Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.1993, Az.: 2 L 88/89
Rechtspflicht zum Uniformtragen durch eine verbindliche Bestimmung der Exekutive auf gesetzlicher Grundlage; Tätigkeit in der Personalvertretung als Amtsausübung; Erforderlichkeit oder Zweckdienlichkeit des angeordneten Uniformtragens als Voraussetzung für die Verbindlichkeit und Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rechtspflicht zum Uniformtragen; Pflicht, während des Dienstes Dienstkleidung zu tragen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.05.1993
- Aktenzeichen
- 2 L 88/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 13638
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1993:0512.2L88.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 11.05.1989 - AZ: 1 VG A 48/87
Rechtsgrundlagen
- § 76 S. 1 BBG
- § 8 BPersVG
- § 46 Abs. 1 BPersVG
- § 46 Abs. 3 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Tragen der Dienstkleidung bei Personalratstätigkeit.
Amtlicher Leitsatz
Die durch eine Anzugsordnung vorgeschriebene Verpflichtung, bei der Ausübung des Amtes Dienstkleidung zu tragen, gilt auch für vom Dienst freigestellte Personalratsmitglieder während ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit.
Eine hierauf gestützte Einzelanordnung verstößt nicht gegen die Normen, die die Stellung der Personalratsmitglieder schützen.
Der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 1993
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hamann,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Sommer und
den Richter am Verwaltungsgericht Heidmann sowie
die ehrenamtliche Richterin Steger und
den ehrenamtlichen Richter Prinke
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer Lüneburg - vom 11. Mai 1989 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Polizeihauptmeister im Bundesgrenzschutz und gehörte im Jahre 1984 zur Grenzschutzabteilung (GSA) ... Als gewähltes Vorstandsmitglied des Bezirkspersonalrats beim Grenzschutzkommando (GSK) ... wurde er zu 100 % vom Dienst freigestellt. Er war außerdem Mitglied des örtlichen Personalrats bei der GSA .... Gegenwärtig ist er bei der Grenzschutzstelle Flughafen Hamburg tätig und von diesem Dienst zu 80 % freigestellt, da er Vorsitzender des BGS-Bezirkspersonalrats beim Grenzschutzpräsidium ... in ... ist.
Mit Schreiben vom 8. Februar 1984 wies der Kommandeur des GSK ... auf folgende Rechtslage hin: Die Verpflichtung zum Tragen der Dienstkleidung sei nach § 76 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) eine gesetzliche Pflicht, die durch Ziff. 1.2 der PDV 014 (BGS) für die Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz ausgeführt werde. Die Freistellung nach § 46 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) bedeute nur, daß das Personalratsmitglied von seinen eigentlichen Fachaufgaben freigestellt werde, nicht von den für alle Beschäftigten geltenden dienstlichen Pflichten. Daher bestehe auch für die Mitglieder der Personalvertretungen die Verpflichtung zum Tragen der Dienstkleidung.
Mit Verfügung vom 29. Februar 1984 ordnete der Kommandeur der GSA ... an, daß die Polizeivollzugsbeamten seiner Abteilung, die Mitglieder der Personalvertretungen seien, während der Ausübung ihres Amtes Dienstkleidung zu tragen hätten.
Der Kläger erhob am 6. März 1984 gegen die Verfügung des Kommandeurs der GSA ... vom 29. Februar 1984 Widerspruch und begründete diesen damit, bei der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Personalvertretung handele es sich um kein Amt in dem für die öffentlich-rechtliche Verwaltungsorganisation maßgebenden Sinn. Die Verpflichtung aus § 76 BBG müsse mit der Ausübung eines bestimmten Amtes zusammenhängen. Von der Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter sei er jedoch freigestellt. Aus dem BPersVG ergebe sich, daß die Tätigkeit von Personalratsmitgliedern, soweit sie Beamte seien, keinen Dienst im Sinne des Beamtenrechts darstelle. So erkläre sich z. B. der Wortlaut der §§ 11, 44 BPersVG. Auch sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß Personalratsmitglieder in der Wahrnehmung ihres Dienstes als Personalräte keinen sachlichen Weisungen unterlägen; gerade in der Verpflichtung zum Tragen von Dienstkleidung liege aber eine solche sachliche Weisung.
