Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.09.2010, Az.: 1 B 1384/10
Kirche; Religionsgemeinschaft; Stiftung; Rechtsschutz
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 27.09.2010
- Aktenzeichen
- 1 B 1384/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 48019
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 140 GG
- § 20 StiftG ND
- § 40 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft schließt bei Maßnahmen im innerkirchlichen Bereich den Anspruch des Betroffenen auf Justizgewährung nicht aus, begrenzt die gerichtliche Kontrolldichte aber auf eine Wirksamkeitskontrolle.
Tenor:
Vorläufiger Rechtsschutz wird nicht gewährt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Ablösung des Antragstellers als Vorstand einer kirchlichen Stiftung privaten Rechts.
Der Antragsteller war Pfarrer der Evangelisch-reformierten Kirche. Auf seinen Wunsch hin schied er im Jahre 2001 aus dem Pfarrdienst aus, damit er sich hauptberuflich den schon bisher wahrgenommenen Aufgaben als Vorstand der kirchlichen "Stiftung Johannes A Lasco Bibliothek Große Kirche Emden" (im Folgenden A Lasco Stiftung) - der Beigeladenen -widmen konnte. Die A Lasco Stiftung war von der Antragsgegnerin mit einem Stiftungskapital von 8.000.000 DM ausgestattet worden. Durch weitere Zustiftung der Antragsgegnerin im Jahre 2001 wurde das Stiftungskapital auf insgesamt 15.000.000 DM (7.925.024,16 €) erhöht. Während der Vorstandstätigkeit des Antragstellers ging das Stiftungskapital auf 2,6 Mio. Euro zurück. Die Antragsgegnerin lastet diesen Vermögensverfall dem Antragsteller an, weil er das Stiftungskapital eigenmächtig in sehr riskanten Wertpapieren angelegt habe, die einen großen Teil ihres Wertes verloren hätten oder teilweise völlig wertlos geworden seien.
Wegen dieses Verlustes forderte die Antragsgegnerin die A Lasco Stiftung zunächst mit Verfügung vom 26. August 2008 auf, den Antragsteller als Stiftungsvorstand abzuberufen und das Vorstandsanstellungsverhältnis zu kündigen. Da dies innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgte, ordnete die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 1. September 2008 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Abberufung des Antragstellers als Vorstand der A Lasco Stiftung an. Gleichzeitig wurde ein neuer Stiftungsvorstand berufen. Darüber hinaus wurde das Vorstandsanstellungsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet, sowie hilfsweise außerordentlich oder ordentlich mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt. Als der Antragsteller seinen Arbeitsplatz räumte, wurde festgestellt, dass eine Festplatte aus seinem PC ausgebaut worden war und aus dem Stiftungsgebäude gebracht wurde. Die Antragsgegnerin nahm dies zum Anlass, den Antragsteller nochmals mit sofortiger Wirkung abzuberufen und das Anstellungsverhältnis vorsorglich außerordentlich mit sofortiger Wirkung sowie hilfsweise ordentlich mit der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Anstelle des Antragstellers wurde ein neuer Stiftungsvorstand berufen. Bei der Auswertung der Festplatte stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Antragsteller für mehrere Hunderttausend Euro Archivbestände adeliger Familien aus der ehemaligen DDR gekauft hatte. Die Finanzierung sollte eine mit dem Antragsteller persönlich verbundene kleine Stiftung übernehmen. Weil diese jedoch nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, war der überwiegende Teil des Kaufpreises von der A Lasco Bibliothek aufzubringen, obwohl sie weder das Eigentum noch Nutzungsrechte an den Archivalien erhielt. Dieser Vorfall führte zu der Verfügung der Antragstellerin vom 9. März 2009 mit der der bereits durch die Bescheide vom 1. September und 15. September 2008 abberufene Antragsteller vorsorglich nochmals mit sofortiger Wirkung abberufen und an seiner Stelle ein neuer Stiftungsvorstand berufen wurde. Das durch die vorangegangenen Bescheide beendete Anstellungsverhältnis mit dem Antragsteller wurde vorsorglich außerordentlich mit sofortiger Wirkung sowie hilfsweise ordentlich mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt.
