Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 29.08.2011, Az.: AGH 12/10 (II10)
Anforderungen an den Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Erbrechts für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für Erbrecht
Bibliographie
- Gericht
- AGH Niedersachsen
- Datum
- 29.08.2011
- Aktenzeichen
- AGH 12/10 (II10)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 36359
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 08.04.2013 - AZ: AnwZ (Brfg) 54/11
Rechtsgrundlagen
- § 5 S. 1 FAO
- § 24 Abs. 4 FAO
Fundstellen
- BB 2012, 6
- BRAK-Mitt 2011, 292-293
- ErbR 2012, 91-92
- IBR 2012, 236
Redaktioneller Leitsatz
1.
§ 5 Abs. 4 FAO erfüllt nicht die Mindestanforderungen an das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot und verstößt gegen Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 20 Abs.3 GG. Daher ist die Norm nicht anzuwenden.
2.
Die Erstellung von Betreuungs- und Patientenverfügungen gehört zum allgemeinen schuldrechtlichen und familienrechtlichen Bereich.
In der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
des Herrn Rechtsanwalt S. G., O.Straße, O.
- Klägers -
gegen
die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg,
vertr. durch den Präsidenten Rechtsanwalt und Notar Fritz Graf, Staugraben 5, 26122 Oldenburg
- Beklagte -
wegen: Gestattung der Führung der Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht"
hat der 2. Senat des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes durch den
Rechtsanwalt V. als Vorsitzenden,
die Rechtsanwältin T. und den Rechtsanwalt A. als anwaltliche Beisitzer
sowie den Richter am Oberlandesgericht H. und die Richterin am Oberlandesgericht V.
als richterliche Beisitzer
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2011 im schriftlichen
Verfahren am 29. August 2011
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010, Aktenzeichen: FA ErbR 6/08, wird aufgehoben und dem Kläger wird gestattet, die Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" zu führen.
- 2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist wegen der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- 4.
Die Berufung wird zugelassen.
- 5.
Der Geschäftswert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1.
Der Kläger, der seit dem 07.02.1995 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, hat mit Schreiben vom 09.09.2008 bei der Beklagten beantragt, ihm die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" zu gestatten.
Seinem Antrag fügte der Kläger zum Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse gemäß § 6 Abs. 2 FAO ein Zertifikat über die Teilnahme an einem Fachanwaltslehrgang Erbrecht in H. des A.Verlages vom 07.02. bis 21.06.2008 sowie die drei von ihm im Rahmen dieses Lehrgangs geschriebenen Klausuren mit ihren Bewertungen bei. Hinsichtlich der Einzelheiten des Zertifikats wird auf Blatt 7 der Beiakte Bezug genommen.
Zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrung fügte der Antragsteller seinem Antrag gemäß §§ 5, 6 Abs. 3 FAO eine Liste der von ihm auf dem Gebiet des Erbrechts bearbeiteten Fälle bei (Blatt 10 bis 61 der Beiakte). In dieser Liste sind aufgeführt unter
Teil 1: Rechtsförmliche Verfahren | |
---|---|
A. Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit: 6 Fälle | |
B. Sonstige rechtsförmliche Verfahren: 32 Fälle (in der bis lfd. Nr. 33 zählenden Auflistung der Fälle ist kein Fall mit der lfd. Nr. 27 aufgeführt) | |
Teil 2: Sonstige Fälle | |
A. Außergerichtliche Vertretung: 15 Fälle | |
B. Beratungen: 49 Fälle |
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vom Antragsteller eingereichte Fallliste,
Blatt 10 bis 61 der Beiakte, Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 05.05.2009 wies die Beklagte den Antrag zurück und verwies zur Begründung darauf, dass der Kläger zwar den Nachweis der besonderen theoretischen Kenntnisse, nicht aber den seiner besonderen praktischen Erfahrungen erbracht habe. Gegen diesen Bescheid stellte der Kläger einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof. Dieser hob daraufhin mit einem auf die mündliche Verhandlung am 18.01.2010 ergangenen, dem Kläger am 16.04.2010 und der Beklagten am 19.04.2010 zugestellten Beschluss den Bescheid der Beklagten vom 05.05.2009 auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen (AGH 18/09). Zur Begründung seiner Entscheidung verwies der Senat im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte bei der Vorbereitung der Entscheidung das vorgeschriebene Verfahren nicht ausreichend beachtet habe, insbesondere dem Kläger nicht in der gesetzlich gebotenen Weise Gelegenheit zur Nachmeldung von Fällen gegeben und ihm auch sonst keine Auflagen gem. § 24 Abs. 4 FAO erteilt wurden.
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 23.04.2010 mit, dass sie die Akte erneut an den Fachausschuss für Erbrecht zur Fortsetzung des Verfahrens übersandt habe und kündigte an, nach Eingang der Stellungnahme des Fachausschusses über den Antrag erneut zu entscheiden (Bl. 6 d. GA).
Der Kläger vertrat gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 28.04.2010 die Auffassung, dass eine erneute Einschaltung des Fachausschusses für Erbrecht rechtsfehlerhaft sei und forderte eine alsbaldige Entscheidung durch die Beklagte (Bl. 7 ff. d. GA).
Mit Schreiben vom 25.05.2010 forderte der Berichterstatter des Fachausschusses für Erbrecht, Rechtsanwalt L., den Kläger zu einer ergänzenden Stellungnahme auf und setzte hierzu eine Frist gem. § 24 Abs. 4 FAO bis zum 30.06.2010 (Bl. 508 bis 519 der Beiakte). Der Kläger beantwortete dieses Schreiben mit Schreiben vom 15.06.2010 und legte dem Fachausschuss außerdem Arbeitsproben zu fünf Fällen von seiner Liste vor (vgl. Sonderheft der Beiakten).
Nach weiterer Korrespondenz zwischen dem Fachausschuss und dem Kläger (Schreiben des Klägers an den Fachausschussvorsitzenden vom 18.06.2010 - Blatt 523 bis 527 der Beiakten, Schreiben des Fachausschussvorsitzenden an den Kläger vom 21.06.2010 - Blatt 528 der Beiakten, Schreiben des Klägers an den Fachausschussvorsitzenden vom 24.06.2010 - Blatt 529 bis 532 der Beiakten, Schreiben des Fachausschussvorsitzenden an den Kläger vom 29.06.2010 - Blatt 533 der Beiakten, Schreiben des Klägers an den Fachausschussvorsitzenden vom 30.06.2010 - Blatt 551 bis 553 der Beiakten, Schreiben des Klägers an den Berichterstatter vom 30.06.2010 - Blatt 554 bis 556 der Beiakten, Schreiben des Fachausschussvorsitzenden an den Kläger vom 02.07.2010 - Blatt 549 f. der Beiakten, Schreiben des Berichterstatters vom 01.07.2010 - Blatt 557 f. der Beiakten, Schreiben des Klägers vom 05.07.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Berichterstatters an den Kläger vom 06.07.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Klägers an den Berichterstatter vom 20.07.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Berichterstatters an den Kläger vom 21.07.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Klägers an den Fachausschussvorsitzenden vom 05.08.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Fachausschussvorsitzenden an den Kläger vom 10.08.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Klägers an den Fachausschussvorsitzenden vom 10.08.2010 - Sonderheft der Beiakte, Schreiben des Fachausschussvorsitzenden an den Kläger vom 11.08.2010 - Sonderheft der Beiakte) übersandte der Fachausschuss sein Votum am 12.08.2010 an die Beklagte (Blatt 648 bis 667 der Beiakten), die es wiederum mit Schreiben vom gleichen Tage an den Kläger zur Kenntnisnahme und mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 27.08.2010 übersandte (Blatt 668 der Beiakten).
