Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 17.01.2011, Az.: AGH 16/10 (II 14)
Bibliographie
- Gericht
- AGH Niedersachsen
- Datum
- 17.01.2011
- Aktenzeichen
- AGH 16/10 (II 14)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 45306
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
3. Der Geschäftswert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der am …19.. geborene Kläger ist seit dem 25.04.1994 zur Rechtsanwaltschaft bei dem Amts- und Landgericht O. zugelassen. Mit Urkunde der Beklagten vom 08.12.1997 wurde dem Kläger gestattet, die Bezeichnung Fachanwalt für Strafrecht zu führen.
Seit dem Jahr 2004 wurden gegen den Kläger wiederholt Schuldtitel erwirkt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet.
Letztlich widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 30.06.2010, der dem Kläger am 01.07.2010 zugestellt wurde (Blatt 198 der Personalakte), die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls (Blatt 188 ff. der Personalakte). Die Beklagte stützt ihren Widerrufsbescheid im Wesentlichen auf folgenden Sachverhalt:
1. Mit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 19.10.2009 pfändete das Finanzamt O. Ansprüche des Klägers gegenüber der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen (RVN) wegen Steuerforderungen des Landes Niedersachsen in Höhe von 168.773,70 € (Blatt 253 ff. der Beiakten). Darüber hinaus teilte die Oberfinanzdirektion H. der Beklagten mit Schreiben vom 01.12.2009 mit, dass das Finanzamt W. gegen den Kläger wegen Steuerrückständen in Höhe von insgesamt 36.043,55 € die Vollstreckung betreibe (Blatt 255 der Beiakten). Das Finanzamt W. teilte der Beklagten darüber hinaus mit Schreiben vom 25.11.2009 mit, dass es bereits am 24.10.2007 eine Pfändung in das bewegliche Vermögen des Klägers ausgebracht habe, der Wert der gepfändeten Gegenstände jedoch nicht annähernd die bestehenden Verbindlichkeiten gedeckt habe. Diverse Forderungspfändungen seien erfolglos geblieben. Freiwillige Zahlungen seien in 2009 nicht erfolgt, Ratenzahlungsvereinbarungen hätten nicht getroffen werden können, da der Kläger durch sein bisheriges steuerliches Verhalten die Voraussetzungen nicht erfülle (Blatt 127 ff. der Personalakte).
Nach einer Forderungsaufstellung des Finanzamtes O. vom 25.11.2009 beliefen sich die dortigen Steuerrückstände des Klägers zu diesem Zeitpunkt auf 176.717,11 €. Eine weitere Forderungsaufstellung des Finanzamtes O. zu den Betriebssteuern des Klägers wies zu diesem Zeitpunkt eine Forderung in Höhe von 30.198,27 € aus (Blatt 131 ff. der Personalakte).
Der von der Beklagten mehrfach zu diesen Steuerrückständen und anderen Verbindlichkeiten angehörte Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.01.2010 mit, dass die Aufstellung der Steuerrückstände der Finanzämter O. und W. nicht aktuell sei. Er habe an das Finanzamt O. zwischenzeitlich einen Betrag in Höhe von 30.000,00 € und an das Finanzamt W. einen Betrag in Höhe von 6.000,00 € gezahlt. Im Übrigen sei er bemüht, eine Teilzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt O. zu treffen. Die Forderung des Finanzamtes W. sei nach einem Einspruch um 10.000,00 € reduziert worden und noch nicht rechtskräftig (Blatt 144 ff. der Personalakte).
Trotz Aufforderung durch die Beklagte, u. a. diese Zahlungen und ggf. eine mit dem Finanzamt O. getroffene Teilzahlungsvereinbarung durch Vorlage entsprechender Urkunden nachzuweisen (Blatt 147 f. der Personalakte), legte der Kläger weder Kontoauszüge noch eine Teilzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt O. vor. Mit Schreiben vom 04.05.2010 überreichte der Kläger nur eine Umbuchungsmitteilung des Finanzamtes O. vom 30.03.2010, nach der auf Einkommensteuer 1999 Zinsen in Höhe von 5.585,31 € umgebucht wurden (Blatt 184 der Personalakte). Hinsichtlich der Forderung des Finanzamtes W. teilte der Kläger mit, dass er auf diese Forderung zwischenzeitlich Zahlungen in Höhe von 8.000,00 € geleistet habe, die nicht berücksichtigt wurden. Er habe eine aktuelle Aufstellung beim Finanzamt W. angefordert und es werde derzeit eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen (Blatt 177 ff. der Personalakte). Weitere Belege für die vom Kläger behaupteten Zahlungen oder für die von ihm angekündigte Teilzahlungsvereinbarung wurden von ihm nicht vorgelegt.