Der Bundesminister des Innern wies den Widerspruch durch Bescheid vom 23. Februar 1987 zurück. Die Verzögerung ergab sich daraus, daß zwischenzeitlich eine Klärung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem BPersVG versucht, aber mangels Zuständigkeit der angerufenen Fachgerichte nicht erreicht worden war (Az.: VG Hannover, PBVG 5/84, mit 17 OVG B 16/85 und BVerwG 6 PB 18.86).
Zur Begründung des ablehnenden Widerspruchsbescheides führte der Bundesminister des Innern im wesentlichen aus: Die auf der Grundlage des § 76 BBG in Nr. 1.2 der Polizeidienstvorschrift (PDV) 014 geregelte Verpflichtung gelte auch für freigestellte Mitglieder der Personalvertretungen während der Ausübung ihres Personalratsamts. Es komme hierbei nicht auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Polizeivollzugsbeamten an. Vielmehr meine der Begriff "während des Dienstes", der weit auszulegen sei, jede dienstlich veranlaßte oder mit dem Dienst zusammenhängenden Tätigkeit, z. B. auch Tätigkeiten innerdienstlicher oder repräsentativer Art. Entscheidend sei die Akzessorietät zum Dienst, die nicht durch die Ausübung von Personalratstätigkeit gelöst werde. Dies folge schon daraus, daß die Personalvertretungen Teil der Dienststellen und die beamtenrechtlichen Pflichten und Rechte durch Personalratstätigkeiten nicht suspendiert seien. Den angegriffenen Verfügungen vom 8. und 29. Februar 1984 komme lediglich deklaratorischer Charakter zu. Es handele sich dabei um konkretisierende Hinweise auf die Befolgung einer von der obersten Dienstbehörde in Form einer Verwaltungsvorschrift geschaffenen Rechtslage.
Am 20. März 1987 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten und im wesentlichen vorgetragen: Die Weisung, Dienstkleidung zu tragen, treffe den Beamten auch persönlich als Grundrechtsträger. Er könne daher nur dann zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet werden, wenn dies zur Kennzeichnung als Angehöriger des Bundesgrenzschutzes oder als Träger einer bestimmten Funktion erforderlich sei. Die Zugehörigkeit zum Bundesgrenzschutz als solche erfordere, wie den Dienstvorschriften zu entnehmen sei, noch nicht das Tragen von Dienstkleidung. Wenn Polizeivollzugsbeamte grundsätzlich verpflichtet seien, während des Dienstes Dienstkleidung zu tragen, so sei dies offensichtlich eine Folge der besonderen Funktion dieser Beamten als Mitglieder eines bestimmten Vollzugsdienstes. Er, der Kläger, bleibe zwar auch als freigestelltes Personalratsmitglied statusrechtlich Polizeivollzugsbeamter, sei jedoch nicht mehr im Vollzugsdienst tätig, sondern nehme Aufgaben wahr, die denen der Verwaltungsbeamten im BGS entsprächen. Insofern lasse sich eine Verpflichtung, Dienstkleidung zu tragen, von der Funktion her nicht mehr rechtfertigen. Das gelte erst recht für seine persönliche Stellung, da jeder Eingriff in die Grundrechtssphäre am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen sei. Die Vorschrift des § 76 BBG sei den Bestimmungen des BPersVG im Range gleich. Daher sei abzuwägen, inwieweit die durch § 76 BBG besonders ausgeprägte