Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 06.10.2008, Az.: 1 B 55/08
Amtsangemessenheit; aufschiebende Wirkung; Beamter; Beurlaubung, abordnungsähnlich; dauerhafte Zuweisung; Dienstherr; Dienstpostenbewertung; Direktionsbefugnis; Interesse, dringende; Lebenszeit; VCS-GmbH; Vollzugsanordnung; vorübergehende Zuweisung; Zustimmung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.10.2008
- Aktenzeichen
- 1 B 55/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 55010
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs 3 VwGO
- § 55 S 2 BBG
- § 4 Abs 4 S 2 PostPersRG
- § 123a BRRG
- § 79 BBG
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Bundesbeamtin auf Lebenszeit und bei der Dt. Telekom AG als Fernmeldeobersekretärin (A 7) tätig, u.zw. seit Dezember 2003 als Angehörige des Zentralen Betriebes "Vivento". Vom 1. April 2008 bis zum 30. Juni 2008 wurde sie als Service-Center-Agentin bei der VCS GmbH in B. im Schichtbetrieb, allerdings nicht auf alternierenden Telearbeitsplätzen (Heimarbeitsplätzen) beschäftigt. Infolge von Überlastungen wurde bei ihr im Mai 2008 ein Blutdruckleiden festgestellt. Ärztlicherseits wurde eine wohnortnahe Verwendung empfohlen.
Nachdem sie zur Zuweisung einer weiteren Tätigkeit als Service-Center-Agentin bei der VCS-GmbH angehört worden war, der sie jedoch nicht zugestimmt hatte, wurde ihr durch den angegriffenen Bescheid vom 9. September 2008 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung widerruflich eine Tätigkeit bei der gen. GmbH für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 30. April 2009 zugewiesen. Die Tätigkeit sollte in erster Linie in der Vermittlung von Telefonanrufen bestehen.
Mit Schreiben vom 12. September 2008 legte die Antragstellerin gegen diese Zuweisung Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Am 16. September 2008 hat die Antragstellerin um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und hierzu vorgetragen, zunächst fehle es an einem besonderen Vollzugsinteresse iSv § 80 Abs. 3 VwGO. Sodann sei die zugewiesene Tätigkeit, der sie nicht zugestimmt habe, nicht ausreichend konkret beschrieben worden. Es sei zu erwarten, dass sie unterwertig beschäftigt werde. Die zugewiesene Tätigkeit sei nicht zumutbar, sondern führe bei ihr zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Vorenthaltung eines Heimarbeitsplatzes sei unverhältnismäßig. Letztlich scheitere die Zuweisung an der mangelhaften Beteiligung des Betriebsrates. Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 12. September 2008 gegen den Zuweisungsbescheid vom 9. September 2008 wieder herzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Sache an das Verwaltungsgericht C. zu verweisen bzw. den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, für die örtliche Zuständigkeit sei der Ort maßgeblich, an dem der Beamte "ständig oder überwiegend seinen Dienst verrichte", was hier mit der Betreuung der Antragstellerin durch die "Vivento" für C. anzunehmen sei. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ordnungsgemäß begründet worden und auch in der Sache tragfähig, die Anforderungen an die Begründung dürften nicht überspannt werden. Wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrates werde ein Einigungsstellenverfahren durchgeführt (§ 29 Abs. 3 PostPersRG), zudem lägen aber auch die Voraussetzungen des § 69 Abs. 5 BPersVG vor, da die Zuweisung unaufschiebbar sei. In der Sache sei der Zuweisungsbescheid nach § 4 Abs. 4 PostPersRG rechtmäßig. Die nur vorübergehende Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Unternehmen iSv § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG, wie das hier bei der 100%igen Tochter VCS der Dt. Telekom AG der Fall sei, sei auch ohne Zustimmung des betroffenen Beamten zulässig. Die zugewiesenen Tätigkeiten seien zumutbar und auch amtsentsprechend bzw. amtsangemessen, wie der Zuweisungsleitfaden (dort Anlage 4) zeige. Die Wertigkeitsprüfung werde anhand der Tätigkeitsbeschreibung nach einer "summarischen Betrachtung und entsprechenden Quervergleichen" vorgenommen. Hierbei werde die "Arbeitsschwierigkeit in ihrer Gesamtheit" eingeschätzt, wobei ihr ein Gestaltungs- und Organisationsspielraum zukomme. Die Zuweisung liege im dringenden personalwirtschaftlichen Interesse der Antragsgegnerin. Die Tätigkeit sei auch zumutbar. Die Ablehnung von Tele-Heimarbeitsplätzen durch die VCS- GmbH sei kein Umstand, welcher der Antragsgegnerin zugerechnet werden könne. Im Rahmen der Ermessenentscheidung seien die beteiligten Belange miteinander abgewogen worden, wobei auch die Organisationsbefugnis des Dienstherrn berücksichtigt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
1. Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.