Der Antragsteller hat gegen alle Verfügungen die in der Rechtsmittelbelehrung angegebene Klage beim Gemeinsamen kirchlichen Verwaltungsgericht in Detmold erhoben und gleichzeitig jeweils um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Der Antragsteller machte im Wesentlichen geltend, dass er keineswegs eigenmächtig riskante Wertpapiergeschäfte getätigt habe. Alle Anlagenentscheidungen seien dem zuständigen Gremium der A Lasco Stiftung und teilweise auch der Antragsgegnerin als Stiftungsaufsicht bekannt gewesen. Er sei bemüht gewesen, die seiner Ansicht nach unterkapitalisierte Stiftung arbeitsfähig zu erhalten und durch Anlage in Wertpapieren einen Ertrag zu erwirtschaften, um die anspruchsvollen Ziele der A Lasco Stiftung erreichen zu können. Mit dem Ausbau der Festplatte habe er nichts verheimlichen wollen, weil alle dort gespeicherten Dokumente in den Räumen der Stiftung vorhanden gewesen seien. Es sei ihm lediglich um eine Datensicherung gegangen, die im Büro nicht möglich gewesen sei. Die von ihm angekauften Archivbestände aus dem Gebiet der ehemaligen DDR hätten engen Bezug zum Forschungszweck und zum Bestand der Bibliothek. Die Mittel hätten von einem Drittfinanzierer aufgebracht werden sollen, dem deshalb auch das Eigentum an den Archivbeständen übertragen worden sei. Derartiges sei allgemein üblich und auch von der A Lasco Stiftung mehrfach getätigt worden.
Das vom Antragsteller angerufene Gemeinsame Verwaltungsgericht der Lippischen Landeskirche und der Evangelisch-reformierten Kirche lehnte die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 21. Oktober 2009 ab. Aller Voraussicht nach seien die vom Antragsteller angefochtenen Verfügungen formell und materiell rechtmäßig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei gerechtfertigt gewesen, um eine weitere Vermögensgefährdung der Stiftung zu verhindern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 36 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof der Union der Evanglischen Kirchen in der EKD mit Beschluss vom 13. April 2010 zurück. Die angefochtene Verfügung sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe ein berechtigtes Interesse daran, unabhängig von der Klärung der Vorwürfe im Einzelnen durch einen Wechsel im Vorstand sofort das Steuer herumzureißen und den Schaden für die A Lasco Stiftung nach Möglichkeit zu begrenzen. Inzwischen sei ein anderer Vorstand eingesetzt worden. Würde dem Antrag des Antragstellers stattgegeben, müsste der damit verbundene erneute Wechsel im Vorstand die notwendige Sanierung der Stiftung gefährden. Der Anstellungsvertrag mit dem Antragsteller werde ohnehin in weniger als einem Jahr enden mit der Folge eines weiteren Wechsels im Vorstand. Die A Lasco Stiftung benötige jetzt aber Stetigkeit in der Geschäftsführung, um die für sie schwierige Situation zu meistern. Hinsichtlich der weiteren Begründung des Beschlusses wird auf Blatt 42 der Gerichtsakte verwiesen.
Der Antragsteller ist vom Landgericht Aurich auch wegen der von ihm getätigten Archivkäufe wegen Untreue zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt worden. Das Urteil ist vom Bundesgerichtshof am 24. Juni 2010 aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden. Die A Lasco Stiftung hat das Anstellungsverhältnis mit dem Antragsteller gekündigt. Über die dagegen erhobene Klage hat das Landgericht Aurich noch nicht entschieden.
Nach der Abberufung des Klägers blieb die A Lasco Bibliothek vorübergehend geschlossen. Zur Sicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit haben die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Gliedkirchen das Stiftungsvermögen durch eine Finanzhilfe von etwa 7 Mio. Euro wieder auf den alten Stand von rund 8,4 Mio. Euro gebracht. Seit dem 1. Februar 2010 ist die Bibliothek unter neuer Leitung wieder eröffnet.