Gehorsamspflicht durch die Bestimmungen über die Personalratstätigkeit eines Beamten modifiziert werde. Das Tragen von Dienstkleidung sei für die Personalratstätigkeit nicht geboten, vielmehr werde diese Tätigkeit durch die Dienstkleidungspflicht beeinträchtigt und eingeschränkt, ohne daß es hierfür einen sachlichen Rechtfertigungsgrund gebe. Äußerlich werde durch die Uniform mit ihren Rangabzeichen den Personalratsmitgliedern ihre Stellung als dem Dienststellenleiter grundsätzlich gleichgestelltes Organ genommen. Es bestehe die Gefahr eines Verlusts der Unabhängigkeit. Die äußerlich zum Ausdruck gekommene hierarchische Gliederung beeinträchtige die Unbefangenheit der Bediensteten gegenüber ihren Personalratsmitgliedern. Der Kläger hat beantragt,
die Verfügung des Kommandeurs des GSK ... vom 8. Februar 1984 und die Verfügung des Kommandeurs der GSA ... vom 29. Februar 1984 i.d.F. des Widerspruchsbescheides des Bundesministers des Innern vom 23. Februar 1987 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, daß er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied der Personalvertretung nach dem BPersVG nicht zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet sei.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und hat dem Kläger entgegengehalten:
Gegenüber der Erfüllung berufstypischer Beamtenpflichten könne er sich grundsätzlich nicht auf Grundrechte berufen. Auch habe er bisher konkrete Beeinträchtigungen von Grundrechten nicht vorgebracht. Der Kläger stehe auch bei seiner Personalratstätigkeit nicht den Beamten der Grenzschutzverwaltung gleich, für deren Dienst andere organisatorische Vorschriften maßgebend seien, als für die Polizeivollzugsbeamten im BGS.
Mit Urteil vom 11. Mai 1989 hat das Verwaltungsgericht Stade, 1. Kammer Lüneburg, die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger leiste auch während der Ausübung seiner Personalratsgeschäfte Dienst im Sinne der auf § 76 BBG beruhenden Anordnungen. Seine Freistellung von der eigentlichen dienstlichen Tätigkeit bedeute nicht, daß er einem beurlaubten Bediensteten gleichstehe, sondern nur, daß er sich während der auch für ihn verbindlichen täglichen Arbeitszeit uneingeschränkt seinem Dienst als Personalrat widmen dürfe. Der Kläger mißdeute auch die Rechtsstellung des Personalrats, wenn er meine, ihm werde durch das Tragen der Uniform mit dem Dienstrangabzeichen die ihm gegenüber dem Dienststellenleiter zukommende Stellung genommen. Die Bediensteten hätten ihn in Kenntnis seines Dienstranges gewählt; somit hätten sie die Erwartung, er werde sie gegenüber dem Dienststellenleiter sachgerecht vertreten. Der Kläger übe zwar auch verwaltende Tätigkeiten aus; da er jedoch auch während seiner Personalratstätigkeit Dienst im Sinne der PDV 014 leiste, sei es nicht gerechtfertigt, ihn - anders als alle anderen Polizeivollzugsbeamten - von der Verpflichtung zum Tragen der Dienstkleidung freizustellen. Die Verwaltungsbeamten im Bundesgrenzschutz unterschieden sich in ihrem durch die Laufbahn geprägten Berufsbild erheblich von den Polizeivollzugsbeamten.