1.1 Für den Antrag ist das angerufene Gericht gem. § 52 Nr. 4 VwGO zuständig, da der Antragstellerin bei der VCS-GmbH in B. durch den angegriffenen Bescheid sofort vollziehbar Aufgaben und Arbeitsleistungen zugewiesen worden sind, B. damit also ihr Dienstort geworden ist. Dieser Dienstort iSv Dienststelle als "kleinster organisatorischer Abgrenzbarkeit" ohne "rechtliche Verselbständigung" (OVG Koblenz, NVwZ-RR 1999, 592 [OVG Rheinland-Pfalz 09.10.1998 - 10 A 11390/98]) geht dem Wohnsitz der Antragstellerin vor. Denn für Beamte ist es Sinn und Zweck des § 52 Nr. 4 VwGO, nicht am Sitz der Behörde, sondern - im Unterschied zu den Regelfällen des § 52 Nrn. 2 und 3 VwGO - beim Gericht der Dienststelle als der kleinsten Einheit klagen zu dürfen (VG Darmstadt, NVwZ-RR 1996, 162). Die von der Antragsgegnerin angesprochene "Betreuung" durch die "Vivento"-Gesellschaft hat demgegenüber nichts mit einer Dienststelle zu tun, zumal sie selbst davon ausgeht, dass es auf den Ort der ständigen oder überwiegenden Dienstverrichtung ankomme (S. 2 d. Schr. v. 26.9.08), nachdem sie schon einmal eingeräumt hatte, dass der Antragstellerin bei Vivento "eine konkrete Beschäftigung an einem bestimmten Dienstort nicht zugewiesen" war (S. 8 d. Schr. vom 10.7.2008 im Verfahren 1 B 39/08). Im Übrigen liegt diese Betreuung zeitlich vor der aktuellen Zuweisung zur VCS-GmbH in B..
1.2 Bei den in Rede stehenden Personalmaßnahmen der Antragsgegnerin handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine - in Form der Weisung gem. § 55 Satz 2 BBG durchgesetzte - Umsetzung bzw. Verpflichtung zu einer ortsgebundenen "Fortbildung" mit Aufnahme bestimmter Tätigkeiten bei der VCS-GmbH, sondern um eine Zuweisung. Auf § 55 Satz 2 BBG kann sich die Antragsgegnerin, so wie sie das noch in vorangehenden Verfahren getan hat, zwecks Umsetzung ihrer Personalmaßnahmen nicht stützen (vgl. Beschlüsse der Kammer, u.a. v. 10.7.2008 - 1 B 39/08 -).
1.3 Bei dem neuen beamtenrechtlichen Institut der vorübergehenden Zuweisung einer Tätigkeit (§ 123 a BRRG, § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG) handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl., Rdn. 135 ff.; Kotulla, ZBR 1995, 168 ff. / 171 und 365 m.w.N.), so dass Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist (VG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.04.2008 - 16 B 9/08 - ; unzutreffend VG Hamburg, Beschl. v. 14. 04.2008 - 8 E 830/08 - ). Durch die Zuweisung wird gerade dann, wenn sie ohne Zustimmung des betroffenen Beamten erfolgt, eine Regelung gem. § 35 VwVfG getroffen, die nicht mehr nur als innerorganisatorische Maßnahme gewertet werden kann. Sie ist vielmehr eine abordnungsähnliche Beurlaubung mit belastendem Charakter und verpflichtet zu einer Tätigkeit bei nicht behördlichen, nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen (Kotulla, aaO. m.w.N.).
Ein Widerspruch gegen diese Maßnahme hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO, da § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG nur die Fälle der Abordnung und Versetzung erfasst, nicht aber die hier in Rede stehende Zuweisung. § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.2006 - 1 B 751/06 - juris), u.zw. auch nicht über § 2 Abs. 3 PostPersRG. Somit kommt hier das Regel-Ausnahmeverhältnis des § 80 VwGO zur Anwendung.
