Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.08.1995, Az.: 7 W 8/95
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.08.1995
- Aktenzeichen
- 7 W 8/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 33622
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1995:0821.7W8.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Osterholz-Scharmbeck - 07.12.1994 - AZ: 8 Lw 46/90
In der Landwirtschaftssache
betreffend den in den Grundbüchern von . Blatt . und . eingetragenen Hof im Sinne der Höfeordnung;
hier: Genehmigung des Hofübergabevertrages
hat der 7. Zivilsenat -; Senat für Landwirtschaftssachen -; des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht . und die Richter am Oberlandesgericht . und . als Berufsrichter sowie die Landwirte . und . als ehrenamtliche Richter am 21. August 1995 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 8 gegen den Beschluß des Landwirtschaftsgerichts Osterholz-Scharmbeck vom 7. Dezember 1994 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 8 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und hat den übrigen Beteiligten deren im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gegenstandswert der Beschwerde: 151. 600 DM.
Tatbestand:
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Eheleute, die Beteiligten zu 3 bis 8 deren ehelichen Abkömmlinge. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit und damit um die Genehmigungsfähigkeit eines Hofübergabevertrages im Sinne des § 17 HöfeO.
Der am 22. September 1915 geborene Beteiligte zu 1 ist Eigentümer des in den Grundbüchern von . Blatt ., und . eingetragenen Hofes im Sinne der Höfeordnung zur Größe von insgesamt 68.22.28 Hektar mit einem zuletzt festgestellten Einheitswert von 37. 900 DM. Am 21. November 1991 erteilte er der Beteiligten zu 2, seiner Ehefrau, zu notarieller Urkunde (UR.-Nr. . des Notars . in .) Generalvollmacht zur Vertretung in allen Angelegenheiten über den Tod hinaus. In der Folgezeit wurde er infolge einer Krankheit, wie unstreitig ist, geschäfts- und testierunfähig.
Durch Übergabevertrag vom 15. Juli 1994 (UR.-Nr. . desselben Notars) übertrug die Beteiligte zu 2 als Vertreterin des Beteiligten zu 1 den oben näher bezeichneten Hof dem Beteiligten zu 5, der wirtschaftsfähig ist. In dem Vertrag sind eine Altenteilsregelung zugunsten der Beteiligten zu 2 sowie Abfindungsregelungen für die übrigen Beteiligten enthalten. Unter dem 17. August 1994 legte der amtierende Notar den Übergabevertrag dem Landwirtschaftsgericht zur Genehmigung vor.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Beteiligten zu 8, der als einziger der Beteiligten nicht an der Beurkundungsverhandlung teilgenommen hatte, angehört. Dieser hat als ältester und damit nach der Hoferbenordnung zunächst berufener, wirtschaftsfähiger Sohn Bedenken gegen den Übergabevertrag mit der Begründung geäußert, daß eine Vertretung insoweit unzulässig sei, andererseits die Hofflächen verpachtet seien und der Hof nicht von der Hof stelle aus bewirtschaftet werde.
Das Landwirtschaftsgericht hat nach Anhörung des Landkreises . und des Kreislandwirts nach mündlicher Verhandlung durch den angefochtenen Beschluß den Hofübergabevertrag genehmigt mit der Einschränkung, daß der Vertrag zu seiner Wirksamkeit noch der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfe. Gegen den am 10. Januar 1995 zugestellten Beschluß richtet sich die am 20. Januar 1995 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 8, zu deren Begründung er auf seine erstinstanzliche Stellungnahme verweist und mit der er sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Genehmigung zu versagen.
Die übrigen Beteiligten beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat den Landkreis . und die Landwirtschaftskammer . gehört. Auf die Stellungnahmen vom 28. Juli bzw. 18. Juli 1995 wird Bezug genommen.
Gründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 8 ist unzulässig. Dem Beteiligten zu 8 steht ein Beschwerderecht gegen die uneingeschränkte Genehmigung des Hofübergabevertrages zwischen den Beteiligten zu 1 und 5 vom 15. Juli 1994 nicht zu. Der Beteiligte zu 8 ist an dem Vertrag nicht beteiligt gewesen, und als weichendem Erben steht ihm kein Beschwerderecht zu, weil seine Ansprüche durch den Vertrag nicht berührt werden und er auch im Falle des § 17 Abs. 2 HöfeO Erb- und Pflichtteilsansprüche uneingeschränkt geltend machen kann (vgl. Barnstedt/Steffen, Kommentar zum LwVG, 4. Aufl., Rd.-Nrn. 103 f., 108 zu § 22 LwVG mit Hinweisen auf die Rechtsprechung und Literatur).
