Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 08.10.2003, Az.: 6 A 520/01

Arzneimittel; Beihilfe; Enzymtherapie; Fibromyalgie; Phlogenzym; Schulmedizin

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
08.10.2003
Aktenzeichen
6 A 520/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

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I. Die an der Orientierungsstufe ... als Lehrerin (Bes.Gr. A 12 BBesO) im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit tätige Klägerin ist mit einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigt. Ausweislich der Bescheinigung des sie behandelnden Arztes vom 11. Dezember 2002 liegt bei ihr seit Jahren ein therapieresistentes Bronchialsystem bei Mehrfachallergie, eine Fibromyalgie mit typischen Triggerpoints sowie eine Unverträglichkeit nichtsteroidaler Antirheumatika und Cortisonderivaten vor. Der Arzt verordnete ihr u.a. Phlogenzym N. Die Klägerin beantragte unter dem 4. Juli 2000 u.a. eine Beihilfe für Arznei- und Verbandmittel in Höhe von 115,15 DM, die der Beklagte mit Bescheid vom 20. Juli 2000 nicht gewährte, weil er das Präparat „Phlogenzym“ nicht als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ansah, aber eine gutachterliche Stellungnahme des Gesundheitsamtes ... zu der Frage einholte, ob das Präparat aus amtsärztlicher Sicht medizinisch notwendig im Sinne der Beihilfevorschriften ist. Der Amtsarzt der Stadt ... äußerte sich dazu unter dem 6. November 2000 und legte dar, dass für die entzündungshemmenden Enzyme in Phlogenzym nach Studium der einschlägigen Fachliteratur bis heute nicht belegt sei, dass sie in für die Therapie ausreichender Menge aufgenommen würden und ihr Zielorgan erreichten. Somit fehle für das Präparat ein über die Placebowirkung hinausgehender Wirksamkeitsnachweis. Deshalb sei eine Verordnung zur Lasten der Beihilfe bei der vom behandelnden Arzt angegebenen Indikation chronisch entzündlicher Erkrankung in Bronchien- und Bindegewebssystemen sowie des Bewegungsapparates nicht gegeben. Unter dem 17. November 2000 teilte der Beklagte dieses der Klägerin mit und hielt an seiner Ablehnung hinsichtlich der Beihilfegewährung fest. Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass das Mittel Phlogenzym als Arzneimittel zugelassen sei und ein Zulassungskennzeichen für die GKV trage. Damit dies möglich sei, müsse zuvor die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die Zulassungsstelle wissenschaftlich nachgewiesen worden sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

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Am 21. Februar 2001 hat die Klägerin Klage erhoben.

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Sie trägt vor: Phlogenzym sei ein zugelassenes Arzneimittel und folglich ein verordnungsfähiges Medikament, dessen therapeutische Wirksamkeit im Rahmen des Ablaufs von Entzündungsvorgängen nachgewiesen sei und das sich seit mehr als 40 Jahren bewährt habe, ohne dass Nebenwirkungen aufträten. Auch unter Profisportlern sei die positive Wirkung von Phlogenzym unumstritten. Im Übrigen hätten zahlreiche Gerichte bereits Krankenkassen verurteilt, die Kosten für Phlogenzym zu übernehmen. Zahlreiche Studien, die weltweit durchgeführt worden seien, belegten die therapeutische Wirksamkeit des Medikamentes Phlogenzym für die beanspruchte Indikation. Ferner lägen zahlreiche Studien und Publikationen über die Einzelsubstanzen und deren Wirksamkeit vor. Wenn demgegenüber der Amtsarzt meine, ein Wirksamkeitsnachweis stehe noch aus, verweise sie auf zahlreiche weltweit durchgeführte Studien zur Wirksamkeit der Enzymtherapie und frage, ob der Amtsarzt die im Einzelnen aufgeführten 977 Studien kenne.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 20. Juli 2000/17. November 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 aufzuheben und