Nach Beendigung des Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor den kirchlichen Gerichten hat der Antragsteller am 28. Mai 2010 beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Seiner Ansicht nach seien die Voraussetzungen für die von der Antragsgegnerin verfügte Ersatzvornahme nicht gegeben, weil die beigeladene Stiftung keine ausreichende Gelegenheit erhalten hätte, die Angelegenheiten selbst zu regeln. Die Vorwürfe seien unberechtigt. Die Anlageentscheidungen insbesondere auch für den hohen Aktienanteil, der durchaus risikobehaftet gewesen sei, seien nicht eigenmächtig von ihm, sondern in Übereinstimmung mit dem Leitungsgremium der Stiftung getroffen worden: Die A Lasco Stiftung sei ebenso wie andere Anleger Opfer des allgemeinen Niedergangs der Aktienmärkte geworden. Er habe niemals versucht, Dateien zu löschen oder Unterlagen zu verheimlichen. Die von ihm getätigten Käufe, insbesondere Archive der Adelshäuser aus dem Gebiet der ehemaligen DDR, hätten dem Stiftungszweck entsprochen und hätten auch eine ausreichende finanzielle Grundlage gehabt. Die Finanzierung durch Dritte, denen dafür das Eigentum übertragen werde, sei bei Museen und Bibliotheken durchaus üblich. Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen und hält insbesondere den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht für gegeben.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig. Das Verwaltungsgericht als staatliches vom Land Niedersachsen eingerichtetes unabhängiges Gericht ist zur Entscheidung berufen. Insbesondere steht der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte nicht das durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistete kirchliche Selbstverwaltungsrecht entgegen.
Nach dem kirchenpolitischen System des Grundgesetzes ordnet und verwaltet jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheit selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Insbesondere entscheidet sie über die Verleihung ihrer Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Damit erkennt der Staat die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach vom Staat unabhängig sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten. Das führt jedoch nicht zu einem Ausschluss des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzes gegenüber hoheitlichen Maßnahmen (vgl. dazu Weber, Der Rechtsschutz im kirchlichen Amtsrecht, NJW 2009, 1179; Ehlers in Schoch und andere, VwGO Anm. 106 und 110 zu § 40 VwGO). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes schließt die Kirchen nicht aus der staatlichen Rechtsordnung aus und begründet insbesondere keinen rechtsfreien Raum, sondern im Gegenteil eine die gemeinschaftliche Freiheitsausübung respektierende Sonderstellung innerhalb der staatlichen Rechtsordnung (BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 -, DVBl. 2009, 238, Rnr. 4. ). Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung gilt für und gegen die Religionsgemeinschaften wie für alle anderen Rechtssubjekte auf dem Staatsgebiet (Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz 10. Aufl. Anm. 22 zu Art 140 GG).
Auch wenn Kirchen und Religionsgemeinschaften keine staatliche Gewalt ausüben, ändert dies nichts an der Bindung auch der Kirchen an die fundamentalen Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung. Lediglich das Maß der Überprüfung ist durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht auf eine Wirksamkeitskontrolle beschränkt (BGH, Urteil vom 28. März 2003, V ZR 261/02 -, BGHZ 154, 306). Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften schränkt für den innerkirchlichen Bereich zwar die gerichtlichen Kontrolldichte ein, schließt aber den Anspruch des Betroffenen auf Justizgewährung nicht aus (OVG Koblenz, Urt. v. 28.11.2008, 2 A 10495/08, NJW 2009, 1223).
Die vom Antragsteller angegriffenen stiftungsrechtlichen Maßnahmen der Antragsgegnerin sind dem kirchlichen Bereich zuzurechnen. Dazu gehören Maßnahmen, die materiell, der Natur der Sache oder der Zweckbeziehung nach als eigene Angelegenheiten der Kirchen anzusehen sind (vergl. BGH aaO Rdnr. 17). Die hier angegriffene stiftungsrechtlichen Maßnahmen überschreiten den innerkirchlichen Bereich nicht. Es geht - mittelbar - auch um Personalentscheidungen, die der autonomen Entscheidung der Kirche überantwortet sind. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gewährleistet das Recht, ohne staatliche Inanspruchnahme festzulegen, welche Kirchenämter einzurichten und wie sie zu besetzen sind.
