Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 26.11.2002, Az.: 7 B 5435/02

Auswahl; Auswahlentscheidung; Kindergartenplatz; Nachmittagsplatz; ortsnah; Vormittagsgruppe; Vormittagsplatz; Überbelegung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
26.11.2002
Aktenzeichen
7 B 5435/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41895
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG - 24.01.2003 - AZ: 4 ME 596/02

Gründe

1

Der Antrag des Antragstellers,

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den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, ihm einen ortsnahen Kindergartenplatz in einer Vormittagsgruppe zu verschaffen, indem bei der Stadt P. darauf hingewirkt wird, dass ihm ein Kindergartenplatz entweder im R. -Kindergarten der St. P.-Kirchengemeinde oder im Katholischen Kindergarten St. G. oder im Ev. Kindergarten der St. J.-Kirchengemeinde oder in der Kindertagesstätte M-Straße in P. zur Verfügung gestellt wird, hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, die über den Kindergartenbeitrag hinausgehenden Kosten eines Tagespflegestelle zu übernehmen, welche dem Antragsteller vermittelt oder von diesem selbst gefunden wird, bleibt ohne Erfolg.

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Die Kammer lässt es dabei dahinstehen, ob der Antrag nicht bereits deshalb abzulehnen ist, weil es vorliegend an einem offenen, noch zu regelnden Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner mangelt. Zwar hat der Antragsteller am 10.09.2002 bei der Stadt P. einen Antrag gestellt, der auch dem Antragsgegner zur Kenntnis gelangt ist und den er damit gegen sich gelten lassen muss. Allerdings hat die Stadt P. unter dem 29.10.2002 bereits eine Ablehnung ausgesprochen, ohne dass der Antragsteller entweder nunmehr direkt beim Antragsgegner einen neuen Antrag gestellt noch eine Leistungsklage vor dem Verwaltungsgerichts erhoben hat. Damit besteht kein aktuelles Rechtsverhältnis mehr, das überhaupt geregelt werden könnte. Letztendlich kommt es aber darauf auch nicht an, weil der Antrag bereits aus einem anderen Grund scheitert.

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Eine einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dann erlassen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der geltend gemachte Anspruch gegenüber dem Antragsgegner  besteht und ohne eine vorläufige Regelung wesentliche, in § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO näher beschriebene Nachteile zu entstehen drohen (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO).

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Ein Anordnungsgrund liegt in der Eilbedürftigkeit der Entscheidung. Denn der gesetzliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz besteht derzeit und geht mit jedem vergangenen Tag ein Stück weit unter, weil rückwirkend ein Kindergartenplatz nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann. Die Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren würde nach alledem wegen der erfahrungsgemäßen Dauer eines Klageverfahrens keinen ausreichend effektiven Rechtsschutz bieten. Zugleich rechtfertigt das Gebot des effektiven Rechtsschutzes die (zumindest teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache, weil sonst dem Antragsteller durch den Zeitablauf unzumutbare, im Nachhinein nicht mehr ausgleichbare Nachteile entstehen (so auch VG Hannover, Beschluss vom 12.07.1996 – 9 B 3364/96 – in einem vergleichbaren Fall).

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Dem Antragsteller ist es jedoch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

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Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf eine Vormittagsgruppe in einem Kindergarten ist § 24 SGB VIII iVm. § 12 Abs. 1 Nds. Kindertagesstättengesetz.

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Danach hat jedes Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuchs eines Kindergarten. Der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf einen Platz in einer Vormittagsgruppe eines Kindergartens oder einer dem Kindergarten entsprechenden Kleinen Kindertagesstätte. Der Anspruch ist dabei möglichst ortsnah zu erfüllen. Nur soweit ein ausreichendes Angebot an Plätzen nicht zur Verfügung steht, kann der Rechtsanspruch auch durch das Angebot eines Platzes in einer Nachmittagsgruppe eines Kindergartens oder in einem Kinderspielkreis gemäß § 12 Abs. 3 Nds. KiTaG erfüllt werden. Bei der Auswahl, welches Kind einen Vormittags- und welches Kind einen Nachmittagsplatz erhält, ist dabei die besondere soziale Situation des Kindes und seiner Sorgeberechtigten zu berücksichtigen.

