Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.01.2024, Az.: 13 U 36/23

Preisangaberechtliche Beurteilung einer Bearbeitungspauschale bei Abschluss eines Fernabsatzvertrags bei Nichterreichen eines bestimmten Gesamtbestellwerts; Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1 PAngV

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.01.2024
Aktenzeichen
13 U 36/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 10625
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0130.13U36.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 10.07.2023 - AZ: 13 O 164/22

Fundstellen

  • GRUR 2024, 392-395
  • K&R 2024, 283-285
  • WRP 2024, 493-495

Amtlicher Leitsatz

Zur preisangaberechtlichen Beurteilung einer Bearbeitungspauschale, die von einem Anbieter beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags verlangt wird, wenn der Gesamtbestellwert eine bestimmte Höhe nicht erreicht.

Eine Bearbeitungspauschale, die von einem Anbieter beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags verlangt wird, wenn der Gesamtbestellwert eine bestimmte Höhe nicht erreicht, ist nicht in den Gesamtpreis einzurechnen, der gemäß § 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV für die einzelnen angebotenen Waren anzugeben ist. Vielmehr handelt es sich um sonstige Kosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 PAngV, die nach Maßgabe dieser Regelungen gesondert anzugeben sind.

In dem Rechtsstreit
S. W., ...,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro D., ...,
gegen
XY, ...,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt R., ...,
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2024 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 10. Juli 2023 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, weil dieser mit seinem Internetversand - bei einem Gesamtbestellwert von unter 29 € - eine Bearbeitungspauschale erhob, die er nicht in den für die einzelnen angebotenen Produkte angegebenen Preis einrechnete, sondern gegebenenfalls separat auswies. Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1 PAngV.

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, im Internet auf der Internetseite https://www....de Ware anzubieten oder anbieten zu lassen und in deren Zusammenhang Preise anzugeben, in denen eine Bearbeitungspauschale nicht eingerechnet ist, wenn dies geschieht wie auf der Internetseite https://www....de, gemäß Anlage K 2,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 260 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, die Bearbeitungspauschale sei bei den einzelnen angebotenen Produkten nicht in den anzugebenden Gesamtpreis einzurechnen, weil das Anfallen dieser zusätzlichen Kosten und ihre Höhe von dem Gesamtbestellwert abhingen. Vielmehr handele es sich um zusätzliche Lieferkosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 PAngV, die separat auszuweisen seien.

Mit Urteil vom 10. Juli 2023, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird (Bl. 67 ff. d.A.), hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben. Der Beklagte habe seine Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1 PAngV verletzt. Die beim Erwerb der streitgegenständlichen Filtertüten zu einem Preis in Höhe von 14,90 € erhobene Bearbeitungspauschale stelle einen unvermeidbaren, vorhersehbaren und zwingend zu zahlenden Preisbestandteil dar und sei somit in den Gesamtpreis nach § 2 Nr. 3 PAngV einzubeziehen. Dass die Pauschale ab einem bestimmten Bestellwert entfalle, stehe dem nicht entgegen. Dies eröffne für den Verbraucher keine Wahlmöglichkeit; denn für den Erwerb des konkreten Artikels sei die Pauschale zwingend zu zahlen. Anderes folge auch nicht daraus, dass demgegenüber Versand- und Lieferkosten nicht in den Gesamtpreis einzurechnen seien. Im Gegensatz zu den Versandkosten handele es sich bei der Bearbeitungspauschale um dem Geschäftsmodell des Beklagten zuzurechnende Kosten, die - als Material- und Personalkosten - bei der Preiskalkulation berücksichtigt würden.

Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte weiterhin die vollständige Klagabweisung. Das Landgericht habe den verlangten Mindermengenzuschlag zu Unrecht nicht unter § 6 Abs. 2 PAngV subsumiert. Offenbar habe es übersehen, dass in dieser Regelung nicht nur Versandkosten, sondern auch sonstige Kosten aufgeführt seien. Das vom Landgericht zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm betreffe einen anderen Sachverhalt; dort habe der Verkäufer - anders als im Streitfall - nicht transparent auf den Mindermengenzuschlag hingewiesen. Hingegen habe das Oberlandesgericht Hamm nicht entschieden, dass der Mindermengenzuschlag in den Gesamtpreis einzurechnen sei. Nach der Auffassung des Landgerichts könne niemals ein Mindermengenzuschlag verlangt werden. Bei dem Mindermengenzuschlag handele es sich nicht um einen Preisbestandteil, weil dessen Anfallen - entgegen der Auffassung des Landgerichts - für den Verkäufer gerade nicht vorhersehbar sei. Mit der Nennung der sonstigen Kosten in § 6 Abs. 2 PAngV habe der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit eröffnet, neben den Versandkosten auch andere Kosten - zusätzlich zum Gesamtpreis - zu verlangen. Der hierüber ordnungsgemäß aufgeklärte Verbraucher könne sich - wie bei den preisabhängigen Versandkosten - auf die vom Verkäufer hierdurch ausgeübte Steuerungsfunktion einstellen. Entscheidend sei allein, ob das Verlangen sonstiger Kosten i.S.d. § 6 Abs. 2 PAngV transparent erfolge, was hier der Fall sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 10. Juli 2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover Az. 13 O 164/22 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts. Das Urteil habe einen Bearbeitungszuschlag zum Gegenstand, während sich die Berufungsbegründung auf einen Mindermengenzuschlag beziehe. Zu Recht habe das Landgericht die Bearbeitungspauschale als Bestandteil des Gesamtpreises im Sinne von § 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV angesehen. Die Hinweispflicht aus § 6 Abs. 2 PAngV sei hiervon unabhängig, sodass es dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei der Bearbeitungspauschale um sonstige Kosten im Sinne dieser Vorschrift handele. Die Bearbeitungspauschale stelle einen unvermeidbaren Preisbestandteil dar, weil insoweit nur auf das konkret gewählte Produkt abzustellen sei. Dem stehe es nicht entgegen, dass die Pauschale bei einem bestimmten Mindestbestellwert nicht mehr anfalle. Denn der Käufer werde auf diese Weise zur Änderung seiner Kaufentscheidung gezwungen. Das Anfallen der Bearbeitungspauschale sei für den Verkäufer auch vorhersehbar, weil diese für jeden Artikel anfalle, dessen Kaufpreis unter der Mindermengengrenze liege. Dass der Verkäufer verpflichtet sei, eine erhobene Bearbeitungspauschale in den beworbenen Kaufpreis einzupreisen, sei auch im Sinne des freien Wettbewerbs.

B.

I. Die Berufung ist zulässig.

Der gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwerdewert von über 600 € wird erreicht. Zwar muss der Beschwerdewert des Beklagten, der sich nach seinem wirtschaftlichen Interesse richtet, dem titulierten Verbot nicht nachkommen zu müssen, nicht den Streitwert der ersten Instanz erreichen, für den das satzungsmäßig wahrgenommene Interesse der Verbraucher maßgebend gewesen ist (BGH, Beschluss vom 15. September 2016 - I ZR 24/16, Rn. 9). Es ist aber davon auszugehen, dass das wirtschaftliche Interesse an der Beibehaltung des gewählten Preismodells und seiner streitgegenständlichen - werbewirksamen - Darstellung ohne Einrechnung der Bearbeitungspauschale den Betrag von 600 € deutlich übersteigt. Der Senat hat den Berufungsstreitwert, der sich nach denselben Kriterien bemisst, nach Anhörung der Parteien auf 15.000 € festgesetzt.