2.
Zwischenzeitlich hatte der Kläger im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 19.07.2010 beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eine Klage erhoben und beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, den Antrag auf Gestattung der Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" des Klägers vom 09.09.2008 zu bescheiden (Bl. 1 ff. d. GA).
Nachdem der Kläger zunächst in Anbetracht seines Urlaubes eine Fristverlängerung zur Abgabe seiner Stellungnahme zu dem Votum des Fachausschusses beantragt hatte (Bl. 674 f. der Beiakte), nahm er mit Schreiben vom 06.09.2010 (Blatt 699 bis 707 der Beiakte) und 07.09.2010 (Blatt 697 f. der Beiakte) zu dem Votum Stellung und stellte mit Schreiben vom 06.09.2010 Ablehnungsgesuche gegen den Fachausschussvorsitzenden Dr. J. (Blatt 685 bis 689 der Beiakte) und den Berichterstatter des Fachausschusses Herrn Rechtsanwalt L. (Blatt 680 bis 684 der Beiakte), sowie mit Schreiben vom 07.09.2010 gegen den Beisitzer des Fachausschusses Herrn Rechtsanwalt S. (Blatt 676 bis 679 der Beiakte).
Nach weiterer umfangreicher Korrespondenz zwischen dem Kläger und der Beklagten hat der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung am 04.12.2010 beschlossen, die Ablehnungsgesuche des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 14.12.2010 mitgeteilt und zur Begründung darauf verwiesen, dass aus Sicht der Beklagten kein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Ausschussmitglieder zu rechtfertigen (Blatt 820 f. der Beiakte). Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 28.12.2010 eine weitere Klage beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof gegen die Beklagte erhoben, mit der er begehrt, die Beklagten zu verurteilen, den Bescheid über die Zurückweisung der Ablehnungsgesuche gegen Herrn Rechtsanwalt Dr. N. J., Herrn Rechtsanwalt W. L. und Herrn Rechtsanwalt M. S. zu begründen. Dieses Verfahren wird beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof zu dem Aktenzeichen AGH 24/10 (II/19) geführt.
Des Weiteren hat die Beklagte nach der Entscheidung über die Ablehnungsgesuche des Klägers mit Bescheid vom 21.12.2010 erneut über den Antrag des Klägers vom 09.09.2008 auf Gestattung der Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" entschieden und diesen zurückgewiesen (Blatt 824 bis 838 der Beiakte). Dieser Bescheid vom 21.12.2010 wurde dem Kläger am 23.12.2010 zugestellt (Blatt 842 der Beiakte). Zur Begründung der Ablehnung des Antrages des Klägers verwies die Beklagte darauf, dass der Kläger zwar den Nachweis der besonderen theoretischen Kenntnisse, nicht aber den seiner besonderen praktischen Erfahrungen erbracht habe. Insgesamt habe der Kläger nach der von der Beklagten vorgenommenen Bewertung der vom Kläger in seiner Fallliste mitgeteilten Fälle nur 74,5 der nach § 5 m FAO erforderlichen, von ihm auf dem Gebiet des Erbrechts bearbeiteten Fälle nachgewiesen. Im Einzelnen führt die Beklagte zur Begründung ihres Bescheides aus:
(1)
Von den in der Fallliste des Antragstellers aufgeführten sechs rechtsförmlichen FGG-Verfahren könnten nur die Fälle 1 und 3 anerkannt werden. Eine Höher- oder Minderbewertung sei nicht vorzunehmen, sodass von2,0 Fällen aus diesem Bereich auszugehen sei.
Der als lfd. Nr. 2 aufgeführte Fall sei nicht zu berücksichtigen, da es sich nur um eine Kostenbeschwerde zum Fall lfd. Nr. 1 handele und er keine eigenständigen erbrechtlichen Fragen zum Gegenstand hatte.
Der Fall lfd. Nr. 4 könne nicht als rechtsförmliches FGG-Verfahren, wohl aber als sonstiges nicht rechtsförmliches Verfahren anerkannt werden. Da dieses Verfahren nur den Antrag auf Eröffnung eines hinterlegten Testaments zum Gegenstand hatte, sei jedoch eine Mindergewichtung des Falles auf 0,2 vorzunehmen.
Der Fall Nr. 5 betreffe ein Zwangsversteigerungsverfahren zum Zwecke der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft und es handele sich deshalb nicht um ein rechtsförmliches FGG-Verfahren, wohl aber ein sonstiges Verfahren. Da es in dem Zwangsversteigerungsverfahren selbst nicht um erbrechtliche Fragen gegangen sei, im Vorfeld aber beratend durch den Kläger auf erbrechtliche Fragen eingegangen wurde, sei dieser Fall als einfacher Beratungsfall mit einer Mindergewichtung von 0,5 zu berücksichtigen.
Der Fall lfd. Nr. 6 sei nicht zu berücksichtigen gewesen, da die Bearbeitung außerhalb des zu berücksichtigenden Zeitraums erfolgt sei (Bearbeitungszeitraum des Fall lfd. Nr. 6: 18.02.2005 bis 17.09.2005, Berichtszeitraum: 11.09.2005 bis 10.09.2008). Aus der vom Kläger vorgelegten Arbeitsprobe sei ersichtlich, dass das Hauptsacheverfahren bereits durch einen am 29.08.2005 beim Kläger eingegangenen Beschluss des Landgerichts O. als Beschwerdegericht abgeschlossen war und in der Folgezeit nur noch das Kostenfestsetzungsverfahren betrieben wurde.
(2)
Von den 32 in der Fallliste des Klägers enthaltenen sonstigen rechtsförmlichen Verfahren könnten nach einer Gewichtung der Fälle gemäß § 5 Abs. 3 FAO nur 27,3 Fälle als sonstige rechtsförmliche Verfahren anerkannt werden.
Die als lfd. Nr. 2 bis 5, 7 bis 12, 14, 15, 17, 19 bis 23, 25, 26, 29 bis 33 aufgeführten Fälle seien jeweils als ein Fall mit einer durchschnittlichen Bewertung von 1,0 im Rahmen eines rechtsförmlichen Verfahrens anzuerkennen, sodass sich insoweit 25,0 Fälle ergeben.
Der Fall lfd. Nr. 1 war bereits 16 Tage nach Beginn des maßgeblichen Bearbeitungszeitraums (am 27.09.2005) abgeschlossen und das Mandat hatte bereits am 14.06.2004 begonnen. Da Gegenstand des Verfahrens eine Auskunftsklage war, deren Titel letztlich im Rahmen einer Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden musste, falle in den maßgeblichen Bearbeitungszeitraum nur noch ein geringfügiger Teil der Bearbeitung, sodass eine Mindergewichtung auf 0,3 Fälle vorzunehmen sei.
Der Fall lfd. Nr. 6 sei nicht als rechtsförmliches Verfahren, aber als sonstiger Fall in vollem Umfang anzuerkennen.
Auch bei dem Fall lfd. Nr. 13 handele es sich nicht um ein rechtsförmliches Verfahren, wohl aber um ein sonstiges Verfahren, das allerdings nur geringfügige erbrechtliche Bezüge aufweise und deshalb nur eine Mindergewichtung von 0,3 Fällen rechtfertige.