Der Antragsteller war zwar nicht mehr Pfarrer der reformierten Kirche. Er ist aus dem Pfarrdienst ausgeschieden, als er im Jahre 2001 den hauptberuflichen Stiftungsvorstand übernahm. Außerdem stand und steht der Antragsteller als Stiftungsvorstand nicht im Dienst der Antragsgegnerin als evangelisch-reformierte Kirche. Sein Anstellungsvertrag war mit der Johannes A Lasco Stiftung als selbständiger juristischer Person, nämlich als kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts, geschlossen. Diese mittelbare Verbindung zur evangelisch-reformierten Kirche führt jedoch nicht zum Ausschluss des kirchlichen Selbstverwaltungsrechtes. Es bleibt der Kirche überlassen, wie sie ihre kulturellen und wissenschaftlichen Anliegen verfolgt. Sie kann wissenschaftliche Einrichtungen oder Bibliotheken als unselbständige Organisationseinheiten führen, kann aber auch durchaus selbständige Rechtspersönlichkeiten, nämlich kirchliche Stiftungen bürgerlichen Rechts, errichten. Näheres dazu ist für die evangelischen Kirchen in Niedersachsen u.a. in Art. 7 des Ergänzungsvertrages zum Vertrag des Landes Niedersachsen mit den evangelischen Landeskirchen vom 19. März 1955 (Nieders. GVBl. 1966, 3) geregelt. Auch wenn die Stiftungen nach Art. 7 des Ergänzungsvertrages einer - eingeschränkten - staatlichen Aufsicht unterliegen, wie sie im Einzelnen auch in § 20 des Niedersächsischen Stiftungsgesetzes geregelt ist, führt dies nicht dazu, dass kirchliche Stiftungen bürgerlichen Rechts außerhalb des kirchlichen Bereichs und damit außerhalb der Selbstbestimmungsgarantie des Art. 140 GG liegen. Maßgeblich kommt es auf den Stiftungszweck und die Organisation der Stiftung an. Hier hat die A Lasco Stiftung zwar auch außerkirchliche Bezüge, weil sie als Regionalbibliothek auch die Literatur zur ostfriesischen Geschichte sammelte und erschloss. Ihr wesentlicher Zweck war und ist aber ein wissenschaftlicher im Dienst der Kirche zur Erfüllung ihrer Aufgabe, nämlich der wissenschaftlich theologischen und historischen Forschung und Lehre. Ihr Archiv sollte die Geschichte und Wirkung kirchlicher Tätigkeit dokumentieren (vgl. § 3 der Satzung der Stiftung Johannes A Lasco Bibliothek vom 25. April 2005 und § 3 der Stiftungssatzung vom 25. Juni 2002).
Dass es sich hier nicht um eine unabhängig von der kirchlichen Verkündung und Lehre eingerichtete Stiftung handelt, wird auch durch ihre Organisation und die Einflussnahme der Antragsgegnerin als Evangelisch-reformierte Kirche deutlich. Oberstes Organ der A Lasco Stiftung, das die Grundsätze und Richtlinien der Arbeit der Stiftung bestimmt, ist nach § 10 der Stiftungssatzung das Kuratorium. Dieses Gremium besteht aus mindestens acht Mitgliedern, von denen fünf von Gremien der Antragsgegnerin und zwei vom Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Emden benannt werden. Als nicht kirchlich gebundenes Mitglied gehört dem Kuratorium der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin der Stadt Emden an. Auch wenn das Kuratorium mit Zustimmung der Mehrzahl seiner Mitglieder bis zu fünf weitere Personen als Mitglieder kooptieren kann, ändert dies nicht an dem maßgeblichen kirchlichen Einfluss. Selbst wenn das Kuratorium mit dreizehn Mitgliedern besetzt wäre, bilden die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 aufgeführten kirchlichen Mitglieder immer noch die Mehrheit.
Das Erfordernis der staatlichen Anerkennung der Stiftung und die Befugnisse der staatlichen Stiftungsbehörden nach dem Niedersächsischen Stiftungsgesetz auch gegenüber den kirchlichen Stiftungen bürgerlichen Rechts schließen deren Zuordnung zum innerkirchlichen Bereich nicht aus. Diese Bestimmungen regeln nur die Teilnahme der kirchlichen Stiftung am außerkirchlichen Rechtsverkehr und begründen ihre Stellung als Subjekt und Objekt des bürgerlichen und öffentlichen Rechts. Die starke Stellung der Kirchen, die sie von anderen Stiftern unterscheidet, kommt insbesondere in § 20 Abs. 2 Satz 1 Niedersächsisches Stiftungsgesetz zum Ausdruck, wenn dort Entscheidungen der (staatlichen) Stiftungsbehörde nur im Einvernehmen mit der zuständigen Kirchenbehörde getroffen werden können. Damit sind Entscheidungen gegen die Kirche nicht möglich.
