Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 03.07.2008, Az.: L 13 AS 97/08 ER
Minderung des Bedarfs an Hilfeleistungen wegen monatlicher, von den Eltern gewährter Unterstützungsleistungen und Wertung dieser Leistungen als laufendes Einkommen; Leistungsberechtigung eines Hilfesuchenden wegen dessen Pflicht zur Rückgewähr eines privaten Darlehens
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 03.07.2008
- Aktenzeichen
- L 13 AS 97/08 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 19096
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0703.L13AS97.08ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 31.03.2008 - AZ: S 44 AS 379/08 ER
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 1 SGB II
- § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 86b Abs. 2 S. 4 SGG
- § 920 Abs. 2 ZPO
Fundstellen
- info also 2009, 140
- info also 2009, 92-93
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 31. März 2008 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob eine von den Eltern der Antragstellerin ihr gewährte monatliche Unterstützungsleistungen vorliegen und ob diese Leistungen als laufendes Einkommen anzusehen sind, das den Bedarf an Hilfeleistung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mindert.
Die im März 1965 geborene, ledige Antragstellerin hat zunächst in der Zeit von Oktober 1984 bis September 1989 ein Studium in Fach Medizin ohne Abschluss absolviert und anschließend ein Studium im Fach Psychologie absolviert, welches sie mit dem Diplom abschloss. Nach ihren Angaben ist sie seit einigen Jahren als Diplom-Psychologin berufstätig, wobei sie überwiegend psychotherapeutische Behandlungen an Kindern vornimmt, für deren Kosten Jugendämter in der Vergangenheit aufkamen. Durch eine Änderung in der Bewilligungspraxis der Jugendämter gingen nach den Angaben der Antragstellerin ihre Einnahmen erheblich zurück. Im Bescheid des Finanzamtes F. vom 31. Januar 2008 bezüglich der Einkünfte der Antragstellerin im Jahr 2006 wurde festgestellt, dass sie keinerlei positiven Einkünfte erwirtschaftete. Ebenso bescheinigte der Steuerberater der Antragstellerin ihr im Hinblick auf das Jahr 2007, dass keinerlei positiven Einkünfte, sondern nur Betriebsverluste zu erwarten seien. Auch in einer Selbsteinschätzung der Antragstellerin vom 21. Februar 2008 gab sie an, dass sie voraussichtlich im Jahr 2008 keinerlei positiven Einkünfte erwirtschaften werde.
Vor diesem Hintergrund gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf ihren Antrag mit Bescheid vom 10. September 2007 für den Bewilligungszeitraum vom 1. September 2007 bis zum 29. Februar 2008 laufende Leistungen i. H. v. monatlich 145,23 EUR (ohne Krankenversicherung und Pflegeversicherung, die extra berechnet und überwiesen wurden). Dabei berücksichtigte die Antragsgegnerin für jeden Monat als Bewilligungszeitraum bedarfsmindernd Zuwendungen der Eltern der Antragstellerin, die auf der Grundlage eines Schreibens der Eltern vom 31. Dezember 2006 (Bl. 115 der Verwaltungsvorgänge) monatlich i. H. v. 700,00 EUR gewährt wurden. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht abschließend entschieden worden ist, und wandte sich zugleich an das Sozialgericht (SG) Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Dieses verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 30. Oktober 2007 zur Bewilligung von laufenden Leistungen im Bewilligungszeitraum ohne Berücksichtigung der von den Eltern der Antragstellerin gewährten Zuwendungen (Aktenzeichen: S 48 AS 1848/07 ER). In Ausführung dieses Beschlusses gewährte daraufhin die Antragsgegnerin für den Bewilligungszeitraum September 2007 bis Februar 2008 der Antragstellerin monatliche Leistungen i. H. v. 815,23 EUR (ohne Einrechnung der gleichzeitig gewährten Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung).