Der Fall lfd. Nr. 16 sei zwar als rechtsförmliches Verfahren anzuerkennen, jedoch mit 0,5 geringer zu gewichten. Hier sei nur eine erbrechtliche Vorfrage bei der Feststellung der Vaterschaft im rechtsförmlichen Verfahren behandelt worden.
Der Fall lfd. Nr. 18 sei als rechtsförmliches Verfahren anzuerkennen und rechtfertige eine Höherbewertung auf 1,5. In diesem Verfahren ging es um eine Stufenklage mit einer Berufung zum OLG und Gegenstand des Verfahrens war die Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen.
Der Fall lfd. Nr. 24 sei nicht zu berücksichtigen, da die Bearbeitung des Falles außerhalb des Berichtszeitraums, nämlich am 15.07.2005, begonnen habe. Gegenstand des Verfahrens sei die Vertretung eines Miterben in einem Verfahren vor dem Amtsgericht G. (P.) auf Feststellung der Eigentümerstellung durch die Miterben gewesen. Der Kläger habe in diesem Verfahren für seinen Mandanten einmalig eine Stellungnahme gegenüber dem Amtsgericht G. abgegeben und danach mit Ausnahme einer Ladung zum Gerichtstermin am 22.02.2006 vom Gericht nichts weiter gehört. Es habe deshalb nicht festgestellt werden können, ob in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum überhaupt eine Bearbeitung des Falles durch den Kläger erfolgt sei.
Der Fall lfd. Nr. 28 könne ebenfalls nicht als rechtsförmlicher Fall anerkannt werden, da das Mandat bereits im Januar 2005 begonnen und am 11.11.2005 geendet habe. Es sei nicht zu erkennen, welche Tätigkeit mit erbrechtlichem Bezug der Kläger in dem maßgeblichen Bearbeitungszeitraum entfaltet habe. Der Kläger habe zur Erläuterung ausgeführt, dass er in dieser Angelegenheit für einen Nachlasspfleger den früheren Testamentsvollstrecker im Rahmen einer Stufenklage über den Verbleib des Nachlasses gerichtlich in Anspruch genommen habe. Nach dem obsiegenden Urteil sei dieses im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen den früheren Testamentsvollstrecker sogar mit einem Antrag auf Zwangshaft vollstreckt worden. Nähere Angaben dazu, welche Tätigkeiten durch den Kläger noch in dem maßgeblichen Bearbeitungszeitraum entfaltet wurden, seien auch nach Erteilung einer entsprechenden Auflage durch den Berichterstatter des Fachausschusses nicht erfolgt.
(3)
Von den 15 in der Fallliste des Klägers unter Teil 2 aufgeführten sonstigen Fällen, außergerichtliche Vertretung, seien nach Gewichtung der Fälle 13,6 Fälle anzuerkennen.
Die Fälle 1 bis 7, 9 bis 11, 14 und 15 seien als "durchschnittliche Fälle einer anwaltlichen Tätigkeit" zu bewerten und deshalb jeweils mit 1,0 zu berücksichtigen, sodass sich insoweit 12,0 Fälle ergäben.
Bei dem Fall lfd. Nr. 8 sei dagegen eine Minderbewertung auf 0,3 vorzunehmen, da zwar die in diesem Fall relevante Frage der Zulässigkeit eines Widerrufs einer Schenkung nach dem Tod des Beschenkten grundsätzlich als erbrechtlicher Fall zu berücksichtigen sei, darüber hinaus aber nicht zu klären gewesen sei, ob weitere erbrechtliche Gesichtspunkte bei der Bearbeitung dieses Falles eine Rolle gespielt hätten.
Der Fall lfd. Nr. 12 behandele ein Beratungsmandat mit einem einfach gelagerten Sachverhalt, sodass eine Minderbewertung auf 0,5 vorzunehmen gewesen sei. Im Fall lfd. Nr. 13 sei ebenfalls eine Minderbewertung auf 0,8 vorzunehmen gewesen, da er nur eine Beratung über den Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages zum Gegenstand gehabt habe und weder eine vertiefte erbrechtliche Prüfung noch eine Auseinandersetzung mit gegnerischen Argumenten erforderlich gewesen sei.
(4)
Von den in der Fallliste des Klägers im Teil 2 unter B. Beratungen aufgeführten 49 Fällen könnten nach Gewichtung nur 29,6 Fälle anerkannt werden.
In den Fällen lfd. Nr. 1 bis 4, 6, 8 bis 11, 13, 15, 25, 28, 30 bis 33, 37, 40, 44 und 45 sei jeweils eine Mindergewichtung auf 0,5 vorzunehmen gewesen, sodass sich insoweit 10,0 Fälle ergäben. In den Fällen lfd. Nr. 1, 2, 6, 8 bis 13, "13 bis 15", 25, 28, 37, 44 und 45 habe es sich um relativ einfache erbrechtliche Sachverhalte gehandelt, die ohne besondere Vertiefung erledigt werden konnten. Dies folge zum einen aus den vom Kläger angegebenen Bearbeitungszeiträumen und zum anderen daraus, dass es sich um Erstberatungen handele. Die Fälle 3 und 4 hätten jeweils die Errichtung eines Ehegattentestamentes betroffen, bei denen keine Besonderheiten hinsichtlich Schwierigkeit, Umfang oder Bedeutung der Angelegenheit vom Kläger dargelegt worden sei. Die Fälle lfd. Nr. 30 und 31 hätten die Erstellung eines einfachen Berliner Testaments zum Inhalt gehabt. Soweit der Kläger sich in seinem Schriftsatz vom 05.06.2009 (Blatt 33 ff., 61 GA AGH 18/09) darauf berufen habe, dass ein Fall (lfd. Nr. 32) wenigstens mit 1,25 Punkten zu bewerten sei, da kompliziertes italienisches Erbrecht anzuwenden gewesen sei, sei der Kläger mit dem Schreiben des Berichterstatters des Fachausschusses vom 25.05.2010 (Blatt 508 ff., 514 der Beiakten) zur Darlegung der Einzelheiten aufgeforderten worden, eine ergänzende Stellungnahme des Klägers sei jedoch nicht erfolgt. Auch der Fall lfd. Nr. 32 sei daher mit 0,5 zu gewichten gewesen. In den Fällen lfd. Nr. 33 und 40 sei es um die Erstellung eines Testamentsentwurfes für drei kinderlose Mandantinnen und eine Beratung hinsichtlich der Pflichtteilsrechte eines enterbten Kindes gegangen. Eine besondere Schwierigkeit oder Bedeutung oder ein besonderer Umfang sei durch den Kläger nicht dargelegt worden, sodass eine Mindergewichtung auf jeweils 0,5 gerechtfertigt sei.
In den Fällen lfd. Nr. 19 und 34 sei eine Mindergewichtung auf 0,6 gerechtfertigt gewesen. Dabei habe sich in dem Fall lfd. Nr. 19 eine etwas höhere Gewichtung als in den nur mit 0,5 gewichteten Fällen als angemessen erwiesen, da neben der Erstellung eines Ehegattentestaments auch die Besonderheit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung zu berücksichtigen gewesen sei. Im Fall lfd. Nr. 34 sei es um die Beratung bezüglich der Aufhebung eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages gegangen und der Umfang dieser Beratung habe eine Gewichtung mit 0,6 gerechtfertigt.
In den Fällen lfd. Nr. 7, 16, 21, 23, 27, 29, 38 und 41 sei eine Mindergewichtung auf 0,7 gerechtfertigt gewesen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung dieser Mindergewichtung wird auf Seite 10 f. des Bescheides der Beklagten vom 21.12.2010 (Blatt 833 f. der Beiakte) Bezug genommen.
