Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.01.2008, Az.: 16 K 76/06
Besteuerung von Einnahmen aus der Erteilung von Golf-Einzelunterricht durch einen Golfclub ; Maßnahme mit einem organisatorischen Ablauf und einem aus dem alltäglichen Betrieb herausgehobenen Anlass als Voraussetzung einer Veranstaltung im umsatzsteuerechtlichen Sinn; Steuerermäßigung für Leistungen für ausschließlich unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 03.01.2008
- Aktenzeichen
- 16 K 76/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 11226
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2008:0103.16K76.06.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 02.03.2011 - AZ: XI R 21/09
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 22 a) und b) UStG
- § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) UStG
Fundstellen
- DStR 2008, X Heft 24 (Kurzinformation)
- DStRE 2008, 1018-1019 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2008, 891-892 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- KÖSDI 2008, 16095-16096 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2008, 10
- StX 2008, 411
- Jurion-Abstract 2008, 228743 (Zusammenfassung)
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Erteilung von Golf-Einzelunterricht durch einen Golfclub ist weder umsatzsteuerfrei, noch unterliegt er dem ermäßigten Steuersatz
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob b steuerfrei sind.
Der Kläger ist ein Golfclub in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Auf dem Golfplatz dürfen nur diejenigen Personen spielen, die auf dem Platz selbst die Platzreife erworben haben bzw. die über einen Ausweis des Deutschen Golf Verbands verfügen.
U.a. beschäftigt der Kläger als Arbeitnehmer Golftrainer, die neben anderen Tätigkeiten Mitgliedern des Klägers Golfeinzelunterricht erteilten. Vereinnahmt wurde im Jahre 2000 hieraus ein Betrag von (brutto) 36.940,- DM. In seiner Umsatzsteuererklärung für 2000 behandelte der Kläger diese Umsätze als steuerfrei. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zunächst zu.
In der Zeit vom 25. Mai 2004 bis zum 23. Mai 2005 fand beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1999 - 2002 statt. Neben anderen nicht streitigen Feststellungen ging der Prüfer davon aus, dass der Golf-Einzelunterricht weder steuerbefreit sei, noch dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG unterliege. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 a UStG gelte nur für sportliche Veranstaltungen. Eine Veranstaltung in diesem Sinne setze eine organisatorische Maßnahme des Vereins voraus. An einer solchen organisatorischen Maßnahme fehle es aber im Falle des Einzelunterrichts. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes scheitere am Vorliegen eines Zweckbetriebes. Denn der Kläger stehe in Konkurrenz zu gewerblich tätigen Golftrainern. Die entsprechenden Umsätze des Klägers würden mithin mit dem Nettobetrag der Umsatzsteuer unterliegen.
Entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung erging unter dem Datum des 13. Juni 2005 ein nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Umsatzsteuerbescheid für 2000. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Umsätze für den Golfeinzelunterricht nach Art. 13 A Abs. 1 m) und o) 6. EG-Richtlinie steuerbefreit seien. Von der Ermächtigung zur Beschränkung der Steuerbefreiung nach Art. 13 A Abs. 2 a) 6. EG-Richtlinie habe Deutschland keinen Gebrauch gemacht. Ebenfalls liege kein Ausnahmetatbestand nach Art. 13 A Abs. 2 b) 6. EG-Richtlinie vor. Die Erteilung des Golfunterrichts sei eine im Vergleich zu den sonstigen Tätigkeiten des Klägers unwesentliche Tätigkeit, die nicht dazu bestimmt sei, dem Kläger "im wesentlichen" zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Auch würde der Kläger mit dem Unterricht nicht in unmittelbarem Wettbewerb mit der Umsatzsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen stehen. Bezogen auf Art. 13 A Abs. 1 o) 6. EG-Richtlinie führe die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, weil der Kläger nur ein regionaler Anbieter sei. Der Kläger könne sich auf die für ihn günstigen Vorschriften der 6. EG-Richtlinie unmittelbar berufen.
Schließlich sei auch § 4 Nr. 22 a) UStG einschlägig. Sportunterricht sei eine Veranstaltung belehrender Art. Eine Unterscheidung zwischen Einzel- und Gruppenunterricht sehe § 4 Nr. 22 a) UStG nicht vor. Diese würde auch dem gesetzgeberischen Ziel zuwiderlaufen, bildenden Unterricht zu fördern.
