Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.04.1992, Az.: 12 L 105/89
Prüfungsfahrzeug; Untersagungsverfügung; Fahrschulbetrieb; Entziehung der Zulassung; Leistungsbeschränkung; Motorrad
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.04.1992
- Aktenzeichen
- 12 L 105/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 13383
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:0423.12L105.89.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 16.06.1993 - AZ: BVerwG 11 B 68.92
Tenor:
Auf die Berufungen der Beklagten werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 9. Februar 1989 geändert.
Die Klagen werden abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der erstinstanzlichen Verfahren und des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Hinweis: verbundenes Verfahren
weitere Verbundverfahren:
OVG Niedersachsen - 23.04.1992 - AZ: 12 L 109/89
Gründe
I.
Der Kläger, der Inhaber eines Fahrschulbetriebes in ... mit Zweigstellen in ... und ... ist, wandte sich - ursprünglich - gegen die ihm von der Beklagten untersagte Verwendung seines Kraftrades der Marke Kawasaki als Ausbildungs- und Prüfungsfahrzeug für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse 1 bzw. 1 a sowie gegen die Entziehung der dafür erteilten Zulassung durch die Zulassungsstelle.
Mit Schreiben vom 15. April 1987 meldete der Kläger beim Straßenverkehrsamt - Abteilung Fahrschulen - der Beklagten u.a. ein Kraftrad der Marke Kawasaki GPZ 500 S mit zwei Leistungsstufen (27 PS/50 PS) mit dem Kraftfahrzeugkennzeichen ... für seinen Fahrschulbetrieb in S. an. Der Kraftfahrzeugschein bzw. der Kraftfahrzeugbrief für das am 10. April 1987 zugelassene Krad enthalten die Eintragungen "keine Leistungsbeschränkung" (Ziffer 1), die dann mit 37 kW bei 9.300 Umdrehungen/min. (Ziffer 9) angegeben wird, ferner die Angaben über die Höchstgeschwindigkeit mit 188 km/h (Ziffer 6), über das Leergewicht von 201 kg (Ziffer 14). Unter "Bemerkung" finden sich sodann die Zusätze zu Ziffer 14 (mit Gewichtssatz Kawasaki), zu Ziffer 7: "Abschließbarer Umschalthebel zur Begrenzung des Drosselungsklappenanschlages um 18 Millimeter. Bei Stellung 20 kW", zu Ziffer 1 "m. Leistungsbeschränkung", zu Ziffer 7 20 kW bei 8.500 Umdrehungen/min. und letztlich zu Ziffer 6 "145 km/h.". Das Kraftrad Kawasaki GPZ 500 S wird auf dem deutschen Markt, bei sonstiger Baugleichheit, in zwei Ausführungen ausgeliefert, und zwar mit einer Drosselung des sonst 44 kW (60 PS) starken Motors auf eine Leistung von 37 kw (50 PS) durch Einbau eines modifizierten Gasschiebers sowie mit einer zweiten Drosselungsstufe, bei der an beiden Vergasern modifizierte obere Deckel befestigt werden, die den Gasschieberweg nach oben begrenzen. Die Motorenleistung beim letztgenannten Modell beträgt 20 kW (27 PS). Das Kraftrad des Klägers wurde ursprünglich in der auf 20 kW gedrosselten Ausführung geliefert. Durch späteren Umbau der Vergaserdeckel wurde die 37 kW starke Ausführung erreicht. An diesem 37 kW-Triebwerk montierte die Firma Propko Motorradsport ein Gestänge, mit dem die Motorleistung gedrosselt werden kann, und zwar wahlweise entweder auf eine Leistung bis 37 kW oder eine solche bis 20 kW. Der Wahlschalter ist auf diese beiden Einstellmöglichkeiten fixiert. Die Einstellung wird durch ein Vorhängeschloß gesichert, und zwar so, daß sie während der Fahrt nicht verstellbar ist.