In den Fällen lfd. Nr. 12, 26 und 36 sei eine Minderbewertung auf jeweils 0,8 gerechtfertigt gewesen. Zur Begründung verweist die Beklagte u.a. darauf, dass in diesen Beratungsfällen nicht nur erbrechtliche Fragen, sondern auch über das Erbrecht hinausgehende Fragestellungen wie steuerliche Konsequenzen und grundbuchrechtliche Fragen zu berücksichtigen gewesen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Seite 11 f. des Bescheides der Beklagten vom 21.12.2010 (Blatt 834 f. der Beiakte) Bezug genommen.
Der Fall lfd. Nr. 39 sei mit 0,9 zu gewichten gewesen. Gegenstand der Beratung sei ein Erbfall aus dem Jahr 1971 gewesen, bei dem zahlreiche erbrechtliche Besonderheiten, ein erhebliches Auslandsvermögen und eine Erbengemeinschaft von mehr als 100 Erben zu berücksichtigen gewesen seien. Allerdings sei dieser Fall in der Bearbeitung nicht über eine Erstberatung hinausgegangen.
Die in der Fallliste des Klägers mit den lfd. Nrn. 5, 18, 35, 42, 43, 46 bis 49 aufgeführten Beratungsfälle seien jeweils ohne Mindergewichtung zu berücksichtigen gewesen, sodass sich insoweit 9,0 Fälle ergeben. In den meisten dieser Fälle habe sich die Tätigkeit des Klägers nicht auf eine reine Beratung beschränkt, sondern er sei im Rahmen einer Testamentsvollstreckung, der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft oder einer Nachlassabwicklung tätig geworden. Bei dem Fall Nr. 5 handele es sich um einen Testamentsentwurf, bei dem die Behinderung eines der Kinder und andererseits lebzeitige Zuwendung an andere Kinder zu bedenken gewesen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Seite 12 f. des Bescheides der Beklagten vom 21.12.2010 (Blatt 835 f. der Beiakte) Bezug genommen.
Die in der Fallliste des Klägers unter den lfd. Nrn. 17, 20,22 und 24 aufgeführten Fälle seien nicht zu berücksichtigen gewesen.
Der Fall lfd. Nr. 17 sei nicht zu bewerten gewesen, da ihm der gleiche Sachverhalt zugrunde liege wie dem Fall lfd. Nr. 5. Der im Fall lfd. Nr. 5 entwickelte Testamentsentwurf sei in dem als lfd. Nr. 17 mitgeteilten Fall lediglich in einzelnen Punkten weiterentwickelt worden. Bei den Fällen lfd. Nr. 20, 22 und 24 habe es sich um Beratungen bezüglich einer Patienten- und Betreuungsverfügung gehandelt, bei der es sich nicht um eine Thematik mit erbrechtlichem Schwerpunkt handele.
Außerdem seien - wie vorstehend ausgeführt - aus der Fallliste Teil 1 A. der Fall lfd. Nr. 4 mit 0,2, der Fall lfd. Nr.5 mit 0,5 und aus Teil 1 B. der Fallliste der Fall lfd. Nr.6 mit 1,0 und der Fall lfd. Nr.13 mit 0,3 zu berücksichtigen, sodass sich weitere2,0 Fälle aus dem Bereich der nicht rechtsförmlichen Verfahren ergäben.
Der Kläger erweiterte daraufhin mit Schriftsatz vom 30.12.2010 (Blatt 60 bis 63 der GA) seine Klage und beantragt nunmehr zusätzlich zu erkennen:
Den am 23.12.2010 zugestellten Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010, Aktenzeichen: FAErbR 6/08, aufzuheben und dem Antragsteller die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" zu gestatten. |
---|
Zur Begründung seiner Klageerweiterung bezieht sich der Kläger zunächst auf seinen Sachvortrag aus dem vor dem Senat zu dem Aktenzeichen AGH 18/09 geführten Vorverfahren. Er vertritt weiter die Auffassung, dass die Beklagte die in dem Beschluss des Senats in dem Vorverfahren geäußerte Rechtsauffassung nicht berücksichtigt und "in rechtswidriger Art und Weise weiterhin an ihrem willkürlichen Punktesystem" festgehalten habe. Er hebt weiter hervor, dass obwohl seine von der Beklagten zu beurteilende Fallliste unverändert geblieben sei, die praktischen Leistungen durch die Beklagte immer wieder mit unterschiedlichen Punktergebnissen bewertet worden seien.
Die Beklagte hat zunächst beantragt,
die Klage auf die erneute Bescheidung des Antrages vom 09.09.2008 abzuweisen.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2011 den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrages, die Beklagte zu verurteilen, den Antrag auf Gestattung der Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" vom 09.09.2008 zu bescheiden, in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt hat,
die Kosten der Beklagten aufzuerlegen,
hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt,
die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
Weiter beantragt die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Die Parteien haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2011 damit einverstanden erklärt, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll (Blatt 110 der GA).
Die Beklagte nimmt zur Begründung ihres Antrages Bezug auf die Ausführungen in ihrem Bescheid vom 21.12.2010 und verweist ergänzend darauf, dass die teilweise abweichenden Bewertungen der in der gleichgebliebenen Fallliste des Klägers enthaltenen Fälle in den beiden Bescheiden der Beklagten vom 05.05.2009 und 21.12.2010 darauf zurückzuführen seien, dass in der zweiten Prüfung durch den Fachausschuss für Erbrecht in geänderter Besetzung vom Kläger Arbeitsproben vorgelegt wurden und der Kläger im Übrigen auch zu den Ausführungen und Auflagen des Berichterstatters des Fachausschusses Stellung genommen und dies bei der Bescheidung des Antrages vom 21.12.2010 Berücksichtigung gefunden habe. Soweit unter 4. Sonstige Fälle (Teil II Abschnitt B der Fallliste) im dritten Absatz die Fälle "13 bis 15" aufgeführt seien, handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, da sich aus den weiteren Ausführungen ergibt, dass nur die Fälle 13 und 15 gemeint sind, der Fall 14 gehöre dagegen zu den nicht zu bewertenden Fällen (ebenso wie die Fälle 20, 22 und 24). Die vom Kläger kritisierte Mindergewichtung der von ihm bearbeiteten Fälle sei nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 FAO und der Rechtsprechung des BGH zulässig. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 08.02.2011 Bezug genommen (Blatt 120 bis 122 der GA).
Der Kläger hat hierzu nochmals mit Schriftsätzen vom 31.03.2011 (Blatt 123 bis 134 der GA) und vom 12.04.2011 (Blatt 136 bis 148 der GA) Stellung genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auch insoweit auf die Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.
II.
1.
Die Klage ist hinsichtlich des noch zur Entscheidung anstehenden Antrages, den Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010 aufzuheben und dem Kläger die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" zu gestatten, zulässig und begründet.
Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.12.2010 erweiterte Klage ist zulässig, sie wurde insbesondere fristgerecht beim Anwaltsgerichtshof eingereicht.
Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für Erbrecht (§§ 1, 2 Abs. 1 FAO).
a)
Der Kläger hat durch Vorlage des Zertifikats über die erfolgreiche Teilnahme an dem Fachanwaltslehrgang Erbrecht in H. des A.Verlages vom 07.02. bis 21.06.2008 (Blatt 7 der Beiakte) den gemäß §§ 2, 4, 6 FAO erforderlichen Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse auf dem Gebiet des Erbrechts erbracht. Darüber hinaus hat der Kläger auch die Fortbildungsnachweise gemäß § 15 FAO für die Kalenderjahre 2009 und 2010 vorgelegt.
b)
Der Kläger hat auch nachgewiesen, dass er auf dem Gebiet des Erbrechts innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung, also in dem Zeitraum vom 11.09.2005 bis 10.09.2008, die erforderliche Anzahl von Fällen aus dem Bereich des Erbrechts bearbeitet hat und damit über die geforderten besonderen praktischen Erfahrungen auf diesem Rechtsgebiet verfügt (§§ 1, 2 Abs. 2, 5 Satz 1 m), 14 f FAO).
Nach § 5 Satz 1 m) FAO muss der Kläger zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen persönlich und weisungsfrei 80 Fälle aus dem Bereich des Erbrechts bearbeitet haben, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren, von denen wiederum mindestens 10 Verfahren außerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit bearbeitet worden sein müssen.
(1)
Die von dem Kläger eingereichte Fallliste umfasst in Teil 1: "Rechtsförmliche Verfahren, A. Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit" 6 Fälle und unter "B. Sonstige rechtsförmliche Verfahren (insbesondere gerichtliche Verfahren)" 32 Fälle (die lfd. Nr. 27 ist nicht aufgeführt), von denen insgesamt 30 Verfahren als rechtsförmliche Fälle anzuerkennen sind.
(a)
Aus den in der Fallliste des Klägers unter Teil 1 A. aufgeführten Fällen sind zwei Verfahren als rechtsförmliche Verfahren aus dem Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuerkennen.
Die vom Kläger als lfd. Nr. 1 und 3 aufgeführten Verfahren sind als rechtsförmliche Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuerkennen. Bei dem unter lfd. Nr. 1 aufgeführten Fall handelt es sich um einen Antrag auf Einsetzung eines Testamentsvollstreckers und bei dem Fall unter lfd. Nr. 3 um ein Erbscheinserteilungsverfahren.
Der unter lfd. Nr. 2 aufgeführte Fall behandelt dagegen die Kostenbeschwerde zu dem unter lfd. Nr. 1 aufgeführten Fall und hat keine erbrechtlichen Fragestellungen zum Gegenstand. Dieser Fall ist daher nicht als Verfahren aus dem Bereich des Erbrechts anzuerkennen.
Der unter lfd. Nr. 4 aufgeführte Fall hat einen Antrag auf Eröffnung eines notariellen Testaments zum Gegenstand. Bei diesem vom Kläger gestellten Antrag handelt es sich nicht um ein rechtsförmliches FGG-Verfahren. Der Kläger hat hierzu in seiner Stellungnahme vom 15.06.2010, Seite 8 (Sonderheft der Beiakten), selbst darauf verwiesen, dass er in diesem Zusammenhang seine Mandantin über ihre erbrechtlichen Möglichkeiten beraten habe. Dieser Fall ist daher als sonstiger Fall aus dem Bereich des Erbrechts zu berücksichtigen.
Auch der unter lfd. Nr. 5 aufgeführte Fall betrifft nicht ein rechtsförmliches FGG-Verfahren zu erbrechtlichen Fragestellungen. Gegenstand der Tätigkeit des Klägers in diesem Verfahren war ein Antrag auf Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft nach § 180 ZVG und somit kein erbrechtliches FGG-Verfahren. Auch in diesem Fall ging mit der Tätigkeit des Klägers zur Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft jedoch eine erbrechtliche Beratung seiner Mandantin einher, sodass auch dieser Fall als sonstiger Beratungsfall zu berücksichtigen ist.
Der vom Kläger unter lfd. Nr. 6 aufgeführte Fall, in dem er einen Nachlasspfleger vertreten hat, der beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragt hat, ist nicht zu berücksichtigen, da davon auszugehen ist, dass die Tätigkeit des Klägers mit erbrechtlichem Bezug außerhalb des zu berücksichtigenden Zeitraums gelegen hat. Der zu berücksichtigende Zeitraum von drei Jahren vor der Antragstellung (§ 5 Satz 1 FAO) erstreckt sich beim Kläger vom 11.09.2005 bis 10.09.2008. Der vom Kläger angeführte Bearbeitungszeitraum des Fall Nr. 6 lief vom 18.02.2005 bis 15.09.2005. Bei einer Gesamtbearbeitungsdauer von ca. sieben Monaten fielen somit noch maximal fünf Tage in dem zu berücksichtigenden Zeitraum. Aus einer vom Kläger auf Anforderung der Beklagten vorgelegten Arbeitsprobe ergibt sich, dass das Beschwerdeverfahren vor dem LG O. (17 T 415/05) mit Beschluss des LG O. vom 23.08.2005 abgeschlossen wurde und es in der Folgezeit nur noch um die Festsetzung der Kosten und damit keine erbrechtliche Fragestellung ging (Sonderheft der Beiakten).
Es sind somit in der Fallliste des Klägers Teil 1 zwei rechtsförmliche Verfahren aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuerkennen.
Weitere zwei Verfahren sind als sonstige Beratungsfälle zu berücksichtigen.
(b)
Des Weiteren sind aus den in der Fallliste des Klägers unter Teil 1 B. aufgeführten Verfahren 28 Verfahren als sonstige rechtsförmliche Verfahren anzuerkennen.
Der Fall lfd. Nr. 1 betrifft eine Auskunftsklage vor dem Landgericht O. mit erbrechtlichem Hintergrund und ist somit als rechtsförmliches Verfahren aus dem Bereich des Erbrechts anzuerkennen. Der Bearbeitungszeitraum erstreckte sich allerdings vom 14.06.2004 bis zum 27.09.2005, sodass nur 16 Tage des insgesamt ca. 1 1/4 Jahre dauernden Bearbeitungszeitraums zu berücksichtigen sind.
Die unter lfd. Nr. 2 bis 5 aufgeführten Fälle betreffen gerichtliche Verfahren aus dem Bereich des Erbrechts, deren Bearbeitungszeitraum in den maßgeblichen Zeitraum der letzten drei Jahre vor der Antragstellung fallen, sodass sie jeweils als erbrechtliches Verfahren anzuerkennen sind.
Der unter lfd. Nr. 6 aufgeführte Fall betrifft ein vor dem Amtsgericht O., Familiengericht (Aktenzeichen: 6 F 2132/01), geführtes Verfahren, in dem als Vorfrage für eine anschließende erbrechtliche Auseinandersetzung ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchgeführt wurde (Blatt 19 der Beiakte). Diesem gerichtlichen Verfahren war eine außergerichtliche Geltendmachung der erbrechtlichen Pflichtteilsansprüche des Mandanten des Klägers vorausgegangen. Dieses Verfahren ist daher nicht als rechtsförmliches erbrechtliches Verfahren, wohl aber als sonstiger erbrechtlicher Fall anzuerkennen.
Die unter lfd. Nr. 7 bis 12 aufgeführten Verfahren betreffen erneut gerichtliche Verfahren, in denen der Kläger seine Mandanten während des maßgeblichen Bearbeitungszeitraums in erbrechtlichen Fragen vertreten hat. Auch diese sechs Verfahren sind somit anzuerkennen.