Maßnahmen von Kirchen innerhalb ihres Selbstbestimmungsrechts sind nach der hier zu Grunde gelegten Rechtsansicht von den staatlichen Gerichten nur auf ihre Wirksamkeit überprüfbar, nämlich ob sie gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstoßen, wie sie in dem allgemeinen Willkürverbot sowie in der Grundrechtsordnung und den rechtsstaatlichen Prinzipien ihren Niederschlag gefunden haben (BGH Urt. v. 28.03.2003, V ZR 261/02, BHZ 154, 306 Rdnr. 17; OVG Koblenz, Urt. v. 28.11.2008, 2 A 10495/08, NJW 2009, 1223).
Unter Beachtung dieser Grenzen kann vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden.
Dem Antragsteller stand insbesondere ein justizförmiges Rechtsmittelverfahren zur Verfügung. Das Kirchengesetz über die gemeinsame Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Lippischen Landeskirche und der Evangelisch-reformierten Kirche vom 14. November 2002 gewährleistet ein faires Verfahren mit unabhängigen Richtern und umfangreicher Sachaufklärung. Der Antragsteller hat einen umfassenden Anspruch auf rechtliches Gehör. Im Wesentlichen entspricht das Kirchengesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit den Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung, so dass auch in dieser Hinsicht die Notwendigkeit einer nochmaligen Überprüfung der kirchlichen Maßnahme durch staatliche Gerichte nicht gegeben ist.
Die von den Kirchengerichten getroffenen Entscheidungen sind sorgfältig und ausführlich auch unter Beachtung des Vortrages des Antragstellers begründet worden. Insbesondere die vom Verwaltungsgerichtshof der Union evangelischer Kirchen in der EKD im Beschluss vom 13. April 2010 vorgenommene Interessenabwägung ist nach den vom BGH gezogenen Grenzen nicht zu beanstanden.
In dem hier zu entscheidenden Verfahren geht es nicht um die endgültige Sachentscheidung, sondern um die Entscheidung über die Aussetzung der angefochtenen Maßnahme, also um die Regelung des Zustandes bis zur Entscheidung in der Hauptsache. In der von der Antragsgegnerin vorgefundenen Situation war es nicht willkürlich, den Antragsteller abzuberufen und damit der A Lasco Stiftung die Möglichkeit zu geben, sich neu auszurichten und aufzustellen. Dies ist inzwischen ohne Mitwirkung des Antragstellers auch geschehen. Im übrigen kann auf die Beschlüsse der Kirchengerichte verwiesen werden.
Verstöße gegen das Willkürverbot oder andere unverzichtbare Verfassungsprinzipien sind somit nicht ansatzweise zu erkennen. Allein die Ansicht des Antragstellers, die kirchlichen Gerichte hätten den umfangreichen Streitstoff nicht ausreichend zu seinen Gunsten berücksichtigt, erfordern eine Überprüfung des Verwaltungsgerichts über die oben dargelegten Grenzen hinaus nicht.
Ob die vorstehenden Ausführungen zur Wirksamkeitskontrolle kirchlichen Handelns im Einklang mit der Entscheidung des BVerfG vom 9. Dezember 2009 (2 BvR 717/08, DVBl 2009, 238) stehen, kann hier offen bleiben. Das BVerfG hat zwar bei kirchlichen Angelegenheiten den staatlichen Rechtsschutz ausgeschlossen, aber auch umfangreich die Übereinstimmung der angefochtenen Maßnahme mit dem staatlichen Recht geprüft. (vergl. die Kritik dazu von Weber: Der Rechtsschutz im kirchlichen Amtsrecht, NJW 2009, 1179).Würde man die Entscheidung des BVerfG strikt anwenden, so wäre der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon deshalb abzulehnen, weil der Zugang zu den staatlichen Gerichten nicht gegeben wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 nicht erstattungsfähig.