Mit Erlaß vom 18. Mai 1987 bat der Niedersächsische Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr die Technischen Prüfstellen, bei Begutachtung von Fahrzeugen mit entsprechender Umschaltmöglichkeit darauf hinzuweisen, daß dies nicht der StVZO entspreche, die Kraftfahrzeug-Zulassungsstellen, entsprechende Motorräder nicht zuzulassen und die Fahrschulaufsichtsbehörden, die Verwendung bereits zugelassener Motorräder als Ausbildungsfahrzeuge zu beanstanden. Zur Begründung verwies er darauf, daß nach Einführung des Stufenführerscheins Fahrschulen für die Fahrerlaubnis der Klasse 1 ein Kraftrad mit 37 kW und einem Leergewicht von mindestens 200 kg sowie für die Klasse 1 a ein Kraftrad mit einer Motorenleistung von 20 kW und einem Leergewicht von mindestens 140 kg einsetzen müßten. Die Fahrzeugindustrie habe jetzt Motorräder bzw. Zusatzgeräte entwickelt, die durch bloßes Umlegen eines Schalters eine Leistungsänderung von 37 kW auf 20 kW ermöglichten. Diese Motorräder würden den Fahrschulen als Ausbildungs- und Prüfungsfahrzeuge angeboten, um die Investition für ein zweites Fahrzeug zu ersparen. Dies sei aus zwei Gründen unzulässig. Zum einen sei ein wesentlicher Sinn der Zulassung von Kraftfahrzeugen und der Ausstellung entsprechender Zulassungspapiere die eindeutige und unveränderliche Zuordnung eines Kraftfahrzeuges zu den in der StVZO zum Beispiel im Bereich der Führerscheinklassen aufgeführten Fahrzeugkategorien. Hierfür sei insbesondere bei den motorisierten Zweirädern die Leistung ein wesentliches Merkmal. Dieses Grundprinzip der Zulassung komme u.a. in § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO zum Ausdruck, wonach die Angaben im Fahrzeugbrief und im Fahrzeugschein ständig den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen müßten. Die Zulassung eines Motorrades mit beliebig veränderbarer Leistung, die dann jeweils zur Einordnung in eine Fahrzeugkategorie und in eine andere Fahrerlaubnisklasse führen würde, sei daher mit der Systematik des Zulassungsrechts nicht vereinbar. Zum anderen verstoße die Umschaltmöglichkeit auch gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz. Für die Klasse 1 seien Krafträder mit einer Motorenleistung von mindestens 37 kW und einem Leergewicht von mindestens 200 kg zu benutzen, für die Klasse 1 a Krafträder mit einer Motorenleistung von 20 kW und einem Leergewicht von mindestens 140 kg. Durch die Umschaltmöglichkeit sei nicht mehr gewährleistet, daß die Kräder jederzeit die Anforderungen an die Motorenleistung erfüllten.
Mit Verfügung vom 27. Juli 1987 entzog die Beklagte dem Kläger unter dem Hinweis auf den ihm bekannten Erlaß vom 18. Mai 1987 die Zulassung für das Krad der Marke Kawasaki mit dem amtlichen Kennzeichen .... Mit einer weiteren Verfügung vom 9. Dezember 1987 untersagte sie dem Kläger die Verwendung dieses Kraftrades als Ausbildungs- und Prüfungsfahrzeug. Die dagegen erhobenen Widersprüche des Klägers wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Bescheiden vom 3. März bzw. 10. Mai 1988 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat gegen beide Widerspruchsbescheide rechtzeitig Klage erhoben (4 VG A 47/88 und 4 VG A 101/88). Zur Begründung hat er vorgetragen: Mit dem von ihm angeschafften Motorrad mit zwei Leistungsstufen könne er die Schulung von Fahrschülern auf Motorrädern für die Fahrerlaubnisklasse 1 und 1 a auf einem Motorrad durchführen. Sowohl im Kraftfahrzeugschein als auch im Kraftfahrzeugbrief seien die beiden Leistungsklassen eingetragen worden. Er habe das Krad ordnungsgemäß beim TÜV vorgeführt. Es sei dort auch abgenommen und zugelassen worden. Das Kraftrad erfülle auch die Voraussetzungen von § 5 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz. Sein Kraftrad habe das für beide Fahrerlaubnisklassen erforderliche Leergewicht von mindestens 140 kg bzw. 200 kg und auch eine - alternative - Motorenleistung von 20 kW oder 37 kW. Daß die technischen Voraussetzungen bedenkensfrei seien, belege das auf Veranlassung der Firma Propko Motorradsport erstellte Gutachten des Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungsvereins e.V. (DEKRA) vom 21. März 1988, auf das er im übrigen verweise. Die von der Widerspruchsbehörde gesehenen Mißbrauchsmöglichkeiten beständen nicht. Ein Mißbrauch im Rahmen seines Fahrschulbetriebes sei ausgeschlossen. Er sei durch die Anbringung des Sicherheitsschlosses einem Mißbrauch durch seine Fahrschüler entgegengetreten. Er selbst sei an die Vorschriften der StVZO gebunden und würde - selbstverständlich - seine Fahrschullehrerlizenz nicht aufs Spiel setzen. Ihm könne auch nicht entgegengehalten werden, daß ein Verkauf des streitigen Krades an private Dritte nicht verhindert werden könne. Darum gehe es hier gar nicht. Zu entscheiden sei lediglich, ob er mit diesem Krad für zwei Führerscheinklassen Schulungen und Prüfungen durchführen dürfe.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Kläger das streitige Kraftrad in S. abgemeldet und in B. unter dem Kennzeichen ... zugelassen. Nach den Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Stadt B. nicht gegen den Betrieb und die Nutzung des Krades für den dortigen Fahrschulbetrieb des Klägers eingeschritten.