Das in der Fallliste unter lfd. Nr. 13 aufgeführte gerichtliche Verfahren betrifft nicht das Fachgebiet des Erbrechts, d.h. der Bearbeitungsschwerpunkt dieses Falles lag nicht in diesem Rechtsgebiet (vgl. BGH, Beschluss vom 06.03.2006 - AnwZ (B) 36/05, NJW 2006, S. 1513 ff. [BGH 06.03.2006 - AnwZ (B) 36/05]). Der Kläger hat in diesem Verfahren eine Forderung des Vaters gegen die Erben seines verstorbenen Sohns zunächst in einem Mahnbescheidsverfahren und später im Klageverfahren geltend gemacht. Die Klärung der Vorfrage, wer Erbe und damit richtiger Beklagter ist (vgl. hierzu Schreiben des Klägers vom 15.06.2010, Sonderheft der Beiakten), ist als erbrechtliche Beratung und somit sonstiger Fall und nicht als rechtsförmliches Verfahren zu berücksichtigen.
Die unter lfd. Nr. 14 und 15 aufgeführten, in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum fallenden gerichtlichen Verfahren sind als rechtsförmliche Verfahren mit einem Bearbeitungsschwerpunkt im Erbrecht anzuerkennen.
In dem unter lfd. Nr. 16 der Fallliste aufgeführten Verfahren hat der Kläger seine Mandantin in einem selbstständigen Beweisverfahren zur Sicherstellung von Gewebeproben des Erblassers vertreten, um im Anschluss daran ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren als Vorfrage für eine erbrechtliche Auseinandersetzung durchführen zu können (Blatt 28 f. der Beiakten). Diese rechtsförmliche Auseinandersetzung hat daher ihren Bearbeitungsschwerpunkt nicht im Bereich des Erbrechts, sondern es handelt sich um eine dem Familienrecht zuzuordnende Fragestellung, die als Vorfrage für eine spätere erbrechtliche Auseinandersetzung zu klären war. Dieses Verfahren kann daher nicht als rechtsförmliches erbrechtliches Verfahren, wohl aber als sonstiger Beratungsfall aus dem Bereich des Erbrechts anerkannt werden.
Der unter lfd. Nr. 17 aufgeführte Fall betrifft eine gerichtliche Auseinandersetzung mit erbrechtlichem Schwerpunkt, die in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum geführt wurde, sodass dieser Fall als weiteres rechtsförmliches erbrechtliches Verfahren anzuerkennen ist.
Der unter lfd. Nr. 18 aufgeführte Fall betrifft ein von dem Kläger zum überwiegenden Teil in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum geführtes gerichtliches Verfahren mit erbrechtlichem Schwerpunkt. Gegenstand des Verfahrens war die Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen und das Verfahren wurde nach einem Teilurteil des Landgerichts A. erst im Berufungsverfahren vor dem OLG O. durch den Abschluss eines Vergleiches beendet (Blatt 30 f. der Beiakte).
Bei den Fällen lfd. Nr. 19 bis 23 handelt es sich erneut um gerichtliche Verfahren, in denen der Kläger in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum seine Mandanten in Fragestellungen mit erbrechtlichem Schwerpunkt vertreten hat. Auch diese Fälle sind daher jeweils als rechtsförmliche erbrechtliche Verfahren anzuerkennen.
Das unter lfd. Nr. 24 aufgeführte Verfahren betrifft die Vertretung eines Miterbens durch den Kläger in einem Verfahren vor dem Amtsgericht G. (P.), in dem es um die Feststellung der Eigentümerstellung der Miterben an einem landwirtschaftlichen Gehöft in P. geht (Blatt 36 f. der Beiakte). Der Schwerpunkt der Bearbeitung dieses Falles liegt somit im Bereich der erbrechtlichen Frage des Umfangs der Erbmasse. Der Kläger hat in seiner Fallliste aufgeführt, dass die Bearbeitung dieses Falles am 15.07.2005 begonnen hat und die Bearbeitung zum Zeitpunkt der Erstellung der Liste noch nicht abgeschlossen war. Ein Gerichtstermin vor dem Amtsgericht G. hat am 22.02.2006 stattgefunden. Es ist daher davon auszugehen, dass dieses gerichtliche Verfahren auch zu einem wesentlichen Teil innerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraums geführt wurde, sodass es als rechtsförmliches Verfahren anzuerkennen ist.
Die als lfd. Nr. 25 und 26 aufgeführten gerichtlichen Verfahren wurden jeweils in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum durch den Kläger geführt. Gegenstand dieser Verfahren waren erbrechtliche Ansprüche, sodass beide Verfahren als rechtsförmliche Verfahren anzuerkennen sind.
Der Fall lfd. Nr. 27 fehlt in der Auflistung des Klägers.
In dem als lfd. Nr. 28 aufgeführten Verfahren hat der Kläger vor dem Landgericht O. für einen Nachlasspfleger den früheren Testamentsvollstrecker im Rahmen einer Stufenklage über den Verbleib des Nachlasses in Anspruch genommen. Es handelt sich somit um ein rechtsförmliches Verfahren mit erbrechtlichem Schwerpunkt. Als Bearbeitungszeitraum hat der Kläger den Zeitraum vom 28.01. bis 11.11.2005 angegeben. Da er im Rahmen der Schilderung seiner Tätigkeit in diesem Verfahren darauf hingewiesen hat, dass er nach dem obsiegenden Urteil im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen den früheren Testamentsvollstrecker vorgehen und Zwangshaft beantragen musste (Blatt 37 f. der Beiakte), hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 25.05.2010 aufgefordert, näher darzulegen, dass in dem maßgeblichen Zeitraum ab dem 11.09.2005 eine inhaltliche Bearbeitung des Mandates stattgefunden hat. Der Kläger hat hierzu in seinem Schreiben vom 15.06.2010 auf Seite 11 f. (Sonderheft der Beiakten) nicht näher Stellung genommen. Es ist daher davon auszugehen, dass in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum keine Tätigkeit des Klägers mit erbrechtlichem Schwerpunkt in diesem Verfahren (mehr) stattgefunden hat. Dieser Fall ist daher nicht als rechtsförmliches erbrechtliches Verfahren zu berücksichtigen.
Die in der Fallliste unter den lfd. Nrn. 29 bis 33 aufgeführten Verfahren wurden von dem Kläger als gerichtliche Auseinandersetzungen mit erbrechtlichem Schwerpunkt in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum betrieben. Sie sind daher als rechtsförmliche Verfahren anzuerkennen.
Insgesamt sind somit aus den in der Fallliste des Klägers in Teil 1 unter B. aufgeführten Verfahren 28 Verfahren als rechtsförmliche Verfahren außerhalb des Bereichs der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuerkennen. Weiter sind drei Fälle als sonstige Beratungsfälle zu berücksichtigen.
(2)
Die vom Kläger eingereichte Fallliste umfasst darüber hinaus in Teil 2: "Sonstige Fälle, A. Außergerichtliche Vertretung" 15 Fälle und unter "B. Beratungen" 49 Fälle, von denen unter Berücksichtigung der drei vorstehend unter II. 1. b) (1) aufgeführten drei Fälle insgesamt 62 Fälle anzuerkennen sind.
(a)
Von den in der Fallliste des Klägers unter Teil 2 A. aufgeführten Fällen sind13 Fälle als nicht rechtsförmliche erbrechtliche Fälle zu berücksichtigen.
Die unter lfd. Nr. 1 bis 7 aufgeführten Fälle betreffen Verfahren, in denen der Kläger seine Mandanten innerhalb des maßgeblichen Bearbeitungszeitraums außergerichtlich in Auseinandersetzungen mit erbrechtlichen Schwerpunkten vertreten hat. Diese Fälle sind als nicht rechtsförmliche Verfahren anzuerkennen.