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Zwar hat der Antragsteller seinen Anspruch nach §§ 24 SGB VIII, 12 Nds. KiTaG richtigerweise gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht.

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Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 Nds. KiTaG ist der Anspruch aus den genannten Vorschriften gegenüber dem örtlichen Träger der Jugendhilfe geltend zu machen, in dessen Gebiet sich das Kind – hier der Antragsteller – nach Maßgabe des § 86 SGB VIII gewöhnlich aufhält. Das ist hier der Antragsgegner. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner mit der Stadt P. eine Vereinbarung zur Übertragung von Aufgaben der Jugendhilfe gem. § 69 Abs. 5 SGB VIII geschlossen hat (so aber noch VG Hannover, Beschluss vom 12.07.1996 – 9 B 3364/96 -). Bei dieser Vereinbarung handelt es sich jedoch nicht um eine Verlagerung von Kompetenzen vom Landkreis zur Stadt, sondern nur um eine Übertragung der verwaltungsmäßigen Abwicklung von Aufgaben des Landkreises auf die Stadt (so auch hinsichtlich einer vergleichbaren Vereinbarung des Landkreises Schaumburg mit einer dortigen kreisangehörigen Samtgemeinde: OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.11.1996 – 4 M 4787/96 -, NdsVBl. 1997, 60 f.).

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Der am 15.10.1999 Antragsteller erfüllt weiterhin die persönlichen Voraussetzungen der §§ 24 SGB VIII, 12 Abs. 1 Nds. KiTaG. Seit dem 15.10.2002 hat er sein 3. Lebensjahr vollendet.

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Mit dem Angebot eines Vormittagsplatzes im Kinderspielkreis H. in einem rund 6 Kilometer entfernten Ortsteil der Stadt P. konnte auch der o.g. sich aus §§ 24 SGB VIII, 12 Abs. 1 Nds. KiTaG ergebende grundsätzliche Anspruch des Antragstellers nicht erfüllt werden.

13

Die Kammer lässt offen, ob mit dem Verweis auf diesen Kinderspielkreis überhaupt die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 4 Nds. KiTaG erfüllt werden kann, wonach ein Anspruch auf einen Kindergartenplatz möglichst ortsnah zu erfüllen ist.

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Eine Entfernung der Kindertagesstätte von 6 bis 7 Kilometer vom Wohnort ist als ortsnah anzusehen.

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Zwar dürfte mit dem OVG Saarlouis (Beschl. vom 16.12.1997 – 8 W 6/97 -, NVwZ-RR 1998, 435, 436) davon auszugehen sein, dass es auch nicht in Niedersachsen - trotz der ausdrücklichen Formulierung in § 12 Abs. 1 Nds. KiTaG – Aufgabe der Jugendhilfe ist, den Eltern die Verantwortung für das Erreichen des Kindergartens abzunehmen, noch dass in jeder noch so kleinen Siedlung ein Kindergarten bereit gestellt werden muss. Anderseits ist es das Ziel des Landesgesetzgebers gewesen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern (VG Göttingen, Beschl. v. 21.08.1998 – 2 B 2297/98 -, NVwZ-RR 1999, 130 m.w.N.). Daraus folgt, dass unter der Geltung des Niedersächsischen Kindertagesstättengesetzes Anspruch auf Zuweisung eines Kindergartenplatzes besteht, der die Eltern möglichst wenig belastet. Dies dürfte in der Regel zunächst ein Platz in der am nächsten gelegenen Einrichtung sein (so auch VG Göttingen, a.a.O.), möglicherweise aber auch – sofern die Kapazitäten bereits erschöpft sind – ein Platz in einer anderen, ebenfalls in noch zumutbarer Entfernung liegenden Einrichtung. Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat eine Entfernung von 6 bis 7 Kilometern noch als ortsnah angesehen (Beschluss vom 10.09.2002, 13 ME 245/02 -, zit. n. Juris). Welche Entfernungen noch als zumutbar angesehen werden können, lässt sich aber nicht abstrakt für alle Fälle festlegen. Maßgebend für die Frage der Zumutbarkeit und damit der Ortsnähe sind die örtlichen Verhältnisse. In ländlichen Gebieten, in denen Infrastruktureinrichtungen traditionell erst nach Zurücklegung größerer Wegstrecken erreicht werden, dürfte ein anderer Maßstab anzusetzen sein, als etwa in dicht besiedelten Gebieten, in denen sich im Umkreis von wenigen Kilometern bereits sehr viele Kindergärten befinden.