Gegen dieses dem Kläger am 31. Mai 1989 zugestellte Urteil hat er am 21. Juni 1989 Berufung eingelegt. Er trägt im wesentlichen vor: Das angefochtene Urteil übersehe, daß die Regelung des Beamtenrechts durch die Bestimmungen des BPersVG modifiziert würden, was vor allem auch den Inhalt der beamtenrechtlichen Dienstpflichten berühre. Indem er gemäß § 46 Abs. 3 BPersVG von der "eigentlichen dienstlichen Tätigkeit befreit" sei, brauche er die Tätigkeiten eines Polizeivollzugsbeamten gerade nicht auszuüben. Seine Funktionen entsprechen denen der Verwaltungsbeamten im Bundesgrenzschutz, die nicht zum Tragen von Uniformen verpflichtet seien. Mithin sei die Uniformierung nicht als Ausdruck der Zugehörigkeit zum BGS zu verstehen. Auch Beamte im Status von Polizeivollzugsbeamten seien vielfach im Innendienst, z. B. im Ministerium, eingesetzt und leisteten dort ihren Dienst üblicherweise nicht in Uniform. Da die Dienstkleidung die Hierarchie im Polizeivollzugsdienst dokumentiere, könne durch die umstrittene Verpflichtung die Tätigkeit als Personalrat beeinträchtigt werden. - Der Kläger nimmt außerdem zu den Gründen des ihm bekanntgegebenen Urteils des Senats vom 13. November 1991 2 OVG A 5/88 - Stellung und beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils nach seinen im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und wiederholt ihren Standpunkt, daß die Verpflichtung des Klägers, Dienstkleidung zu tragen, sich aus seinem Status als Polizeivollzugsbeamter ergebe. Es gehöre zum Wesen der von ihm freiwillig gewählten Laufbahn, während seines Dienstes Dienstkleidung zu tragen, unabhängig von der jeweils konkreten Dienstverrichtung. Auch als Angehöriger der Personalvertretung sei er Teil der Dienststelle einer Bundespersonalbehörde. An den in der PDV 014 vorgesehenen Ausnahmen partizipierten die Personalratsmitglieder nicht.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen. Der den Schriftwechsel mit dem Kläger enthaltende Verwaltungsvorgang der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist ebenso wie die in Kopie überreichte Polizeidienstvorschrift 014 (BGS) Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die rechtzeitig und in richtiger Form eingelegte Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zutreffen entschieden, daß die zulässige Anfechtungsklage gegen die von den Dienstvorgesetzten des Klägers getroffenen Anordnungen unbegründet ist.
Mit dem den Beteiligten bekannten, rechtskräftig gewordenen Urteil vom 13. November 1991 - 2 OVG A 5/88 - hat der Senat entschieden, daß ein vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied der dienstlichen Verpflichtung unterliegt, als Polizeivollzugsbeamter im Bundesgrenzschutz die vorgeschriebene Dienstkleidung zu tragen. Das genannte Urteil beruht im wesentlichen auf den Erwägungen, daß
- a.
eine Rechtspflicht zum Uniformtragen auf gesetzlicher Grundlage (§ 76 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes - BBG -) durch eine verbindliche "Bestimmung" der Exekutive (§ 76 Satz 1 BBG; Anordnung des Bundespräsidenten vom 29. Januar 1952, BGBl I S. 90; Anzugsordnung - PDV 014/BGS - vom 12. Februar 1983) geregelt worden ist und
- b.
die Tätigkeit in der Personalvertretung als "Amtsausübung" von dieser Regelung erfaßt wird, weil der gewählte Personalvertreter durch sein "Ehrenamt" (§ 46 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes - BPersVG -) nicht aus dem dienstlichen Bereich herausgelöst wird.
Auf die Einzelheiten der Begründung des genannten Urteils wird verwiesen. Die hiergegen vom Kläger mit der Berufung vorgetragenen Bedenken hält der Senat nach nochmaliger eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht für überzeugend.
1.
Eine auf die konkrete Tätigkeit bezogene "Erforderlichkeit" oder Zweckdienlichkeit des angeordneten Uniformtragens ist nach Lage der geltenden Vorschriften nicht Voraussetzung ihrer Verbindlichkeit und Anwendbarkeit. Der Einwand, das Tragen der Dienstkleidung könne keinen Eigenzweck haben, greift nicht durch. Nach der Erforderlichkeit im konkreten Fall ist nicht zu fragen, weil die Prüfung des generellen Zwecks ("üblich oder erforderlich") schon bei dem Erlaß der Bestimmungen vorgesehen ist (§ 76 Satz 1 BBG) und darin auch eine hinreichend differenzierte Regelung getroffen worden ist. Diese ist auch "verhältnismäßig" im engeren Sinn, denn sie vermeidet eine übermäßige, die Mittel-Zweck-Relation vernachlässigende Einwirkung auf eine subjektive Rechtsstellung. Das ergibt sich schon aus Nr. 1.2 der PDV 014, wonach Polizeivollzugsbeamte im BGS (nur) "grundsätzlich" verpflichtet sind, während des Dienstes Dienstkleidung zu tragen. Diese Anordnung ermöglicht sachlich begründete Ausnahmen. Ferner wird durch Nr. 3.3.1 der PDV 014 bestimmt, daß die Polizeivollzugsbeamten im BGS bürgerliche Kleidung im Dienst nur dann tragen dürfen, wenn die dienstlichen Aufgaben in Dienstkleidung nicht erfüllt werden können; die Genehmigung erteilt der jeweilige Einheitsführer oder Dienststellenleiter. Damit ist geregelt, daß in Einzelfällen auf Antrag des Beamten eine Prüfung stattzufinden hat, ob das Tragen der bürgerlichen Kleidung nach der Art. der konkreten Dienstausübung sachlich geboten ist. Dies könnte in Betracht kommen, wenn der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, als Personalvertreter mit öffentlichen Verkehrsmitteln Reisen an andere BGS-Standorte unternimmt; allerdings ist diese besondere Fragestellung nicht Gegenstand des vorliegenden, nur die allgemeine Verpflichtung des Klägers betreffenden Rechtsstreits.
