Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.08.1988, Az.: 7 W 2/88
Festsetzung des Geschäftswertes einer Eigentumsübertragung in einer Grundbuchsache; Zugrundelegung der in § 55 Abs. 2 EStG aufgeführten Bemessungswerte bei der Ermittlung des Geschäftswertes; Bewertung eines in seiner Gesamtheit übertragenen landwirtschaftlichen Grundbesitzes hinsichtlich seines Geschäftswertes, wenn der Erwerben den Betrieb weiterführt; Zulässigkeit einer Einzelwertansetzung von Betriebsvermögen bei Übertragung eines landwirtschaftlichen Grundbesitzes; Geeignetheit von Brandversicherungswerten als Schätzungsgrundlage zur Ermittlung des Geschäftswertes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.08.1988
- Aktenzeichen
- 7 W 2/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1988, 15926
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1988:0805.7W2.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 18.08.1987 - AZ: 5 T 261/87
Rechtsgrundlagen
- § 31 Abs. 3 S. 1 KostO
- § 19 Abs. 2 KostO
- § 14 Abs. 3 KostO
Verfahrensgegenstand
In den Grundbüchern von ... Blatt ..., und ... eingetragene Grundvermögen (Hof im Sinne der Höfeordnung)
In der Grundbuchsache
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
und die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 5. August 1988
beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Eigentümers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 18. August 1987 teilweise geändert und neu gefaßt.
Der Geschäftswert für die Eigentumsübertragung gemäß Vertrag vom 20. Dezember 1985 wird auf 533.520,- DM festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß §§ 31 Abs. 3 Satz 1, 14 Abs. 3 KostO statthafte und auch im übrigen zulässige weitere Beschwerde des Eigentümers ist nur zum Teil begründet. Der angefochtene Beschluß, mit dem das Landgericht als Beschwerdegericht den Geschäftswert für die Eigentumsumschreibung auf 1.420.494,- DM festgesetzt hat, ist nur abzuändern, soweit mit ihm ein Teilwert für die mitübertragenen Hofgebäude (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) erfaßt worden ist. Im übrigen enthält er keine Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers.
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der Bemessung des Geschäftswertes gemäß § 19 Abs. 2 KostO ein höherer als der Einheitswert der übertragenen landwirtschaftlichen Besitzung zugrundezulegen ist. Dagegen erhebt der Beschwerdeführer auch keine Bedenken mehr. Weiterhin ist das Landgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senates in Landwirtschaftssachen davon ausgegangen, die in § 55 Abs. 2 EStG aufgeführten Bemessungswerte der Ermittlung des Geschäftswertes zugrundezulegen. Soweit es hinsichtlich des Grünlandes nur von einem Wert von 0,80 DM je qm ausgegangen ist statt von dem vierfachen der Ertragsmeßzahlen, wie sie sich aus den Katasterblättern ergeben, hat es die ihm bekannten besonderen Umstände im Amtsgerichtsbezirk Gifhorn für solche Wirtschaftsflächen berücksichtigt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nicht dargetan, daß dem Landgericht bei der Bewertung der Grünflächen und des Waldes Rechtsfehler unterlaufen sind. Der Hinweis auf angeblich gerichtsbekannte niedrige Werte reicht dafür nicht aus. Es ist auch nicht dargetan, daß das Landgericht substantiierten Vortrag zu den Verhältnissen des übertragenen Hofes außer acht gelassen hat. Dafür reicht auch nicht die abweichende Wertung des Grundbuchrichters im Ausgangsbeschluß vom 29.04.1987 aus.
Die Beschwerde ist jedoch begründet, soweit das Landgericht auch die mitübertragenen Gebäude der Bestimmung des Geschäftswertes zugrunde gelegt hat. Es hat dabei Erfahrungssätze angenommen, die tatsächlich nicht bestehen, Grundsätze für die Bewertung geschlossen übertragener landwirtschaftlicher Betriebe nicht beachtet und damit auch gegen § 19 Abs. 2 KostO verstoßen.