Nicht zutreffend sei zudem die Auffassung des Beklagten, dass eine Veranstaltung belehrender Art nur vorliege, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 b) UStG vorliegen würden. Eine "sportliche Veranstaltung" werde von § 4 Nr. 22 a) UStG nicht gefordert. Richtig sei zwar die Aussage des Beklagten, dass ein Sportunterricht steuerfrei sei, den ein Sportverein im Rahmen eines Zweckbetriebes im Sinne des § 67 a AO ausführe. Daraus lasse sich aber nicht der Umkehrschluss ziehen, dass Sportunterricht, der nicht unter § 67 a AO falle, nicht steuerbefreit sei.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer für das Streitjahr insoweit herabzusetzen, als die steuerpflichtigen Umsätze, die bisher im Umfang von 36.940,- DM (brutto) enthalten sind, aus der Steuerfestsetzung herausgenommen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Golfeinzelunterricht nicht nach Art. 13 A Abs. 1 m) 6. EG-Richtlinie steuerbefreit sei, weil er dazu bestimmt sei, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen stünden. Bei anderen Golfclubs in der Region Nordwest seien teilweise selbständige Golflehrer beschäftigt, die umsatzsteuerlich geführt würden und umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausführten. Zudem sei der Unterricht im wesentlichen darauf ausgerichtet, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, weil über den Golfunterricht die Mitglieder die Platzreife erlangen würden. Der Golfunterricht sei insofern wesentliche Voraussetzung für die Gewinnung neuer Mitglieder für den Golfclub und damit auch für Erlangung zusätzlicher Aufnahme- und Mitgliedsgebühren.
Art. 13 A Abs. 1 o) 6. EG-Richtlinie gelte nur bei einer Veranstaltung, nicht aber bei einer Dienstleistung wie Golfeinzelunterricht.
Im ideellen Bereich werde bei gemeinnützigen Vereinen generell auf die Förderung der Allgemeinheit abgestellt. Daraus ergebe sich systematisch ein Zusammenhang der Veranstaltung mit einer Mehr- oder Vielzahl von Mitgliedern und nicht einer einzelnen Person. Auch in der Kommentierung werde die Auffassung vertreten, dass die Erteilung von Sportunterricht nur nach § 4 Nr. 22 a) UStG befreit sei, soweit diese Tätigkeit im Rahmen eines Zweckbetriebs erfolge.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die mit dem Golf-Einzelunterricht erzielten Umsätze sind steuerpflichtig und unterliegen dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer von 16 v.H.
I.
Die Umsätze sind nicht steuerbefreit.
1.
Eine Steuerbefreiung der Umsätze ergibt sich nicht aus dem nationalen Umsatzsteuergesetz. Steuerbefreit sind gem. § 4 Nr. 22 a) und b) UStG die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden sowie andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht.
§ 4 Nr. 22 a) und b) UStG setzen damit jeweils die Durchführung einer "Veranstaltung" voraus. Eine Veranstaltung setzt eine Maßnahme mit einem organisatorischen Ablauf und einem aus dem alltäglichen Betrieb herausgehobenen Anlass voraus (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, § 67 a Rz 42). Die untere Grenze einer Veranstaltung wird unterschritten, wenn sich die Maßnahme auf Sonderleistungen für einzelne Personen beschränkt (BFH Urteil vom 25. Juli 1996 V R 7/95, BStBl. II 1997, 154). Trainiert ein Verein durch einen hierfür angestellten Trainer einzelne Mitglieder, dann ist dies eine Dienstleistung, aber keine Veranstaltung (Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, § 4 Nr. 22 Rz 31; BFH Urteil vom 25. Juli 1996, a.a.O.). Da sich hier der Golfunterricht nur an Einzelpersonen richtet, stellt er keine Veranstaltung im Sinne des § 4 Nr. 22 UStG dar.
2.
Die Umsätze aus der Durchführung von Golf-Einzelunterricht sind auch nicht aufgrund einer Regelung in der 6. EG-Richtlinie steuerbefreit. Nach Art. 13 A Abs. 1 m) 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben.
