Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.05.2014, Az.: 12 K 421/13
Steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus den Geschäften mit Knock-out-Produkten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.05.2014
- Aktenzeichen
- 12 K 421/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 23072
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2014:0520.12K421.13.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 10.11.2015 - AZ: IX R 20/14
Rechtsgrundlage
- § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG
Fundstellen
- EFG 2014, 2037-2041
- EStB 2015, 65
- GStB 2015, 15
Amtlicher Leitsatz
Verluste aus den Geschäften mit Knock-out-Produkten sind dann steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn nach der Vertragsgestaltung bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses ein Differenzausgleich von Vornherein ausgeschlossen ist, das Produkt also ohne Entscheidung des Steuerpflichtigen als wertlos verfällt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Verlusten aus Optionsgeschäften.
Der Kläger tätigte im Streitjahr 2006 eine Vielzahl von Wertpapiergeschäften und hierbei insbesondere Optionsgeschäfte mit sog. Knock-out-Produkten, die wie die Optionsscheine zu den Hebelprodukten gehören. Bei diesen Produkten erwirbt der Käufer eine Kauf- oder Verkaufsoption zu einem festgelegten Preis. Der Erfolg des Geschäfts hängt im Regelfall von einem Basiswert (z.B. Preis eines Wirtschaftsguts, Kurs einer Währung) zu einem bestimmten Stichtag ab. Je nach Vertragsgestaltung und Entwicklung des maßgebenden Basiswerts hat der Verkäufer oder der Käufer dem Vertragspartner bei Ausübung der Option an dem Stichtag einen Differenzausgleich in bar zu zahlen. Der Käufer der Option erwirtschaftet bei Ausübung der Option sonach einen Gewinn oder einen Verlust. Er hat aber ggfs. auch das Recht, die Option nicht auszuüben mit der Folge, dass er bei Verlust einen Differenzausgleich nicht zu leisten hat, seine Aufwendungen für die Option wegen deren Wertlosigkeit aber auch nicht gedeckt sind. Der Käufer hat also die Möglichkeit, die Option ohne jede Gegenleistung verfallen zu lassen. In der Praxis gibt es vielfältige Vertragsgestaltungen, wobei bei Eintritt einer Bedingung die Option auch ohne Entscheidung des Käufers verfallen kann (sog. Knock-out-Produkte). Nach Angaben des Klägers im Einspruchsverfahren verfielen die von ihm erworbenen und im Streitfall interessierenden Produkte vorzeitig und wurden wertlos, weil der Kurs des Basiswerts eine bestimmte Knock-out-Schwelle berührt oder unterschritten hatte. Es erfolgte kein Rückkauf durch den Verkäufer und kein Ausgleich durch Aktien.
Unstreitig erwirtschaftete der Kläger im Streitjahr Gewinne aus Geschäften mit Wertpapieren und Knock-out-Produkten von insgesamt 231.988 €, die er als Spekulationsgewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung - EStG 2006) in seiner Steuererklärung angab und die der Beklagte (das Finanzamt - FA -) der Besteuerung unterwarf. Der Kläger erwarb zudem unstreitig Optionsscheine als Knock-out-Produkte für insgesamt 956.429 €. Dabei handelte es sich nach seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung um Optionsscheine, die an Indices bzw. bei "X" um ein Papier, das an einen bestimmten Kurs der Aktie X gekoppelt waren. Sie führten wegen Verfalls bei Erreichen der Knock-out-Schwelle nicht zu einem Differenzausgleich. Diese Geschäfte betrafen folgende Optionsscheine:
Bezeichnung | WKN | ISIN | Antrag Verlust | |
---|---|---|---|---|
... | ... | ... | ... | 473.870 € |
... | ... | ... | ... | 6.515 € |
... | ... | ... | ... | 63.516 € |
... | ... | ... | ... | 153.975 € |
... | ... | ... | ... | 7.816 € |
... | ... | ... | ... | 18.244 € |
... | ... | ... | ... | 48.478 € |
... | ... | ... | ... | 19.285 € |
... | ... | ... | ... | 12.020 € |
... | ... | ... | ... | 152.710 € |
Summe | 956.429 € |
Der Kläger begehrte die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten als fehlgeschlagene Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG 2006).
Die Festsetzung der Einkommensteuer für 2006 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags aus privaten Veräußerungsgeschäften auf den 31. Dezember 2006 erfolgten zunächst antragsgemäß mit Bescheiden vom ... unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und verbunden mit der Aufforderung, Unterlagen über die getätigten Optionsgeschäfte vorzulegen.
Der Kläger legte zum einen die Effektenabrechnungen der Bank vor, die den Kauf der Papiere zum Kurswert und die Verbuchung zu Lasten des Kontos des Klägers zum Inhalt hatten, zum anderen den zum jeweiligen Monatsende erstellten Finanzstatus, der für die hier streitigen Wertpapiere einen Kurswert von 0 € auswies.
Mit Bescheid vom ... änderte das FA den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) mit der Begründung, Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (Verlust aus verfallenen Optionsscheinen) könnten wegen des fehlenden Tatbestandsmerkmals der Veräußerung nicht berücksichtigt werden. Unter demselben Datum wurde die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags aufgehoben. Weitere Änderungen des Einkommensteuerbescheids erfolgten aus hier nicht streitigen Gründen unter dem ... und ...