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den Beklagten zu verpflichten, ihr auf den Beihilfeantrag vom 4. Juli 2000 die Aufwendungen für das ihr vom Arzt verordnete Mittel Phlogenzym zum Preis von 115,15 DM als beihilfefähig anzuerkennen und ihr eine weitere Beihilfe in Höhe von 57,58 DM, also 29,44 Euro zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er erwidert: Phlogenzym sei kein beihilfefähiges Präparat, denn der Amtsarzt habe zuletzt im gerichtlichen Verfahren unter dem 2. April 2003 und davor unter dem 6. November 2000 und 9. Januar 2002 bestätigt, dass Phlogenzym bei der vorliegenden Indikation kein angemessenes Arzneimittel sei. Wenn demgegenüber in Rechtsstreitigkeiten zwischen Patienten und Krankenversicherern anders entschieden worden sei, so entfalteten diese Entscheidungen keine Rechtswirkungen zu seinen Lasten. Zum einen sei die Zielsetzung der dort anzuwendenden rechtlichen Regelungen eine andere und zum anderen sei stets auf die konkrete Erkrankung abzustellen.

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Mit Beschluss vom 13. Februar 2003 ist der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Diese Entscheidung konnte durch die Einzelrichterin getroffen werden, weil ihr mit Kammerbeschluss vom 13. Februar 2003 der Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen worden ist.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für das Präparat Phlogenzym zum Beihilfebemessungssatz von 50 %. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

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Der Klageanspruch richtet sich vorliegend gemäß § 87 c Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) nach den gemäß § 79 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfe in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften – BhV) vom 19. April 1985 in der im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen und Antragstellung geltenden und damit maßgeblichen, am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fassung vom 8. Januar 1999 (GMBl. 1999, 58) sowie der hierzu ergangenen Durchführungshinweise des Bundesministeriums des Innern (BMI).

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Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie nach Umfang und Höhe angemessen sind. Die vom Arzt schriftlich verordneten Arzneimittel sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BhV beihilfefähig aus Anlass einer Krankheit; sie sind aber nicht beihilfefähig gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 BhV soweit es Aufwendungen sind für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Eine Definition des Begriffs „Arzneimittel“ enthalten die Beihilfevorschriften nicht. Eine gesetzliche allgemeine Definition des Begriffs ist in § 2 des Arzneimittelgesetzes - AHG - enthalten, die jedoch weitergehend ist als der beihilferechtliche Begriff. Dies folgt aus der unterschiedlichen Zielsetzung und dem unterschiedlichen Regelungsgehalt des Arzneimittelgesetzes einerseits und der Beihilfevorschriften andererseits. Zweck des Arzneimittelgesetzes ist es nach § 1 AMG, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen. Dieser Zielsetzung entspricht es, den Arzneimittelbegriff im Interesse des Verbrauchers, dessen Belange geschützt werden sollen, weit auszulegen (Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens und des Bundes, 5. Aufl., § 6, Erl. zu Abs. 1 Nr. 2 Rdnr. 4).

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Die Beihilfevorschriften entspringen hingegen der verfassungsrechtlich begründeten Pflicht des Dienstherrn, dem Beamten bei Belastungen aufgrund unverschuldeter, durch die Regelalimentation nicht abgedeckter Notfälle einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu sichern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990, NJW 1991 S. 743). Dem Dienstherrn steht bei der Ausfüllung dieser Fürsorgepflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Seiner Verpflichtung genügt der Dienstherr, wenn er – wie durch die Beihilfevorschriften geschehen – Vorkehrungen trifft, die den amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle sichert. Die Fürsorgepflicht gebietet nicht von Verfassungs wegen den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheit, Geburt und Tod entstandenen Aufwendungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 1990, aaO; BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1980, BVerwGE 60, 212). Die Beihilfe dient dazu, die aus den laufenden Bezügen zu bestreitende Eigenvorsorge zu ergänzen. Daraus folgt, dass selbst eine Zulassung als Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz nicht automatisch eine Entscheidung über die Kostenübernahme durch die Beihilfe beinhaltet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1979, BVerwGE 58, 167, 172 bezogen auf die gesetzliche Krankenversicherung). Aus dieser Zweckbestimmung der Beihilfevorschriften ergibt sich, dass der Arzneimittelbegriff im Sinne der Beihilfevorschriften enger als im Sinne des Arzneimittelrechts auszulegen ist. Nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts umfasst er lediglich die unmittelbar der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Besserung und Linderung einer Krankheit dienenden Mittel wie z.B. Arzneien und dergleichen (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1969, ZBR 1970, S. 167). Die Definition des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich zwar noch auf den Begriff Heilmittel in der Fassung der Beihilfevorschriften vor 1985, für den Begriff Arzneimittel kann jedoch nichts anderes gelten, da mit der Ersetzung des Wortes Heilmittel durch das Wort Arzneimittel eher eine Einengung als eine Erweiterung des Begriffs erfolgte (so Topka/Möhle, aaO).