Landwirtschaftlicher Grundbesitz ist bei geschlossener Veräußerung entweder nach einer Gesamttaxe oder einer Zerlegungstaxe zu bewerten (vgl. "Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes landwirtschaftlicher Grundstücke und Betriebe, anderer Substanzverluste <Wertminderung> und sonstiger Vermögensnachteile <Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft> vom 28.07.1978 zu Ziffer 2.3.). Dabei kommt eine Zerlegung der Einzelwerte nur dann in Betracht, wenn hinreichend gewiß ist, daß der Erwerber den Betrieb durch Einzelmaßnahmen verwerten wird. Soll aber das landwirtschaftliche Unternehmen in den Händen des Übernehmers weitergeführt werden, ist grundsätzlich nur vom Vergleichswertverfahren auszugehen. Dieses kommt aber bei der Festsetzung des Geschäftswertes in der Regel nicht in Betracht, weil es zu einer in dem Zusammenhang unzulässigen Beweisaufnahme führen müßte. Daher ist es gerechtfertigt, die Einzelteile des Betriebsvermögens mit Mindestbeträgen anzusetzen, wenn zweifelsfrei feststeht, daß die Summe dieser Einzelwerte bei der Bewertung im Vergleichswertverfahren im Zusammenhang mit einer geschlossenen Veräußerung nicht unterschritten würde. Das ist bei der vom Senat in Landwirtschaftssachen angewendeten Berechnungsmethode grundsätzlich gewährleistet, solange die Gebäudewerte nicht mit einbezogen werden. Für die Bewertung der Gebäude sind im übrigen die Brandversicherungswerte keine geeignete Schätzungsgrundlage. Damit werden nur die Beträge genannt, die erforderlich sind, die vorhandenen Baulichkeiten nach einer Zerstörung wieder herzustellen. Es wird damit nichts gesagt, was die Baulichkeiten nach ihrem derzeitigen Zustand und ihrem Alter wert sind. Davon geht auch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte aus, die die Baulichkeiten in die Wertermittlung einbeziehen, indem sie teilweise in mehr oder minder großem Umfange Abschläge machen. Während das OLG Stuttgart (vgl. AgrarR 1987, 167 und 168) allerdings keine Abzüge machen will und selbst für Neubauten die Herstellungskosten ansetzt, obwohl allgemein bekannt ist, daß damit keineswegs der Sachwert zutreffend wiedergegeben wird, schwanken im übrigen die Abschläge. Das Landgericht hat die auf dem Grundstück ruhenden Grundpfandrechte nach ihrem Nominalwert abgezogen, wobei ein Zusammenhang mit dem Gebäudewert ohnehin nicht erkennbar ist. Das OLG Braunschweig ist im Beschluß vom 25.05.1988 - 2 W 37/88 - von einem Abschlag in Höhe von 75 % ausgegangen, das OLG Oldenburg (vgl. AgrarR 1987, 191) von einem solchen von 50 %, ohne daß im Einzelfall zu erkennen wäre, ob damit die Gebäude nach ihrer Zweckmäßigkeit in bautechnischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht zutreffend beurteilt werden. Daß die Einbeziehung der Gebäudewerte zu erkennbar überhöhten Werten hinsichtlich des Verkehrswertes führen kann, ergibt gerade der vorliegende Fall, in welchem die Flächen von ca. 41 ha einem Wert von ca. 500.000,- DM entsprechen, die Gebäude aber den Verkehrswert des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes um ca. 890.000,- DM erhöhen sollen.
Angesichts der generellen Ungewißheit, ob der Sachwert der Gebäude den Gesamtwert des landwirtschaftlichen Betriebes bei einer geschlossenen Veräußerung zur Weiterbewirtschaftung beeinflußt, ist es deshalb allein aus Rechtsgründen und zur Vermeidung willkürlich erscheinender Bewertungsmaßstäbe gerechtfertigt, von einer Einbeziehung generell abzusehen. Das entspricht der Rechtsprechung des Senates in Landwirtschaftssachen, wie auch der des OLG Hamm (vgl. RdL 1985, 355 und AgrarR 1986, 271; vgl. auch Faßbender AgrarR 1988, 181, 182).
Dementsprechend war der angefochtene Beschluß abzuändern. Der Senat konnte, da eine weitere Sachaufklärung nicht in Betracht kam, selbst entscheiden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 KostO.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert für die Eigentumsübertragung gemäß Vertrag vom 20. Dezember 1985 wird auf 533.520,- DM festgesetzt.