2. Der Antrag ist begründet.
2.1 Die sofortige Vollziehung ist hier zwar von der Antragsgegnerin iSv § 80 Abs. 3 VwGO formal begründet worden (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Aufl., Rdn. 754/755; vgl. auch die Beispiele für Vollzugsinteressen Rdn. 737 ff. m.w.N.), aber diese Begründung trägt die Erforderlichkeit einer sofortigen Umsetzung der an die Antragstellerin gerichteten Zuweisungsverfügung (Grundverfügung) nicht. In der auf den Einzelfall bezogenen Begründungspflicht soll die qualitative Verschiedenheit des Vollziehungsinteresses gegenüber dem Interesse an der Grundverfügung zum Ausdruck kommen. Die Begründung hat eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darstellung des besonderen Vollzugsinteresses zu enthalten, an der es hier fehlt.
Es mag sein, dass die Gewährleistung einer amtsangemessenen Beschäftigung von Beamten im Bereich der Dt. Telekom AG - wie in der Vollzugsanordnung dargelegt - ganz allgemein ein öffentliches Interesse darstellt. Jedoch wird damit nicht belegt, dass dieses Interesse derart dringlich ist, dass es im Falle der Antragstellerin seiner sofortigen Umsetzung bedarf. Die angeführte "harte Wettbewerbssituation", in welcher die Sicherstellung der Beschäftigung von voll alimentierten Beamten - wie die Antragsgegnerin meint - im Interesse der Bundesrepublik Deutschland liege, lässt diese Dringlichkeit ebenso wenig hervortreten wie der Verweis auf einen "rationellen" Einsatz von Beamten der Dt. Telekom AG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um private Interessen einer privatrechtlich strukturierten Aktiengesellschaft handelt, deren Wahrnehmung im Interesse der Aktionäre liegt, also ihr Interesse an wirtschaftlicher Prosperität der Aktiengesellschaft widerspiegelt. Daran ändert auch Art. 143 b GG nichts, der lediglich die Umwandlung in private Rechtsformen ermöglicht und hierbei in Abs. 3 die "Wahrung" der Rechtsstellung der Bundesbeamten vorsieht. Ausführungen dazu, aus welchen Gründen im Einzelnen der Einsatz der Antragstellerin bei der VCS-GmbH in B. - einer Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin - dringlich und unabweisbar sein soll, fehlen in der Vollzugsanordnung vom 9. September 2008. Auch der Hinweis darauf, dass so dem verfassungsrechtlich garantierten Rechtsanspruch auf Beschäftigung der Beamten aus Art. 143 Abs. 3 GG Rechnung getragen werde, belegt nicht das besondere öffentliche Vollzugsinteresse, das über jenes noch hinauszugehen hat, welches den Grundverwaltungsakt trägt. Soweit darauf verwiesen wird, dass andernfalls "Personal vom Arbeitsmarkt rekrutiert" werden müsse, belegt die Antragsgegnerin selbst, dass strukturell gerade keine Zwangslage besteht, sondern die Vollzugsanordnung von wirtschaftlichen Überlegungen gesteuert wird. Irgendeine konkrete Dringlichkeit im Sinne eines besonders gelagerten Vollzugsinteresses ist so nicht dargetan (so auch VG Ansbach, Beschluss v. 30.7.2008 - AN 11 SO 8.01173 - ).
2.2 Die im Übrigen von der Kammer vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt nicht das private Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die angefochtene Zuweisungsverfügung in einem Verfahren der Hauptsache sich nicht ohne weiteres als rechtmäßig, sondern eher als rechtwidrig darstellen würde.
2.2.1 Die Anforderungen, die § 4 Abs. 4 PostPersRG an die vorübergehende Zuweisung stellt, sind nicht erfüllt. Zunächst fehlt es an der Zustimmung der Antragstellerin, die für eine nur vorübergehende Zuweisung nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 1 Post-PersRG und in Übereinstimmung mit § 123 a Abs. 1 BRRG stets erforderlich ist. Insoweit ist eine Mitbestimmung des Personalrats zum Schutze des Beamten nicht geboten, § 76 Abs. 1 Nr. 5 a) BPersVG, da die nur vorübergehende Zuweisung über einen Zeitraum von lediglich 3 Monaten von seiner eigenen Zustimmung abhängig ist. Erst bei länger andauernden Zuweisungen iSv § 123 a BRRG, die über 3 Monate hinausgehen, greift dann das Mitbestimmungserfordernis des § 76 Abs. 1 Nr. 5 a BPersVG ein, das den Beamten anstelle seiner eigenen Zustimmung schützen soll. Diese zeitliche Komponente kann bei § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG nicht außer Betracht gelassen werden, der in diesem (zeitlich gebundenen) Spannungsverhältnis allein die "dauerhafte" Zuweisung einer - amtsent-sprechenden - Tätigkeit ohne Zustimmung des betroffenen Beamten regelt - was allerdings mit § 123 a Abs. 2 BRRG nicht ohne weiteres übereinstimmt, da hier nur im Falle der Umwandlung einer Dienststelle die Zustimmung des Beamten verzichtbar ist. Eine nicht mehr nur vorübergehende Zuweisung, also eine länger andauernde oder gar "dauerhafte" Zuweisung ist nach § 123 a BRRG - von der gen. Dienststellenumwandlung abgesehen - gar nicht vorgesehen.