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Die Klägerin hat dargetan, dass das ihr ärztlich verordnete Präparat Phlogenzym ein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz ist und demzufolge nur in Apotheken abgegeben wird. Ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts ist es damit aber noch nicht. Nicht zu den Arzneimitteln im Sinne des Beihilferechts gehören nämlich solche Mittel mit nur vorbeugender, unterstützender oder allgemein gesundheitsfördernder Wirkung. Diese Mittel können nur ausnahmsweise die Bedeutung eines Arzneimittels erlangen, wenn sie zur Wiederherstellung der Gesundheit oder zur medizinischen Behandlung bestimmter Leiden notwendig sind und nach Art und Menge schriftlich vom Arzt verordnet werden. Die Anerkennung als beihilfefähig in solchen Fällen setzt voraus, dass von den Mitteln bei einem speziellen Krankenbild eine unmittelbar heilende oder lindernde Wirkung ausgeht, die in ihrer Zusammensetzung oder der Eigenart der in ihnen enthaltenen Wirkstoffe begründet ist. Allein die Tatsache, dass das Mittel ärztlich verordnet worden ist, ist kein Anhaltspunkt für die Beihilfefähigkeit. Denn bei ärztlichen Verordnungen stehen neben der Bekämpfung akuter oder der Linderung chronischer Erkrankungen, zu der allein Beihilfen geleistet werden können, oftmals auch andere Überlegungen wie etwa der vorbeugende oder konservierende Schutz oder die allgemeine Gesundheitsförderung im Vordergrund (VG Braunschweig, Urteil vom 27. Oktober 1966 – 1 A 119/63 -; Topka/Möhle, aaO, Rdnr. 4.2).