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Letztendlich kommt es aber nicht darauf an, ob der Spielkreis H. noch als ortsnah anzusehen ist oder nicht, denn – wie sich aus § 12 Abs. 3 Nds. KiTaG ergibt - ein Platz in einem Kinderspielkreis ist keineswegs gleichwertig mit einem Platz in einem Kindergarten. Nur ausnahmsweise kann damit – neben der Möglichkeit eines Platzes in einer Nachmittagsgruppe – der Anspruch auf einen Kindergartenplatz erfüllt werden. Zum Einen bedürfte es zum Verweis auf einem Kinderspielkreis einer besonderen Auswahlentscheidung nach § 12 Abs. 3 Satz 4 Nds. KiTaG und zum anderen müsste der Kinderspielkreis Hagen auch die in § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Nds. KiTaG genannten Voraussetzungen erfüllten. Aber auch dies bedarf hier keiner weiteren Klärung.

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Denn die Stadt P. hat dem Antragsteller daneben einen Nachmittags-Kindergartenplatz im Evangelischen Kindergarten der St. J.-Kirchengemeinde (Kindergarten H.) angeboten. Mit diesem Angebot wurde dem sich aus § 12 Abs. 1 Nds. KiTaG ergebenden Anspruch des Antragstellers vorerst jedenfalls genüge getan.

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Dieser Platz kann zum Einen noch als ortsnah angesehen werden kann. Denn der Antragsteller trägt selbst vor (Blatt 3 der Antragsschrift), dass seine Eltern weiter entfernte Einrichtungen bis hin zu dem 2,5 Kilometer entfernt liegenden Kindergarten der St. J. Kirchengemeinde noch für zumutbar halten. Daran muss er sich festhalten lassen.

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Wie sich aus § 12 Abs. 3 Nds. KiTaG aber ergibt, besteht zwar zwischen einer Vormittags- und einer Nachmittagsgruppe ebenfalls keine Gleichwertigkeit. Nur soweit ein ausreichenden Angebot an Vormittagsplätzen aus Kapazitätsgründen nicht zur Verfügung steht, kann ausnahmsweise ein Nachmittagsplatz den Anspruch erfüllen (VG Göttingen, a.a.O.). Bei der Auswahl, welches Kind einen Vormittags- und einen Nachmittagsplatz erhält, ist dabei nach § 12 Abs. 3 KiTaG die besondere soziale Situation des Kindes und seiner Sorgeberechtigten zu berücksichtigen. Daraus folgt, soweit nicht genügend Vormittagsplätze in den Kindertagesstätten vorhanden sind, sind zu jedem Aufnahmeantrag (und nicht etwa nur lediglich im Rahmen einer besonderen Härtefallregelung) die besonderen sozialen Umstände, die die Situation des Kindes und die seiner Sorgeberechtigten kennzeichnen, festzustellen (OVG Lüneburg, a.a.O.).