2. Am 21.04.2010 wurde die Beklagte über den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in der Zwangsvollstreckungsangelegenheit der Frau S. D. aus dem Urteil des Oberlandesgerichts O. vom 17.12.2009 (14 U 57/09), dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts O. (2 O 3237/08) vom 28.01.2010 und dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts O. (2 O 3237/08) vom 27.02.2010 wegen einer Gesamtforderung in Höhe von 236.168,72 € in die gesetzlichen Vergütungsansprüche des Klägers gegenüber dem Land Niedersachsen infolge etwaiger Beiordnungen als Pflichtverteidiger informiert (Blatt 303 ff. der Beiakten).
Der Kläger teilte zu dieser Forderung in seiner Stellungnahme vom 04.05.2010 mit, dass zu berücksichtigen sei, dass ein Gegenwert (vermietetes Zweifamilienhaus) vorhanden sei, es sich also nicht um einen reinen Zahlungsanspruch handele. Es sei geplant, dass das Objekt durch einen anderen Verkäufer übernommen werde. Er kündigte an, Nachweise unverzüglich nachzureichen (Blatt 177 ff. der Personalakte). Die angekündigten Nachweise wurden nicht nachgereicht, weitere Einlassungen des Klägers zu dieser Frage erfolgten nicht.
3. Bereits am 23.03.2009 war die Beklagte über den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen einer Forderung des Herrn B. E., Juist, aus einem vollstreckbaren Vergleich des Amtsgerichts N. vom 09.01.2009 (Aktenzeichen: 5 C 424/08) wegen einer Forderung von 6.000,00 € zuzüglich Kosten und Zinsen informiert worden. Gepfändet wurden die Ansprüche des Klägers gegen die O. L.bank aus dem Konto Nr. 1423876000 sowie etwaige weitere dort geführte Konten (Blatt 196 ff. der Beiakten).
Der Kläger teilte hierzu zunächst mit Schreiben vom 15.05.2009 (Blatt 104 f. der Personalakte) mit, dass es sich bei dem gepfändeten Konto um ein altes Sozietätskonto handele, das von ihm seit geraumer Zeit nicht mehr genutzt werde. Mit Schreiben vom 14.07.2009 teilte der Kläger mit, dass die Zwangsvollstreckung offenbar derzeit ausgesetzt sei (Blatt 116 f. der Personalakte). Mit Schreiben vom 15.01.2010 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu diesem Thema, dass er seit September 2009 monatliche Raten in Höhe von 800,00 € gezahlt habe und die Ratenzahlung im März 2010 enden werde (Blatt 144 ff. der Personalakte). Mit Schreiben vom 04.05.2010 teilte der Kläger wiederum mit, dass u. a. in der Angelegenheit E. regelmäßig Raten von ihm gezahlt würden und die Ratenzahlungen im Juni/Juli 2010 enden würden. Ein Nachweis über die geleisteten Ratenzahlungen und die mit dem Gläubiger getroffene Ratenzahlungsvereinbarung wurde vom Kläger nicht vorgelegt.
4. Am 22.06.2010 wurde die Beklagte durch Herrn OGV M. über einen bei ihm eingegangenen Zwangsvollstreckungsauftrag des Steuerberaters B. gegen den Kläger wegen einer Forderung in Höhe von 6.172,98 € (inklusive Nebenforderungen) aus einem Urteil des Amtsgerichts C. vom 22.03.2010 (Aktenzeichen: 21 C 46/09) informiert Blatt 317 f. der Beiakten).
5. Ebenfalls am 22.06.2010 wurde die Beklagte durch Herrn OGV M. über einen bei ihm eingegangenen Zwangsvollstreckungsauftrag der Frau D. H. als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder A. und F. H. gegen den Kläger über eine Gesamtforderung in Höhe von 10.251,32 € (inklusive Nebenkosten und Zinsen) aus einem Urteil des Amtsgerichts O. vom 18.02.2003 (Aktenzeichen: 64 F 173/02 UK) informiert (Blatt 319 f. der Beiakten).