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Die Klägerin ist ausweislich der Bescheinigung des sie behandelnden Arztes vom 11. Dezember 2002 an einem therapieresistenten Bronchialsystem bei Mehrfachallergie und Fibromyalgie mit typischen Triggerpoints erkrankt und bei ihr liegt eine Unverträglichkeit nicht steroidaler Antirheumatika und Cortisonderivaten vor. Der Arzt verordnete ihr u.a. Phlogenzym N, dessen Wirksamkeit nach amtsärztlichem Gutachten vom 9. Januar 2002 unter Berücksichtigung der weltweit dazu erschienenen Fachliteratur nicht durch fehlerlose und unangreifbare Studien belegt ist, dessen Gesundheitsrisiken, z.B. durch Fremdeiweiß oder der theoretischen Gefahr der Übertragung infektiöser Erreger, wie BSE, unstrittig sind und dass deshalb bei der Nutzen-Risiko-Bewertung das Risiko des Präparates überwiegt. Auch nachdem die Klägerin zahlreiche Entscheidungen dazu vorgelegt hat, dass Enzympräparate wie Phlogenzym von gesetzlichen Krankenkassen kostenmäßig zu bezahlen sind und dass das Mittel sehr wohl entzündungshemmende Wirkungen zeigt, hält der Amtsarzt ausweislich seiner Beurteilung vom 2. April 2003 an seiner Einschätzung fest und sieht keine neuen pharmakologischen Aspekte, die seine Beurteilung ändern. Diese Einschätzung hatte der Amtsarzt bereits im Verwaltungsverfahren unter dem 6. November 2000 dargelegt und ausgeführt, dass nicht belegt sei, dass die in Phlogenzym enthaltenen Enzyme in der für die Therapie ausreichenden Menge aufgenommen werden und ihr Zielorgan erreichten. Deshalb fehle dem Präparat ein über die Placebowirkung hinausgehender Wirksamkeitsnachweis. Die Klägerin betont demgegenüber die therapeutische Wirksamkeit des Medikamentes Phlogenzym und weist auf verschiedene Studien hin, in denen sich diese gezeigt habe. Die von der Klägerin für den Nachweis der Wirksamkeit des Mittels genannten Anwendungsgebiete sind allerdings Erkrankungen, an denen sie nicht leidet. In der Bescheinigung des Arztes ist weder die Rede davon, dass eine aktive Phase von Osteoarthrose oder eine extraartikuläre rheumatische Erkrankung bei ihr vorliegt, noch ist von einer Thrombophlebitis, einer Entzündung des Urogenitaltraktes oder von Ödemen, Entzündungen oder Schmerzen aufgrund von Traumen die Rede. Auch wenn Profisportler zur Vorbeugung oder regelmäßig Phlogenzym nehmen und bei ihnen die positive Wirkung des Mittels unumstritten sein sollte, was auf langjährigen praktischen Erfahrungen beruhen mag, belegt nicht, dass von dem Mittel eine unmittelbar heilende oder lindernde Wirkung für die Klägerin ausgeht. Auch die von der Klägerin benannten Studien, an denen mit diesem Medikament teilgenommen wird und die Zulassung des Medikaments in Kanada oder die Neuzulassung in Österreich belegen nicht die von dem Medikament ausgehende unmittelbar heilende oder lindernde Wirkung bei den Erkrankungen der Klägerin, denn die Wirksamkeit eines Medikaments kann sich grundsätzlich nur auf bestimmte Anwendungsgebiete beziehen. Diese von der Klägerin im Einzelnen benannten Anwendungsgebiete sind körperliche Leiden, an denen die Klägerin nicht erkrankt ist. Die von der Klägerin herangezogenen gerichtlichen Entscheidungen beziehen sich im Übrigen entweder auf andere Mittel, z.B. auf Wobenzym N, das auf der Negativliste verzeichnet ist und/oder auf andere Rechtsstreitigkeiten, insbesondere zwischen Vertragsarzt und gesetzlicher Krankenversicherung.

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Auch im gerichtlichen Verfahren hat sich diesbezüglich keine Änderung ergeben. Der die Klägerin behandelnde Arzt hat unter dem 25. Juni 2003 dargelegt, dass er der Klägerin das Präparat Phlogenzym verordnet habe aufgrund einer typischerweise klinisch gestellten Diagnose Fibromyalgiesyndrom bei chronischen Entzündungen im Bereich der Weichteile, des Bewegungsapparates und rezidivierender aktiver Osteoarthrosen und Spondylarthrosen, vor allem weil die Klägerin mit Unverträglichkeiten auf nicht steroidaler Antirheumatika und Cortisonpräparate reagiere. Der erneut dazu um Stellungnahme gebetene Amtsarzt hat dargelegt, dass im Mittelpunkt der Therapie einer Fibromyalgie die mehrdimensionale Behandlung mit Erlernen von Bewältigungs- und Selbstbehandlungsverfahren stehe und dabei Krankengymnastik, Verfahren der Schmerz- und Stressbewältigung, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Wärmeanwendungen und Thermalbäder angewendet würden. Medikamentös kämen in Einzelfällen Präparate, die Amitriptylin oder Tramadol enthielten neben lokalanästhetischen Infiltrationen an den Triggerpunkten in Frage. Ein Wirksamkeitsnachweis für alle für Phlogenzym behaupteten Indikationen stehe bis heute aus. Deshalb könne er dem Präparat Phlogenzym eine über die Anwendung eines Placebos hinausgehende Eignung zur Behandlung eines Fibromyalgiesyndroms bei chronischen Entzündungen im Bereich der Weichteile, des Bewegungsapparates und rezidivierenden aktiven Osteoarthrosen und Spondylarthrosen nicht zuschreiben. Der Einsatz eines Placebos sei keine hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie. Im Übrigen werde medizinisch-wissenschaftlich bei der Diagnosestellung eines Fibromyalgiesyndroms der Ausschluss entzündlicher Prozesse verlangt, der auch mit Weichteilschmerzen einhergehen könnte. Demgegenüber hat die Klägerin nicht dargelegt, dass ihr Leiden eine entzündliche Erkrankung ist und die Behandlung mit Phlogenzym indiziert ist. Sie hat Fragen aufgeworfen, die die fachliche Kompetenz des Amtsarztes in Frage stellen und hat zahlreiche Studien und Aussagen angeführt, die sich in unterschiedlichster Weise zu Enzymen und deren Wirksamkeit in der Medizin äußern. Sie hat jedoch nicht Studien zu dem hier in Rede stehenden Präparat Phlogenzym vorgestellt, die sich zur Wirksamkeit dieses Präparates bei der Erkrankung der Klägerin äußern. Das Gericht sah sich deshalb nicht veranlasst, der Anregung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2003 zu folgen und ein Sachverständigengutachten einzuholen.

