Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.08.1988, Az.: 1 W 20/88

Umfang der Pflicht zur persönlichen Führung des Apothekenbetriebs durch den Apotheker; Zulässigkeit der Prokuraerteilung einer pharmazeutisch-technischen Assistentin durch den Apotheker; Umfang der zulässigen Vertretung eines Apothekers nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.08.1988
Aktenzeichen
1 W 20/88
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 19764
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1988:0830.1W20.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 15.06.1988 - AZ: 11 T 6/88

Fundstelle

  • NJW-RR 1989, 483 (Volltext mit red. LS)

In der Handelsregistersache
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die sofortige weitere Beschwerde vom 4. Juli 1988
gegen den Beschluß der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hildesheim
vom 15. Juni 1988
am 30. August 1988
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 3.000 DM.

Gründe

1

Die gemäß §§ 142 Abs. 3, 141 Abs. 3, 29 Abs. 2 FGG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Amts- und Landgericht haben mit Recht angenommen, daß ein Apotheker einer pharmazeutisch-technischen Assistentin keine Prokura erteilen darf und daß deshalb die Eintragung in das Handelsregister vom 19. Januar 1988 unzulässig war. Der Senat schließt sich den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanzen an und faßt sie wie folgt zusammen:

2

Die apothekenrechtliche Erlaubnis, die Voraussetzung für den Betrieb einer Apotheke ist (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen - ApothekenG -), ist mit Rücksicht auf das Wesen des Apothekerberufs als Heilberuf und auf das öffentliche Interesse an bestmöglicher Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (vgl. Schiedermair-Pieck, ApothekenG, 3. Aufl. § 7 Rdnr. 1 f, 16) höchstpersönlicher Natur (§ 1 Abs. 3 ApothekenG; Schiedermair-Pieck, a.a.O., § 1 Rdnr. 112). Die Erlaubnis ist deshalb nicht übertragbar und verpflichtet den Apotheker, dem sie erteilt ist, die Apotheke persönlich und in eigener Verantwortung zu leiten (§ 7 Satz 1 ApothekenG; § 2 Abs. 3 Apothekenbetriebsordnung). Aus diesem Grund ist es dem Inhaber der Erlaubnis verwehrt, die Leitung der Apotheke auf Personen zu übertragen, die nicht die Approbation besitzen (Schiedermair-Pieck, a.a.O., § 7 Rdnr. 14). Die Pflicht zur persönlichen Führung des Apothekenbetriebs bedeutet, daß der Apotheker nicht nur in pharmazeutischen, sondern auch in allen sonstigen geschäftlichen und wirtschaftlichen Fragen eigenverantwortlich und selbständig entscheiden muß (Schiedermair-Pieck, a.a.O., § 7 Rdnr. 16 ff).

3

Mit diesen Grundsätzen wäre es unvereinbar, wenn einem Mitarbeiter, der nicht Apotheker ist, die umfassende und gegenüber Dritten nicht beschränkbare Befugnis eines Prokuristen übertragen werden könnte, alle Geschäfte zu führen, die der Betrieb der Apotheke mit sich bringt (Schiedermair-Pieck, a.a.O., § 1 Rdnr. 161; Pfeil-Pieck-Blume, Apothekenbetriebsordnung, 5. Aufl., § 2 Anm. 7). Lediglich in den von der Apothekenbetriebsordnung gezogenen Grenzen darf sich der Apotheker in der persönlichen Leitung der Apotheke vertreten lassen, nämlich nur für jeweils begrenzte Zeit und allein durch einen Apotheker, unter besonderen Voraussetzungen auch durch einen Apothekerassistenten (§ 2 Abs. 5 bis 7 Apothekenbetriebsordnung). Ob innerhalb dieser Grenzen auch eine - schon im Hinblick auf § 53 HGB allerdings kaum praktikable - befristete Prokura erteilt werden könnte, bedarf hier keiner Prüfung. Jedenfalls schränken die genannten Bestimmungen des Apothekenrechts die handelsrechtlichen Befugnisse des Apothekers als Vollkaufmann dahin ein, daß er Prokura als gesetzlich umschriebene umfassende Vertretungsrecht nicht über die ausdrücklich zugelassenen Vertretungszeiten hinaus und nicht an eine pharmazeutisch-technische Assistentin erteilen darf; letzteres folgt im übrigen schon aus der eindeutigen Vorschrift des § 8 des Gesetzes über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten. Angesichts der genannten eindeutigen Regelung in der neuen Apothekenbetriebsordnung von 1987 ist die frühere gegenteilige Auffassung von Hoffmann (Gesetz über das Apothekenwesen, 1961, § 7 Anm. 7) nicht mehr vertretbar. Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zu dieser Frage hat der Senat nicht feststellen können.

4

Hiernach ist es nicht zu beanstanden, daß das Registergericht die unzulässige Eintragung von Amts wegen gemäß § 142 Abs. 1 FGG löschen will.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 3.000 DM.