Die Berufung ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden (Bl. 84, 92, 115 d.A.). Anders als der Kläger offenbar meint, genügt die Berufungsbegründung auch inhaltlich den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Beklagte hat dargetan, dass nach seiner Auffassung die geforderte Bearbeitungspauschale als Mindermengenzuschlag nicht in den anzugebenden Gesamtpreis eingerechnet werden müsse und damit eine Rechtsverletzung nach § 520 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ZPO geltend gemacht.

II. Die Berufung ist auch begründet. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 UWG. Der Beklagte hat mit der gesondert ausgewiesenen Bearbeitungspauschale dem Verbraucher keine wesentliche Information vorenthalten; der Beklagte hat nicht gegen die in der Preisangabenverordnung normierte Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises verstoßen.

a) Die Frage der Unlauterkeit des Verhaltens des Beklagten wegen eines vom Kläger gerügten Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung richtet sich nach den Bestimmungen der §§ 5a, 5b UWG zum Vorenthalten wesentlicher Informationen. In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit einer Handlung allein nach § 5a UWG zu beurteilen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2023 - I ZR 135/20 - Flaschenpfand IV, Rn. 12).

Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, (Nr. 1) die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und (Nr. 2) deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Gemäß § 5b Abs. 4 UWG nF gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG nF auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

Nach § 3 Abs. 1 PAngV in der am 28. Mai 2022 in Kraft getretenen Fassung (im Folgenden: nF) hat derjenige, der als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Gesamtpreise anzugeben. Der Gesamtpreis ist nach § 2 Nr. 3 PAngV nF der Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist.

Die Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises hat ihre Grundlage in Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangaben-Richtlinie). Es handelt sich um eine wesentliche Informationspflicht nach § 5b Abs. 4 UWG und des hierdurch umgesetzten Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2023 - I ZR 135/20 - Flaschenpfand IV, Rn. 19).

b) Weil der Kläger seinen Unterlassungsanspruch auf ein vom Beklagten am 1. Juni 2022 veröffentlichtes Angebot (Staubsauger-Filtertüten) stützt, ist insgesamt bereits die Preisangabenverordnung in der aktuellen, am 28. Mai 2022 in Kraft getretenen Fassung maßgeblich. Das Anbieten der Filtertüten löste die Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV nF aus. Dieser Pflicht ist der Beklagte ordnungsgemäß nachgekommen. Die Bearbeitungskosten, die der Beklagte bei Unterschreiten eines bestimmten Gesamtbestellwertes verlangte, sind kein Bestandteil des für die Filtertüten anzugebenden Gesamtpreises.

aa) Die Definition des Gesamtpreises in § 2 Nr. 3 PAngV nF beruht auf der hierdurch umgesetzten Regelung in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG (Preisangaben-Richtlinie). Danach bezeichnet "Verkaufspreis" den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt. Hierzu hat der EuGH entschieden, dass der Endpreis notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten muss, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden (EuGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - C-476/14 - ..., Rn. 37; EuGH, Urteil vom 29. Juni 2023 - C-543/21, Rn. 19). Diese Definition des Endpreises ist auch für den richtlinienkonform auszulegenden Begriff des Gesamtpreises im Sinne der PAngV maßgeblich.

bb) Nach dieser Maßgabe ist die Bearbeitungspauschale nicht in den Gesamtpreis bzw. Endpreis der einzelnen angebotenen Produkte einzurechnen.

(1) Im Ausgangspunkt ist das von dem Beklagten gewählte Preismodell bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung zu respektieren. Die Preisangabenverordnung soll nur für Preiswahrheit und -klarheit im Rahmen des von dem Unternehmer gewählten Geschäftsmodells sorgen. Sie macht keine Vorgaben für die Preisgestaltung als solche. Etwas anderes mag im Einzelfall für eine auf die Irreführung der Verbraucher angelegte Preisgestaltung gelten, wenn Preisbestandteile in einem offensichtlich nicht nachvollziehbaren Umfang zu sonstigen Kosten umdeklariert werden. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Die Erhebung eines Bearbeitungszuschlags bei Kleinbestellungen zur Deckung des mit jeder Bearbeitung einer Bestellung verbundenen Grundaufwands ist eine nachvollziehbare kaufmännische Entscheidung, die bei der Anwendung der Preisangabenverordnung auf den konkreten Streitfall zu Grunde zu legen ist.