6. Bereits am 18.05.2009 war die Beklagte durch Herrn OGV M. über einen Zwangsvollstreckungsauftrag des Niedersächsischen Landesamtes für Bezüge und Versorgung aus einer Vollstreckungsverfügung vom 15.04.2009 über eine Forderung in Höhe von 469,50 € informiert worden. Die Zwangsvollstreckung in den Büroräumen des Klägers war erfolglos verlaufen (Blatt 202 f. der Beiakten).
7. Ebenfalls am 18.05.2009 hatte Herr OGV M. die Beklagte über eine Zwangsvollstreckung des Herrn J. B., F., aus einem Urteil des Landgerichts O. vom 15.01.2009 (Aktenzeichen: 4 O 3269/08) über eine Forderung in Höhe von 5.255,69 € (inklusive Zinsen) informiert, die ebenfalls anlässlich der Vollstreckung in den Büroräumen des Klägers erfolglos geblieben war (Blatt 204 der Beiakten).
Der Kläger teilte hierzu mit Schreiben vom 14.07.2009 der Beklagten zunächst mit, dass die Zwangsvollstreckung nicht weiterbetrieben werde (Blatt 116 der Personalakte). Mit Schreiben vom 15.01.2010 teilte der Kläger mit, dass die von Herrn B. gerichtlich geltend gemachten Forderungen getilgt worden seien (Blatt 144 der Personalakte). Mit Schreiben vom 10.02.2010 überreichte der Kläger dagegen eine Forderungsaufstellung (Blatt 153 f. der Personalakte), aus der sich zum einen wiederholte Ratenzahlungen des Klägers, zum anderen aber zum Stichtag 04.02.2010 noch eine offenstehende Restforderung in Höhe von 4.550,24 € ergibt.
8. Des weiteren bezieht sich die Beklagte darauf, dass gegen den Beklagten in einer Reihe weiterer Angelegenheiten die Zwangsvollstreckung betrieben wurde und die entsprechenden Forderungen durch den Beklagten erst geraume Zeit nach Einleitung der Zwangsvollstreckung ausgeglichen wurden. Hier verweist die Beklagte insbesondere auf eine Forderung des Verlages K. und W. GmbH in O. über 790,64 € nebst Zinsen und Kosten aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts U. vom 30.10.2008, die vom Kläger erst nach einem erfolglos verlaufenen Vollstreckungsversuch in seinen Kanzleiräumen am 23.04.2009 gezahlt wurde. Des weiteren verweist die Beklagte auf einen von dem Notar A. S. in O. vom 25.02.2009 erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgrund einer vollstreckbaren Kostenrechnung vom 14.01.2009 (Aktenzeichen des Notar S., O.: 591-08/1) über eine Forderung in Höhe von 1.297,88 € zuzüglich Zinsen und Kosten (Blatt 193 f. der Beiakte), die vom Kläger erst am 04.09.2009 erledigt wurde (Blatt 177, 181 f. der Personalakte).
9. Schließlich bezieht sich die Beklagte zur Begründung ihres Widerrufsbescheides auch noch darauf, dass gegen den Kläger weitere noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Klageverfahren anhängig sind. Sie verweist hierzu auf
- eine Klage des Herrn Rechtsanwalts H. G. vor dem Landgericht O. auf Zahlung von 73.499,39 € nebst Zinsen (Aktenzeichen: 2 O 3546/09), mit der eine Forderung aus einer Sozietätsauseinandersetzung gegenüber dem Kläger geltend gemacht wird (Blatt 271 ff. der Beiakten);
- ein Urteil des Landgerichts O. vom 09.03.2010 (Geschäfts-Nr. 16 O 2328/09), mit dem der H. C. GmbH eine Klageforderung in Höhe von 6.265,00 € zuzüglich Zinsen gegen den Kläger zugesprochen wurde. In diesem Verfahren geht es um die Rückzahlung von Geldern, die der Kläger als früherer Prozessbevollmächtigter der H. C. GmbH für diese in Empfang genommen hatte (Blatt 294 ff. der Personalakte). Der Kläger hat nach seiner Aussage gegen dieses Urteil Berufung eingelegt (Blatt 178 der Personalakte).
