Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 24.10.2017, Az.: L 7 AS 1577/15
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 24.10.2017
- Aktenzeichen
- L 7 AS 1577/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 42186
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 08.09.2015 - AZ: S 37 AS 764/12
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 8. September 2015 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss statt als Darlehen für den Zeitraum Juni und Juli 2012.
Die Klägerin und ihr ehemaliger Lebensgefährte (nachfolgend: L), die vier gemeinsame Kinder haben, lebten zunächst gemeinsam in I ... Ihnen steht als Erbengemeinschaft das Eigentum an zwei Eigentumswohnungen in einem Reihenendhaus (Erd- und Dachgeschoss) in I. zu, die sie im Jahr 2009 erbten. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 17. Februar 2010 (Grundbuch von I., Blatt 38721, lfd. Nummer 2.1 f.). Die Wohnungen werden ausschließlich von L für sich und den einvernehmlich geregelten hälftigen Umgang mit seinen drei jüngeren Kindern, die im erstinstanzlichen Verfahren als Kläger zu 2. bis 4 beteiligt waren, genutzt. Der älteste Sohn der Klägerin und L bewohnt die kleinere der beiden Wohnungen im Dachgeschoss.
Im streitgegenständlichen Zeitraum lebten die Klägerin und L bereits getrennt. Die drei jüngeren Kinder lebten bei der Klägerin, hatten aber regelmäßig Umgang mit L. Über den Umgang hatten sich die Klägerin und L dergestalt geeinigt, dass die drei Kinder die eine Hälfte der Zeit bei der Klägerin und die andere Hälfte bei L verbringen.
Die Klägerin beantragte im Mai 2012 sich und ihre drei Kinder Leistungen nach dem SGB II. Nach den von dem Beklagten daraufhin eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt I. vom 23. August 2012 beträgt der Wert der oberen Eigentumswohnung mit 39 m2 38.000,00 EUR und der Wert der unteren Eigentumswohnung mit 63 m2 64.000,00 EUR.
Der Beklagte gewährte der Klägerin sodann vorläufig darlehensweise Leistungen nach dem SGB II für Juni und Juli 2012 jeweils in Höhe von 437,14 EUR (Bescheid vom 29. Juni 2012; Widerspruchsbescheid vom 7. August 2012). Die Bewilligung erfolgte vorläufig mit der Begründung, dass die Klägerin selbstständig sei und ihr Einkommen für den Bewilligungszeitraum noch nicht feststehe.
Am 11. September 2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass L der Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts I. zugunsten des Beklagten nicht zustimme und insoweit ein Schreiben des L vom 19. September 2012 vorgelegt. Es sei ihr auch nicht zuzumuten, eine zivilrechtliche Klage gegen L zu erheben, um seine Zustimmung zu erzwingen, insbesondere wegen des zu berücksichtigenden Kindeswohls. Zwar bewohne die Klägerin ihre Wohnungen nicht selbst, sie würden aber zur Versorgung ihrer Kinder, denen gegenüber sie unterhaltspflichtig sei, genutzt. Dieser Umstand sei einer Selbstnutzung gleichzusetzen. Unter dem 30. Oktober 2012 teilte die Prozessbevollmächtigte der Kläger mit, dass die Klage auch für die drei jüngeren Kinder der Klägerin, die bisherigen Kläger zu 2. bis 4., erhoben werde.
Das SG hat mit Urteil vom 8. September 2015 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2012 verurteilt, die der Klägerin gewährten Leistungen als Zuschuss zu gewähren. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage hinsichtlich der (bisherigen) Kläger zu 2. bis 4. bereits unzulässig sei, da sie nach Ablauf der Klagefrist gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden sei. Im Übrigen sei die Klage zulässig und begründet. Die im Miteigentum der Klägerin stehenden Wohnungen seien zwar verwertbar. Die Eigentumswohnungen seien aber im streitgegenständlichen Zeitraum deshalb nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil die Verwertung für die Klägerin eine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II darstelle.
Gegen das am 12. Oktober 2015 zugestellte Urteil des SG hat der Beklagte am 2. November 2015 Berufung eingelegt.