(2) Nach der vorgenannten Definition des Gesamtpreises im Sinne der PAngV ist die Bearbeitungspauschale nicht in den anzugebenden Produktpreis einzurechnen.

Bezogen auf die einzelnen mit einem Kaufpreis von unter 29 € angebotenen Waren ist das Anfallen der Bearbeitungspauschale weder für den Verbraucher unvermeidbar noch für den Verkäufer zum Zeitpunkt der Preisangabe vorhersehbar. Ob die Bearbeitungspauschale anfällt, hängt von dem Bestellvolumen ab, dass der Verbraucher bei seiner Bestellung insgesamt erreicht. Es ist nicht absehbar, ob der Verbraucher nur das fragliche Produkt - einmal - bestellt. Dem Verbraucher steht es frei, ein Produkt mit einem Kaufpreis von unter 29 € in höherer Stückzahl zu bestellen oder es zusammen mit anderen Gegenständen zu erwerben und damit ein Bestellvolumen von mindestens 29 € zu erreichen, bei dem die Bearbeitungspauschale nicht anfällt.

Entgegen der Auffassung des Klägers und des Landgerichts ist nicht darauf abzustellen, ob die Bearbeitungspauschale anfallen würde, wenn der Verbraucher nur das einzelne Produkt bestellen würde. Hierbei handelt es sich nur um einen möglichen Fall, der für die Preisangabe nicht maßgeblich sein kann. Abzustellen ist darauf, ob bei jedem Bestellvorgang, bei dem der "Warenkorb" das fragliche Produkt enthält, die Bearbeitungspauschale anfällt.

(3) Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn der Verkäufer im Fernabsatz für jeden Bestellvorgang eine feste Kostenpauschale verlangt (vgl. zu einer sog. Logistikpauschale: OLG Bamberg, Urteil vom 3. März 2021 - 3 U 31/20, juris), kann hier dahingestellt bleiben. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass auch eine feste Kostenpauschale, die bei einem Bestellvorgang - dem konkreten Fernabsatzvertrag - nur einmal anfällt, nicht bereits in den für die einzelnen angebotenen Produkte anzugebenden Gesamtpreis einzurechnen wäre. Denn solange noch nicht das Preisvolumen der konkreten Bestellung feststeht, ist nicht vorhersehbar, in welcher Höhe sich der Preis für das einzelne Produkt kalkulatorisch durch die für die gesamte Bestellung nur einmal anfallende Pauschale erhöhen würde.

(4) Die vorgenommene Auslegung wird durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 PAngV nF gestützt. Hieraus ergibt sich, dass bei einem Fernabsatzvertrag neben den für die Waren geforderten Preisen zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen können und dann nach diesen Bestimmungen gesondert auszuweisen sind. Dies korrespondiert mit der vorgenannten Definition des Gesamtpreises, wonach derartige Kosten, die bezogen auf das gesamte, möglicherweise mehrere Produkte umfassende Fernabsatzgeschäft anfallen, nicht in den Preis einzurechnen sind, zu dem die einzelnen Waren angeboten werden.

Daher ist allgemein anerkannt, dass Versandkosten nicht Bestandteil des anzugebenden Gesamtpreises sein müssen (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Wiedert, 5. Aufl. 2021, PAngV § 1 Rn. 61 mwN). Den Versandkosten werden in § 6 Abs. 2 Nr. 2 PAngV und der hierdurch umgesetzten unionsrechtlichen Bestimmung Art. 6 Abs. 1 Buchst. e Richtlinie 2011/83/EU (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, PAngV § 6 Rn. 3) die zusätzlichen "sonstigen Kosten" ausdrücklich gleichgestellt. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei den gesondert auszuweisenden sonstigen Kosten nur um "externe" Kosten des Verkäufers handeln darf und nicht um solche Kosten, die der Verkäufer für seinen eigenen bei der Bearbeitung des Bestellvorgangs anfallenden Aufwand berechnet.