Mit dem Einspruch begehrte der Kläger den Abzug der Anschaffungskosten für die nicht ausgeübten Optionen als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 23 EStG 2006. Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom ... zurück. Nach den vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellten Grundsätzen in seinem Beschluss vom 13. Januar 2010 IX B 110/09, BFH/NV 2010, 869 und seinem Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 69/07, BFH/NV 2009, 152 sei der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 nur dann erfüllt, wenn der Optionsinhaber durch Beendigung des erworbenen Rechts tatsächlich einen Differenzausgleich erlange, d.h. das Basisgeschäft durchführe. Das Verfallenlassen erworbener Optionen erfülle ebenso wie der Eintritt der sog. Knock-out-Schwelle vor Erreichen der Fälligkeit nicht diesen Tatbestand.
Der Kläger hat Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 12 K ... geführt wurde. Er habe stets die Absicht gehabt, in Erwartung der von ihm prognostizierten Preis- und Kursentwicklungen der Basiswerte mit den Knock-out-Produkten Gewinne im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG 2006 zu erzielen. Die Tatsache, dass sich die Aufwendungen für einige Produkte als Fehlinvestitionen erwiesen hätten, schlösse deren Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 2 EStG 2006 nicht aus.
Auf Antrag der Beteiligten ist mit Beschluss vom ... das Ruhen des Klageverfahrens bis zur Entscheidung des BFH im Verfahren IX R 50/09 angeordnet worden. Nach Ergehen des Urteils des BFH vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 wird das Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 12 K 421/13 fortgeführt.
Der BFH hat in seiner og. Entscheidung in ausdrücklicher Ergänzung seiner Urteile vom 17. April 2007 IX R 40/06, BStBl. II 2007, 608 und vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, BStBl. II 2008, 522 entschieden, das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil werde auch dann im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der (wertlosen) Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird. Der BFH behandelte im zugrundeliegenden Fall die Aufwendungen für die wertlos geworden Optionen steuermindernd als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Termingeschäften gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die hier streitigen Verluste nach der Entscheidung des BFH anzuerkennen seien. Indem der BFH für die steuerliche Anerkennung von Verlusten kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten des Steuerpflichtigen verlange, komme es nicht mehr darauf an, ob dieser die Option ausübe und dadurch einen negativen Differenzausgleich zu tragen habe oder ob er die Option verfallen lasse.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2006 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2006, beide in der Fassung des Einspruchsbescheids vom ... zu ändern und die Steuer sowie den verbleibenden Verlustvortrag unter Berücksichtigung eines Werbungskostenüberschusses aus verfallenen Optionsgeschäften (Knock-out-Produkte) in Höhe von 956.429 € festzusetzen bzw. festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Sachverhalt und die Höhe der Anschaffungskosten aller wertlos gewordener Produkte seien unstreitig. Die hier zu beurteilenden Zertifikate seien börsenrechtlich als Knock-out-Produkte eingestuft, die zur Spekulation auf steigende oder fallende Kurse angeboten würden und nach Ablauf einer bestimmten Zeit bei Überschreiten einer bestimmten Schwelle automatisch wertlos würden. Ein tatsächlicher Differenzausgleich werde nicht erlangt, da weder vom Recht auf Differenzausgleich Gebrauch gemacht werde noch ein Basisgeschäft zustande komme.
Die Entscheidung des BFH vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 sei ausdrücklich eine Weiterentwicklung und Ergänzung der Urteile vom 17. April 2007 IX R 40/06 und vom 13. Februar 2008 IX R 68/07. Dort sei es um den von einem Stillhalter zu leistenden Barausgleich gegangen bzw. um eine Prämie, die ein Stillhalter für die Optionseinräumung erhalte. Im Streitfall gelte die Rechtsprechung des BFH in seinem Urteil vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519, wonach derjenige, der eine Option verfallen lasse, nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfülle. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass das verfallene Recht auf Differenzausgleich steuerlich beachtlich sei. Es sollten nach dem Gesetzeswortlaut nur Termingeschäfte erfasst sein, bei denen der Optionsinhaber durch die Beendigung des erworbenen Rechts auf Differenzausgleich tatsächlich einen Differenzausgleich erlange (Geldbetrag oder Vorteil). Den Tatbestand der genannten Vorschrift erfüllten nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhten. Beim Verfall der Option erlange der Optionsinhaber indes tatsächlich nichts. Es liege sonach kein Veräußerungsgeschäft vor. Weiterhin gälten die Grundsätze des Beschlusses des BFH vom 24. April 2012 IX B 154/10, BStBl. II 2012, 454. Bei Knock-out-Produkten bestehe bei Verfall auf Grund eines bestimmten Ereignisses gar keine Möglichkeit mehr, einen tatsächlichen negativen Differenzausgleich zu erhalten, denn der Anspruch auf einen Differenzausgleich sei bereits mit dem Knock-out-Ereignis verloren. Demzufolge sei das Urteil des BFH vom 26. September 2012 IX R 50/09 in derartigen Fällen nicht einschlägig.
Entscheidungsgründe
A.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angegriffenen Steuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das FA hat zu Recht die Anschaffungskosten für die hier streitigen Knock-out-Produkte nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 steuermindernd anerkannt. Insofern ist auch zu Recht ein verbleibender Verlustvortrag nicht festgestellt worden.