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Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem bereits mehrfach zitierten Beschluss beispielsweise aufgezählt, welche Umstände in die Aufnahmeentscheidung einzustellen sind, ohne allerdings eine abschließende Liste zu nennen. Jedenfalls kann das Alter des Kindes nur ein Umstand von vielen sein, der zu berücksichtigen ist. Daneben gehört zu den weiteren, zu beachtenden Kriterien beispielsweise die Frage des Entwicklungsstandes des Kindes, die Frage ob Einzelkind oder nicht, ob Geschwister in derselben Kindergartengruppe vorhanden sind, ob Geschwister in eine Schule mit ausschließlich Vormittagsunterricht gehen, ob die Eltern berufstätig sind, ggf. die zeitliche Festlegung eines teilzeitbeschäftigten betreuenden Elternteils auf eine bestimmte Zeit des Tages, und das Vorhandensein anderer Betreuungspersonen bei Verhinderung der Eltern (OVG Lüneburg, a.a.O.).

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Die Aufnahmekriterien des R.-Kindergartens, des Kindergartens der St. J.-Kirchengemeinde und der Kindertagesstätte M. genügend diesen Anforderungen offensichtlich nicht. Denn der R. und der Kindergarten der St. J.-Gemeinde stellen ausschließlich auf das Alter der Kind ab, was nach der o.g. Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts gerade nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren ist, selbst wenn Ausnahmeregelungen möglich sind. Entsprechend ist aber auch die Praxis der Tagesstätte Marienstraße zu beanstanden, die lediglich das Anmeldedatum gelten lässt und die besonderen sozialen Umstände ebenfalls außer acht lässt. Lediglich die Aufnahmekriterien der katholischen Kirchengemeinde kommen der gesetzlichen Regelung schon näher.

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Für den vorliegenden Fall kommt es aber hier nicht entscheidend darauf an, dass insbesondere die Aufnahmekriterien der St.-J.-Kirchengemeinde fehlerhaft sind, denn die Entscheidung, dem Antragsteller gleichwohl nur auf einen Nachmittagsplatz zu verweisen, ist darauf nicht zurückzuführen.

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Der Kindergarten dieser Gemeinde hat – wie auch alle anderen vom Antragsteller angesprochenen Kindergärten – seine Auswahlentscheidung, welche Kinder zu Beginn des Kindergartenjahres am 01.08.2002 in die Vormittagsgruppe aufgenommen werden, bereits zu einem Zeitpunkt getroffen, als der Antragsteller selbst noch gar nicht das dritte Lebensjahr vollendet hatte. Auch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Entscheidung – am 01.08.2002 – war der Antragsteller noch keine drei Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach alledem noch gar keinen sich aus § 24 SGB VIII, § 12 Abs. 1 Nds. KiTaG ergebenden Anspruch auf einen Vormittagskindergartenplatz und mithin keinen Anspruch auf eine Auswahlentscheidung nach § 12 Abs. 3 Satz 4 Nds. KiTaG. Durch fehlerhafte Auswahlkriterien konnte er seinerzeit noch nicht in seinen Rechten verletzt sein.

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Erst seit dem 15.10.2002 erfüllt der Antragsteller die Voraussetzungen des § 24 SGB VIII, § 12 Abs. 1 Nds. KiTaG. Zu diesem Zeitpunkt waren aber alle Vormittagsplätze bereits besetzt. Ein Anspruch darauf, dass ein bereits aufgenommenes Kind wieder ausscheidet, nur um dem Antragsteller einen Platz frei zu machen, ergibt sich aus den o.g. Vorschriften nicht. Erst dann, wenn in einer Vormittagsgruppe ein Platz frei wird und mit einem Kind aus der Warteliste besetzt werden soll, wird der Kindergarten dann den Antragsteller in seine Auswahl mit einbeziehen und sich an den vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Lüneburg vorgezeichneten Kriterien orientieren müssen. Der Antragsgegner wird – ggf. über die Stadt P. – darauf hinzuwirken haben, dass in Vereinbarungen mit den Kita-Trägern der sich aus § 12 Abs. 3 Nds. KiTaG ergebende Anspruch auf eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung sichergestellt wird.