Der Kläger hat im Verfahren 4 VG A 101/88 (Entziehung der Zulassung) beantragt,
festzustellen, daß die Verfügung der Beklagten vom 27. Juli 1987 sowie der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 10. Mai 1988 rechtswidrig gewesen sind.
Der Kläger hat im Verfahren 4 VG A 47/88 (Untersagung des Betriebes des Kraftrades für Prüfungs- und Ausbildungszwecke) beantragt,
die Verfügung der Beklagten vom 9. Dezember 1987 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 3. März 1988 aufzuheben.
Die Beklagte hat jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 9. Februar 1989 den Klagen jeweils stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die verwaltungsgerichtlichen Ausführungen Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen die ihr am 8. bzw. 9. März 1989 zugestellten Urteile am 5. April 1989 jeweils Berufung (12 L 105/89 und 12 L 109/89) eingelegt. Sie vertritt - weiterhin - die Auffassung, daß die Fahrerlaubnisse der Klassen 1 und 1 a nur auf ganz bestimmten Ausbildungs- und Prüfungsfahrzeugen erlangt werden könnten, die jederzeit den Leistungsbeschreibungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz entsprechen müßten. Dies sei beim Krad des Klägers hinsichtlich der Motorenleistung nicht der Fall. Bei der Beurteilung der Motorenleistung sei nämlich die bauartbedingte Leistung maßgebend. Bauartbedingt sei die Leistung aber nur dann, wenn sie nicht willkürlich beeinflußt werden könne, sondern technisch festgelegt sei. Der Kläger könne die Motorenleistung aber durch einfaches Umlegen eines Hebels verändern.
Die Beklagte beantragt - nach Verbindung der beiden Berufungsverfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung -,
die Urteile vom 9. Februar 1989 zu ändern und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen,
im Verfahren 12 L 105/89 (Untersagung des Betriebes des Kraftrades für Prüfungs- und Ausbildungszwecke) weiter
hilfsweise,
festzustellen, daß die Verfügung der Beklagten vom 9. Dezember 1987 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 3. März 1988 rechtswidrig gewesen sind.
Der Kläger verteidigt die angegriffenen Urteile.
Wegen des weiteren Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Bezirksregierung Braunschweig verwiesen.
II.
Die zulässigen Berufungen der Beklagten sind auch begründet. Die angegriffenen Urteile des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 1989 sind zu ändern und die Klagen abzuweisen, da sowohl die Entziehungsverfügung der Beklagten vom 27. Juli 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 10. Mai 1988 als auch die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 9. Dezember 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 3. März 1988 rechtmäßig sind.