Die Zuweisung einer befristeten und damit vorübergehenden Tätigkeit ist somit gem. § 123 a Abs. 1 BRRG stets von einer Zustimmung des betroffenen Beamten abhängig, solange noch davon gesprochen werden kann, es sei nur eine zeitlich begrenzte Tätigkeit. Das jedoch ist hier der Fall, da es um eine Zuweisung vom 1. September 2008 bis zum 30. April 2009 geht.
Vor Einführung des § 123 a Abs. 2 BRRG sollten denkbare Belastungen für den betroffenen Beamten durch eine Tätigkeit unter der arbeitsrechtlichen Privatrechtsordnung außerhalb des Geltungsbereichs des BRRG nur mit der Zustimmung des Beamten zulässig sein (§ 123 a Abs. 1 BRRG). Eine Zuweisung ohne solche Zustimmung sollte nur im (Sonder-)Fall einer Umwandlung der Dienststelle möglich sein (§ 123 a Abs. 2 BRRG) oder aber bei von vorneherein "dauerhafter" Tätigkeit in Mehrheitsunternehmen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG). Denn der Zweck der Zuweisung liegt in der Absicht, der umgewandelten bzw. privatisierten Einrichtung mit dem Beamten eine qualifizierte Arbeitskraft weiterhin zur Verfügung zu stellen und so die Fortführung der vormals öffentlichen Tätigkeiten zu gewährleisten.
Vgl. dazu die Begründung zu § 4 Abs. 4 des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes (Bundesratsdrucksache 432/04, S. 10):
„Mit dieser Vorschrift, die an § 123 a BRRG angelehnt ist, wird ein Instrument geschaffen, das es den Post-AGn ermöglicht, die im Zusammenhang mit ihrer Konzernbildung sich ergebenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen. Die Gründung und der Erwerb von Tochter-, Enkel- und Beteiligungsgesellschaften und die damit einhergehende Verschlankung der Muttergesellschaft machen es zwingend erforderlich, die personelle Flexibilität der Post-AGn zu erhöhen. Insbesondere bei Beteiligungsgesellschaften im unmittelbaren oder mittelbaren Allein- oder Mehrheitseigentum der Post-AGn können Beamtinnen und Beamte dort ohne ihre Zustimmung auf Dauer im Beamtenverhältnis weiter beschäftigt werden, allerdings nur, wenn die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist. Der Begriff der Zumutbarkeit ist durch Rationalisierungsschutzbestimmungen konkretisierbar."
Demgemäß ist die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG einschränkend und wortgetreu auf tatsächlich "dauerhafte" Zuweisungen - im Falle nämlich von Umwandlungen iSv § 123 a Abs. 2 BRRG, die dauerhafter Natur sein dürften - einzugrenzen. Alles andere ließe sich mit den verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und mit ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbaren.
Es geht daher nicht an, entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG und vor allem entgegen § 123 a BRRG, u.zw. sowohl dessen Abs. 1 als auch dessen Abs. 2, eine nur vorübergehende (befristete) Zuweisung zu Unternehmen, deren Anteile ganz oder mehrheitlich der Aktiengesellschaft gehören, bei der der Beamte beschäftigt ist, ohne Zustimmung des betroffenen Beamten zuzulassen. Damit würde § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG entgegen § 123 a BRRG und dem dargelegten zeitlichen Aspekt ("vorübergehend") unter Bezug allein auf Unternehmensanteile ausgedehnt und erweitert, u.zw. zu Lasten des Beamten. Das ist bei einer Gesamtbetrachtung der Bestimmungen nicht Sinn und Zweck der Vorschriften.
An der nach allem erforderlichen Zustimmung der Antragstellerin fehlt es hier jedoch.
