Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 31.05.2017, Az.: 1 A 182/15

Abschiebungsandrohung; Palästina; Palästinensische Autonomiegebiete; Rückkehrberechtigung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
31.05.2017
Aktenzeichen
1 A 182/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53911
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

In einer Abschiebungsandrohung sind die Palästinensischen Autonomiegebiete Zielstaat im Sinn von § 59 Abs. 2 AufenthG, obgleich sie keinen Staat im Sinne des Völkerrechts darstellen. Der Begriff des Staats umfasst auch den Hoheitsträger, dem das Zielland (hier: Palästinensische Autonomiegebiete als Herkunftsland des Betroffenen) völkerrechtlich zuzuordnen ist.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die damit verbundene Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat „Palästina“.

Der XX Jahre alte Kläger ist palästinensischer Volkszugehöriger und staatenlos. Er schloss an der Universität von P. ein Studium der Rechtswissenschaften mit dem Grad eines Bachelors ab und beantragte im Mai 2009 ein Ersteinreisevisum, um in Deutschland ein Magisterstudium in Rechtswissenschaften zu absolvieren. Der Kläger verfügt über eine unbefristete Rückkehrberechtigung nach Israel.

Nach Erteilung des Visums reiste der Kläger erstmals im August 2009 in das Bundesgebiet ein. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis zu einem studienvorbereitenden Deutschkurs erteilt, die einmal bis April 2011 verlängert wurde. Der Kläger wurde zum Sommersemester 2011 zum Aufbaustudium Rechtswissenschaft (Magister Legum, LL.M.) durch die Universität F. zugelassen und erhielt zum Zwecke des Studiums eine Aufenthaltserlaubnis, die zuletzt bis zum 15. Juni 2014 gültig war. Der Kläger beabsichtigte, im Sommersemester 2014 das Magisterstudium abzuschließen; sein Studium verlief nach anfänglichen Schwierigkeiten regelgerecht. Im Rahmen der letzten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis legte der Kläger einen Reiseausweis der Palästinensischen Autonomiebehörde vor, der bis zum 11. Oktober 2015 gültig war. Der Kläger finanzierte sein Studium mit seinem Gehalt aus einer geringfügigen Tätigkeit sowie Zuwendungen seiner Mutter.

Mit Urteil vom Q. wurde der Kläger durch das Amtsgericht F. (R.) wegen vorsätzlicher Körperverletzung, sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger im Sommer 2013 seine damalige Lebensgefährtin geschlagen und am S. nachts in der F. Innenstadt eine ihm bis dahin unbekannte junge Frau niedergerissen und im Intimbereich berührt hatte, wobei die Geschädigte infolge des Sturzes schmerzhafte Schürfwunden am Gesäß und am Bein erlitt. Schließlich hatte der Kläger am T. versucht, einen jungen Mann, dem er von der Tat am S. berichtet hatte, mit der gestisch dargestellten Drohung, ihn umzubringen, von einer Anzeige bei der Polizei abzuhalten. Die Entscheidung ist seit dem 12. Februar 2015 rechtskräftig.

Der Kläger befand sich aufgrund des Urteils bis zum 04. Dezember 2015 in Haft; nach Verbüßung von mehr als 2/3 der Haft wurde die Vollstreckung des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe durch das Landgericht F. mit Beschluss vom 27. November 2015 zur Bewährung ausgesetzt.

