Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 04.12.2001, Az.: 4 A 131/00

Kraftfahrzeughaltung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
04.12.2001
Aktenzeichen
4 A 131/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39301
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, Sozialhilfe für zu zahlende Kraftfahrzeugsteuer und -versicherung zu leisten.

2

Der 1957 geborene Kläger bezog von dem Beklagten seit Juni 1999 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Er war arbeitslos. Seit dem 8. Dezember 1998 war er Halter eines Kraftfahrzeuges (VW Passat). Am 1. September 1999 bezog der Kläger in B. eine Wohnung.

3

Ende Februar 2000 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er ab März 2000 auf "630,00 DM-Basis" bei dem Taxiunternehmen B. in N.  beschäftigt sei.

4

Am 6. März 2000 stellte er bei dem Beklagten einen "Antrag zur Sicherung seiner Lebensgrundlage" und führte dazu aus, dass er von dem Taxiunternehmen B. , bei dem er ab 1. März 2000 als Fahrer beschäftigt sei, die mündliche Zusage erhalten habe, dort ab Ende Mai 2000 fest angestellt zu werden. Um diese Arbeit behalten zu können, müsse er telefonisch erreichbar und mobil sein. Zur Zeit bestünden für Steuern und Versicherung seines Kraftfahrzeuges Zahlungsrückstände in Höhe von rund 1.000,00 DM, für sein Telefon sei ein Rechnungsbetrag von 422,00 DM offen. Der Kläger beantragte die Übernahme dieser Beträge aus Sozialhilfemitteln.

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Mit Bescheid vom 8. März 2000 lehnte der Beklagte dies u. a. mit der Begründung ab, dass Kraftfahrzeugunterhaltungskosten nicht zum notwendigen Lebensunterhalt gehörten, der allein durch Sozialhilfeleistungen sicherzustellen sei.

6

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, dass er auf Abruf auch spät abends als Fahrer zur Verfügung stehen müsse und sein eigenes Fahrzeug benötige, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen. Er sei zur Zeit nicht in der Lage, die Steuern (593,00 DM) und Versicherung (415,60 DM) für sein Kraftfahrzeug zu tragen. Die von ihm aufgenommene Tätigkeit biete ihm die Chance, wieder "in das Arbeitsleben integriert zu werden". Ihm sei eine Vollzeitarbeitsstelle in Aussicht gestellt worden.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2000 - zugestellt am 31. Mai 2000 - wies der Beklagte den Widerspruch zurück u. a. mit der Begründung, dass keine Veranlassung bestehe, die Aufnahme einer geringfügigen Arbeit finanziell zu fördern. Vielmehr bestehe ein Interesse daran, dass der Kläger eine "vollwertige" Arbeit aufnehme, durch die er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne.

8

Am Montag, dem 3. Juli 2000 hat der Kläger Klage erhoben.

9

Zur Begründung weist er u. a. darauf hin, dass er mit monatlich 411,00 DM, die von seinem Arbeitseinkommen (630,00 DM) angerechnet würden, zu seinem Lebensunterhalt beitrage, so dass an seiner Tätigkeit ein öffentliches Interesse bestehe. In der Übernahme der beantragten Kraftfahrzeugkosten sehe er eine "Starthilfe" für seine berufliche Tätigkeit. Wenn er eine Arbeit nicht gefunden hätte, hätte er sein Fahrzeug abgemeldet. Der Beklagte sei gehalten, die Kraftfahrzeugunterhaltungskosten als "Werbungskosten" zu berücksichtigen. Insoweit sei die Berechnung der laufenden Hilfe derzeit nicht korrekt.

10

Der Kläger beantragt,

11

den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 8. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm einen Betrag von 1.008,60 DM für Kraftfahrzeugunterhaltungskosten zu gewähren.

12

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Er bezieht sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und tritt dem Begehren entgegen.

15

Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat keine Erfolg.

17

Der Beklagte hat es mit dem angegriffenen Bescheid vom 8. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2000 zu Recht abgelehnt, dem Kläger Sozialhilfeleistungen für die Bezahlung rückständiger Kraftfahrzeugsteuer und -versicherung zu gewähren.

18

Im Rahmen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11, 12, 22 BSHG sind Kraftfahrzeugunterhaltungskosten nicht als sozialhilferechtlicher Bedarf zu berücksichtigen. Denn sie gehören nicht zum notwendigen Lebensunterhalt, der allein aus Sozialhilfemitteln sicherzustellen ist.

19

Es kommt lediglich in Betracht, vom erzielten Arbeitseinkommen einen Betrag anrechnungsfrei zu lassen, wenn Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem eigenen Kraftfahrzeug zurückgelegt werden (vgl. § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG i. V. m. § 3 Abs. 6 der Verordnung zu § 76 BSHG). Eine solche Anrechnung ist indessen hier nicht streitbefangen und würde jedenfalls auch nicht beinhalten, dass die Aufwendungen für Kraftfahrzeugsteuer und -versicherung vom Einkommen abgesetzt würden, sondern die Anrechnung würde auf der Basis der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgenommen werden. Die Übernahme von Zahlungsrückständen, die der Kläger hier begehrt, ist ohnehin bereits deshalb ausgeschlossen, weil Sozialhilfe grundsätzlich nicht zu gewähren ist, um damit Schulden abzutragen; Hilfeleistungen setzen vielmehr erst bei Bekanntwerden eines aktuellen Bedarfs ein (vgl. § 5 BSHG). Sozialhilfeleistungen zur Tilgung von Schulden können ausnahmsweise nur dann erbracht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage - die hier nicht gegeben ist - gerechtfertigt ist (vgl. § 15 a BSHG).

20

Der Kläger kann auch nicht im Rahmen von Hilfe in einer besonderen Lebenslage nach § 30 BSHG verlangen, dass ihm Hilfeleistungen zur Bezahlung rückständiger Kraftfahrzeugsteuer und -versicherung gewährt werden.

21

Nach § 30 Abs. 1 BSHG kann Personen, denen eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage fehlt oder bei denen sie gefährdet ist, Hilfe gewährt werden. Die Hilfe soll dazu dienen, ihnen den Aufbau oder die Sicherung einer Lebensgrundlage durch eigene Tätigkeit zu ermöglichen. Abs. 2 der Vorschrift bestimmt, dass die Hilfe in der Regel nur gewährt werden soll, wenn dem Hilfesuchenden sonst voraussichtlich Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden müsste.

22

Die Übernahme der genannten Schulden durch den Sozialhilfeträger als sogenannte "Starthilfe", wie der Kläger meint, scheidet aus. Eine solche Hilfegewährung würde schon nicht dem nach dieser Vorschrift erforderlichen Zweck dienen; denn die Abhängigkeit zwischen Schuldenübernahme und Aufnahme der Erwerbstätigkeit ist nicht gegeben.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.