1.
Der Sachverhalt ist unstreitig. Bei den hier interessierenden Wertpapieren handelt es sich um Optionsscheine als sog. Knock-out-Produkte mit der Vertragsgestaltung des automatischen Verfalls bei Erreichen einer bestimmten Schwelle, bezogen auf den Basiswert. Da zwischen den Beteiligten Einigkeit sowohl hinsichtlich der Art der Wertpapiere als auch bezüglich der Höhe der von dem Kläger für die wertlos gewordenen Papiere aufgewendeten Anschaffungskosten besteht und sich aus den Akten, insbesondere den vom Kläger vorgelegten Unterlagen, nichts anderes ergibt, sieht das Gericht von weiteren Ausführungen zum Sachverhalt insoweit ab.
2.
Das FA durfte den Einkommensteuerbescheid gem. § 164 Abs. 2 AO ändern und den Verlustfeststellungsbescheid aufheben, denn beide ursprünglichen Bescheide vom ... waren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO ergangen.
3.
Materiell-rechtlich begegnen die angegriffenen Änderungsbescheide keinen rechtlichen Bedenken.
a)
Gem. § 22 Nr. 2 EStG 2006 gehören zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Im Streitfall ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Fassung anzuwenden, die die Vorschrift durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, 402) mit Wirkung vom 1. Januar 1999 erhalten hat und die für das Streitjahr noch galt. Gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 sind private Veräußerungsgeschäfte Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt (Satz 1). Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine gelten als Termingeschäfte im Sinne des Satzes 1 (Satz 2).
Unstreitig handelt es sich bei den vom Kläger erworbenen Knock-out-Produkten um derartige Termingeschäfte. Sämtliche hier interessierenden Knock-out-Produkte sind solche, die an Indices bzw. im Fall von X an einen Aktienkurs gekoppelt waren. Der Kläger hätte bei entsprechender Entwicklung der Basiswerte, dh. der Indices bzw. des Aktienkurses einen Anspruch auf einen Differenzausgleich gehabt. Die Produkte sind dagegen keine Zertifikate, die Aktien vertreten. Damit unterfallen die hier interessierenden Geschäfte des Klägers dem § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2006 (vgl. auch BFH-Beschluss vom 24. April 2012 IX B 154/10, BStBl. II 2012, 454; BFH-Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231, jew. mwN). Die einzelnen Geschäfte hatten jeweils Laufzeiten von deutlich weniger als einem Jahr.
b)
Obwohl es sich bei den fraglichen Knock-out-Produkten vom Grundsatz her um Termingeschäfte im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 handelt, stellt deren Verfall bei Erreichen einer bestimmten Schwelle kein privates Veräußerungsgeschäft dar. Der durch das Wertloswerden der Produkte eingetretene Verlust kann steuerlich nicht berücksichtigt werden.
aa)
Die Besonderheiten bei derartigen Geschäften bestehen nämlich nach deren Konzeption darin, dass der Inhaber der Termingeschäfte bei Eintritt einer bestimmten Bedingung - etwa Erreichen eines bestimmten Börsenkurses einer Ware oder eines bestimmten Kurswerts einer Währung (Basisgeschäft) - einen Wertausgleich entweder erhält oder zahlen muss (Differenzausgleich). Das Geschäft ist somit an die Entwicklung eines Basisgeschäfts gekoppelt; an der Durchführung des Basisgeschäfts selbst - etwa dem An- oder Verkauf einer Ware oder einer Fremdwährung - besteht von Vornherein kein Interesse und ist in dem Termingeschäft bzw. dem diesem zugrundeliegenden Vertrag auch nicht vorgesehen. Der Erfolg des Geschäfts hängt von der jeweiligen Vertragsgestaltung bzw. Ausgestaltung des Geschäfts, den Wertentwicklungen hinsichtlich des Basisgeschäfts sowie insbesondere von dem Spekulationsgeschick des Käufers des Produkts ab. Verläuft das Geschäft günstig, erhält der Spekulant den Differenzausgleich. Verläuft es ungünstig, muss er den Differenzausgleich zahlen oder das Produkt verfällt und wird damit wertlos.
Bei den hier streitigen Knock-out-Produkten besteht darüber hinaus die weitere Besonderheit, dass sie automatisch verfallen und durch den Verfall wertlos werden, wenn der Basiswert einen bestimmten Schwellenwert erreicht. Der Spekulant hat in diesen Fällen gar nicht die Möglichkeit darüber zu entscheiden, ob er das Geschäft - mit der Pflicht zur Zahlung eines Differenzausgleichs - durchführt oder es zur Vermeidung weiterer Aufwendungen verfallen lässt. Für den Fall, dass das Geschäft wegen Eintritts der Bedingung (Knock-out-Ereignis) vorzeitig endet, kann es auch nicht bei späterer, für den Spekulanten wieder günstigen Entwicklung des Basiswerts zu einem positiven Differenzausgleich kommen.