Nach erfolgter Anhörung wies die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 13. Mai 2015, zugestellt am 15. Mai 2015, aus der Bundesrepublik Deutschland aus und setzte die Sperrwirkung der Ausweisung auf vier Jahre fest. In dem Bescheid ist weiter verfügt, dass die Abschiebung „in das Palästinensische Autonomiegebiet“ aus der Strafhaft eingeleitet werde. Sollte keine Abschiebung aus der Strafhaft erfolgen können, forderte die Beklagte den Kläger auf, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids freiwillig zu verlassen. Für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise drohte die Beklagte dem Kläger die Abschiebung „nach Palästina“ an. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen an und legte dem Kläger die Kosten einer möglichen Abschiebung auf. Die Ausweisung stützte die Beklagte auf die Verurteilung durch das Amtsgericht F. vom Q.. Für einen besonderen Ausweisungsschutz des Klägers sprächen keine Gründe. Der Kläger sei bereits im Alter von über 20 Jahren nach Deutschland eingereist und sei derzeit auch nicht in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Eine Reintegration in die Lebensverhältnisse seines Herkunftsgebiets sei ohne weiteres möglich. Bei der Form des Aufenthaltsrechts sei zu berücksichtigen, dass dieses befristet gewesen sei. Aspekte des Vertrauensschutzes stünden einer Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen. Zur Beurteilung der Art und Schwere der Tat sei auszuführen, dass das Opfer des sexuell motivierten Übergriffs neben körperlichen Verletzungen erhebliche psychische Beeinträchtigungen erfahren habe. Nach dem Inhalt der Strafakte sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Beziehung zu der damaligen Lebensgefährtin sei beendet. Es sei nicht auszuschließen, dass er im Fall der Haftentlassung seinen Geschlechtstrieb an anderen Personen auszuleben versuchte. Bei der Entscheidung über die Dauer der Ausweisungswirkung sei zu Gunsten des Klägers berücksichtigt worden, dass er mit einem gültigen Visum eingereist sei und sich bis zum Ablauf der Gültigkeit seiner Aufenthaltserlaubnis am 15. Juni 2014 rechtmäßig in Deutschland aufgehalten habe. Der Ausweisung liege auch nur eine einzige strafrechtliche Verurteilung zugrunde. Die Sperrfrist von vier Jahren sei angemessen, aber auch erforderlich. Bei der Begründung der Ausreiseaufforderung verwies die Beklagte zunächst darauf, dass sie von einer Kooperation des Klägers bei der Abschiebung aus der Haft ausgehe (was sich nicht verwirklichte, weil der Kläger sein Reisedokument nicht herausgab).

Der Kläger hat am 01. Juni 2015 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die Ausweisung benachteilige ihn sozial und wirtschaftlich. Außerdem könne er als staatenloser Palästinenser nicht abgeschoben werden. Voraussetzung für eine Abschiebung sei, dass der Zielstaat der Abschiebung genau benannt werden könne. Es existiere jedoch weder ein Staat Palästina, noch gebe es eine palästinensische Staatsangehörigkeit. Seine Ausreise sei aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich. Ihm wäre eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 13. Mai 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids. Auch nach neuer Rechtslage sei die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers rechtmäßig. Zum Nachteil des Klägers dürfe nunmehr auch berücksichtigt werden, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, der Ausländerbehörde seinen palästinensischen Reiseausweis in Verwahrung zu geben, so dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung aus der Haft nicht habe durchgeführt werden können. Die Gültigkeit des Reiseausweises habe außerdem am 11. Oktober 2015 geendet. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts laute die Bezeichnung des Herkunftsstaates bei palästinensischen Volkszugehörigen „das palästinensische Autonomiegebiet“. Im Übrigen sei eine Abschiebung des Klägers in das palästinensische Autonomiegebiet auch möglich; das habe die Visastelle des Auswärtigen Amtes in U. mitgeteilt. Aus der Mitteilung gehe auch hervor, dass der Kläger freiwillig das Bundesgebiet verlassen könne, um nach Palästina auszureisen. Maßgeblich für die Einreise nach Palästina sei nicht der Besitz des Rückreisedokuments, sondern die Registrierung als Rückkehrberechtigter. Die Rückkehrberechtigung des Klägers sei nicht an den Besitz des Reisedokumentes gebunden. Inhaber einer palästinensischen Personenkennziffer erhielten bei der Einreise über die Allenby-Brücke keine Einreisekarte, sondern einen Einreisestempel in einen Passierschein oder, falls vorhanden, in den palästinensischen Pass. Wegen der Verurteilung des Klägers könne diesem im Übrigen auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 13. Mai 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Maßgeblich für die rechtliche Bewertung der Ausweisung (I.), der Wiedereinreisesperre (II.) sowie der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung (III.) ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Gerichts der Tatsacheninstanz (st. Rspr. des BVerwG, vgl. BVerwG, Urt. v. 10.07.2012 - 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277, 281 Rz. 12). Der Bescheid vom 13. Mai 2015 ist damit an der geltenden Rechtslage zu messen.

