Der Rückforderungssausschluß gemäß § 817 Satz 2 BGB scheitert auch nicht daran, daß den Beklagten als Veranstalter im Vergleich zum Kläger ein deutlich schwererer Vorwurf der Sittenwidrigkeit seines Handelns trifft. Steht auf beiden Seiten ein Sittenverstoß fest, verbietet sich eine Abwägung beider Handlungen. Denn der Rückforderungsausschluß bezweckt, demjenigen die Rechtsordnung zur Durchsetzung der Ansprüche zu versagen, der sich bewußt oder leichtfertig über sie hinweggesetzt hat (vgl. Staudinger-Lorenz § 817, Rdn. 21; Erman-H.P. Westermann, § 817 Rdn. 13).

23

4.

Auch Treu und Glauben hindert die Anwendbarkeit des § 817 Satz 2 BGB nicht. Ein Rückforderungsrecht ist nicht deshalb zu bejahen, weil sonst eine Vermögensverschiebung endgültig Bestand hätte, die gerade von der Rechtsordnung nicht gewollt wird (vgl. BGHZ 111, 308, 312; Palandt, § 817 Rdn. 20; Ermann-H.P. Westermann, § 817 Rdn. 15). Zum Schutz des Spielers, der um seinen Einsatz gebracht wurde, ist es nicht geboten, ausnahmsweise § 817 Satz 2 BGB nicht anzuwenden. Vielmehr sieht die Rechtsordnung in § 762 BGB gerade vor, daß Spielvereinbarungen nicht rückabgewickelt werden sollen.

24

II.

Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht aus § 13 Abs. 6 Nr. 2 UWG oder aus §§ 823 Abs. 2, 826 BGB zu.

25

1.

Ein Anspruch aus § 13 Abs. 6 Nr. 2 UWG scheitert daran, daß eine strafbare Handlung des Beklagten aus § 6 c UWG nicht vorliegt. Auch wenn die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein mögen, fehlt es jedenfalls an dem Merkmal der besonderen Vorteilsgewährung durch den Beklagten als Veranstalter für den Fall, daß andere zum Abschluß gleichartiger Geschäfte veranlaßt werden. Der von den Mitspielern zu erlangende Vorteil liegt beim . -Spiel darin, daß nachfolgende Spieler einen Einsatz zahlen, der nach einem bestimmten vorher feststehenden Schlüssel an die auf höherer Stufe in der Pyramide Stehenden verteilt wird. Damit verspricht der Beklagte als Veranstalter lediglich die Chance, daß Mitspieler von Dritten Vorteile erhalten können. Er gewährt sie aber nicht selbst, so daß die Strafnorm nicht anwendbar ist (vgl. BayObLG, GRUR 1991, 245, 246; OLG Stuttgart WISTRA 1991, 234, 235; Granderath, Strafbarkeit von Kettenbriefen! in WISTRA 1988, 173, 176; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl. § 6 c Rdn. 8).

26

2.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Normen des Strafgesetzbuches ist nicht gegeben.

27

a)

Die Veranstaltung des . -Spiels ist kein Glücksspiel gemäß §§ 284, 286 StGB. Die Teilnehmer zahlen keinen Spieleinsatz. Gezahlt wird nur ein in jedem Fall verlorener Betrag, der die Mitspielberechtigung gewährt. Um diesen Betrag wird nicht gespielt, sondern er fließt den vorherigen Mitspielern zu. Die Gewinnhoffnung besteht nicht darin, den Einsatz oder ein Vielfaches zurückzuerhalten. Der Gewinn kann nur dann realisiert werden, wenn selbst weitere Mitspieler gewonnen werden, die verlorene Zahlungen leisten (vgl. BGHSt 34, 171, 177; BayObLG, GRUR 1991, 245, 246; a.A. OLG Karlsruhe NJW 1972, 1963).

28

b)

Ein strafbares Verhalten des Beklagten gemäß § 263 StGB hat der Kläger nicht vorgetragen. Er räumt vielmehr ein, ihm sei auf der Informationsveranstaltung das Spielsystem erklärt worden. Weiter war ihm, wie sich auch aus dem Anmeldeformular ergibt, bekannt, daß seine Zahlung von 6. 500 DM ihn nur in die Lage versetzen sollte, durch Werbung neuer Mitglieder Gewinne zu erzielen. Der Kläger legt nicht dar, ihm sei mehr als die Hoffnung auf Gewinn oder die Möglichkeit der Einnahmeerzielung für den Fall der Werbung neuer Teilnehmer in Aussicht gestellt worden. Damit ist der Kläger hinreichend aufgeklärt worden, so daß mangels weiteren Vortrages des Klägers eine Täuschungshandlung des Beklagten jedenfalls nicht festgestellt werden kann.

29

3.

Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB scheiden ebenfalls aus.

30

a)

Ein Anspruch aus § 826 BGB besteht nur dann, wenn der Beklagte gerade dem Kläger gegenüber sittlich verwerflich gehandelt hat. Zwar ist der Begriff der Sittenwidrigkeit im Zivilrecht immer gleichbedeutend; aus der Feststellung der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 138 BGB folgt jedoch keineswegs zwingend ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, da beide Vorschriften sich in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen unterscheiden (vgl. Soergel-Hönn, BGB Kommentar, 12. Aufl. § 826 Rdn. 245 m.w.Nachw.). An einem verwerflichen Handeln gegenüber dem Kläger fehlt es, weil er nach seinem Vortrag über die wesentlichen Merkmale des Spielsystems und die Tatsache der verlorenen Einsatzzahlung aufgeklärt war. Er wußte, daß er dafür lediglich die Mitspielberechtigung und die Chance des Gewinns bekommt. Auch wenn der Kläger nicht expressis verbis über die Marktverengung und die Stufe seines Eintretens aufgeklärt wurde, führte dies nur dann zur Annahme eines Sittenverstoßes, wenn der Beklagte die geistige Schwäche und Unerfahrenheit des Klägers rücksichtslos ausgenutzt haben würde. Zu seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten hat der Kläger jedoch trotz des Hinweises in der Ladungsverfügung vom 28.09.1995 nichts vorgetragen.