Am 28. Januar 2008 beantragte die Antragstellerin die Fortzahlung der ihr in der Vergangenheit bewilligten Leistungen. Sie legte dabei den Steuerbescheid des Finanzamtes Oldenburg vom 31. Januar 2008 hinsichtlich ihrer Einkünfte im Jahre 2006 vor und gab in einer Selbsteinschätzung unter dem 19. Februar 2008 an, dass sie für den Zeitraum März bis August 2008 keinerlei positiven Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit als Diplom-Psychologin erwarte. Nachdem zunächst zwischen den Beteiligten Uneinigkeit über gebotene Mitwirkungshandlungen durch die Antragstellerin bestanden hatte (Vorlage von Kontoauszügen, Vorlage des Darlehensvertrages zwischen der Antragstellerin und ihren Eltern, etc.), bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. März 2008 vorläufig für den Bewilligungszeitraum März bis August 2008 monatlich an die Antragstellerin auszukehrende Leistungen i. H. v. 662,78 EUR. Dabei wurde ein Teilbetrag i. H. v. monatlich 309,95 EUR aus den Zuwendungen der Eltern bedarfsmindernd als Einkommen berücksichtigt.
Bereits zuvor, nämlich am 21. Februar 2008 hatte sich die Antragstellerin erneut an das SG Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Unter Berücksichtigung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 10. März 2008 machte dabei die Antragstellerin geltend, zu ihren Lasten würden zu Unrecht Zuwendungen ihrer Eltern als bedarfsminderndes Einkommen in Ansatz gebracht. Vielmehr handele es sich um ein Darlehen, das sie zurückzahlen müsse, so dass man diese Beträge nicht als Einkommen betrachten könne. Im Übrigen hätten ihre Eltern die Zahlungen an sie - die Antragstellerin - zu Ende Februar eingestellt.
Mit Beschluss vom 31. März 2008 hat das SG die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen im betreffenden Bewilligungszeitraum ohne Berücksichtung der von ihren Eltern gewährten Leistungen zu zahlen.
Gegen den ihr am 1. April 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 30. April 2008 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend: Die monatlichen Zuwendungen der Eltern der Antragstellerin müssten als Einkommen i. S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II angesehen werden. Schon der Inhalt des Darlehensvertrages vom 31. Dezember 2006 sehe eine konkrete Rückzahlungsverpflichtung nicht vor, sondern stelle diese unter den Vorbehalt, dass der Antragstellerin aus ihrer Praxistätigkeit finanzielle Mittel zur Verfügung stünden. Ohne eine konkrete Rückzahlungsverpflichtung könne die Antragstellerin die Gelder der Eltern aber zur Steuerung der Notlage einsetzen. Auch habe die Antragstellerin bislang laufende Kontoauszüge oder eine eidesstattliche Versicherung der Eltern nicht vorgelegt, aus denen sich etwa eine Einstellung der Leistungen der Eltern herleiten ließe.
Die Antragstellerin ist dem Vorbringen der Antragsgegnerin entgegengetreten und verteidigt den angegriffenen Beschluss des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Die Antragstellerin hat hinsichtlich von Leistungen, die über den vorläufigen Bewilligungsbescheid der Antragsgegnerin vom 10. März 2008 hinausgehen, weder einen Anordnungsgrund, noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft dargetan.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).
Zutreffend wird von der Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin schon einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft dargetan hat. Zwar hat die Antragstellerin sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, ihre Eltern hätten die monatlichen Zahlungen an sie zum 1. März 2008 eingestellt, dieser bloßen Behauptung vermag der Senat aber keinen Glauben zu schenken. Die Eltern der Antragstellerin haben dieser auf der Basis des Vertrages vom 31. Dezember 2006 in der Vergangenheit, und zwar nachgewiesenermaßen bis Februar 2008 monatlich 700,00 EUR als Darlehen gewährt, wobei im Vertrag vom 31. Dezember 2006 (Bl. 115 der Verwaltungsvorgänge) diese Darlehenszahlungen solange andauern sollen, wie die Antragstellerin aus ihrer Praxis nicht für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes und ihrer Krankenkassenbeiträge ausreichende Erträge erwirtschaftet. An dieser Situation, d.h. an der unzureichenden Ertragssituation der Praxis hat sich nichts geändert, so dass für den Senat nicht plausibel ist, weshalb die Eltern nunmehr zum 1. März 2008 die Darlehenszahlungen eingestellt haben sollen. Es wäre daher Sache der anwaltlich vertretenen Antragstellerin gewesen, die tatsächlich erfolgte Zahlungseinstellung durch Vorlage ihrer Kontoauszüge - diese sind nur bis Ende Februar 2008 vorgelegt worden - und entsprechende Versicherungen an Eides statt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dies ist nicht geschehen, so dass für dieses Eilverfahren davon auszugehen ist, dass der Antragstellerin weiterhin laufend monatliche Leistungen ihrer Eltern i. H. v. 700,00 EUR zufließen.