Aufgrund dieser weiteren Besonderheit ist der Verfall der Knock-out-Produkte nicht von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2006 umfasst. Das Gericht schließt sich insofern der vorliegenden Rechtsprechung des BFH zu der steuerlichen Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften mit positivem und negativem Differenzausgleich im Allgemeinen und aus Knock-out-Produkten im Besonderen an, der es - insbesondere in Ansehung des Wortlauts der für die Entscheidung maßgebenden Vorschrift - die Aussage entnimmt, bei dem Verfall von Knock-out-Produkten wegen Eintritt des Knock-out-Ereignisses komme die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten grundsätzlich nicht in Betracht.
bb)
Der BFH hatte sich in mehreren Entscheidungen mit der steuerlichen Erfassung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften für die Veranlagungszeiträume vor Einführung der Abgeltungssteuer mit Wirkung ab 1. Januar 2009, dh. unter Geltung des alten Rechts zu befassen.
(1)
Das BFH-Urteil vom 17. April 2007 IX R 40/06, BStBl. II 2007, 608, das im dem grundlegenden Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 genannt ist, erging zur sog. Stillhalterprämie, die dem Verkäufer einer Option gezahlt wird. Der BFH trennt mit Hinweis auf ältere Rechtsprechung zwischen Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft. Das die Stillhalterprämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (Glattstellung oder Basisgeschäft) bilden kein einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhält die Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Leistung, nämlich für seine vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, in Anspruch genommen zu werden. Er behält sie auch dann, wenn er aus der Option nicht in Anspruch genommen wird und ein Basisgeschäft nicht durchführen muss. Wer einem Anderen eine Option einräumt und dafür eine Prämie für die Bindung und die Risiken erhält, muss dieses Entgelt nach § 22 Nr. 3 EStG in der für das maßgebende Jahr 1999 geltenden Fassung versteuern. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 1999 erfasst dagegen nach seinem Wortlaut mit dem Termingeschäft einen näher bestimmten Differenzausgleich oder anderen Vorteil und setzte damit den Erwerb des dort umschriebenen Rechts voraus. Zu den Termingeschäften gehören nach dieser Vorschrift auch die Optionsgeschäfte. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 1999 betrifft nur die Geschäfte des Optionsinhabers; nur dessen Recht auf Durchführung des Optionsgeschäfts wird mit Ablauf, der Ausübung oder Glattstellung beendet.
Die Entscheidung gibt nach Auffassung des Gerichts für den hier zu entscheidenden Streitfall unmittelbar nichts her, weil es vorliegend nicht um die Besteuerung einer Stillhalterprämie geht. Indes macht der BFH deutlich, dass nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes in der maßgeblichen Fassung bei dem Käufer bzw. Inhaber einer Option durch Ablauf, Ausübung oder Glattstellung unter weiteren Voraussetzungen ein steuerbarer und steuerpflichtiger Vorgang ausgelöst wird.
(2)
Mit dem Urteil vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, BStBl. II 2008, 522, auf das ebenfalls im Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 hingewiesen wird, bestätigt der BFH seine Aussage zur Trennung von Eröffnungs- und Basisgeschäft und zur Besteuerung von Differenzgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der ab 1999 geltenden Fassung. Muss der Stillhalter das Basisgeschäft durchführen - so der BFH -, verwirklicht sich für ihn das Risiko der Spekulation. Gewinne und Verluste sind erst nach der Erfassung der Differenzgeschäfte durch die Neufassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung der Besteuerung unterworfen. Im Übrigen ist das Urteil zu dem vor 1999 geltenden Recht ergangen.
Auch diese Entscheidung betraf die Besteuerung auf der Seite des Stillhalters, trifft aber die generelle Aussage, dass nach dem ab 1999 geltenden Recht bei Leistung eines Differenzausgleichs - unter den gesetzlich bestimmten weiteren Voraussetzungen - ein steuerbarer und steuerpflichtiger Vorgang vorliegt.
(3)
In seinem Urteil vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519 hatte sich der BFH mit der Frage zu befassen, ob ein Steuerpflichtiger, der eine vom Grundsatz her von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasste Option verfallen lässt, den Verlust steuerlich geltend machen kann. Der BFH hat ausgeführt, Termingeschäfte im Sinne der genannten Vorschrift seien (nur) solche, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlange. Der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sei nur erfüllt, wenn der Optionsinhaber durch die Beendigung des erworbenen Rechts auf Differenzausgleich tatsächlich einen Differenzausgleich erlange, d.h. das Basisgeschäft durchführe, denn die Vorschrift erfasse nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhten. Hieran fehle es, wenn der Optionsinhaber von seinem Recht auf Differenzausgleich keinen Gebrauch mache und die Option verfallen lasse. Das erworbene Recht auf einen Differenzausgleich müsse innerhalb eines Jahres beendet sein. Für eine andere Auslegung der Vorschrift unter Hinweis auf das System des Einkommensteuerrechts oder den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bestehe angesichts ihres eindeutigen Wortlauts kein Raum.