Der Beklagte trägt vor, das SG habe zwar zutreffend erkannt, dass die Eigentumswohnungen verwertbar seien. Allerdings stelle die Verwertung der Wohnungen entgegen der Auffassung des SG für die Klägerin keine besondere Härte dar. Das SG gehe ausschließlich davon aus, dass die obere Wohnung durch Verkauf oder Vermietung verwertet werden und dann der älteste Sohn in die untere Wohnung einziehen müsse. Das SG habe jedoch nicht die Möglichkeit einer Beleihung in Betracht gezogen, wodurch sich die Wohnsituation der Kinder nicht ändern würde. Da der Auseinandersetzungsanspruch bislang nicht ernstlich geltend gemacht worden sei, bestehe auch kein tatsächliches Verwertungshindernis. Zudem sei Bezugspunkt der Kinder durch das aufgeteilte Umgangsrecht nicht eine bestimmte Wohnung, sondern der jeweilige Elternteil, zumal die Klägerin selbst bereits einmal umgezogen sei. Es sei im Übrigen für die Behauptung der Klägerin, dass die Kommunikation zwischen der Klägerin und L ausschließlich streitig von statten gehe, kein Nachweis vorgelegt worden, etwa über das von der Klägerin behauptete Mediationsverfahren mit L. Es sei nach Aktenlage vielmehr so, dass sich die Klägerin und L in entscheidenden Dingen einigen könnten. So habe L im erstinstanzlichen Verfahren schriftlich erklärt, dass er mit der Führung des Rechtsstreits durch die drei jüngeren Kinder einverstanden sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 8. September 2015 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und bezieht sich im Übrigen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, dass eine Beleihung des Miteigentumsanteils aus wirtschaftlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich sei, weil sich keine Bank aufgrund der Einkommenssituation der Klägerin und L hierzu bereiterklären würde. Langfristig wäre L nach der Auseinandersetzung und bei erforderlicher Anmietung einer neuen Unterkunft für sich und seine Kinder ohne Zweifel in die Hilfebedürftigkeit gerutscht, so dass er selbst Leistungen nach dem SGB II hätte in Anspruch nehmen müssen. Ferner wäre durch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit L auch das Kindeswohl der bei L lebenden Kinder gefährdet worden, was unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Grundgesetz (GG) nicht wünschenswert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
1. Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 Euro überschritten ist. Streitgegenstand ist aufgrund des vor dem SG gestellten Klageantrags und weil das Urteil des SG im Hinblick auf die bisherigen Kläger zu 2. bis 4. rechtskräftig ist, im Berufungsverfahren nur noch die Frage, ob der Klägerin die ihr für Juni und Juli 2012 gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 874,28 EUR (2 x 437,14 EUR) als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren sind. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Berufung des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des SG vom 8. September 2016. Denn der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
a) Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).
Hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, unter anderem aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen; dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören wie Immobilien und Forderungen. Als Verwertungsmöglichkeiten kommen etwa der Verkauf oder die Verpfändung des Erbteils, der Verkauf des Hausgrundstücks sowie die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in Betracht. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind als Vermögen allerdings nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist schließlich hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Ist eine sofortige Verwertung eines Vermögensgegenstandes nicht möglich, kommt nach Maßgabe des § 42a SGB II eine Leistungserbringung als Darlehen in Betracht (§ 42a SGB II).
aa) Zu den Vermögensgegenständen, die vorliegend in die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 12 SGB II einzubeziehen sind, gehören der Anteil an dem Nachlass, über den die Klägerin nach § 2033 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verfügen kann, der Miteigentumsanteil an dem Grundstück in ungeteilter Erbengemeinschaft und der Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB). Vermögen ist im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff "Verwertbarkeit" enthält eine tatsächliche Komponente, weil solche Vermögensgegenstände nicht verwertbar sind, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind, und auch keine andere Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 - B 14 AS 16/16 R -, Rn. 22). Ein Aspekt dieser tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der ggf. eine Prognose erforderlich und für die auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen ist; eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten (sog "Versilbern"; ständige Rechtsprechung des BSG, siehe exemplarisch Urteil vom 18. September 2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 24 Rn. 15; Urteil vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 4/16 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 27 Rn. 26). Rechtlich ist ein Vermögensgegenstand nicht verwertbar, wenn dessen Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt ist und er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 12 Rn. 20; Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 23 Rn. 22).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist eine Verwertung vorliegend weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, bei der nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten der Rest unter den Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile aufzuteilen ist (§ 2042 Abs. 2 BGB). Auch der Anspruch auf Auseinandersetzung und der damit verbundene Anspruch auf einen Anteil am Auseinandersetzungsguthaben nach § 2047 BGB gehört zu dem Vermögen, das grundsätzlich vorrangig zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit einzusetzen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 12). Wird der Auseinandersetzungsanspruch - wie hier - nicht ernstlich geltend gemacht, besteht zudem auch kein tatsächliches Verwertungshindernis (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 12; Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. April 2016 - L 32 AS 445/16 B ER -, juris Rn. 39; Senatsbeschluss vom 20. August 2009 - L 7 AS 852/09 B ER -). Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie und L von einer Verwertung Abstand genommen haben, weil L dazu nicht bereit sei. Im Übrigen ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin eine Möglichkeit der Beleihung bei einer Bank nicht versucht worden. Demgegenüber ist der Senat mangels abweichender Anhaltspunkte überzeugt, dass eine Verwertung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten möglich und zumutbar war.
bb) Das Vermögen ist auch gemäß § 12 Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen.
(1) Eine Nichtberücksichtigung nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II scheidet vorliegend aus, weil die Klägerin die beiden Eigentumswohnungen nicht selbst nutzt bzw. bewohnt. Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 3).