Soweit im angefochtenen Beschluss hinsichtlich des Anordnungsgrundes auf den Darlehensvertrag vom 20. Februar 2008 (Bl. 137 der Verwaltungsvorgänge) hingewiesen wird, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn dort wird als Verwendungszweck eines einmaligen Darlehens eine Reparaturrechnung für ein Kraftfahrzeug, die Kraftfahrzeugsteuer und die Rechnung des Steuerberaters der Antragstellerin angegeben. Dabei handelt es sich um einen einmaligen Vorgang, während der regelmäßige Zahlungsverkehr, der sich auch aus den (bislang nur bekannt gewordenen) Kontoauszügen der Antragstellerin ergibt, belegt, dass ihr in der Vergangenheit regelemäßig ein monatliches Darlehen i. H. v. 700,00 EUR gewährt wurde, das nach dem Inhalt des Darlehensvertrages vom 31. Dezember 2006 (Bl. 115 der Verwaltungsvorgänge) von der Antragstellerin erst "zurückgezahlt wird, sobald sie aufgrund ausreichender Einkünfte aus ihrer Praxistätigkeit dazu in der Lage ist". Stehen aber der Antragstellerin laufend neben den Leistungen der Antragsgegnerin monatlich 700,00 EUR zur Verfügung, so besteht gegenwärtig keine dringlich zu regelnde Notlage, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordert. Die Frage, ob das von den Eltern gewährte Darlehen bei der Berechnung der Hilfeleistung für die Antragstellerin als Einkommen zu berücksichtigen ist oder nicht, kann daher im Hinblick auf den Anordnungsgrund einem späteren Hauptsacheverfahren zur Entscheidung vorbehalten bleiben.
Als selbstständig tragende Erwägung tritt im vorliegenden Fall hinzu, dass nach Ansicht des Senats nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens Überwiegendes dafür spricht, dass das von den Eltern der Antragstellerin monatlich gewährte Darlehen als berücksichtigungsfähiges Einkommen i. S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen ist. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Norm, wenn dort davon gesprochen wird, als Einkommen sind zu berücksichtigen "Einnahmen in Geld oder Geldeswert" mit Ausnahme von Leistungen, die im vorliegenden Streitfall nicht von Bedeutung sind. Beim Einkommensbegriff wird also nicht darauf abgestellt, aus welchem Rechtsgrund das betreffende Einkommen fließt, sondern es wird lediglich auf die Einnahme in Geld abgestellt. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber den reinen Zufluss von Geld im Auge hat, das zur Steuerung auch der eigenen Notlage verwendet werden kann. Die tatsächliche Verfügbarkeit der Gelder steht im Vordergrund, dagegen kommt es grundsätzlich nicht auf den Rechtsgrund des Zuflusses oder den Umstand an, ob etwa der betreffende Hilfesuchende, der die Gelder einnimmt, möglicherweise rechtlich zur Herausgabe des betreffenden Zuflusses oder zur Rückzahlung anderer Geldleistungen verpflichtet ist. Daher wurde auch in der Vergangenheit bei der Ausfüllung des Einkommensmerkmals in § 76 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der Rechtsprechung der darlehensweise gewährte Zufluss als Einkommen angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1976 - BverwG V C 39.74 - in: FEVS 24, 441, 443; BayVGH, Urteil vom 9. November 1978 - Nr. 418 XII 78 - in FEVS 27, 188, 190; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juni 1979 - VI 3798/78 - in FEVS 28, 170, 173). Auch Zuwendungen aus Mitteln des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, die lediglich darlehensweise gewährt wurden, wurden als Einkommen angesehen (Stemplewski in ZfSH 1981, 74). Diesen Überlegungen folgend wird daher auch in der Kommentierung zur Parallelvorschrift des § 82 SGB XII die Ansicht vertreten, darlehensweise Zuflüsse seien als Einkommen i. S. des Sozialrechts anzusehen (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage, § 82 Rdn. 27).