Im übrigen ist die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 8 aber auch unbegründet. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht den Übergabevertrag uneingeschränkt genehmigt. Der Vertrag ist wirksam abgeschlossen worden, Versagungsgründe sind nicht ersichtlich und nicht behauptet worden. Für eine endgültige Aufgabe der Bewirtschaftung der übertragenen Besitzung, auf die wohl der Beteiligte zu 8 hinweisen will, fehlen konkrete Angaben. Im übrigen würde der Wegfall der Hofeigenschaft der Besitzung nicht für den Rechtsstandpunkt des Beteiligten zu 8 streiten.
Die Wirksamkeit des Übergabevertrages wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß sich der Beteiligte zu 1 als Übergeber rechtsgeschäftlich von der Beteiligten zu 2 hat vertreten lassen. Entgegen der in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht kann sich der Übergeber eines Hofübergabevertrages im Sinne des § 17 HöfeO nicht nur gesetzlich, sondern auch rechtsgeschäftlich vertreten lassen. Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage, soweit ersichtlich, bisher keine Stellung genommen.
Dem Hofübergabevertrag des § 17 HöfeO wird von Rechtsprechung und Literatur eine Doppelfunktion derart beigemessen, daß er zunächst Rechtsgeschäft unter Lebenden ist, das nach den allgemeinen Vertragsregeln zu beurteilen ist, dann aber auch erbrechtliche Elemente enthält, ohne selbst, auch nicht teilweise, Verfügung von Todes wegen zu sein oder einer solchen zu gleichen. Es erscheint auch zweifelhaft, ihm mit Rücksicht darauf, daß er im Hinblick auf den Tod des Übergebers abgeschlossen wird und in den Fällen des § 17 Abs. 2 HöfeO erst mit seinem fingierten Tod wirksam werden soll, überhaupt die Bedeutung einer Verfügung von Todes wegen beizulegen (so Faßbender in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., Rd.-Nr. 2 zu § 17 HöfeO). Noch weniger verfängt die Ansicht Faßbenders (a.a.O., Rd.-Nr. 52 zu § 17 HöfeO), als Verfügung von Todes wegen genüge für den Abschluß des Hofübergabevertrages die Testierfähigkeit. Dabei ist nicht zu übersehen, daß der Übergabevertrag wie jedes andere im Wege vorweggenommener Erbfolge abgeschlossene Rechtsgeschäft erbrechtliche Bedeutung und Wirkungen hat. Von diesem unterscheidet er sich nur dadurch, daß er eine gesetzliche Regelung gefunden hat und in § 7 HöfeO als eine der beiden Arten der Hoferbenbestimmung zugelassen ist. Sein Inhalt ist im Rahmen der §§ 4 und 16 HöfeO frei bestimmbar, eine bestimmte Form -; abgesehen von der für alle Grundstücksverträge geltenden notariellen Beurkundung -; ist nicht vorgeschrieben. Insbesondere gibt es keine Bestimmung, die den höchstpersönlichen Abschluß des Übergabevertrages auf Seiten des Übergebers anordnet. Wenn Wöhrmann/Stöcker (Landwirtschaftserbrecht, 5. Aufl., Rd.-Nr. 3 zu § 17 HöfeO) im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes als entscheidendes Merkmal der Begriffsbestimmung des Hofübergabevertrages bezeichnen, daß die künftige Hoferbfolge nach dem Hofeigentümer zu seinen Lebzeiten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden vorweggenommen wird, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Hof nachfolge ist nicht gleichbedeutend mit Hoferbfolge. Der Hof Übernehmer ist nicht notwendigerweise auch Hof erbe. Die künftige Erbfolge nach dem Übergeber ist im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar. Bis zum Tode des Übergebers hat der Hofübernehmer wie auch jede andere als gesetzlicher Erbe nach dem Übergeber in Betracht kommende Person nur eine Aussicht auf die Erbschaft. Der Erbe muß den Erbfall erleben, § 1923 BGB. Im Gegensatz zum gesetzlichen oder durch Verfügung von Todes wegen bestimmten Hoferben tritt der Hofübernehmer seine Eigentümerstellung nicht bereits mit dem schuldrechtlichen Abschluß des Übergabevertrages oder der dinglichen