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Der Beklagte weist im Übrigen zu Recht unter Vorlage von Unterlagen auf negative Nutzenbewertungen des Mittels und auf Risiken der Enzymtherapie hin. Phlogenzym ist danach ein Antiphlogistika, das durchaus häufig verordnet wird und mit dem hohe Umsätze erzielt werden. Ausweislich des Arzneiverordnungsreportes 2000, den der Beklagte in Fotokopie vorgelegt hat, gebe es zahlreiche nicht steroidale Antiphlogistika, die nach den Beschreibungen durchaus auch bei Mehrfachallergien und Unverträglichkeit von Cortisonderivaten verordnet werden könnten und deren Wirksamkeit anerkannt sei. Allerdings gebe es in diesem Bereich zahlreiche Medikamente, unter deren Behandlung die Patienten über erhebliche Nebenwirkungen klagten und deren Verordnungshäufigkeit offenbar deshalb abgenommen habe. Phlogenzym werde als ein sonstiges Antiphlogistikum eingeordnet. Der Wirkstoff Bromelaine, von dem unter Bezugnahme auf In vitro-Untersuchungen im Reagenzglas und tierexperimentelle Prüfungen die Wirksamkeit im Rahmen des Ablaufs von Entzündungsvorgänge darlegt werde, wonach im Tierversuch Schwellungen reduziert bzw. verhindert worden seien, ist nach Ansicht des Arzneiverordnungsreportes 2000 eine unkontrollierte Beobachtungsstudie. In einer placebokontrollierten Studie habe Bromelaine keine signifikanten entzündungshemmenden Effekte gezeigt. Kombinatspräparate sind nach dieser Studie 1999 im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger verordnet worden und dabei seien die meisten DDD-Verordnungen auf die Enzymkombination Phlogenzym entfallen, das zugleich auch die höchsten Verordnungskosten gehabt habe. Die beanspruchten Anwendungsgebiete dieses Präparates seien breit gestreut, obwohl eine Meadline-Recherche über die letzten 30 Jahre ergeben habe, dass keine der vielen Indikationen durch Wirksamkeitsnachweise aus klinischen Studien belegt sei.