Diese Entscheidung betraf Kaufoptionen, die der dortige Kläger bei Fälligkeit wegen Wertlosigkeit nicht ausgeübt, sondern verfallen lassen hatte und den Verlust als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus § 23 EStG angesetzt wissen wollte. Es ging nicht wie im Streitfall um Knock-out-Produkte. Der BFH hat eindeutig klargestellt, dass nach dem Wortlaut der anzuwendenden Vorschrift eine steuerliche Berücksichtigung von Gewinnen aus Optionsgeschäften nur in Betracht kommt, wenn der Optionsinhaber tatsächlich das Differenzgeschäft tätigt. Lässt der Optionsinhaber die Option verfallen, tätigt das Geschäft also nicht, ist der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der dort für 2000 geltenden Fassung nicht erfüllt. Damit knüpft der BFH ausdrücklich an den Wortlaut der Vorschrift an. Zwar führt er in diesem Zusammenhang aus, es müsse ein Differenzausgleich "erlangt" sein. Dies bedeutet aber nicht, es dürften generell nur Gewinne des Optionsinhabers - steuererhöhend - zu erfassen sein. Aus dem Kontext und dem zugrundeliegenden Sachverhalt heraus kann die Argumentation nur so zu verstehen sein, dass auch bei Durchführung eines Differenzgeschäfts, das zu einem für den Steuerpflichtigen negativen Differenzausgleich führt, ein Verlust - steuermindernd - angesetzt werden kann.
Die steuerliche Bedeutung von Verlusten bei Verfallenlassen von Optionen war auch Gegenstand der Entscheidung des BFH vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231. Trotz abweichender Rechtsprechung wurde das Urteil vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06 dort aber nicht erwähnt.
(4)
Der BFH bestätigt seine Rechtsprechung mit Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 69/07, BFH/NV 2009, 152, das in der Begründung unter Verweisung auf das Urteil vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519 dessen tragende Argumente wiederholt. Auch diese Entscheidung wird im Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 nicht erwähnt.
(5)
In seinem Beschluss vom 13. Januar 2010 IX B 110/09, BFH/NV 2010, 869 knüpft der BFH für die steuerliche Behandlung von Verlusten aus Knock-out-Geschäften an seine bisherige Rechtsprechung insbesondere durch Verweis auf die Urteile vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519 und vom 9. Oktober 2008 IX R 69/07, BFH/NV 2009, 152 an. Werde ein Terminkontrakt vor (End-)Fälligkeit durch bloße Überschreitung der sog. Knock-out-Schwelle wertlos, erfülle dies nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Die genannte Vorschrift erfasse nur Vorteile, die auf einem Basisgeschäft beruhten. Hieran fehle es, wenn der Optionsinhaber von seinem Recht auf Differenzausgleich keinen Gebrauch mache und die Option verfallen lasse. Bei vorzeitigem Verfall eines Knock-out-Produktes könne "ein Vorteil, der auf einem Termingeschäft beruht", nicht mehr erlangt werden. Ob der Wertverfall des Wertpapiers auf einem bewussten Auslaufenlassen der Laufzeit oder das Über- bzw. Unterschreiten der Knock-out-Schwelle beruhe, sei insoweit ohne Bedeutung.
Diese Entscheidung fügt sich für Verluste aus Knock-out-Produkten konsequent in die vorliegende Rechtsprechung des BFH ein, die für die steuerliche Erfassung von Gewinnen und Verlusten aus Optionsgeschäften in Ansehung des Gesetzeswortlauts auf die tatsächliche Erlangung eines positiven oder negativen Differenzausgleich abstellt.
(6)
In seinem Beschluss vom 24. April 2012 IX B 154/10, BStBl. II 2012, 454 weist der BFH besonders und mit näherer Begründung auf den Grundsatz der Rechtskontinuität hin. Der Käufer von Zertifikaten hatte nach Eintritt des Knock-out-Ereignisses diese nicht, wie nach der Vereinbarung möglich gewesen wäre, zum Rückkauf angeboten, sondern sie verfallen lassen. Er, der BFH, könne unerörtert lassen, ob es sich bei den fraglichen Zertifikaten um Termingeschäfte handele, denn jedenfalls durch das bloße Verfallenlassen, bei dem es nicht zu einer weiteren Zahlung gekommen sei, habe der dortige Antragsteller den Tatbestand des Termingeschäfts nicht erfüllt. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der für 2006 geltenden Fassung betreffe nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhten. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Knock-out-Zertifikats seien steuerrechtlich ohne Bedeutung, wenn der Erwerber das darin verbriefte Recht auf Differenzausgleich nicht innerhalb eines Jahres ausübe oder veräußere, sondern es aus welchen Gründen auch immer verfallen lasse. Mache der Anleger dagegen von seinem Recht auf Differenzausgleich innerhalb der Frist Gebrauch, sei das Ergebnis steuerbar.
Mit diesem Beschluss setzt der BFH mit ausdrücklichem Hinweis auf die Rechtskontinuität seine Rechtsprechung fort. Eine Differenzierung danach, ob eine Option ausgeübt werden kann (im zugrundeliegenden Fall bestand die Möglichkeit, den Rückkauf der Zertifikate durch den Verkäufer zu verlangen) oder bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses automatisch verfällt, trifft der BFH nicht. Das ist folgerichtig, weil er allein auf die tatsächliche Durchführung des Differenzausgleichs abstellt.
(7)
Mit seinem Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 weicht der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung ab bzw. entwickelt sie weiter. Der dortige Kläger hatte Verluste durch Nichtausübung von Kauf- und Verkaufsoptionen (keine Knock-out-Produkte) erzielt, die der BFH steuermindernd anerkannte.