2.
Der Kläger weist richtig darauf hin, daß das Senatsurteil vom 13. November 1991 - im Rahmen der Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen - den Bezug zum Individualrecht hervorgehoben, also eine Betroffenheit der Persönlichkeitssphäre angenommen hat. Damit ist anerkannt worden, daß der Kläger als Rechtssubjekt - ähnlich wie etwa durch eine dienstliche Vorschrift über die Haar- oder Barttracht oder das Tragen von Schmuckgegenständen - betroffen wird. D. h. er wird nicht bloß als Amtsperson zu einem dienstlichen Verhalten angewiesen, wie z. B. durch eine Aktenordnung. Der angeordnete Eingriff darf deshalb, auch soweit er einer gesetzlichen Ermächtigung entspricht, nicht gegen Vorschriften verstoßen, die den Beamten in seiner persönlichen Sphäre schützen. Das hier in Betracht kommende Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) schützt aber den Beamten im dienstlichen Bereich nicht vor Anordnungen auf gesetzlicher Grundlage, die sein äußeres Erscheinungsbild betreffen (BVerwG. Urt. v. 25.1.1990 - 2 C 45.87 -, Buchholz 232, BBG § 76 Nr. 2). Die Einordnung in einen Verwaltungsbereich bringt es mit sich, daß sich der Beamte aus jedem sachlichen Grund, auch aus Gründen der Praktikabilität oder Üblichkeit, den dienstrechtlich verbindlichen Bekleidungsvorschriften anpassen muß und hierzu von dem Dienstvorgesetzten durch Einzelweisung angehalten werden kann. Die faktischen Rückwirkungen solcher Anordnungen auf die nicht unmittelbar zur Dienstausübung gehörende Sphäre - z. B. die Anreise vom Wohnort zum Dienstort - führen nicht zu einem Grundrechtsverstoß, jedenfalls wenn der Beamte ihnen ausweichen kann (z. B. durch Mitführen der Dienstkleidung in einem Koffer und Umkleiden vor Dienstbeginn).
3.
Als Personalvertreter nimmt der Kläger eine ihm persönlich durch Wahl übertragene ehrenamtliche Aufgabe (§ 46 Abs. 1 BPersVG) wahr, die er im eigenen Interesse ebenso wie mit Rücksicht auf die von ihm zu vertretenden Gruppeninteressen gegen ungerechtfertigte übergriffe und Einschränkungen verteidigen kann. Sein Ehrenamt wird aber nicht durch die Anordnung der Dienstvorgesetzten beeinträchtigt, durch die die Geltung der Anzugsordnung (PDV 014) grundsätzlich auch für die Personalratstätigkeit klargestellt worden ist. Denn auch mit dieser Funktion übt der Kläger "Dienst als Polizeivollzugsbeamter" aus, und es gelten deshalb die für die "Ausübung des Amtes" (§ 76 BBG) erlassenen allgemeinen Bestimmungen. Nach der Rechtsprechung des Senats gelten die mit dem Beamtenstatus und der Übertragung eines Amts im funktionellen Sinne verbundenen Rechte und Pflichten grundsätzlich auch für die gewählten Personalvertreter, ohne daß es darauf ankommt, ob dies, wie es zuweilen geschieht, durch einzelne Normen, z. B. § 11 BPersVG, besonders vorgeschrieben ist (Urt. v. 25.11.1992 - 2 L 2664/92 -).