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In der Zeitschrift „Der Arzneimittelbrief“ vom 28. April 1994 ist eine Abhandlung zur Enzymtherapie erschienen, in der darauf hingewiesen wird, dass bereits viele Ansätze und Versuche gemacht worden seien, die „Enzymtherapie“ einer genauen wissenschaftlichen Prüfung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei bestimmten Indikationen, ihrer Dosierung und ihrer Risiken vorzunehmen, dass die Literatur dazu umfangreich, unübersichtlich und oft vor Jahrzehnten veröffentlicht worden sei und dabei auffalle, dass einzelne Wirkungen oder Eigenschaften oft gar nicht am Menschen oder nur in vitro beschrieben würden. Ein Erfolg der Therapie mit Enzymen sei dadurch nicht belegt. Die in Phlogenzym enthaltenen Enzyme unterlägen ebenso der Hydrolyse im Gastrointestinaltrakt wie andere Proteinmakromoleküle und es sei kein überzeugender Beleg vorhanden, der für eine Resorption von Proteinmolekülen mit einem Molekulargewicht von 70 bis 50 kD spreche. Messungen ergäben auch keine Auskunft darüber, inwieweit die Enzyme wirkten oder ob sie bereits verstoffwechselt seien. Auch im Übrigen könne nicht festgestellt werden, ob und inwieweit das Enzym resorbiert werde. Wobenzym beanspruche eine Wirksamkeit bei Entzündungen unterschiedlicher Organe und Gewebe. Die enthaltenen Enzyme müssten (eine Resorption vorausgesetzt) das Zielorgan in wirksamer Konzentration erreichen. Dass dies geschehe, sei nicht belegt und ergebe sich auch nicht aus der Herstellerbroschüre. Wenn Ergebnisse aus einwandfreien klinischen Studien vorlägen, so hätte, bei positivem Ausgang, die „Enzymtherapie“ Eingang in eine rationale Therapie gefunden; bei negativem Ergebnis müsste man sich aber konsequent von dieser Behandlungsmethode trennen. Prinzipiell seien solche Studien durchführbar.

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Nach diesen Darlegungen kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die „Enzymtherapie“ nicht Schulmedizin ist, sondern zu den sog. Außenseitermethoden gehört. Für derartige Methoden kann aber eine Beihilfe nur gewährt werden, wenn schulmedizinisch anerkannte Therapien erfolglos geblieben sind und deshalb Phlogenzym als ein Arzneimittel besonderer Therapierichtung angewandt worden ist.

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Die Therapie einer Fibromyalgie hat der Amtsarzt im gerichtlichen Verfahren auf Nachfrage beschrieben. Die Klägerin hat dazu nicht behauptet, dass diese Behandlungsmethoden gescheitert wären. Dies hat auch der sie behandelnde Arzt nicht dargelegt. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass diese Behandlungsmethoden bislang nicht - erfolglos - versucht worden sind.

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Die Klägerin hat nämlich weder ein - versuchtes - Erlernen von Bewältigungs- und Selbstbehandlungsverfahren geschildert, noch Krankengymnastik gemacht, Verfahren der Schmerz- und Stressbewältigung erlernt, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Wärmeanwendungen und Thermalbäder versucht oder ist sie medikamentös mit Präparaten, die Amitriptylin oder Tramadol enthalten, behandelt worden oder sind lokalanästhetische Infiltrationen an den Triggerpunkten versucht worden, und sie hat nicht behauptet, dass diese Behandlungsversuche erfolglos geblieben sind oder bei ihr aus besonderen Gründen kontraindiziert gewesen sind.

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Wenn in einem Urteil des Amtsgericht Celle vom 11. Januar 2002 auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens ausgeführt wird, dass die Inhaltsstoffe des Medikaments Phlogenzym geeignet sind, bei der Indikation der Krankheit des dortigen Klägers, nämlich entzündliche Gelenkbeschwerden, heilend und lindernd dergestalt zu wirken, dass sie auf die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers regulierend eingreifen und somit heilend und lindernd wirken, und dass dies auch im Hinblick auf die orale Einnahme gelte, auch wenn dabei eine höhere Dosis genommen werden müsse, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen, begründet das nicht die Annahme, dass Phlogenzym auch für die Behandlung der Klägerin notwendig und nach Art und Höhe angemessen ist. Die Klägerin leidet nicht an entzündlichen Gelenkbeschwerden, sondern an einem therapieresistenten Bronchialsystem bei Mehrfachallergie und einer Fibromyalgie mit typischen Triggerpoints und einer Unverträglichkeit nichtsteroidaler Antirheumatika und Cortisonderivaten.