Die demgegenüber im angefochtenen Beschluss vom SG vertretene Auffassung, Mittel aus einem Darlehen seien mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung kein Einkommen i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, da bei wirtschaftlicher Betrachtung diese Mittel auf Dauer nicht im Vermögen und unter der Verfügungsgewalt des Hilfesuchenden stünden, überzeugt den Senat nicht (vgl. zu dieser Ansicht: Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 11 Rdn. 29) Soweit zur Stützung dieser Ansicht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum früheren Recht der Arbeitslosenhilfe - jeweils zu § 138 AfG a.F. - verwiesen wird (BSG, Urteil vom 13. Juni 1985 - 7 RAr 27/84 - in: BSGE 58, 160 [BSG 13.06.1985 - 7 RAr 27/84] und BSG, Urteil vom 8. Juni 1989 - 7 RAr 34/88 - in: SozR 4100 § 138 Nr. 25) vermag dies den Senat deswegen nicht zu überzeugen, weil die Leistungen der früheren Arbeitslosenhilfe - Alhi -Lohnersatzcharakter hätten und insbesondere hinsichtlich der Höhe an frühere Einkünfte anknüpften, so dass damit - ein zwar aus Steuermitteln finanziertes - Einkommen zur Verfügung gestellt werden sollte, das das frühere Lebenshaltungsniveau berücksichtigte. Von diesem Grundgedanken hat sich der Gesetzgeber mit der Schaffung des SGB II aber abgewandt; er hat vielmehr die Vorschriften über das Einkommen den Regelungen in §§ 76 ff. BSHG nachgebildet (vgl. Mecke, a.a.O., Rdn 3). Kommt es also tatsächlich auf die wirtschaftliche Verfügbarkeit der zufließenden Einnahmen im Zeitpunkt der Bewilligung ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund des Zuflusses an (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: Brühl in: LPK - SGB XII 7. Auflage 2005 § 82 Rdn. 35; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Juni 2008, § 11 Rdn. 38), so kann eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung, ob die betreffenden zufließenden Gelder dem Hilfesuchenden gehören, nach Ansicht des Senats nicht durchgreifen (a. A. Hengelhaupt, a.a.O., Rdn. 73 und 260 bei darlehensweiser Ausbildungs- und Graduiertenförderung). Die Leistungen nach dem SGB II sollen nämlich nur dazu dienen, dem Hilfebedürftigen in einer vorübergehenden Notlage zu helfen, um die Zeit bis zur eingeforderten Erwerbstätigkeit zu überbrücken. Eine andere Betrachtungsweise würde darauf hinaus laufen, diejenigen Schuldner besser zu stellen, die Empfänger von laufenden Leistungen nach dem SGB II sind. Die betreffenden Schuldner könnten dann nämlich ihren laufenden Lebensunterhalt aus dem SGB II sichern und zugleich über tatsächliche Geldzuflüsse verfügen diese für ihren Lebensunterhalt verwenden und bei etwaigen zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit ihrem Gläubigern die Pfändungsfreigrenzen ins Feld führen (vgl. auch die Zuordnung eines Darlehens als Einkommen verneinend: SG Reutlingen, Urteil vom 24. April 2007 - S 2 AS 4151/06 - in: info also 2007, 227; VG Bremen, Urteil vom 20. Juli 2007 - S 8 K 57/07 - zit. n. [...]).