- eine gegen den Kläger von der Staatsanwaltschaft O. am 12.12.2009 vor dem Amtsgericht O. wegen versuchten Betruges im Zusammenhang mit seiner anwaltlichen Tätigkeit erhobenen Anklage und darüber hinaus eine durch die Staatsanwaltschaft O. am 10.05.2010 (Aktenzeichen: 240 Js 18686/09) gegen den Kläger mit der Anschuldigung der Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflichten erhobene Anklage.
Als Reaktion auf die wiederholten Aufforderungen der Beklagten, seine Vermögensverhältnisse detailliert unter Vorlage entsprechender Nachweise darzulegen, teilte der Kläger mit Schreiben vom 15.01.2010 mit, dass er neben seinen Einkünften aus anwaltlicher Tätigkeit Einkünfte aus Dozententätigkeit (für 2010 rund 30.000,00 €) beziehe. Seine Unterhaltspflichten bezifferte er mit ca. 1.050,00 € monatlich, seine privaten Mietaufwendungen mit 905,00 € monatlich (inklusive Nebenkosten). Weiter verwies der Kläger darauf, dass sein Pkw mit einen monatlichen Betrag in Höhe von 487,00 € finanziert sei. Weder sein Geschäftskonto noch sein Privatkonto seien überzogen. In der Kanzlei beschäftige er eine Vollzeitangestellte mit einem Bruttogehalt von 2.200,00 €, die Büromiete betrage monatlich inklusive Nebenkosten 1.300,00 € brutto und es bestünden vier Rentenversicherungen sowie eine „klassische Lebensversicherung“ (Blatt 144 ff. der Personalakte). Nachweise wurden hierzu vom Kläger nicht vorgelegt.
Gegen den ihm am 01.07.2010 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 30.07.2010 bei dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof Klage erhoben und angekündigt, die Klage in einem gesonderten Schriftsatz zu begründen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.06.2010 aufzuheben.
Eine Klagebegründung ist durch den Kläger trotz Aufforderung durch den Senat unter Fristsetzung bis zum 31.10.2010 bisher nicht erfolgt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt ihres Widerrufsbescheides.
Darüber hinaus ist die Beklagte zwischenzeitlich über weitere Klagen und Vollstreckungsverfahren gegen den Kläger informiert worden. Es handelt sich dabei um folgende Vorgänge:
10. Die R. Rechtsschutzversicherung macht gegenüber dem Kläger vor dem Amtsgericht O. (Aktenzeichen: 6 C 6129/10) mit einer Klagebegründung vom 11.06.2010 eine Forderung in Höhe von 2.901,95 € zuzüglich Zinsen und Kosten geltend. Zur Begründung dieser Forderung beruft sich die R. Rechtsschutzversicherung darauf, dass der Kläger in fünf unterschiedlichen Angelegenheiten Kostenvorschusszahlungen von der R. Rechtsschutzversicherung erhalten habe, die die tatsächlich angefallenen Kosten übersteigen und die übersteigenden Beträge durch den Kläger bisher nicht zurückgezahlt wurden (Blatt 321 ff. der Beiakten).
11. Herr S. O. macht in einem Klageverfahren vor dem Amtsgericht O. (Aktenzeichen: 1 C 1199/10) gegenüber dem Kläger mit einer Anspruchsbegründung vom 20.07.2010 eine Zahlungsforderung in Höhe von 2.975,00 € zuzüglich Zinsen und Kosten geltend. Zur Begründung der Forderung verweist Herr O. darauf, dass der Kläger einen von ihm für eine Strafverteidigung gezahlten Kostenvorschuss nach Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die Verteidigung durch die Staatskasse nicht an ihn zurückgezahlt habe (Blatt 132 ff. der Beiakten).
12. Die B. G. informierte die Beklagte mit Schreiben vom 29.07.2010 darüber, dass die von ihr eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Beitragsrückständen für die bei dem Kläger beschäftigten und bei der B. G. versicherten Mitarbeiter erfolglos verlaufen sei. Der Beitragsrückstand betrage inklusive der angefallenen Gebühren und Säumniszuschläge für die Beitragsmonate September 2009 bis Juni 2010 10.941,57 €. Die letzte Zahlung durch den Kläger sei am 08.09.2009 erfolgt (Blatt 338 f. der Beiakten).