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Vergleichbares gilt für den durch Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 12. September 2001 (4 C 1016/96) entschiedenen Fall, in dem einer an chronischer Polyarthritis erkrankten Patientin Wobenenzym und WB-Mugos, naturheilkundliche Präparate, verordnet worden waren und um die Erstattungsfähigkeit der dafür entstandenen Kosten gestritten wurde.

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Auch das Gutachten des Dr. med. ... vom 24. Juli 2001, das in dem beim Amtsgericht Celle anhängig gewesenen Verfahren erstattet worden ist, begründet die Klage nicht, denn in dem Fall war Phlogenzym bei einem anderen Leiden als dem der Klägerin eingesetzt worden, so dass es nicht belegt, dass Phlogenzym auch für die Behandlung der Klägerin zu den beihilfefähigen Aufwendungen gehören kann. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass das Präparat Phlogenzym in seiner Zusammensetzung 80 mg Bromelain, 48 mg Trypsin und 100 mg Rutosid und damit sowohl Cystein- wie auch Serinproteasen und mit Rutin einen Ausgangsstoff für Metaboliten enthält, die als „Radikalenfänger“ geeignet sein sollen. In dem von Dr. ... erstellten Gutachten wird allerdings u.a. ausgeführt, dass bei Enzymen tierischer Herkunft, wie Trypsin eine enterale Resorption belegt und bei pflanzlichen Enzymen wie Bromelain nach Tierexperimentermittlungen bis zu 40 % nach oraler Zufuhr resorbiert würden. Damit sei eine Begründung sowohl für die therapeutische Logik der Zusammensetzung des Präparats Phlogenzym wie auch für die orale Resorption gegeben. Bei ausreichend hoher Dosierung sei das Präparat zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates sehr wohl in der Lage, heilend und lindernd zu wirken. Der Gutachter sieht die Behandlung mit Phlogenzym nicht als Bestandteil der „Schulmedizin“ an, sondern nennt andere medikamentöse Behandlungsmethoden und auch physikalische Therapie als Behandlungsformen der Schulmedizin, zeigt aber deren Problematik hinsichtlich von Nebenwirkungen auf. Hinsichtlich der Behandlung mit Phlogenzym weist er auf den deutlichen Forschungsbedarf im Hinblick auf die Menge von tatsächlich resorbiertem Enzym hin. Insgesamt kommt er zu der Einschätzung, dass das schulmedizinische Verfahren insbesondere im Hinblick auf medikamentöse Schmerz- und Entzündungstherapie sehr wohl bekannt und in der Literatur dargestellt sei, dass es jedoch ein erhebliches Nebenwirkungspotential mit sich bringe, das bei der Enzymtherapie in dieser Weise nicht bestehe. Mit den geschilderten Risiken der Enzymtherapie und den Nebenwirkungen setzt er sich im Gutachten nicht auseinander. Die Kosten der Therapie mit Phlogenzym lägen zwar über den Kosten der Schulmedizin, aber es seien die erforderlichen umfänglichen und kontinuierlichen Laborkontrollen zum Ausschluss von Organschäden bei Anwendung der Schulmedizin ebenso mit zu berücksichtigen wie die Möglichkeit schwerwiegender Nebenwirkungen mit bislang unterschätzter Häufigkeit. Diese Nebenwirkungen bedeuteten ebenfalls erhebliche Diagnose- und Behandlungskosten. Insgesamt sei die Enzymtherapie sinnvoll und begründet, der Schulmedizin gegenüber wegen deren Nebenwirkungen auch überlegen und unter Kostengesichtspunkten mindestens vertretbar, auch wenn eine Tablette Phlogenzym 0,50 DM und eine Tablette Diclofenac 0,30 DM kosten dürfte.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung nicht nach § 124 a Abs. 1 VwGO zu, weil Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.