(5) Auch unter Berücksichtigung der übergeordneten Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit, die das dem Verbraucherschutz dienende Preisangabenrecht bestimmen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV, s.a. Erwägungsgründe 1, 3 und 6 Preisangaben-Richtlinie) ist es nicht geboten, die Bearbeitungspauschale des Produktes bereits in den jeweils anzugebenden Gesamtpreis des angebotenen einzurechnen. Dies würde dazu führen, dass sich die Einzelpreise der jeweiligen Produkte - je nach erreichtem Gesamtbestellaufkommen - wieder ändern könnten, was es keinesfalls für den Verbraucher vereinfachen würde, bei seiner Kaufentscheidung und während des Bestellvorgangs die für ihn bei der Bestellung anfallenden Kosten zu überblicken. So könnte sich der Gesamtpreis für ein Produkt auch wieder erhöhen, wenn der Verbraucher ein anderes Produkt aus seinem Warenkorb entfernt, was insgesamt wenig transparent und eher verwirrend wäre.

Aufgrund der im Versandhandel vielfach von Anbietern verlangten Versandkosten sind Verbraucher es hingegen gewohnt, dass im Fernabsatz bei einem Preisvergleich nicht nur auf den Preis der einzelnen Waren abgestellt werden kann, sondern die gesamten Kosten der Bestellung in den Blick zu nehmen sind. Hieran ändert sich im Grundsatz nichts durch eine verlangte Bearbeitungspauschale, wenn diese ordnungsgemäß - entsprechend der zu Versandkosten ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 PAngV nF ausgewiesen ist.

3. Dahingestellt bleiben kann, ob aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verbraucher die Werbung des Beklagten, in der die Versandkostenfreiheit herausgestellt wird, irreführend sein könnte, wenn zugleich ein Bearbeitungszuschlag bei Unterschreitung eines bestimmten Bestellvolumens verlangt wird. Eine diesbezügliche etwaige Irreführung ist nicht streitgegenständlich. Der Kläger stützt seinen Unterlassungsanspruch ausdrücklich nur darauf, dass die Bearbeitungspauschale nicht in die einzelnen Produktpreise eingerechnet, sondern separat berechnet wird. Hierauf hat bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen (Seite 9 LGU).

C.

I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

II. Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 1 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts.

Die Revisionszulassung dient der Klärung der Frage, ob eine Bearbeitungspauschale, die im Fernabsatz bei Unterschreiten eines bestimmten Gesamtbestellwerts verlangt wird, bei jedem angebotenen Produkt in den anzugebenden Gesamtpreis einzurechnen ist, wenn der Preis des einzelnen Produkts alleine nicht den Gesamtbestellwert erreicht, der zum Entfallen der Bearbeitungspauschale führen würde. Insoweit ist in der Rechtsprechung und der Literatur der Begriff des Gesamtpreises im Sinne von § 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV nicht hinreichend geklärt.

Das von den Parteien und dem Landgericht zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 28. Juni 2012 - I-4 U 69/12) trägt nicht zu der Klärung dieser Frage bei. Das Urteil betrifft eine frühere Fassung der PAngV, in der - abweichend von § 6 PAngV nF - nur zusätzliche Liefer- und Versandkosten aber keine sonstigen Kosten vorgesehen waren (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung). Das Urteil verhält sich auch nicht zu der Frage, ob ein erhobener Mindermengenzuschlag in den anzugebenden Endpreis einzurechnen ist. Vielmehr hat das Oberlandesgericht Hamm lediglich entschieden, dass auf einen Mindermengenzuschlag gesondert und unabhängig von stets anfallenden Versandkosten hingewiesen werden müsse (Rn. 47, juris).