I.

Der Bescheid vom 13. Mai 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit darin seine Ausweisung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verfügt wird.

Das seit dem 01. Januar 2016 geltende Ausweisungsrecht ersetzt das bis dahin geltende und auch der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung zugrunde liegende System der Ist-Regel-und Kann-Ausweisung durch eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.2017 - 1 C 3.16 - juris, Rz. 21). Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde nicht (mehr) eingeräumt (vgl. Beschl. d. Kammer vom 25.07.2016 - 1 B 105/16 -, juris, Rz. 25, unter Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris, Rz. 19).

Bei der Abwägung sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/4097, S. 50) neben den in § 53 Abs. 2 AufenhtG ausdrücklich aufgeführten Gesichtspunkten (Dauer des Aufenthalts, persönliche, wirtschaftliche und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, Folgen der Ausweisung für Familienangehörige) auch maßgeblich die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung zu Grunde zu legen. Hierbei ist vor allem die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat(en), die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers danach, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (Beschl. d. Kammer, a.a.O., Rz. 29, unter Hinweis auf VG Oldenburg, Urt. v. 11.01.2016 - 11 A 892/15 -, juris, Rz. 24).

Der Aufenthalt des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland gefährdet die öffentliche Sicherheit. Es liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, da der Kläger wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten - hier insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung gerichtete Taten - rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren - nämlich zwei Jahren und sechs Monaten - verurteilt wurde. Es liegt hier zugleich ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a Hs. 1 AufenthG vor, weil der Kläger wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und gegen die sexuelle Selbstbestimmung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist und die Straftaten ausweislich der Begründung des Urteils des Amtsgerichts F. vom Q. jeweils mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben begangen wurden und außerdem eine Straftat nach § 177 StGB vorlag.

Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht kein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers gegenüber. Es ist keiner der in § 55 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG genannten Tatbestände erfüllt. Insbesondere begründet ein möglicher Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG, den der Kläger für sich beansprucht, kein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG fällt schon nicht in den Anwendungsbereich von § 55 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG. Außerdem hat der Kläger weder vor Bekanntgabe der Ausweisungsentscheidung (vgl. hierzu Beschl. d. Kammer vom 25.07.2016, a.a.O., Rz. 38) noch danach einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt.

Der Kläger kann sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten auf ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse berufen. Er ist weder wirtschaftlich noch sozial in der Bundesrepublik Deutschland fest verwurzelt. Er kam erst als 26-jähriger nach Deutschland und hatte von vornherein nur eine befristete Bleibeperspektive. Zur Finanzierung seines Studiums hatte er eine Stelle auf Grundlage einer geringfügigen Beschäftigung, die ebenfalls keine dauerhafte Perspektive vermittelte. Seine sozialen Kontakte beschränkten sich vor seiner Inhaftierung ausweislich der Begründung des Urteils des Amtsgerichts F. vom Q. auf seine Beziehung zu der verheirateten Lebensgefährtin und zu einem Freund; beide hat er zu Opfer von Straftaten gemacht, wegen derer er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Derzeit lebt der Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vollständig von Unterstützungsleistungen seiner Mutter und seiner Geschwister, von denen eine Schwester bei der Mutter in den Palästinensischen Autonomiegebieten lebt und drei weitere Geschwister in Dubai leben.

Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass er von vornherein nach Deutschland gekommen sei um zu bleiben; in die Palästinensischen Autonomiegebiete wolle er wegen der dort herrschenden Perspektivlosigkeit keinesfalls zurückkehren. Eine wirtschaftliche Grundlage für ein Leben in Deutschland hat er sich indes nicht geschaffen. Er hat insbesondere offenkundig erst unter dem Eindruck der bevorstehenden mündlichen Verhandlung Anstrengungen unternommen, um sein Masterstudium in Rechtswissenschaften abzuschließen. Er legte eine Bescheinigung der Juristischen Fakultät der Universität F. vom 03. Mai 2017 vor, nach der er sich wegen seiner Magisterarbeit mit einem namentlich benannten Professor in Verbindung setzen solle. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, die Arbeit zum Thema der zivilrechtlichen Haftung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft bereits vor seiner Inhaftierung begonnen zu haben und sie binnen 10 Tagen nach der mündlichen Verhandlung abschließen zu wollen. Der Kläger machte zwar geltend, die Justizvollzugsanstalt V. habe ihn in seinen Bemühungen um einen Abschluss des Masterstudiums behindert. Solche Bemühungen ergeben sich indes aus dem vorliegenden Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt V. vom 20.08.2015 nicht. Dort wird auf das Magisterstudium des Klägers und die bereits begonnenen Arbeiten an der Magisterarbeit ausdrücklich Bezug genommen (dort unter Ziff. 5), ohne dass auf Pläne zu deren Beendigung eingegangen wird. Im Übrigen hat der Kläger seit seiner Entlassung aus der Haft mehr als ein Jahr untätig verstreichen lassen, ohne den Abschluss seines Studiums anzustreben.

Auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, Freunde in F. zu haben, geht die Kammer davon aus, dass seine sozialen Beziehungen in erster Linie in den Palästinensischen Autonomiegebieten bestehen, wo seine Mutter lebt, die sein Studium in Deutschland durch regelmäßige Zuwendungen jedenfalls teilweise auch finanziert hat. Soweit diese Beziehungen unter seiner achtjährigen Abwesenheit gelitten haben sollten - der Kläger will während seines Aufenthalts im Bundesgebiet seit August 2009 nicht wieder in die Heimat gereist sein -, geht die Kammer davon aus, dass sie sich zügig wieder herstellen lassen. Der Kläger spricht arabisch und hat eine abgeschlossene Ausbildung (Bachelor in Rechtswissenschaften).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts F. in ihrem Beschluss vom XX. X 2015 die Verbüßung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt hat. Hierauf hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 -, NVwZ 2017, 229, juris Rz. 24) ist für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über die Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung für das Verwaltungsgerichte nicht bindend; es geht von der Entscheidung allerdings eine starke Indizwirkung aus. An diesen Maßstäben gemessen ist die Kammer nicht gehalten, hier von einer fehlenden Wiederholungsgefahr auszugehen.

Die Kammer berücksichtigt zunächst, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts F. zu ihrer Entscheidung unter Zurückstellung von Bedenken kam. So heißt es in der Begründung des Beschlusses (Umdruck S. 6):

„Nach Würdigung der aktuellen Einschätzung der Leiterin der Justizvollzugsanstalt V. und der prognostischen Überlegungen des Sachverständigen W. geht die Kammer von einer noch günstigen Kriminalprogose aus, die eine vorzeitige Entlassung des Verurteilten gerade noch vertretbar erscheinen lässt.“

Zweifel an der günstigen Prognose rührten von der gutachterlich bestätigten Alkoholkrankheit her, die zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht therapiert war. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts F. vom Q. war der Kläger bereits während seiner Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin alkoholabhängig gewesen. Das hatte der Gutachter in dem Verfahren in seinem in dem Verwaltungsvorgang der Beklagten befindlichen Gutachten vom 03. April 2014 festgestellt. Die Strafvollstreckungskammer hat letztlich zu seinen Gunsten gewürdigt, dass der Kläger in der Haft an dem Gruppenangebot „Lieber schlau als blau“ teilgenommen hat und Ersttäter war.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, dass er im Jahr 2016 an einer Alkoholtherapie teilgenommen und diese im Dezember 2016 abgeschlossen habe; er sei nicht mehr alkoholkrank. Hierfür hat der Kläger zwar keinerlei Nachweise vorgelegt. Die Kammer zieht die Richtigkeit der Angaben nicht in Zweifel, weil der Kläger glaubhaft weiter ausgeführt hat, dass ihm im Verlauf der Alkoholtherapie mitgeteilt worden sei, er leide an einer Persönlichkeitsstörung. Diese liege seinem Alkoholismus zugrunde und müsse gesondert therapiert werden. Derzeit bemühe er sich um einen Therapieplatz. Diese Einschätzung steht zwar nicht im Einklang mit den Feststellungen des Gutachtens vom 03. April 2014, nach dem die Allgemeinkriterien einer Persönlichkeitsstörung nicht gegeben seien (S. 13 des Gutachtens). Die Kammer geht aber davon aus, dass der Kläger jedenfalls psychisch stark belastet ist. Diese Annahme gründet sich auf den Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt V., in der der Kläger seine Haftstrafe verbüßt hat. Laut dem Vollzugsplan der Anstalt vom 20. August 2015 fiel der Kläger während der Haft durch provokatives und aggressives Verhalten auf und habe Tendenzen zur Eigengefährdung gezeigt. Auch wenn die Erwartung der Strafvollstreckungskammer aus dem Beschluss vom XX. X 2015, der Kläger werde seine Alkoholkrankheit therapieren, sich als zutreffend erwiesen hat, hat sich die Strafvollstreckungskammer doch nicht mit der zugrunde liegenden psychischen Belastung des Klägers auseinandergesetzt. Solange diese nicht therapiert ist, geht die Kammer davon aus, dass bei dem Kläger eine gewisse Rückfallgefahr in Alkoholismus und Gewaltausbrüche besteht. Dafür spricht auch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung einen emotionalen Ausbruch hatte, den er gegen den Vertreter der Beklagten richtete und der sich ungeachtet des nachvollziehbaren emotionalen Drucks, den Gerichtsverhandlungen über Bleiberechte regelmäßig bedeuten, ungewöhnlich heftig Bahn brach. Auch dieser Zwischenfall unterstrich für die Kammer, dass die Kläger seine Gefühle in Stresssituationen nicht unter Kontrolle bringen kann.