13. Mit Schreiben vom 03.08.2010 teilte Herr OGV M. der Beklagten mit, dass bei ihm ein Zwangsvollstreckungsauftrag der D. eG gegen den Kläger aus einem Vollstreckungsbescheid des AG C. vom 06.07.2010 (Aktenzeichen: 10-7364036-0-0) über eine Forderung in Höhe von 730,67 € zuzüglich Zinsen und Kosten eingegangen sei (Blatt 143 f. der Beiakten).
zu 1. Mit Schreiben vom 05.08.2010 teilte die Oberfinanzdirektion Niedersachsen der Beklagten mit, dass sich die in der Vollstreckung befindlichen Steuerrückstände des Klägers bei dem Finanzamt O. auf insgesamt 52.467,47 € sowie bei dem Finanzamt W. auf 48.828,03 € belaufen. In diesen Steuerrückständen sind nicht die weiteren Rückstände des Klägers zur Einkommensteuer 1999, 2002, 2004, 2005 und 2006 enthalten, die ausweislich eines Aufteilungsbescheides auf den Kläger entfallen.
Weiter teilte die Oberfinanzdirektion Niedersachsen in diesem Schreiben mit, dass das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen O. gegen den Kläger am 05.02.2010 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer für Januar 2008, April 2008, Juli 2008 bis April 2009 und Juni 2009 bis Dezember 2009 eingeleitet hat. Dem Kläger wird die Nichtabgabe der gebotenen Umsatzsteuervoranmeldungen vorgeworfen (Blatt 343 ff. der Beiakten).
14. Schließlich wurde der Kläger zusätzlich zu den im Widerrufsbescheid der Beklagten aufgeführten, noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren mit einem Urteil des Landgerichts O. vom 27.04.2010 (Geschäftsnummer: 16 O 2860/09) verurteilt, an Herrn B., M., einen Betrag in Höhe von 20.560,10 € zuzüglich Zinsen und Kosten zu zahlen. Herr B. hat mit dieser Klage gegenüber dem Kläger als seinem vormaligen Prozessbevollmächtigten die Auszahlung der von ihm vereinnahmten Zahlungen von zwei Lebensversicherungen des Herrn A. B. geltend gemacht (Blatt 309 ff. der Beiakten). Der Kläger hat Berufung gegen dieses Urteil beim Oberlandesgericht O. eingelegt (Blatt 315 f. der Beiakten).
Mit Schriftsatz vom 04.01.2011 hat die Beklagte die aktuellen Entwicklungen in den vorstehend aufgeführten Verfahren gegen den Kläger wie folgt mitgeteilt:
zu 1. In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit der Oberfinanzdirektion Niedersachsen aus der Vollstreckungsverfügung des Amtsgerichts W. vom 26.01.2010 über eine Forderung in Höhe von 3.243,40 € wurde der Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Klägers auf den 06.12.2010 anberaumt. Der Kläger hat den Termin nicht wahrgenommen, sodass gegen den Kläger durch das Amtsgericht W. am 15.12.2010 ein Haftbefehl erging (Az.: 95 M 5980/10).
Im Rahmen der Zwangsvollstreckung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen aus der Vollstreckungsverfügung des Amtsgerichts W. vom 09.04.2010 über eine Forderung in Höhe von 3.159,28 € wurde ebenfalls auf den 06.12.2010 ein Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Klägers anberaumt. Da der Kläger auch zu diesem Termin nicht erschien, wurde durch das Amtsgericht W. ebenfalls am 15.12.2010 auch in diesem Verfahren ein Haftbefehl gegen den Kläger erlassen (Az.: 95 M 5981/10).
Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen teilte der Beklagten mit Schreiben vom 07.12.2010 mit, dass sich die Steuerrückstände des Klägers bei dem Finanzamt O. auf 62.893,59 € und bei dem Finanzamt W. auf 57.298,48 € belaufen. Weitere Rückstände bestehen zur Einkommensteuer 1999, 2002, 2004, 2005 und 2006.
zu 2. In der Forderungsangelegenheit der Frau S. D. wurde dem Gerichtsvollzieher B. am 04.10.2010 ein Zwangsvollstreckungsauftrag gegen den Kläger über eine Teilforderung in Höhe von 1.000,00 € erteilt.
zu 4. In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit des Steuerberaters K. B. wurde die Beklagte durch den OGV S. darüber informiert, dass sich die in der Vollstreckung befindliche Forderung auf insgesamt 5.412,13 € beläuft und die Zwangsvollstreckung andauert.