Dabei bedarf es allerdings zunächst der Klarstellung, daß sich der Rechtsstreit bereits während der Anhängigkeit der Klageverfahren in der Hauptsache dadurch erledigt hat, daß der Kläger nach seinen Angaben das streitige Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen ... in S. abgemeldet und in B. neu zugelassen hat. Durch diesen Umstand hat sich nicht nur - wovon bereits das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - der Rechtsstreit hinsichtlich der Entziehung der Zulassung erledigt, sondern auch der hinsichtlich der Untersagungsverfügung zum Betrieb dieses Kraftrades für Prüfungs- und Ausbildungszwecke. Denn die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 9. Dezember 1987 bezieht sich auf ein ganz bestimmtes Kraftrad; mit der Abmeldung des Fahrzeugers in S. hat der Kläger der Verwendung seines Kraftrades gerade für seinen dortigen Fahrschulbetrieb den Boden entzogen. Der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung im Verfahren 4 VG A 47/88 insoweit zugrunde gelegte Aufhebungsantrag hätte also als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Der Kläger kann seine beiden Klageziele aber mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage weiter verfolgen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Das berechtigte Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügungen folgt aus der drohenden Wiederholungsgefahr. Der Kläger hat sein Kraftrad nämlich aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen in S. ab- und in B. neu angemeldet. Er hat damit keineswegs zu erkennen gegeben, daß er der Beklagten - auf Dauer - nachgeben will und er an einer Ausbildung mit einem Krad mit wählbaren Leistungsstufen nicht mehr interessiert sei. Vielmehr will er sein Kraftrad in S. weiter nutzen, wenn es ihm erlaubt würde. Würde er das Kraftrad erneut in seinem Betrieb einsetzen, müßte er mit einer weiteren Verfügung der Beklagten rechnen (zum Gesichtspunkt einer drohenden Wiederholungsgefahr vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 16.10.1989 - BVerwG 7 B 108.89 -, NVwZ 1990, 360).
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht aber die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügungen angenommen. Sowohl die Entziehung der Zulassung für das Kraftrad ... als auch die Untersagung der Verwendung dieses Krades als Schulungs- und Prüfungsfahrzeug waren rechtmäßig.
Die Entziehung der Zulassung findet ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde - neben der Setzung einer angemessenen Frist zur Behebung von Mängeln - auch den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen oder beschränken, wenn sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig erweist. Unter die im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde stehenden Maßnahmen fällt - wie die Überschrift der Vorschrift verdeutlicht - auch die Entziehung der Zulassung eines Kraftfahrzeuges. Da der hier von der Beklagten gerügte Mangel - nämlich die Wahlmöglichkeit der Leistung des Kraftrades mit entweder 37 kW oder aber 20 kW - nicht durch andere -, geringere Verwaltungsmaßnahmen beseitigt werden kann, ist die Entziehung der Zulassung für den Fahrschulbetrieb des Klägers eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Maßnahme.
Das Kraftrad des Klägers erweist sich auch als nicht vorschriftsmäßig. Nicht vorschriftsmäßig bedeutet, daß das Fahrzeug nicht den Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung entspricht. Nach der in § 16 Abs. 1 StVZO niedergelegten Grundregel der Zulassung sind zum Verkehr auf öffentlichen Straßen alle Fahrzeuge zugelassen, die den Vorschriften dieser Verordnung und der Straßenverkehrsordnung entsprechen, soweit nicht für die Zulassung einzelner Fahrzeugarten ein Erlaubnisverfahren vorgeschrieben ist. Das Kraftrad des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen ... entsprach nicht den Vorschriften der StVZO. Allerdings ist dem Kläger zuzugestehen, daß es ein ausdrückliches Verbot der Nutzung eines Kraftrades mit einem alternativen Leistungsangebot nicht gibt. Das gilt namentlich für die insoweit konkret die Ausbildungsfahrzeuge umschreibende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG) vom 16. September 