Ausgeschlossen von der Steuerbefreiung sind jedoch gem. Art. 13 A Abs. 2 b) 6. EG-Richtlinie Dienstleistungen, die zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind und die im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
An dieser Ausnahmeregelung scheitert im Streitfall die Steuerfreiheit. Denn der Kläger steht mit der Erteilung des Golf-Einzelunterrichts in unmittelbarem Wettbewerb zu Anbietern von Golfunterricht, deren Umsätze nicht steuerbefreit sind. Eine Internetrecherche zum Stichwort "Golfunterricht" zeigt, dass Golfunterricht durch eine Vielzahl sowohl selbständiger Golftrainer als auch anderer kommerzieller Veranstalter angeboten wird, für die die Begünstigungsvorschrift nicht zur Anwendung kommt, weil sie die Erzielung von Gewinnen anstreben. Dieser Unterricht wird für Mitglieder des eigenen Clubs als auch für Mitglieder anderer Golfvereine angeboten. Soweit der Kläger vorträgt, dass die Golfclubs zwar gegenwärtig den Golfunterricht durch selbständige Golftrainer anbieten, noch nicht aber in der Vergangenheit, kann der Senat dies nicht feststellen; aus ins Internet gestellten Lebensläufen von Golftrainern lässt sich ersehen, dass einige schon seit längerer Zeit selbständig tätig sind (z.B. ...). Der Senat hält zudem den Einwand des Klägers nicht für durchgreifend, der auf Hotelanlagen u.Ä. erteilte Golfunterricht stehe nicht in Konkurrenz mit dem von ihm angebotenen Golf-Einzelunterricht, weil das Golfspiel auf seiner Anlage voraussetze, dass der Spieler die Platzreife durch die Teilnahme an dem von ihm angebotenen Einzelunterricht oder die Vorlage eines DGV-Ausweises belege und die Teilnehmer der genannten Kurse deshalb gar nicht auf seiner Anlage spielen dürften. Auch wenn dies so sein sollte, wird ein Neumitglied des Clubs, dass über einen kommerziellen Anbieter bereits fundierte Grundkenntnisse des Golfspiels erworben hat, zur Erlangung der Platzreife deutlich weniger Trainerstunden benötigen als ein Anfänger, der die Kurse des Klägers belegt. Da somit die Teilnahme an den kommerziellen Kursen einen Teil der vom Kläger angebotenen Trainerstunden faktisch ersetzen kann, besteht eine Konkurrenzsituation.
Eine Steuerbefreiung ergibt sich auch nicht aus Art. 13 A Abs. 1 o) 6. EG-Richtlinie, weil auch diese Vorschrift voraussetzt, dass es zu keiner Wettbewerbsverzerrung kommt, was, wie dargelegt, bei Befreiung des Golf-Einzelunterrichts der Fall wäre.
II.
Die Umsätze werden nicht gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) UStG ermäßigt besteuert.
Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ausgeführt werden. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist definiert als selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; die Absicht Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 14 AO)
Schließt das Gesetz - wie hier § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) Satz 2 UStG - die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, so verliert die Körperschaft nach § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen, soweit der wirtschaftliche Betrieb kein Zweckbetrieb ist.
Der Kläger hat mit dem Golf-Einzelunterricht selbständig und nachhaltig Einnahmen erzielt; die Tätigkeit stellt mithin einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Dieser wird nicht begünstigt, weil es sich nicht um einen Zweckbetrieb handelt.
1.
Ein Zweckbetrieb ist nach § 65 AO gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigen satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigen Zwecke unvermeidbar ist.
Wie bereits unter I.2. ausgeführt, tritt der Kläger mit der Erteilung des Golf-Einzelunterrichts mit nicht gemeinnützigen und damit nicht begünstigten Anbietern in Konkurrenz. Diese Konkurrenz ist auch nicht unvermeidbar, um den steuerbegünstigten Zweck - die Förderung des Golfsports - zu erreichen. Denn der Kläger kann die Nachwuchsförderung - wie es nach seinem Vortrag in späteren Jahren tatsächlich gehandhabt wurde - auch durch Öffnung seines Platzes für selbständige Golftrainer erreichen, denen er die Interessenten vermittelt.
2.
Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind gem. § 67 a Abs. 1 UStG ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 60.000,- DM im Jahr nicht übersteigen. Der Begriff der Veranstaltung entspricht jenem in § 4 Nr. 22 UStG. Da der Kläger mit der Erteilung des Golf-Einzelunterrichts aus den unter I.1. genannten Gründen keine Veranstaltung durchführt, erzielt er die streitigen Umsätze auch nicht nach § 67 a UStG im Rahmen eines Zweckbetriebs.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.