Darüber hinaus informierte der OGV S. die Beklagte darüber, dass die Oberfinanzdirektion Niedersachsen als zentrale Vollstreckungsstelle für die RVN und das Landgericht O. Beitragsrückstände des Klägers bei der RVN für den Zeitraum vom 01.05. - 31.08.2010 über 2.318,93 € sowie eine Forderung des Landgerichts O. aus dem Verfahren 16 O 2328/09 über 151,00 € vollstrecke.
zu 5. In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit der Frau D. H. als gesetzliche Vertreterin der Kinder A. und F. H. wegen Unterhaltsansprüchen aus dem Anerkenntnisurteil vom 18.02.2003 in Höhe von 2.855,00 € wurde ebenfalls Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger anberaumt auf den 06.12.2010. Da der Kläger auch diesen Termin nicht wahrnahm, erging gegen ihn am 17.12.2010 ein Haftbefehl durch das Amtsgericht W. (Az.: 95 M 5982/10).
Des weiteren vollstreckt Frau D. H. gegen den Kläger eigene Unterhaltsansprüche aus einem Anerkenntnisurteil vom 22.08.2000, die auf 1.550,42 € beziffert werden. Auch in dieser Angelegenheit wurde der Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Klägers anberaumt, in diesem Fall auf den 08.11.2010. Da der Kläger auch diesen Termin nicht wahrnahm, erging gegen ihn Haftbefehl des Amtsgerichts W. am 16.12.2010 (Az.: 95 M 5994/10).
zu 10. Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts O. vom 29.09.2010 verurteilt, an die R. Rechtsschutzversicherung 2.901,95 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen.
zu 11. Durch Urteil des Amtsgerichts O. vom 10.11.2010 wurde der Kläger darüber hinaus verurteilt, an Herrn S. O. 2.975,00 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen.
zu 13. In der Vollstreckungsangelegenheit der D. eG gegen den Kläger wurde ebenfalls Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Klägers auf den 06.12.2010 anberaumt. Der Kläger nahm auch diesen Termin nicht wahr, sodass gegen ihn ein weiterer Haftbefehl des Amtsgerichts W. am 16.12.2010 erging (Az.: 95 M 5980/10).
zu 14. In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit des Herrn A. B. wurde die Beklagte vom Gerichtsvollzieher am 19.10.2010 darüber informiert, dass gegen den Kläger wegen einer Forderung über 24.026,46 € zzgl. Kosten und Zinsen vollstreckt wird.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 21.12.2010, das dem Kläger am 27.12.2010 durch Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten seiner Kanzlei zugestellt wurde (Bl. 40 der Gerichtsakte), zur mündlichen Verhandlung am 17.01.2011 unter Hinweis darauf geladen, dass der Senat auch ohne sein Erscheinen verhandeln wird, es sei denn, dass er unter Mitteilung seines ausdrücklichen Erscheinenswunsches eine Erkrankung durch aussagekräftiges, ausführliches amtsärztliches Attest, welches die Beeinträchtigungen im Einzelnen anführt, und aus dem sich ergibt, dass eine Mitwirkung an einer mündlichen Verhandlung gänzlich ausgeschlossen ist, nachweist.
Mit Schriftsatz vom 12.01.2011 beantragte der Kläger, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und verwies zur Begründung darauf, dass ihm bisher keine Klageerwiderung vorliege und er am 17.01.2011 aufgrund eines anderen Termins verhindert sei. Mit Schriftsatz vom 14.01.2011 übersandte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung der Dres. G., H. und K. vom 14.01.2011, aus der sich ergibt, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 14. bis 17.01.2011 wegen Krankheit nicht arbeitsfähig sei und dass am 17.01.2011 eine ausführliche Untersuchung des Klägers stattfinde.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.01.2011 ist der Kläger nicht erschienen.
Die bei der Beklagten geführte Personalakte des Klägers sowie die beiden Bände der Beiakte „Mitteilungen über Klagen und Vollstreckungsmaßnahmen zur Personalakte“ haben dem Senat zur mündlichen Verhandlung vorgelegen.