2.2.2 Auf die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Zuweisungsverfügung weist zudem hin, dass die Antragsgegnerin es offenbar der VCS-GmbH überlässt, "einzelfallbezogene" Entscheidungen über "Angelegenheiten innerhalb der GmbH" zu treffen (S. 10 des Schr. v. 26. September 2008), sie diese also nicht mehr von ihrer Direktionsbefugnis als Dienstherrin getragen sieht. Das ist so nicht möglich. Denn der VCS-GmbH als einer privatrechtlichen GmbH mangelt es an der Dienstherreneigenschaft. Der Anspruch auf amtsgemäße Verwendung aus Art. 33 Abs. 5 GG, § 123 a Abs. 2 u. 3 BRRG sowie § 4 Abs. 4 S. 2 u. 3 PostPersRG kann grundsätzlich nur und allein durch den Dienstherrn strukturiert werden, muss also durch die Antragsgegnerin erfüllt werden. Nimmt nicht sie, sondern die VCS-GmbH die konkrete Ausgestaltung des Dienstverhältnisses und dessen Inhaltsbe-stimmung vor, so verletzt das beamtenrechtliche Grundsätze (vgl. Schönrock, ZBR 2008, 230 ff. [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07] / 232).
2.2.3 Weiterhin ist nicht erkennbar, dass die der Antragstellerin gem. § 4 Abs. 4 S. 2 und 3 PostPersRG zugewiesenen Tätigkeiten einer Service-Center-Agentin mit 38 Wochenstunden in Vollzeit amtsentsprechend und -angemessen sind. Zwar kann von jedem Beamten erwartet werden, dass er sich kurzfristig in neue Aufgabengebiete einarbeitet - zumal dann, wenn eine Einarbeitung vor Ort angeboten wird. Es kann von ihm also eine entsprechende "Flexibilität" erwartet werden. Jedoch hat sich diese stets im Rahmen seines ihm abstrakt-funktionell verliehenen Amtes zu bewegen. Der Status eines Beamten darf "nicht durch oder infolge einer Zuweisung beeinträchtigt werden" (so Schönrock, ZBR 2008, 230 ff/ 233). Der Beamte ist nicht gezwungen, unterwertige Beschäftigungen zu akzeptieren. Vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2008, 268 [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07]:
"Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen (Urteile vom 11. Juli 1975 - BVerwG 6 C 44.72 - BVerwGE 49, 64 <67 f.>, vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 <200> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - a.a.O. S. 109; stRspr)."
Das gilt auch und ganz besonders bei der Zuweisung zu einem Tochter- oder Mehrheitsunternehmen, wie § 4 Abs. 4 Satz 2 mit Betonung der " dem Amt entsprechenden Tätigkeit " deutlich aufzeigt.
Bei dem anzustellenden Vergleich von Amtstätigkeit und der aufgetragenen Tätigkeit im privatisierten Tochterunternehmen kommt es entscheidend darauf an, dass die zugewiesene Tätigkeit im Falle ihrer Ausübung im Geltungsbereich des BRRG auch amtsangemessen wäre. Vgl. dazu das Urteil des BVerwG v. 22.6.2006 - 2 C 26/05 - :
"Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben (Urteile vom 22. Mai 1980 a.a.O. S. 151, vom 28. November 1991 a.a.O. und vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338>). Ohne seine Zustimmung darf dem Beamten diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1991 a.a.O. S. 315). Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (Urteil vom 7. September 2004 - BVerwG 1 D 20.03 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28 S. 28)."