Gegenstand des als lfd. Nr. 8 angeführten Verfahrens war die außergerichtliche Vertretung einer Mandantin durch den Kläger, die eine Schenkung zu Lebzeiten an den zwischenzeitlich verstorbenen Erblasser zur Vermeidung der Begünstigung seiner Erben widerrufen wollte. Der Schwerpunkt der Bearbeitung dieses Falles lag damit im erbrechtlichen Bereich, sodass auch dieses Verfahren als nicht rechtsförmliches erbrechtliches Verfahren anzuerkennen ist.
Auch die unter den lfd. Nrn. 9 bis 11 aufgeführten Fälle betreffen außergerichtliche Vertretungen von Mandanten des Klägers in erbrechtlichen Fragestellungen, die innerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraums bearbeitet wurden. Auch diese Verfahren sind als nicht rechtsförmliche erbrechtliche Fälle anzuerkennen.
In dem unter lfd. Nr. 12 aufgeführten Verfahren hat der Kläger selbst in seiner Fallliste aufgeführt, dass er in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum eine erbrechtliche Beratung durchgeführt hat (Blatt 44 der Beiakte). Dieser Fall ist somit als nichtrechtsförmliches Verfahren aus dem Bereich der Beratung anzuerkennen.
Auch in dem unter lfd. Nr. 13 aufgeführten Fall beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers nach seiner Darstellung in der Fallliste (Blatt 44 der Beiakte) auf eine in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum durchgeführte Beratung zu einer erbrechtlichen Fragestellung. Auch dieser Fall ist daher als nicht rechtsförmliches Verfahren aus dem Bereich der Beratung anzuerkennen.
Die unter lfd. Nr. 14 und 15 aufgeführten Fälle betreffen dagegen wieder außergerichtliche Vertretungen von Mandanten in erbrechtlichen Auseinandersetzungen durch den Kläger, die innerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraums erfolgt sind. Beide Verfahren sind daher als nicht rechtsförmliche Verfahren aus dem Bereich des Erbrechts anzuerkennen.
Es sind somit 13 vom Kläger bearbeite Fälle als nicht rechtsförmliche Verfahren aus dem Bereich des Erbrechts anzuerkennen. Zwei weitere Verfahren Fälle sind als sonstige Beratungsfälle zu berücksichtigen.
(b)
Von den in der Fallliste des Klägers in Teil 2 B. aufgeführten 49 nicht rechtsförmlichen Beratungsfällen sind insgesamt 45 Fälle als nicht rechtsförmliche Verfahren anzuerkennen. Darüber hinaus sind die vorstehend bereits aufgeführten fünf weiteren nicht rechtsförmlichen Verfahren als Beratungsfälle zu berücksichtigen.
Von den 49 in der Fallliste des Klägers in Teil 2 B. Beratungen (Bl. 45 - 60 der Beiakte) sind nur die unter denlfd. Nr. 17, 20, 22 und 24 aufgeführten Beratungen nicht als vom Kläger bearbeitete Fälle aus dem Bereich des Erbrechts anzuerkennen.
Der unter der lfd. Nr. 17 aufgeführte Fall ist inhaltlich identisch mit dem vom Kläger unter der lfd. Nr. 5 aufgeführten Fall (Bl. 46 f., 50 der Beiakte). Dies ergibt sich sowohl aus dem vom Kläger mitgeteilten Inhalt seiner Tätigkeit, als auch aus dem angegebenen Aktenzeichen des Klägers und dem Bearbeitungszeitraum. Aus der vom Kläger auf die Aufforderung der Beklagten vom 26.05.2010, Seite 16, ohne weitere Erläuterung mit Schreiben vom 15.06.2010 vorgelegten Arbeitsprobe ist nicht zu entnehmen, dass es sich um unterschiedliche Lebenssachverhalte (vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 06.03.2006 - AnwZ (B) 36/05, NJW 2006, S. 1513 ff.) handelte, die Gegenstand der Beratungen des Klägers waren.
Die vom Kläger unter den lfd. Nr. 20, 22 und 23 aufgeführten Beratungen betrafen jeweils die Erstellung von Betreuungs- und teilweise Patientenverfügungen für seine Mandanten. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Fälle mit dem Schwerpunkt ihrer Bearbeitung nicht dem Bereich des Erbrechts zuzuordnen. Maßgeblich für die Zuordnung zum einem Rechtsgebiet kann dabei nicht die teilweise irreführende Bezeichnung des Gegenstands der Beratung sein, die hier eine Zuordnung einerseits zum Bereich des Erbrechts (im Hinblick auf die teilweise umgangssprachlich gebräuchliche Bezeichnung Patiententestament) oder andererseits zum Medizinrecht (Bezeichnung Patientenverfügung) nahelegen könnte. Dementsprechend wird dieses Themengebiet auch in Publikationen sowohl zum Medizinrecht (z.B. Ratzel/Luxemburger, Handbuch Medizinrecht, (2008), § 12 Rdn. 484 ff.), als auch zum Erbrecht (z.B. Groll, Praxishandbuch Erbrechtsberatung, (2001), B. XVI.) behandelt. Entscheidend ist jedoch die rechtliche Zuordnung des Schwerpunkts der Beratung. Bei der Erstellung von Betreuungs- und Patientenverfügungen geht es vorrangig um die Erteilung von Vollmachten unter Lebenden, die Äußerung von Wünschen für den Fall einer Betreuung und um die Erteilung von Anweisungen unter Lebenden, wie in bestimmten (Krankheits-)Situationen verfahren werden soll. Trotz der inhaltlichen Bezüge sowohl zu medizinischen und medizinrechtlichen sowie erbrechtlichen Aspekten liegt der Schwerpunkt dieser Regelungen somit im allgemeinen schuldrechtlichen und familienrechtlichen Bereich. Dementsprechend hat der Gesetzgeber die neu geschaffenen gesetzlichen Regelungen der §§ 1901 a bis 1901 c BGB auch dem Familienrecht zugeordnet. Die vom Kläger in diesem Bereich durchgeführten Beratungen sind daher nicht als Fälle mit erbrechtlichem Schwerpunkt zu berücksichtigen.
Insgesamt sind demnach von den vom Kläger in seiner Fallliste aufgeführten Fällen insgesamt 92 Fälle, davon 30 rechtsförmliche Verfahren, von denen wiederum 18 Verfahren nicht dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzuordnen sind, und 62 Fälle, in denen kein rechtsförmliches Verfahren geführt wurde, anzuerkennen.
(3)
Von diesen 92 vom Kläger bearbeiteten Fällen beziehen sich auch jeweils mindestens 5 Fälle auf drei der in § 14f Nr.1 bis 5 FAO genannten Bereiche (§ 5 Abs.1 S.1 m) S.2 FAO).
Den Bereich des § 14f Nr. 1 FAO (materielles Erbrecht) betreffen mindestens 50 der vom Kläger aufgeführten Fälle.
Den Bereich des § 14f Nr. 3 FAO (vorweggenommene Erbfolge, Vertrags- und Testamentsgestaltung) betreffen mindestens 19 der vom Kläger bearbeiteten Fälle.
Darüber hinaus hat der Kläger die Bearbeitung von mindestens 10 Fällen aus dem Bereich des § 14f Nr. 4 FAO (Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz und Nachlasspflegschaft) nachgewiesen.
Schließlich wiesen mindestens 27 der vom Kläger bearbeiteten Fälle Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung auf, sodass sie dem Bereich des § 14f Nr. 6 FAO zuzuordnen sind.