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Ob allerdings der Antragsteller bei einer Auswahlentscheidung zwischen Nachrückern dann tatsächlich der Vorzug zu geben ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Das hängt auch davon ab, welche Umstände für die anderen Kinder auf der Warteliste sprechen.

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Aus § 24 SGB VIII, § 12 Abs. 1 Nds. KiTaG ergibt sich weiterhin keine Verpflichtung der Träger der Kindergärten, weitere Plätze zu schaffen, insbesondere Anträge auf Genehmigung einer Überbelegung zu stellen. Zwar hat sich, wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, die Bezirksregierung H. bereit erklärt, ihre Zustimmung zu einem derartigen Verfahren zu geben.

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Der Träger einer Kindertagesstätte hat nach § 7 Abs. 2 Nds. KiTaG die Anzahl der in einer Gruppe betreuten Kinder so festzulegen, dass sie entsprechend ihrem Alter gefördert werden können. Werden in einer Gruppe auch behinderte Kinder betreut, so ist der besondere Aufwand für die Förderung dieser Kinder bei der Festlegung der Gruppengröße zu berücksichtigen. Ebenfalls soll der besondere Aufwand berücksichtigt werden, der durch die Förderung von Kindern ausländischer Herkunft und Kindern aus besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen entsteht. Dabei kann der Kindergartenträger jedoch nicht nach eigenem Ermessen beliebig viele Kinder in eine Gruppe aufnehmen. Er ist vielmehr bei seiner Entscheidung an die in der Verordnung über Mindestanforderungen an Kindertagesstätten (1. DVO-KiTaG) vom 28.06.2002 (Nds. GVBL. S. 323) vorgegebenen Obergrenzen gebunden. Zwar lässt § 5 dieser Verordnung zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz eine Ausnahmeregelung zu. Die vorgegebene Gruppenhöchstgrenze dient jedoch insbesondere zur Sicherung eines pädagogischen Qualitätsstandards. Wenn die einzelnen Kindergärten in Hinblick darauf im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 7 Nds. KiTaG davon absehen, für den Antragsteller einen entsprechenden Ausnahmeantrag zu stellen, so ist dies nicht zu beanstanden und der Antragsteller muss mit dem angebotenen Nachmittagsplatz vorlieb nehmen. Zwar haben die sorgeberechtigten Eltern des Antragstellers diesen Platz abgelehnt. Der Antragsteller muss sich jedoch das Handeln seiner gesetzlichen Vertreter zurechnen lassen.

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Daneben hat die Stadt P. überdies angeboten, alternativ auch eine Tagespflegestelle zu vermitteln. Sofern er – bzw. seine sorgeberechtigten Eltern – keine Nachmittagsbetreuung wünschen, wäre auch insoweit eine Betreuung des Antragstellers sichergestellt.

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Soweit es im Hilfsantrag um die Übernahme der Kosten dieser Tagespflegestelle geht, ist bereits kein Anordnungsgrund ersichtlich. Denn zur Zeit befindet sich der Antragsteller noch gar nicht in einer Tagespflegestelle, für die Kosten anfallen.

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Im Übrigen hat zwar die Tagespflegeperson einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 23 Abs. 3 SGB VIII, dieser richtet sich jedoch gegen den Träger der Jugendhilfe. Gemäß § 91 Abs. 2 SGB  iVm. § 93 VIII werden allerdings je nach Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Eltern und das Kind selbst zu den Kosten der Leistungen zur Förderung von Kindern in Tagespflege herangezogen. Ggf. müsste der Antragsteller einen gegen ihn ergehenden Heranziehungsbescheid abwarten und könnte sich dagegen mit Rechtsbehelfen wehren. Vorläufiger Rechtsschutz könnte in diesem Fall nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährt werden. Eine einstweilige Anordnung ist schon gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ausgeschlossen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.