Eine solche amtsangemessene Tätigkeit ist in B. - soweit übersehbar - nicht gegeben. Da dort - in einer GmbH - kein Dienstposten zur Verfügung steht und auch nicht zur Verfügung stehen kann, kommt es für eine Vergleichbarkeit der auszuübenden Tätigkeit darauf an, dass diese im Fall der Ausübung innerhalb des Geltungsbereichs des BRRG "amtsgemäß" wäre. Das dürfte nicht der Fall sein, da die Tätigkeit dort nicht beamtenrechtlich nach Grundsätzen einer Dienstpostenbewertung sachgerecht bewertet ist, sondern es sich um einen Platz bei einer privatrechtlichen GmbH mit "internem Bewertungsgefüge" (S. 5 d. Schr. v. 28.4.2008 im Verfahren 1 B 39/08) handelt. Zum Nachweis einer amtsangemessenen Beschäftigung der Antragstellerin ist das vorgelegte Übersichtsblatt "Checkliste" mit einem pauschalen "Anforderungsprofil" nicht geeignet, da es nicht erkennen lässt, in welchem Verfahren, auf welcher tatsächlichen Grundlage und vor allem nach welchen Bewertungsmaßstäben hier eine Bewertung der Tätigkeiten vorgenommen worden ist. Eine sachkundige Begründung für die vorgenommenen Bewertungen wird nicht gegeben. Es ist zudem bedenklich, wenn nach den (zweifelhaften) Bewertungen der "Berichtslinie" (Bl. 19/20 GA) Beschäftigungsstellen einerseits nur für die Besoldungsgruppen A 8 bis A 10 und andererseits nur für die Besoldungsgruppen A 5 bis A 6 vorhanden sind (von einem Spezialarbeitsplatz abgesehen, der mit A 7 / A 8 bewertet ist). Die Tätigkeiten bei der VCS GmbH werden insgesamt als "klassische" Call-Center-Leistungen wie "Auskunftsdienstleistungen, kaufmännische, logistische und produktbezogene Hotline, Helpdesk, Beschwerdemanagement usw." beschrieben (Verfügung v. 9.9.2008), für die kein spezielles Ausbildungsniveau und keine Berufserfahrung erforderlich seien; lediglich Team- und Kommunikationsfähigkeit, Ausdrucksvermögen und eine "Telefonstimme" werden erwartet. Nach der Personalpostenbewertung der Antragsgegnerin werden die Besoldungsstufen A 8 bis A 10 ausschließlich von Teamleiter- und Referenten-Tätigkeiten erreicht und ausgefüllt, für welche die Antragstellerin jedoch nicht vorgesehen ist. Daraus ergibt sich, dass die Antragstellerin offenkundig gezwungen wäre, eine unterwertige Beschäftigung bei der VCS hinzunehmen. Das jedoch schließt der Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 2 Post-PersRG ("Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit") eindeutig aus.
2.2.4 Das in § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG für eine Zuweisung vorausgesetzte dringende Interesse betrieblicher oder personalwirtschaftlicher Art ist von der Antragsgegnerin nicht belegt worden: Insoweit hat sie sich zwar auf ein "betriebswirtschaftliches", nicht aber betriebliches, und daneben ein personalwirtschaftliches Interesse bezogen, hierbei auch die Wohnortnähe und ein Tätigkeitsprofil betont, aber zur gesetzlich geforderten Dringlichkeit keine Ausführungen gemacht. Das Tätigkeitsprofil der Antragstellerin ist bislang nicht konkret beschrieben worden. Die gesteigerte Dringlichkeit, hergeleitet aus entsprechend gewichtigen Interessen, ist letztlich nicht belegt worden.
2.2.5 Rechtliche Zweifel an der Zuweisungsverfügung bestehen auch deshalb, weil die insoweit getroffene Ermessensentscheidung (§ 123 a Abs. 1 wie Abs. 2 BRRG: "kann") sich an den Kriterien der Notwendigkeit, Erforderlichkeit und Angemessenheit sowie schließlich auch am Grundsatz der Fürsorge (§ 79 BBG) messen lassen muss. Das gilt in besonderem Maße für Zuweisungsentscheidungen, die ohne Zustimmung des Beamten oder gar gegen dessen Willen getroffen werden.
Bei der Dt. Telekom AG arbeiten nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin eine Vielzahl der Agenten zu Hause auf einem Heimarbeitsplatz (vgl. Anlage 1 "Alternierende Telearbeit bei der Deutschen Telekom AG"). Auf diese Weise soll durch zeitliche und räumliche Flexibilisierung der Arbeitsorganisation u.a. die Arbeitsqualität und -produktivität verbessert werden und den Arbeitnehmern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und individueller Lebensführung ermöglicht werden. Mit der Einrichtung solcher Arbeitsplätze "entfällt das tägliche Pendeln zwischen Wohnung und Betrieb".
Die hier von der VCS GmbH - ohne Dienstherreneigenschaft - für ihren Zuständigkeitsbereich getroffene Entscheidung, keine alternierende Telearbeit "zu praktizieren", ist angesichts des Gebotes einer nachvollziehbaren Ermessensentscheidung nicht plausibel gemacht worden.
Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen und Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Zweifel an der Zuweisungsverfügung gebührt dem Interesse de Antragstellerin an einer Beachtung der vom Gesetzgeber als Regel vorgesehenen aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) hier der Vorzug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 RVG.