Anlass dafür, über die Art und Schwere der Persönlichkeitsstörung durch Einholung eines Gutachtens Beweis zu erheben, sah die Kammer nicht, weil das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers auch bei einer nur geringen Rückfallgefahr sein  Bleibeinteresse überwiegt.

Weitere Aspekte, die dafür sprächen, dass die Ausweisung unverhältnismäßig sein könnte, sind nicht ersichtlich.

II.

Gründe, aus denen die Dauer der verhängten Wiedereinreisesperre von vier Jahren nach der Ausweisung rechtswidrig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Über die Länge der Frist entscheidet die zuständige Behörde nach § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen. Die Frist darf 5 Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die Beklagte hat eine geringere Frist festgesetzt und sich dabei im Rahmen ihres Ermessens gehalten.

III.

Auch die Abschiebungsandrohung auf Grundlage von §§ 50 Abs. 1, 59 Abs. 1 AufenthG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Diesen Anforderungen entspricht die Abschiebungsandrohung.

2. Hinsichtlich der Bestimmung eines Zielstaats der Abschiebung ist die Androhung ebenfalls rechtmäßig. Nach § 59 Abs. 2 AufenthG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist.

Die Beklagte hat in der Abschiebungsandrohung mit „Palästina“ ein Gebiet bezeichnet, in das der Kläger abgeschoben werden soll, sofern - wie geschehen - eine Abschiebung aus der Strafhaft nicht erfolgen kann. Das Zielgebiet der Abschiebung ist nach dem maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass mit „Palästina“ nicht ein historisches Gebiet gemeint ist, sondern die sogenannten Palästinensischen Autonomiegebiete. Diese sind nach Auffassung der Kammer zwar kein Staat im völkerrechtlichen Sinn, genügen aber den Anforderungen von § 59 Abs. 2 AufenthG an die Bestimmung des Zielstaates der Abschiebungsandrohung.

Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist mit dem Begriff „Staat“ in § 59 Abs. 2 AufenthG der Staat im völkerrechtlichen Sinn gemeint; Zielstaat könne damit kein völkerrechtlich nicht existenter Staat sein (vgl. Hocks, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 59 AufenthG, Rz. 5; Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 2, Stand: 95. EL Febr. 2016, § 59 Rz. 31; für Jugoslawien VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.03.1993 - 1 A 2801/92 -, juris Rz. 6; für Palästina Hess. VGH, Beschl. v.  14.11.2003 - 9 TG 2727/03 -, juris Rz. 13; Nds. OVG, Beschl. v. 21.04.2004 - 11 LA 61/04 -, juris Rz. 9). Die deutsche Völkerrechtslehre stellt dabei mit dem Jellinekschen Staatsverständnis auf die drei Merkmale des Staatsvolks, des Staatsgebiets und der effektiven Staatsgewalt ab (sog. „Drei-Elemente-Lehre“). Auf den Umstand der völkerrechtlichen Anerkennung kommt es danach hingegen nicht an. Es ist deshalb auf der einen Seite unerheblich, dass die Bundesrepublik Deutschland die Palästinensischen Autonomiegebiete nicht als Staat anerkennt. Ebenso unerheblich ist es auf der anderen Seite, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen den Palästinensischen Autonomiegebieten mit der UN-Resolution A/67/L.28 vom 26. November 2012 den Status eines Beobachterstaats (non-member observer state) zuerkannt hat.