1969 (BGBl I S. 1763) in der hier anzuwendenden Fassung der fünften Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 13. Dezember 1985 (BGBl I S. 2276). Nach Einführung des sog. Stufenführerscheins für Krafträder sind für die Ausbildung zu benutzen für die Klasse 1 "Krafträder mit einer Motorleistung von mindestens 37 kW und einem Leergewicht von mindestens 200 kg" und für die Klasse 1 a "Krafträder mit einer Motorleistung von 20 kW und einem Leergewicht von mindestens 140 kg". Das Kraftrad des Klägers erfüllt diese normierten Voraussetzungen. Es weist zum einen - nach rahmenfester Montierung des von der Firma Kawasaki für das Kraftrad GPZ 500 S entwickelten Gewichtssatzes - ein Leergewicht von 201 kg auf. Dem Leergewichtserfordernis steht auch nicht entgegen, daß grundsätzlich diese Anforderungen schon von der Bauart her erfüllt sein müssen und nicht erst durch nachträgliche Veränderungen (Manipulationen) erreicht werden (vgl. insoweit Eckhardt, Fahrlehrergesetz, 3. Aufl., Anm. 4 zu § 5 DV-FahrlG). Der Gewichtssatz ist hier rahmenfest angebaut worden. Die Ordnungsgemäßheit dieser Anbauten ist durch das Gutachten der DEKRA vom 21. März 1988 bestätigt. Anhaltspunkte für eine möglicherweise negative Veränderung der Fahreigenschaften bzw. des Fahrcharakters des Kraftrades, die es zu verhindern gelte, bestehen daher nicht. Da die Nr. 1 des § 5 Abs. 1 DV-FahrlG ein Leergewicht von "mindestens 200 kg" und die Nr. 2 ein solches von "mindestens 140 kg" fordert, sind die Leergewichtsanforderungen bei einem hier gewährleisteten Leergewicht von 201 kg erfüllt. Auch die unterschiedliche Motorenleistung von einmal 37 kW und andererseits 20 kW wird bei Ausnutzung des Schalterhebels erreicht. Von der Ableistung der Prüfung auf verschiedenen Maschinen spricht § 5 Abs. 1 DV-FahrlG ausdrücklich nicht. Der Sinn und Zweck der Vorschrift erlaubt eher den gegenteiligen Schluß, denn § 5 Abs. 1 Satz 2 DV-FahrlG läßt ausdrücklich am Beginn der Ausbildung etwa für die Klasse 1 und 1 a als Ausbildungsfahrzeug auch ein anderes Fahrzeug, nämlich ein Leichtkraftrad, zu.
Der Hinweis der Beklagten auf § 30 a StVZO führt ebenfalls nicht weiter. Nach dieser Bestimmung müssen Kraftfahrzeuge entsprechend dem Stand der Technik so gebaut und ausgerüstet sein, daß technische Veränderungen, die zu einer Änderung der durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit führen, wesentlich erschwert sind. Sofern dies nicht möglich ist, müssen Veränderungen leicht erkennbar gemacht werden. Hier geht es nicht um nachträgliche technische Veränderungen, die zu der Erhöhung der vorgesehenen Höchstgeschwindigkeit führen, sondern um die Erfassung einer alternativ wählbaren Motorenleistung, die von vornherein entweder durch eine Motorenstärke von 20 kW (dann nämlich ca. 145 km/h) oder aber 37 kW (dann ca. 188 km/h) erreicht werden kann.
Versicherungstechnische Bedenken bestehen ebenfalls nicht. Der Kläger hatte sein Kraftrad in der höheren Versicherungsklasse, nämlich für 37 kW, versichert. Dies ist ordnungsgemäß.
Die Unzulässigkeit der Wahlmöglichkeit zwischen zwei bestimmten Leistungsstufen folgt aber aus der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach müssen die Angaben im Kraftfahrzeugbrief, im Fahrzeugschein und in den Anhängerverzeichnissen sowie bei zulassungsfreien Fahrzeugen, für die ein amtliches Kennzeichen zugeteilt ist, in der Kartei oder Datei ständig den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ein Fahrzeug mit einer wahlweise erreichbaren Leistung von 37 kW oder 20 kW entspricht aber nicht "ständig den tatsächlichen Verhältnissen", denn dies erlaubt, je nach Schaltung, einmal ein tatsächliches Verhältnis, das Anforderungen der Fahrerlaubnisklasse 1 erfüllt oder aber ein tatsächliches Verhältnis, das der Fahrerlaubnisklasse 1 a entspricht. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, daß diese tatsächlichen Verhältnisse auch jeweils im Kraftfahrzeugbrief bzw. Kraftfahrzeugschein aufgenommen worden sind, damit auch die jeweils gewählte Leistungsstufe diesen Angaben entspricht. Dem Kläger ist auch zuzugestehen, daß eine ökonomische und praktische Sicht der Dinge für eine derartige Lösung, jedenfalls in einem Fahrschulbetrieb, spricht. Diesem Anliegen kann nach der derzeit gegebenen Rechtslage aber deswegen nicht entsprochen werden, weil ein derartiger Weg das - weitere - Erfordernis in § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO, daß nämlich den tatsächlichen Verhältnissen "ständig" entsprochen werden muß, entgegensteht. Dieses Merkmal läßt genau das Gegenteil, nämlich eine ständige Veränderung der Leistung, gerade nicht zu. Für diese Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO sprechen auch einleuchtende Gründe. Zwar mag die Führung eines derartigen Fahrzeuges gerade in einer Fahrschule und - zusätzlich - mit der vom Kläger installierten Sicherung (also Verschluß durch ein Sicherheitsschloß) tatsächlich einem Mißbrauch nicht - wie die Beklagte fürchtet - Tür und Tor öffnen. Eine Sonderstellung gerade für Fahrschulfahrzeuge sehen die einschlägigen Vorschriften aber nicht vor. Auch Fahrschulfahrzeuge müssen sich an den Anforderungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO messen lassen, es sei denn, der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber sieht gerade für sie eine besondere Regelung vor, etwa durch die Erweiterung des § 5 Abs. 1 DV-FahrlG. Eine Beschränkung des Betriebes des Kraftrades nur als Fahrschulfahrzeug ist nach der derzeitigen Verordnungslage auch kaum durchführbar. Es stellt sich nämlich die auch mit den Beteiligten in der Berufungsverhandlung erörterte Frage, was mit dem Fahrzeug im Falle einer Veräußerung an private Dritte geschieht. Dann wäre ein Mißbrauch nämlich unvermeidbar. So wäre es nicht zu verhindern, daß die Maschine des Klägers auch an einen Dritten veräußert werden könnte, der lediglich im Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse 1 a ist. Es ist u.a. Sinn des § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO, einen Kraftfahrzeugführer nicht der Versuchung auszusetzen, lediglich durch Verschieben eines einfachen Wahlhebels ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehr führen zu können, für das er nicht die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt. Dies gilt um so mehr, als die vom Kläger in seinem Fahrschulbetrieb eingesetzte Sicherung, also Verschluß des Wahlhebels durch ein Sicherungsschloß, jederzeit entfernt werden kann, eine Einstellung der verschiedenen Leistungsstufen des Krades also in Sekundenschnelle erfolgen kann. Diese Erwägung läßt sich keineswegs mit dem Argument des Klägers ausräumen, in diesem Verfahren gehe es lediglich um die Nutzung seines Kraftrades gerade für seinen Fahrschulbetrieb. Denn die Frage eines möglichen Mißbrauches stellt sich allgemein. Die Gesetzeslage läßt etwa ein Veräußerungsverbot an Dritte, mit dem ein Mißbrauch verhindert werden könnte, nicht zu.
Aus diesen Ausführungen folgt, daß der Kläger auch nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme hat. Dies verbietet sich ohne eine nähere ausdrückliche Regelung durch den Verordnungsgeber schon durch die oben angeführte Mißbrauchsmöglichkeit. Unabhängig davon sind auch die Voraussetzungen für eine Ausnahmemöglichkeit aus anderen Gründen nicht gegeben. Zwar läßt die Straßenverkehrszulassungsordnung in § 70 Abs. 1 Ausnahmen grundsätzlich zu. Ausnahmen nach dieser Bestimmung können aber nur in einem bestimmten Verfahren ausgesprochen werden. Die Beklagte wäre für die Erteilung einer Ausnahme nicht einmal zuständig, denn Ausnahmen können nur von der höheren Verwaltungsbehörde (§ 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO), den zuständigen obersten Landesbehörden oder von ihnen bestimmte Stellen (Nr. 2), der Bundesminister für Verkehr (Nr. 3) oder das Kraftfahrt-Bundesamt mit Ermächtigung des Bundesministers des Verkehrs (Nr. 4) erteilt werden.
Ist hiernach die Entziehung der Zulassung rechtmäßig, so folgt aus den gleichen rechtlichen Gründen auch die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Kraftrades des Klägers zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken. Ein Kraftfahrzeug, das den Anforderungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht "ständig" entspricht, darf auch nicht für den Betrieb einer Fahrschule verwendet werden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.