4.
Die Anordnung verstößt auch nicht gegen Normen, die den Kläger in seiner Stellung als Personalratsmitglied schützen. Das hier insbesondere in Betracht kommende Behinderungsverbot (§ 8 BPersVG) richtet sich gegen. Störungen der Amtswahrnehmung u. a. durch den Dienstherrn, etwa dadurch, daß für die Personalratsarbeit kein Raum zur Verfügung gestellt wird oder Telefonate von Einzelgenehmigungen des Dienststellenleiters abhängig gemacht werden (Beispiele nach Spohn, Nds. PersVG § 68), Anzeichen für eine beabsichtigte Behinderung liegen nicht vor. Der Kläger macht allerdings geltend, daß durch die Uniformpflicht zugleich die durch Rangabzeichen bedingten Differenzierungen hervortreten, wodurch eine unbewußte Einflußnahme von Befehlsstrukturen auf die inhaltliche Personalratsarbeit entstehen könnte. Auch nach Hinweis auf die Besorgnis des Klägers bestand für die Beklagte keine Veranlassung, ihre Anordnung zu berichtigen, weil die von Uniformen und Rangabzeichen ausgehenden psychologischen Effekte unwägbar auf subjektive Empfindungen wirken und damit noch nicht das Ausmaß einer Behinderung im Sinne des § 8 BPersVG erreichen. Auch wenn ein Personalratsmitglied Zivilkleidung trägt, können die den Angehörigen der Dienststelle bekannten Rangstrukturen wirksam werden, wenn sie auch gleichsam optisch zurückgedrängt werden. Diese Äußerlichkeit erscheint nicht von einem solchen Gewicht, daß die Uniformpflicht im Regelfall als spürbare Beeinflussung oder gar "Behinderung" zu bewerten wäre.
5.
Vom Polizeivollzugsdienst ganz oder an mehreren Wochentagen freigestellte Personalratsmitglieder leisten einen Dienst, der im äußeren Ablauf den Tätigkeiten eines nicht uniformpflichtigen Verwaltungsbeamten entspricht. Verwaltungsbeamte im BGS sind nach Nr. 1.2.2 der PDV 014 nur ausnahmsweise - bei Übungen und besonderen Anlässen - zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet. Auch in Anbetracht der Ähnlichkeit der Amtsausübung dieser Beamtengruppe und der von Polizeivollzugsdienst freigestellten Personalratsmitglieder erscheint das Beharren der Beklagten auf deren Pflicht zum Tragen der Dienstkleidung nicht als übermäßiger Eingriff. Die von ihnen geforderte Pflichterfüllung entfernt sich nach Ansicht des Senats nicht allzusehr von deren Zweck. Die im Grundsatz als erforderlich angesehene Uniformierung soll nicht je nach der Art. der konkreten Dienstaufgaben durch Ausnahmen durchlöchert werden. Soweit allerdings, wie der Kläger vorträgt, in bedeutenden Dienstzweigen mit Duldung der Dienstvorgesetzten auch Polizeivollzugsbeamte im BGS bei Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeiten weitgehend Zivilkleidung tragen, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß schriftlich festgelegte Verwaltungsvorschriften im Laufe der Zeit durch eine abweichende Verwaltungspraxis überlagert oder verdrängt werden können. Die vom Kläger hierzu benannten Einzelfälle (Verhalten der Polizeivollzugsbeamten im Ministerium sowie bei Auftreten in Gerichtsverhandlungen) reichen aber zur Begründung einer Observanz noch nicht aus.
Da der Kläger mit der hilfsweisen beantragten Feststellung inhaltlich nichts Weitergehendes beansprucht als mit seinem Hauptantrag, bleibt auch insoweit die Berufung ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG) liegen nicht vor.
Sommer
Heidmann