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass die Palästinensischen Autonomiegebiete kein Staat im völkerrechtlichen Sinne sind (Hess. VGH, Beschl. v. 14.11.2003, a.a.O.; Nds. OVG, Beschl. v. 21.04.2004, a.a.O.; Urt. v. 26.01.2012 - 11 LB 97/11 -, juris Rz. 31 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, dass die Palästinensischen Autonomiegebiete, die rechtlich auf dem sogenannten Oslo-Agreement vom 13.09.1993 beruhen, aufgrund dieser Vereinbarung in Verbindung mit Nachfolgevereinbarungen - insbesondere dem Kairo-Übereinkommen -  eine eingeschränkte Herrschaftsgewalt über die Autonomiegebiete ausüben. So wird insbesondere die Einreise in die Autonomiegebiete durch Personen, die im Bevölkerungsregister der Autonomiegebiete registriert sind, durch israelische Behörden kontrolliert. In den sogenannten C-Gebieten, die über 62 % des Gebiets des Westjordanlandes umfassen, kontrollieren israelische Behörden außerdem die gesamte Infrastruktur (Quelle: Wikipedia).

Auf diese völkerrechtlich begründeten Zweifel an der Staatlichkeit der Palästinensischen Autonomiegebiete kommt es hier jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht an. Die Kammer geht nämlich davon aus, dass eine europarechtlich informierte Auslegung des Begriffs des Staats in § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG auf den Begriff des Staats in § 59 Abs. 2 AufenthG durchschlägt und von dem Begriff des „Staats“ auch der Hoheitsträger erfasst ist, dem das Herkunftsland des Betroffenen völkerrechtlich zuzuordnen ist und der nicht Staat im völkerrechtlichen Sinne ist.

Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.01.2012, a.a.O., Rz. 24) ist einheitlicher Bezugspunkt für die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit nach Maßgabe des subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auf der Grundlage der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG das Herkunftsland im Sinne des Art. 2 k Qualifikationsrichtlinie, d.h. das Land oder die Länder der Staatsangehörigkeit oder - bei Staatenlosen - des früheren gewöhnlichen Aufenthalts. Herkunftsstaat ist demnach „der Staat oder der Hoheitsträger, dem das Herkunftsland des Betroffenen völkerrechtlich zuzuordnen ist“ (Nds. OVG, Urt. v. 26.01.2012, a.a.O., Rz. 25). Diese weite Auslegung des Begriffs des „Staats“ im Rahmen der Zuerkennung von Abschiebungsverboten in Bezug auf das Herkunftsland oder das Zielland lässt keine Schutzlücken und ist schon aus diesem Grund angezeigt. Sie ist aber nach Auffassung der Kammer folgerichtig auch § 59 Abs. 2 AufenthG zugrunde zu legen. Die einheitliche Auslegung des Staatsbegriffs des Aufenthaltsgesetzes ist schon deshalb geboten, weil andernfalls die Abschiebungsandrohung einen „Zielstaat“ nicht benennen dürfte, in den der Ausländer später gleichwohl abgeschoben werden könnte oder in den er wegen festgestellter Abschiebungsverbote nicht abgeschoben werden dürfte. Das gilt nicht nur in Fällen, in denen unionsrechtlicher Schutz nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in Rede steht, sondern auch in den Fällen, in denen herkunftslandbezogener, nationaler Schutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG streitgegenständlich ist. Ein Auseinanderfallen des Begriffs des Zielstaats in § 60 AufenthG und in § 59 Abs. 2 AufenthG in einen europarechtlich informierten, weiteren Begriff und einen Jellinekschen Begriff wäre weder praktikabel noch ist er in § 59 Abs. 2 AufenthG angelegt. Dass jedenfalls im Anwendungsbereich von § 60 AufenthG ebenfalls nicht zu unterscheiden ist, deutet auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seiner angeführten Entscheidung vom 26. Januar.2012 an. Dort heißt es (a.a.O, Rz. 23):