Nach § 23 Abs. 3 Sätze 1 und 5 EStG in der für die Jahre 1999 und 2000 geltenden Fassung könnten Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nur abgezogen werden, als es zu einer Ausübung der Option oder zu einer Veräußerung (in den Fällen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder zu einem anderen steuerrechtlich bedeutsamen Beendigungstatbestand (in den Fällen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG) komme. Die Aufwendungen für die wertlos gewordenen Optionen seien aber als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Termingeschäften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen. Gem. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG sei der Gewinn oder Verlust bei einem Termingeschäft der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Werbungskosten. Das Recht werde beendigt, wenn es zu einem Differenzausgleich führe. Denn den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfülle nur, wer durch die Beendigung des erworbenen Rechts tatsächlich einen Differenzausgleich erlange; die Vorschrift erfasse nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhten. Dies könne geschehen, indem das Basisgeschäft durchgeführt werde und der aus dem Termingeschäft Verpflichtete die entsprechenden Basiswerte liefere. Komme es - wie bei Derivatgeschäften üblicherweise - nicht zu einem Basisgeschäft, werde das Termingeschäft zum Beispiel durch einen Barausgleich beendet. Dieser Barausgleich sei der Differenzausgleich im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Das Gesetz erfasse mit dem Barausgleich nicht nur eine positive Differenz, sondern folgerichtig auch eine negative Differenz als Verlust. Vorteil sei danach auch der Nachteil, soweit er auf dem Basisgeschäft beruhe. Werde eine Option wertlos, weil der Wert eines Bezugsobjekts oder einer sonstigen Referenzgröße zum Fälligkeitszeitpunkt vom festgelegten Betrag (dem Basiswert) negativ abweiche, beruhe dieser Nachteil (negativer Differenzausgleich) ebenso wie der entsprechende Vorteil (positiver Differenzausgleich) allein auf den Wertverhältnissen des Basisgeschäfts.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG steuerbar sei zunächst der (positive) Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil als Gewinn. Steuerbar sei folgerichtig aber auch eine negative Differenz oder ein Nachteil, so wie das Gesetz mit "Einnahmen" auch negative Einnahmen oder mit "Gewinn" den Verlust umfasse und wovon auch § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG ausgehe, wenn er den Verlust aus einem Termingeschäft im Kontext mit einem Differenzausgleich ausdrücklich hervorhebe. Werde eine Option indes nicht ausgeübt und - weil wertlos - von der Bank ausgebucht, bleibe das Termingeschäft zwar ohne Differenzausgleich im Basisgeschäft. Da aber auch eine negative Differenz steuerbar wäre, müsse es das Weniger - das Nichtausüben einer wirtschaftlich wertlosen Option - schon wegen des Gebots der Gleichbehandlung des Gleichartigen (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) ebenso sein, mit der Folge der Abziehbarkeit der Optionsprämien als Werbungskosten gemäß § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG. Das Gesetz verlange vom Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten, sondern besteuere ihn nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen sei aber um die aufgewandten Optionsprämien gemindert, unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einem steuerbaren negativen Differenzausgleich komme oder ob ein solcher von Vornherein vermieden werde, indem - als wirtschaftlich einzig sinnvolles Verhalten - die Option nicht ausgeübt werde. Dieser Nachteil beruhe ebenso wie der entsprechende Vorteil auf dem Basisgeschäft, denn er sei ausgelöst durch die Wertentwicklung des Bezugsobjekts im Zeitpunkt der Fälligkeit gegenüber dem Basiswert. Mithin werde das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil auch dann i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der Forderung aus dem Termingeschäft vermieden werde. Der Senat entwickele seine Rechtsprechung insbesondere mit den Urteilen vom 17. April 2007 IX R 40/09, BStBl. II 2007, 608 und vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, BStBl. II 2008, 522 in diesem Sinne fort.
Mit dieser Entscheidung zeigt der BFH zunächst seine bisherige Rechtsprechung auf, wonach eine steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nur in Betracht kommt, wenn tatsächlich ein negativer Differenzausgleich erlangt wird. Ferner weist er darauf hin, dass folgerichtig nicht nur Gewinne bei positivem Differenzausgleich, sondern auch Verluste bei negativem Differenzausgleich, beides nach Abzug von Werbungskosten, steuerbar sind. Neu ist nunmehr aber die Aussage, auch der durch Verfallenlassen einer wertlosen Option, d.h. durch Vermeidung eines negativen Differenzausgleichs entstandene Verlust sei steuerlich anzuerkennen. Die Entscheidung steht in diesem Punkt in Widerspruch zu den Urteilen vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519 und vom 9. Oktober 2008 IX R 69/07, BFH/NV 2009, 152 sowie zu den Beschlüssen vom 13. Januar 2010 IX B 110/09, BFH/NV 2010, 869 und vom 24. April 2012 IX B 154/10, BStBl. II 2012, 454. Das Gericht vermag die Argumentation des BFH nachzuvollziehen, denn wirtschaftlich betrachtet besteht zwischen der Zahlung eines negativen Differenzausgleichs zusätzlich zu den Anschaffungskosten der Optionen (bisher steuerliche Anerkennung des Verlustes) und der Vermeidung des negativen Differenzausgleich durch Verfallenlassen mit dem Zweck, den durch die Anschaffungskosten entstandenen Verlust nicht noch zu erhöhen (bisher keine Anerkennung des Verlustes), kein signifikanter Unterschied. Das Gebot der steuerlichen Gleichbehandlung wirtschaftlich gleicher Vorgänge und der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit rechtfertigen die neue Rechtsprechung. Allerdings ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum der BFH für den Hinweis auf die Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung im Hinblick auf die steuerlichen Folgen des Verfallenlassens einer Option "insbesondere" auf zwei Urteile hinweist, die sich in erster Linie mit den Einkünften eines Stillhalters befassen und nur generelle Aussagen zu der Steuerbarkeit des Differenzausgleichs beim Inhaber der Option treffen. Die Entscheidung berücksichtigt auch nicht den Hinweis auf die große Bedeutung der Rechtkontinuität in dem nur ca. 5 Monate zuvor ergangenen Beschluss vom 24. April 2012 IX B 154/10. Denn der BFH weicht mit dem Urteil vom 26. September 2012 von einem in mehreren Entscheidungen aufgestellten Grundsatz zur Nicht-Anerkennung von Verlusten aus Termingeschäften ab. Aus dem Urteil ist nicht ersichtlich, dass es sich bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt um einen Einzelfall handelt, der deshalb die bisherige Rechtsprechung nicht in Frage zu stellen vermag. Vielmehr lesen sich die Entscheidungsgründe sowohl vom Wortlaut als auch von der Argumentation her wie eine Grundsatzentscheidung.