II.
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden, sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft zu Recht wegen Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO widerrufen.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist von einem Vermögensverfall auszugehen, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (BGH, Beschluss vom 25.03.1991 - AnwZ (B) 73/90; Beschluss vom 12.07.2010 - AnwZ (B) 19/10, beide mwN.)
Darüber hinaus gilt gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 2. Halbsatz BRAO die gesetzlich Vermutung des Vermögensverfalls, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. In diesem Fall trifft die Beweislast, dass ein Vermögensverfall nicht vorliegt, den betroffenen Rechtsanwalt selbst.
Die Widerspruchsgründe des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO liegen hier vor. Die Beklagte hat zahlreiche unter den Ziffern 1-7 und 10-14 aufgeführte Sachverhalte dargestellt, aus denen sich ergibt, dass der Kläger in der Vergangenheit nicht in der Lage war, die von ihm geschuldeten Zahlungen zu erbringen. Soweit der Kläger in einigen Forderungsangelegenheiten mit teilweise erheblichen Verzögerungen Forderungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung ausgleichen konnte (Ziffer 8), vermag dies nichts daran zu ändern, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers insgesamt als schlecht zu bezeichnen sind.
Hinzu kommt, dass zwischenzeitlich in fünf Zwangsvollstreckungsangelegenheiten Haftbefehle gegen den Kläger ergangen sind, die in das Schuldnerverzeichnis einzutragen sind, sodass die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls vorliegt.
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er sich trotz der umfangreichen gegen ihn ausgebrachten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und gegen ihn erwirkten Titel nicht im Vermögensverfall befindet. Allein der - nicht durch entsprechende Unterlagen belegte - Hinweis darauf, dass er neben den Einkünften aus seiner anwaltlichen Tätigkeit Einkünfte aus Dozententätigkeit in Höhe von rund 30.000,00 € im Jahr 2010 erzielt hat, vermag auch vor dem Hintergrund, dass allein gegenüber dem Finanzamt O. und dem Finanzamt W. Steuerrückstände in Höhe von insgesamt ca. 120.000,00 € bestehen, nicht zu einer anderen Einschätzung zu führen.
Der Senat konnte in der Sitzung am 17.01.2011 auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger in der Ladung vom 21.12.2010 darauf hingewiesen worden war, dass auch bei seinem Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung ohne ihn verhandelt und entschieden werden wird, §§ 112 c BRAO, 102 Abs. 2 VwGO. Die vom Kläger beantragte Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung war nicht geboten, da der Kläger keinen erheblichen Grund für sein angekündigtes Ausbleiben dargelegt und glaubhaft gemacht hat (§§ 112 c, BRAO 173 VwGO, 227 Abs. 1 und 2 ZPO. Der Kläger hat in seinem Antrag vom 12.012011 nicht substantiiert unter Angabe der Gründe dargelegt, weshalb er an der Teilnahme an dem Verhandlungstermin gehindert ist. Auch der allgemeine Hinweis in seinem Schriftsatz vom 14.01.2011, dass er „aufgrund einer Erkrankung und einer diesbezüglichen ärztlichen Untersuchung am 17.01.2011 verhindert“ sei, reichte nicht aus, um vor dem Hintergrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltenden Beschleunigungsgrundsatzes dem Antrag stattzugeben. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, dass der ärztliche Untersuchungstermin bereits vor der Ladung zur mündichen Verhandlung vereinbart wurde, nicht verlegt werden konnte oder aus medizinischen Gründen zwingend an diesem Tag durchgeführt werden musste. Aus der vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgelegten ärztlichen Bescheinigung ergibt sich im Übrigen - unabhängig davon, dass es sich nicht wie in der Ladung zur Glaubhaftmachung einer Verhinderung aus gesundheitlichen Gründe gefordert um ein ausführliches amtsärztliches Attest handelt - nur die Arbeitsunfähigkeit, nicht aber eine Verhandlungsunfähigkeit des Klägers.
III.
Ein Anlass, die Berufung nach § 124 VwGO, §§ 112 Abs. 1, 112 e BRAO, zuzulassen, besteht nicht. Weder weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO). Ein Fall der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c BRAO, 154 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert war gemäß § 194 Abs. 2 BRAO auf 50.000,00 € festzusetzen.