(4)
Die vom Kläger in seiner Fallliste aufgeführten 92 Fälle sind entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht nach§ 5 Abs. 4 FAO (bis zum 28.02.2010: § 5 S. 3 FAO a.F.) niedriger oder höher zu gewichten.
Bei der Auslegung der FAO ist "insbesondere Art. 12 und Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen" (Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl., Rn 6 vor FAO).
Die Regelung des § 5 Abs. 4 FAO verstößt gegen Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 20 Abs.3 GG und ist deshalb nicht anzuwenden.
Ein Norm, die wie § 5 Abs.4 FAO das Grundrecht des Rechtsanwalts aus Art. 12 Abs. 1 GG einschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.02.1998 - 1 BvR 2124/95, BRAK-Mitt. 1998, S. 145 f.), muss unter anderem Mindestanforderungen an das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot erfüllen. Ohne ausreichende Bestimmtheit bestünde die Gefahr willkürlicher, weil beliebiger Gewichtungen und damit auch die Gefahr einer sachwidrigen Ungleichbehandlungen zwischen verschiedenen Antragstellern, die den Geboten der Art. 3 Abs. 1, 20 Abs.3 GG zuwider liefen. Hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür, wann und in welchem Umfang eine Minder- oder Höhergewichtung vorzunehmen ist, enthält § 5 Abs. 4 FAO nicht. Hier wird nur allgemein vorgesehen, dass "Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle" zu einer abweichenden Gewichtung führen kann. Während der AGH Bremen in seinem Beschluss vom 03.12.2003 (1 AGH 2/2002, BRAK-Mitt. 2004, S. 85 ff.) und ihm folgend der Thüringer AGH (Beschluss vom 15.11.2004 - AGH 2/04, BRAK-Mitt. 2005, S. 134 ff.) ohne nähere Begründung die Auffassung vertreten haben, dass jeder Fall zumindest mit 0,5 zu gewichten sei, hat der BGH (Beschluss vom 20.04.2009 - AnwZ (B) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, S. 177 ff.) nun entschieden, dass bei Wiederholungsfällen eine Mindergewichtung "mit einem Faktor von höchstens 0,2" zulässig sei. Eine Begründung der Mindergewichtung gerade mit diesem Faktor erfolgt jedoch in diesem Beschluss des BGH ebenso wenig wie eine Auseinandersetzung mit der Frage der Verfassungsgemäßheit dieser Satzungsregelung. Im vorliegenden Fall hat diese Auslegung des § 5 Abs.4 FAO durch die Beklagte dazu geführt, dass diese die vom Kläger aus dem Bereich des Erbrechts bearbeiteten 48 Beratungsfälle 21 mal mit 0,5, 2 mal mit 0,6, 8 mal mit 0,7, 3 mal mit 0,8, 1 mal mit 0,9, 9 mal mit 1,0 und 4 weitere Fälle jeweils mit 0,2, 0,3, 0,5 und 1,0 bewertet hat. Letztlich ist bei einer solchen Anwendung des § 5 Abs. 4 FAO für den Antragsteller in keiner Weise vorhersehbar, ob die von ihm in dem vorgegebenen Zeitraum bearbeiteten und eingereichten Fälle ausreichen, um seine besonderen praktischen Erfahrungen im Sinne des § 5 FAO nachzuweisen. So sieht beispielsweise § 5 Abs. 1m) FAO vor, dass von dem Antragsteller 80 von ihm persönlich und weisungsfrei bearbeitete Fälle aus dem Bereich des Erbrechts nachgewiesen werden müssen. Folgt man der Auffassung des BGH in seinem Beschluss vom 20.04.2009 (a.a.O..) und lässt eine Mindergewichtung mit bis zu 0,2 pro Fall zu, würde dies, wenn man den ersten von mehreren Wiederholungsfällen mit 1,0 gewichtet, bedeuten, dass der Antragsteller die Bearbeitung von 396 Fällen nachweisen müsste. In § 5 Abs. 1m) FAO Ist jedoch vorgesehen, dass der Antragsteller zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen "80 Fälle, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren", bearbeitet haben muss. Dies zeigt, dass grundsätzlich nicht nur "rechtsförmliche Verfahren", sondern auch sonstige Fälle, z.B. Beratungen, als ein "Fall" im Sinne dieser Regelung anzusehen sind. Dies bestätig letztlich auch der Wortlaut des § 5 Abs.4 FAO, nach dem "Umfang, Bedeutung und Schwierigkeit einzelner Fälle (...) zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung führen" können (Hervorhebung durch den Verf.).
Allein die vom Satzungsgeber vorgesehenen Kriterien "Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit" für eine höhere oder niedrigere Gewichtung sind jedoch für sich genommen nicht geeignet, die für die Antragsteller bestehende Unsicherheit auf ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Maß zu reduzieren, sodass auch eine verfassungskonforme Auslegung dieser Norm ausscheidet. Soweit in der Literatur (vgl.Klose, BRAK-Mitt. 2008, S. 150, 151) in diesem Zusammenhang eine Parallele gezogen wird zu der in § 14 RVG vorgesehenen Bestimmung der Rahmengebühren nach billigem Ermessen durch den Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, ist zu bedenken, dass für die im Vergütungsverzeichnis zum RVG vorgesehenen Rahmengebühren jeweils eine Unter- und Obergrenze gesetzlich festgelegt ist. Auch eine solche Festlegung fehlt in § 5 Abs. 4 FAO.
Gerade in dem auch aus verfassungsrechtlichen Gründen stark formalisierten Fachanwaltszulassungsverfahren (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom12.07.2010 - AnwZ (B) 85/09, BRAK-Mitt. 2010, S. 270, 271, der unter Hinweis auf die Formalisierung des Nachweises der Fallbearbeitung innerhalb der 3-Jahres-Zeitraums auch einen unwesentlichen Teil der Bearbeitung eines dem jeweiligen Fachgebiet zuzuordnen Falles in dem maßgeblichen Zeitraum ausreichen lässt) kann eine derart systemwidrige und unbestimmte, das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit einschränkende Vorschrift keine Anwendung finden.
Der Senat ist auch berechtigt, selbst über die Nichtigkeit des § 5 Abs. 4 FAO wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1, 20 Abs.3 GG zu entscheiden und diesen nicht anzuwenden, da es sich nicht um ein formelles Gesetz, sondern um eine auf der Ermächtigungsgrundlage des § 59b BRAO beruhende Satzung handelt (vgl. Stobbe, in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl. Kap. II zu§ 1 FAO). Es wird daher die Aufgabe der Satzungsversammlung sein, eine verfassungskonforme Regelung der Gewichtung einzelner Fälle im Sinne des § 5 FAO zu verabschieden. Solange dies nicht geschehen ist, ist eine Höher- oder Mindergewichtung einzelner Fälle mangels einer rechtswirksamen Rechtsgrundlage nicht zulässig.
Die vom Kläger aus dem Bereich des Erbrechts bearbeiteten 92 Fälle sind somit in vollem Umfang anzuerkennen, sodass der Kläger auch den Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen erbracht hat.
2.
Die Berufung war nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO, §§ 112c Abs. 1, 112e BRAO wegen der grundsätzlichen Bedeutung und da die Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des BGH abweicht zuzulassen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112c BRAO, 154 Abs. 1, 161 Abs. 3 VwGO, 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
Der Streitwert war gemäß § 194 BRAO entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats in vergleichbaren Angelegenheiten festzusetzen und orientiert sich an der wirtschaftlichen Bedeutung der Fachanwaltsbezeichnung.
Die Festsetzung des Geschäftswertes ist unanfechtbar.