In dem Urteil vom 26. September 2012 macht der BFH keine Aussage dazu, ob die neue Rechtsprechung auch für den Verfall von Knock-out-Produkten bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses anwendbar ist. Das war für die Entscheidung aber auch entbehrlich, weil sie keine solchen Geschäfte betrifft.
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Auf die Bedeutung der Rechtskontinuität hat der BFH auch in seinen Urteilen vom 11. Februar 2014 IX R 10/12, juris und IX R 46/12, juris (nicht amtlich veröffentlicht) zu der steuerlichen Anerkennung von Optionsgeschäften hingewiesen. Der Kontinuität der Rechtsprechung komme große Bedeutung zu; sie diene der von Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes umfassten Rechtssicherheit und könne nur aus wichtigem Grund aufgegeben werden. Es wäre nicht angemessen, eine jahrelange kontinuierliche Rechtsprechung, die zur Grundlage der ständigen Verwaltungspraxis geworden sei, nach Auslaufen des Rechts wieder in Frage zu stellen. Das würde mit Blick auf viele rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zu einer eklatant ungleichen steuerrechtlichen Behandlung führen.
Mit seinem Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 hat der BFH jedoch nach Änderung des Rechts zur Besteuerung von Kapitaleinkünften und Veräußerungsgewinnen aus Finanzgeschäften durch Einführung der Abgeltungssteuer mit Wirkung ab 2009 seine Rechtsprechung in einem maßgebenden Punkt geändert - Verluste bei Verfall von Optionen - geändert bzw. ergänzt.
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Das Gericht folgt grundsätzlich der Rechtsprechung des BFH, wie sie in dem Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 zum Ausdruck kommt, wenngleich sie in der Zusammenschau mit den weiter seit 2007 ergangenen und zuvor dargestellten Entscheidungen nicht stimmig ist. Der BFH stellt nicht hinreichend deutlich dar, wie er die neue Rechtsprechung mit der bisherigen in Einklang bringt. Er bezeichnet seine von einer jahrelangen Rechtsprechung in einem zentralen Punkt abweichende Entscheidung als Weiterentwicklung, ohne auf die vorliegenden einschlägigen Entscheidungen einzugehen. In anderen Entscheidungen betont er die Bedeutung der Rechtskontinuität, wahrt sie in dem hier interessierenden bedeutenden Punkt aber nicht. Trotz dieser Zweifel sind die Argumente in der Sache überzeugend.
Wenn das Gericht sich im zu entscheidenden Fall gleichwohl dem BFH nicht anschließt und die vom Kläger erwirtschafteten Verluste nicht anerkennt, beruht das auf dem abweichenden Sachverhalt. Der BFH hat keine Aussage dazu getroffen, ob er einen generellen Grundsatz zu Verlusten aus Finanzgeschäften aufstellt oder ob dieser nur für die von ihm zu beurteilenden Optionsgeschäfte gilt, bei dem der Inhaber zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheidet, ob der die Option ausübt oder verfallen lässt.
Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass das Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231 nicht auf Verluste aus Geschäften mit Knock-out-Produkten anwendbar ist. Die Besonderheiten dieser Optionen rechtfertigen und erfordern eine andere Entscheidung. Das beruht auf folgenden Gründen:
Für den BFH ist es aus Gründen der Gleichbehandlung für die Anerkennung von Verlusten aus Optionsgeschäften steuerlich ohne Bedeutung, ob der Optionsinhaber die Option ausübt und einen negativen Differenzausgleich zahlt oder die Option zur Vermeidung weiterer finanzieller Einbußen verfallen lässt. Das Gericht hat erwogen, diesen Gedanken auch auf Geschäfte mit Knock-out-Produkten anzuwenden, bei dem das Produkt bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses automatisch verfällt und damit wertlos ist. Denn es könnte keinen steuerlich beachtlichen Unterschied machen, ob nach der vertraglichen Ausgestaltung des Geschäfts und der konkreten Entwicklung des Basiswerts der Optionsinhaber entscheidet, die wertlose Option verfallen zu lassen, oder ob diese ohne Entscheidungsmöglichkeit verfällt. Beide Konstellationen könnten eine steuerliche Gleichbehandlung erfordern, weil der Optionsinhaber in beiden Fällen mit Anschaffungskosten belastet und keinem negativen Differenzausgleich ausgesetzt ist und gleichermaßen der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts von der Wertentwicklung im Basisgeschäft abhängt.