31

b)

Ein sittenwidriges Handeln gegenüber dem Kläger durch die Ausnutzung einer besonderen Situation, in welcher er infolge Beeinflussung durch den Beklagten in seiner Kritik- und Entscheidungsfähigkeit gemindert war, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Dem Kläger war es nach dem Besuch der Informationsveranstaltung am 27.03.1994 in Delmenhorst möglich, in Ruhe und ohne Beeinflussung durch Veranstalter und seine "Gastgeber" zu unterscheiden, ob er teilnehmen wolle. Denn seine Einsatzzahlung hat er erst am nächsten Tag geleistet.

32

c)

Weiter ist dem Kläger nach seinem Vortrag bereits kein Vermögensschaden infolge einer Täuschung durch den Beklagten entstanden. Der Kläger hat freiwillig seinen Einsatz geleistet, um die Chance zur Gewinnerzielung zu erhalten. Wenn sich seine Hoffnung nicht erfüllt, führt dies nicht zwangsläufig zu einem Schaden infolge des nutzlos aufgewandten Einsatzes. Denn die Chance war ihm 6. 500 DM wert. Daß er über den Wert getäuscht wurde, ist nicht dargelegt.

33

III.

1.

Wenn die Erklärungen der Parteien ungeachtet der festgestellten Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes wirksam wären, bestünde ein aus einem Vertrag herrührender Rückforderungsanspruch des Klägers dennoch nicht. Ein Rückforderungsanspruch scheidet jedenfalls an § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn die Erklärungen der Parteien zielten auf eine Spielvereinbarung ab, die nach § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Verbindlichkeit nicht begründet. Nach dem vom Kläger unterzeichneten Antrag zur Teilnahme am . -Spiel war ein Austausch von Leistungen nicht Vertragsgegenstand. Vielmehr hatte er einen verlorenen Einsatz zu leisten, der ihn zur Teilnahme am Spiel berechtigte. Auch aus dem dem Kläger vorgestellten Spielsystem wurde deutlich, daß der Einsatz in jedem Fall nicht zurückzuzahlen war, gleich wie sich das Spiel für ihn entwickelte. Zwar wird das . -Spiel von seiner Konzeption her nicht - wie im Antrag bezeichnet - als Glücksspiel einzuordnen sein. Da über "Gewinn und Verlust" die persönlichen Fähigkeiten des Teilnehmers entscheiden sollten, weitere Mitspieler zu finden, kann das Spiel von seinem Charakter her aber grundsätzlich als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet werden (vgl. MünchKomm-Pecher, BGB-Kommentar, 2. Aufl., § 762 Rn. 14). Auch auf diese Spielform findet § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB Anwendung (vgl. Palandt, § 762 Rn 2), so daß eine unvollkommene Verbindlichkeit gegeben ist weshalb das darauf Geleistete nicht zurückverlangt werden kann.

34

2.

Ein Anspruch des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluß scheidet ebenfalls aus. Es fehlt an einer Aufklärungspflichtverletzung durch den Beklagten. Denn unstreitig wurde dem Kläger das Spielsystem erläutert und er wußte, daß er durch die - in jedem Fall verlorene - Einsatzzahlung nur die Möglichkeit erhalten sollte, weitere Teilnehmer zu werben und dadurch Gewinne zu erzielen. Dem pauschalen Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, daß er falsche oder in wesentlichen Belangen unvollständige Informationen über das Life-Spiel erhalten hat.

35

IV.

Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes gemäß § 13 a UWG i.V.m. § 4 UWG oder nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes ist ebenfalls nicht gegeben.

36

1.

Der Kläger hat nicht dargelegt, daß der Beklagte unwahre Angaben im Sinne des § 4 UWG über die Konzeption des Life-Spiels gemacht hat. Vielmehr hat er eingeräumt, aufgeklärt worden zu sein.

37

2.

Das Haustürwiderrufsgesetz findet von seiner Zielrichtung her keine Anwendung. Denn es dient dazu, Kunden die Losung von schuldrechtlichen Vertragen zu ermöglichen, nicht aber der Rückabwicklung sachenrechtlicher Vermögensverschiebungen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Informationsveranstaltung zur Teilnahme am . -Spiel überhaupt § 1 Abs. 1 Nr. 2 Haustürwiderrufsgesetz unterfällt.

38

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer richtet sich nach § 546 Abs. 2 ZPO.

39

Der Senat hat davon abgesehen, die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Vielmehr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung unter Beachtung der herrschenden Rechtsauffassungen, die im wesentlichen darauf beruht, daß der Kläger entscheidungserhebliche Umstände nicht substantiiert vorgetragen hat.

40

C.

Das Vorbringen des Klägers in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 27.02., 28.02. und 19.03.1996 gibt keinen Anlaß, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Sie enthalten keinen neuen erheblichen Tatsachenvortrag.