Auflassung ein, sondern erst mit seiner Eintragung im Grundbuch. Der Übernehmer kann nicht aufgrund des Übergabevertrages die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses verlangen, wenn der Übergeber vor Eigentumsumschreibung gestorben ist. Er kann auch nicht die Feststellung im förmlichen Feststellungsverfahren gemäß § 11 Abs. 1 g Höfeverfahrensordnung verlangen, daß er Hof erbe geworden sei. Folgerichtig versagt die Rechtsprechung im Falle, daß der Übernehmer zwischen Auflassung und Eintragung im Grundbuch verstirbt, nicht die Eintragung mit der Begründung, daß er als Hoferbe den Erbfall erlebt haben müsse, um noch eingetragen zu werden. Der an sich hoferbenberechtigte Abkömmling des Übergebers kann nicht durch Übergabevertrag vom Pflichtteil ausgeschlossen werden. Darüber hinaus braucht der Hofeigentümer den Übernehmer nicht aus dem Kreise seiner voraussichtlich gesetzlichen Erben auszuwählen, sondern kann jeden beliebigen Dritten zum Hofübernehmer bestimmen. Ebenso wie bei sonstigen Vermögensübertragungen "im Wege vorweggenommener Erbfolge" bestimmen beim Hofübergabevertrag eher versorgungs- und einkommens- sowie erbschaftssteuerrechtliche Gesichtspunkte die Entscheidung über die lebzeitige Übertragung. Einzige erbrechtliche Wirkung ist die Fiktion des § 17 Abs. 2 HöfeO. Damit erweist sich aber, daß nicht die Erklärung des Hofeigentümers, seinen Hof dem Übernehmer zu übergeben, die erbrechtlichen Folgen auslöst, sondern allein der Umstand, daß sich diese Erklärung auf einen Grundbesitz bezieht, der Hof im Sinne der Höfeordnung ist. Maßgeblich ist also das Höfe- oder Erbrechtsstatut, und dieses wird regelmäßig zeitlich früher begründet als die Übergabeerklärung. Die Wahl dieses Statuts erweist sich danach als die eigentlich erbrechtlich relevante Erklärung des Übergebers/Erblassers. Folgerichtig hat deswegen der Gesetzgeber 1976 auch nur für die Begründung und Beseitigung des Höfestatuts jedenfalls die Testierfähigkeit des Eigentümers verlangt und bei Fehlen der Testierfähigkeit die entsprechende Erklärung durch den gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zugelassen (§ 1 Abs. 6 HöfeO). Hat der Hofeigentümer das Hofstatut im Zustand der Geschäfts- und Testierfähigkeit begründet, ist er aber im Zeitpunkt des Abschlusses des Hofübergabevertrages geschäftsunfähig, kommt es danach auf das Vorliegen seiner Testierfähigkeit nicht mehr an. Er kann sich bei dem Vertrage auch rechtsgeschäftlich vertreten lassen, sofern er auch die Vollmacht als Geschäftsfähiger erteilt hat. Einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung dieses Vertrages bedarf es nicht.
Die Beteiligten sind sich einig, daß der Beteiligte zu 1 bei Erteilung der Generalvollmacht vom 21. November 1991 für die Beteiligte zu 2 unbeschränkt geschäftsfähig war und erst in der Folgezeit aufgrund einer Erkrankung geschäfts- und auch testierunfähig geworden ist. Der Hof vermerk für den im Grundbuch Blatt . eingetragenen Grundbesitz ist älter (vgl. § 1 des Übergabevertrages). An der Wirksamkeit des Hofübergabevertrages bestehen daher aus höferechtlicher Sicht keine Bedenken.
Inwieweit gegen den Vertrag oder Teile desselben bürgerlich-rechtliche Bedenken bestehen, z. B. hinsichtlich der Bestellung eines Altenteils durch die Beteiligte zu 2 als Vertreterin des Beteiligten zu 1 für sich selbst, § 181 BGB, hat der Senat nicht zu prüfen. Sie hindern jedenfalls die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung des Hofübergabevertrages nicht (allgemeine Ansicht, vgl. Faßbender a.a.O., Rd.-Nr. 226 zu § 17 HöfeO).
Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1 LwVG. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG hat der Beteiligte zu 8 die den übrigen Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Den Geschäftswert hat der Senat gemäß § 34 Abs. 1 LwVG festgesetzt.