Maßgebend stellt der BFH darauf ab, dass das Gesetz dem Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten abverlangt. Ein Verlust wird auch anerkannt, wenn ein negativer Differenzausgleich von Vornherein durch das wirtschaftlich einzig sinnvolle Verhalten vermieden wird, indem die Option nicht ausgeübt wird. Die Entscheidung für die Leistung eines negativen Differenzausgleichs und die zur Vermeidung des negativen Differenzausgleichs werden gleichgestellt; im ersteren Fall wäre der anzuerkennende Verlust unter weiterer Berücksichtigung der Anschaffungskosten höher.
Bei Knock-out-Produkten hat der Optionsinhaber diese Entscheidungsmöglichkeiten nicht. Der Verlust realisiert sich bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses ohne sein Zutun. Auch auf den Eintritt des Ereignisses (zB Entwicklung des Börsenkurses) hat er keinen Einfluss. Die Chance des Verlustes ist in dem Produkt selbst angelegt. In vielen Fällen kommt es deshalb gar nicht erst zu einem Recht auf Differenzausgleich.
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 setzt voraus, dass der Steuerpflichtige mit einem Termingeschäft einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil "erlangt". In diesem Sinne hat der BFH mehrfach entschieden, indem er für die Anerkennung des Verlustes darauf abstellt, dass der Steuerpflichtige durch die Beendigung des erworbenen Rechts "tatsächlich einen Differenzausgleich erlangt hat". Das Gericht legt das Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BStBl. II 2013, 231, das diesen Grundsatz zunächst bestätigt, in seiner weiteren Begründung dahingehend aus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich eine Möglichkeit bzw. ein Recht zu einem - positiven oder negativen - Differenzausgleich erlangt haben muss und er eine Wahl im Sinne eines für ihn sinnvollen wirtschaftlichen Vorgehens darüber trifft, ob er sein Recht ausübt oder nicht. Bei verfallenen Knock-out-Produkten besteht wie ausgeführt diese Wahlmöglichkeit nicht, denn ein Differenzausgleich ist bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses von Vornherein ausgeschlossen. Das gilt jedenfalls für die im Streitfall betroffenen Optionsscheine. Es stellt sich für den Inhaber nicht die Frage nach einem sinnvollem oder sinnlosen wirtschaftlichen Verhalten. Die Entscheidung für ein aus seiner Sicht wirtschaftlich sinnvolles Geschäft hat er bereits mit Erwerb der Produkte mit ihrer konkreten Ausgestaltung und in Abwägung der Gewinn- und Verlustchancen getroffen.
Im Sinne der vom BFH betonten Rechtskontinuität, die auch das Gericht für beachtenswert hält, folgt es der langjährigen Rechtsprechung, wonach es für die Anerkennung von Verlusten aus Termingeschäften auf die tatsächliche Erlangung bzw. nach dem BFH der Möglichkeit der Erlangung eines Differenzausgleichs ankommt, die indes bei den hier in Rede stehenden Finanzprodukten bei Verfall von Vornherein ausgeschlossen war. Eine andere Entscheidung, nämlich den automatischen Verfall von Knock-out-Produkten und den willentlichen Verzicht auf negativen Differenzausgleich steuerlich gleich zu behandeln, würde sich deutlich vom Wortlaut des Gesetzes entfernen. Das Ergebnis, Gewinne aus erfolgreichen Knock-out-Produkten der Besteuerung zu unterwerfen, den Verlusten aus erfolglosen Produkten aber den Abzug zu verweigern, erscheint zwar nicht mit den Grundzügen des Steuerrechts vereinbar, ist aber in Ansehung des Wortlauts des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2006 und insbesondere der Besonderheiten von den im Streitfall zu beurteilenden Knock-out-Produkten hinnehmbar.
Das Gericht setzt sich mit dieser Wertung nicht in Widerspruch mit dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2013, 5 K 2444/12, EFG 2014, 763. Dort hatte der Kläger Verluste aus Finanzgeschäften erlitten, weil bei Eintritt der sog. Stopp-Loss-Schwelle eine vorzeitige Abrechnung für das Zertifikat mit seinem Restwert stattfand und diese Abrechnung zu einem Wert von 0 € führte; es verfiel nach der Vertragsgestaltung nicht zwingend als wertlos. Nach dem Knock-out-Zertifikat war die Stopp-Loss-Schwelle dem Knock-out-Ereignis vorgeschaltet. Nach näherer Begründung des Finanzgerichts hatte durch die Abrechnung ein Differenzausgleich tatsächlich stattgefunden, wenngleich dieser auf 0 € lautete; die Verluste wurden anerkannt. Im Streitfall fand dagegen keine Abrechnung oder sonst ein Ausgleich statt. Die Optionsscheine verfielen zwingend als wertlos.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)
C.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen möglicher Abweichung von der Rechtsprechung des BFH zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 FGO).