Hinzu kommt im vorliegenden Fall noch Folgendes: Ausweislich des Darlehensvertrages vom 30. Dezember 2006 beruhen die Geldtransferleistungen der Eltern der Antragstellerin an sie möglicherweise auf altruistischen Motiven, denn weder wurde eine Verzinslichkeit des gewährten Kapitals noch eine konkrete Rückzahlungsverpflichtung vereinbart. Es kommt aber auch in Betracht, dass die Eltern eine Unterhaltspflicht erfüllen oder Erbschaftsregelungen vorweg nehmen. In Anbetracht des Lebensalters, der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin und deren Erkrankung spricht Überwiegendes dafür, dass die Eltern, die Gläubiger, bewusst das Risiko eingegangen sind, möglicherweise nicht oder zumindest nicht in naher Zukunft die von ihnen verliehenen Gelder zurückzuerhalten. Dieses wirtschaftliche Risiko indirekt auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II abzuwälzen, ist aber nicht Aufgabe der staatlichen Transferleistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden. Auch sind im konkreten Fall keine Anhaltspunkte gegeben, die Eltern seien zu Gunsten der Antragstellerin lediglich als Nothelfer eingesprungen, um die Zeit bis zur Leistungsgewährung durch die Antragsgegnerin zu überbrücken.
Demgegenüber führt der Hinweis auf § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II und § 9 Abs. 1, 1. HS SGB II und die dort angesprochenen "eigenen Kräfte und Mittel" nicht weiter. Denn damit wird nicht auf die wirtschaftliche Eigentümerstellung von Geldern abgehoben, vielmehr wird von den Hilfesuchenden erwartet, aus eigenem Antrieb und möglichst umfassend Anstrengungen zu unternehmen, um der Hilfebedürftigkeit zu entgehen und nicht mehr auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen zu sein.
Auch kann diesem Verständnis nicht entgegengehalten werden, damit würde für den erwerbsfähigen Arbeitslosen eine Verpflichtung statuiert, zur Abwendung seiner Leistungsberechtigung Schulden einzugehen (vgl. Armborst in: info also 2007, 288). Denn die tatsächliche Entgegennahme der von einem Gläubiger darlehensweise gewährten Gelder ist zu unterscheiden von der nicht gegebenen Pflicht, zur Selbsthilfe Schulden durch die Aufnahme von Krediten eingehen zu müssen (vgl. zur Zumutbarkeit der Selbsthilfe durch Kreditaufnahme: BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1967 - BVerwG V C 150.66 -, BVerwGE 27, 58, 69 [BVerwG 10.05.1967 - V C 150/66]; Rothkegel, HdB Sozialhilferecht, 2005, Teil II Kap. 7 Rdn. 21, Seite 115). Dies liegt vielmehr in der eigenen Verantwortung des Hilfesuchenden, wie sie in § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II angesprochen ist. Die Antragsgegnerin darf also nicht Leistungen ablehnen mit dem Argument, die Antragstellerin könne einen Kredit aufnehmen (etwas anderes gilt nur, wenn verwertbares Vermögen vorhanden ist). Gewährt aber ein Kreditgeber dem Hilfesuchenden ein Darlehen, so ist es sein wirtschaftliches Risiko, ob und wann er die Gelder zurückerhält. Der Kreditgeber ist zum Vertragsschluss - ebenso wie der Hilfesuchende - nicht gezwungen. Dass die Antragsgegnerin aber Hüterin der wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger der Antragstellerin sein sollte, lässt sich dem SGB II nicht entnehmen. Deswegen ist eine Pflicht zur Rückgewähr des Darlehens durch den Schuldner, der Leistungen nach dem SGB II erhält oder nachsucht, ohne Bedeutung.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es für die Antragstellerin geboten sein könnte, die Selbstständigkeit aufzugeben, und sich um eine abhängige Beschäftigung zu bemühen. Denn es ist nicht Aufgabe des SGB II, jahrelang eine selbstständige Tätigkeit zu finanzieren, die nicht auskömmlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SG).