(2) Entgegen der Auffassung des SG sind auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II nicht erfüllt. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind danach Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
(a) Dass die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre (§ 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 1 SGB II), trägt die Klägerin zu 1. selbst nicht vor und ist für den Senat angesichts des Wertes der beiden in der Großstadt Bielefeld befindlichen Eigentumswohnungen von 64.0000,00 EUR bzw. 38.000,00 EUR und der derzeitigen Situation auf dem Immobilienmarkt auch nicht ersichtlich.
(b) Es liegt auch keine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II vor.
Beim Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 35/08 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 14, RdNr 20; Lange in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 12 Rn. 113). Normzweck des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II ist es, eine Möglichkeit zu schaffen, besondere Härtefälle angemessen zu lösen (BT-Drucks. 15/1749, 32). Ob von einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II auszugehen ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Erforderlich sind außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 7 Abs 1 Alg II-V 2008) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden und dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 4, Rn. 31; Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 68/06 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 8, Rn. 31; Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 35/08 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 14, Rn. 20; Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 99/11 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 18, Rn. 28), z.B. dass etwa lieb Gewordenes verloren geht (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 100/11 R -, Rn. 28). Als außergewöhnliche Umstände sind nur besondere, bei anderen Leistungsberechtigten regelmäßig nicht auftretende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 52/06 R -, FEVS 60, 297, 304 f.; Urteil vom 15. April 2008 - B 14 AS 27/07 R -; Urteil vom 23. Mai 2012, B 14 AS 100/11 R, Rn. 28). Daher führt etwa der Umstand, dass die Leistung nur für einen kurzen Zeitraum beantragt wird, regelmäßig nicht zur Bejahung einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 66/06 R -SozR 4-4200 § 12 Nr. 5 Rn. 24). Familiäre Belange können zwar auch im SGB II unter Härtegesichtspunkten zu einer Vermögensfreistellung führen. Das setzt aber voraus, dass die Geltendmachung der Forderung sich aufgrund außergewöhnlicher Umstände in besonderer Weise belastend auf den Familienverband auswirkt (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010, B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 15 Rn. 30).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist vorliegend für den Senat nicht ersichtlich, dass die Verwertung einer oder beider Eigentumswohnungen im o.g. Sinne eine besondere Härte für die Klägerin darstellt. Betroffener im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II ist nur derjenige innerhalb der Bedarfsgemeinschaft, dem die zu verwertende Sache oder das Recht rechtlich zugeordnet ist und der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II zu deren Einsatz verpflichtet ist (Lange in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 12 Rn. 114). Die Klägerin bewohnt die Eigentumswohnungen indessen gar nicht. Im Übrigen kann die Klägerin sich gegen L gegebenenfalls Hilfe staatlicher Stellen zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bedienen, um eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen (Senatsbeschluss vom 20. August 2009 - L 7 AS 852/09 B ER -), zumal nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin und L bereits (ernsthaft) eine einvernehmliche Auflösung der Erbengemeinschaft versucht hätten. Zudem ist nicht ersichtlich, dass eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen würde. Es geht zunächst nicht um den Lebensmittelpunkt der Kinder, sondern allein darum, dass das Vermögen der Klägerin ihrem (steuerfinanzierten) Leistungsanspruch nach dem SGB II entgegensteht. Hinzu kommt, dass die Eintragung einer Grundschuld oder eines Grundpfandrechts auch nicht notwendigerweise dazu führt, dass die Wohnungen für die Kinder der Klägerin zu und L veräußert werden müssten und nicht mehr zum Wohnen zur Verfügung stünden. Zudem ist für den Senat auch nicht ersichtlich, dass die Kommunikation zwischen der Klägerin und L gestört sei. Insbesondere wurde von der Klägerin auch auf den Vortrag des Beklagten kein Nachweis über das von der Klägerin behauptete Mediationsverfahren vorgelegt. Des Weiteren ist der Vortrag der Klägerin, dass keine Beleihung durch Banken möglich sei, weder erst- noch zweitinstanzlich belegt worden. Vorliegend kommt es hierauf im Ergebnis indessen nicht an, weil die Klägerin zu keinem Zeitpunkt ernsthaft eine Verwertung innerhalb des Bewilligungszeitraums versucht hat. Die Verwertung und erst recht nur eine Beleihung der Eigentumswohnungen verlangt der Klägerin jedenfalls kein deutlich größeres Opfer ab als jene (einfache) Härte, die mit jeder Vermögensverwertung möglicherweise einhergeht. Es war schließlich bei Antragstellung und Bescheiderteilung nicht absehbar, dass die Klägerin nun noch bis Januar 2013 im SGB II-Leistungsbezug stehen würde.
b) Es kann dahinstehen, ob der Klägerin überhaupt Leistungen als Darlehen hätten bewilligt werden müssen, weil sie eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht ernsthaft versucht hat (Senatsbeschluss vom 20. August 2009 - L 7 AS 852/09 B ER -).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
3. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.