„Daraus folgt für die vorliegende aktuelle Rechtslage, dass über die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes (jedenfalls) auf der Grundlage der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG, die an die Stelle der vormals entsprechenden Bestimmungen des § 53 AuslG getreten sind, auch jeweils einzelstaatsbezogen entschieden werden kann, wobei dann der maßgebende Staat bzw. das betroffene Hoheitsgebiet zunächst vom Kläger des Verpflichtungsbegehrens zu bezeichnen ist.“

Für die Palästinensischen Autonomiegebiete hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung zutreffend ausgeführt (a.a.O., Rz. 31 ff.):

„…[Es] besteht vorliegend angesichts des umstrittenen, grundsätzlich maßgeblichen völkerrechtlichen Status des betroffenen Gebiets die Schwierigkeit seiner exakten Bezeichnung als Palästina, palästinensisches Autonomiegebiet, Gazastreifen (und Westjordanland) oder auch - jedenfalls in der Vergangenheit - israelisch-besetzt. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, ist nach Ansicht des Senats schon im Hinblick auf die mit der Qualifikationsrichtlinie auch beabsichtigte Vereinheitlichung des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes entsprechend der deutschen und der Praxis weiterer europäischer Staaten von der insoweit einheitlich anerkannten Existenz eines aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland bestehenden palästinensischen Gebietes, dessen genaue Abgrenzung hier dahinstehen kann, als autonome politische Einheit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde als Vertretung auszugehen, das bislang jedoch darüber hinaus als unabhängiger Staat noch keine einheitliche Anerkennung gefunden hat.“

Nach alledem sind die Palästinensischen Autonomiegebiete als völkerrechtlich verfasster Hoheitsträger u.a. der Herkunftsregion des Klägers, des Westjordanlands, „Staat“ im Sinne von § 59 Abs. 2 AufenthG und konnten von der Beklagten als Ziel der angedrohten Abschiebung benannt werden.

3. Hinsichtlich des Zielstaats „Palästinensische Autonomiegebiete“ bestehen auch keine zwingenden Abschiebungshindernisse, die ganz ausnahmsweise bereits bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen wären (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.07.2003 - 1 C 21.02 -, BVerwGE 118, 308, 312 f.; Nds. OVG, Beschl. v. 21.04.2004 - 11 LA 61/94 -, NVwZ-RR 2004, 788). Weder die freiwillige Rückkehr des Klägers in die Palästinensischen Autonomiegebiete noch seine zwangsweise Abschiebung dorthin erscheint praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich. Nach Auskunft der Visastelle des Auswärtigen Amtes in U. vom 03.11.2015, deren Aktualität durch die Visastelle gegenüber dem Gericht am 16.05.2017 bestätigt worden ist, reisen Palästinenser mit Wohnort im Westjordanland - wie der Kläger - über Jordanien ein, und zwar über den Grenzübergang Allenby. Auch die Abschiebungen aus Deutschland werden über diesen Weg vorgenommen. Der Kläger verfügt auch über eine Rückkehrberechtigung in die Palästinensischen Autonomiegebiete, was die Visastelle mit E-Mail vom 19.05.2017 bestätigt hat. Auch der Umstand, dass der Kläger möglicherweise derzeit kein gültiges Reisedokument der Palästinensischen Autonomiebehörde hat, begründet kein hier zu berücksichtigendes zwingendes Abschiebungshindernis. Das Hindernis ist nur ein vorübergehendes.

Die Klage ist mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO insgesamt abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Vollstreckungsabwehrbefugnis beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Kammer hat die Berufung hinsichtlich der im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochenen Abschiebungsandrohung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO zugelassen, weil die Frage, ob von dem Begriff des „Staats“ in § 59 Abs. 2 AufenthG der Hoheitsträger erfasst ist, dem das Herkunftsland des Ausländers völkerrechtlich zuzuordnen ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und weil die Kammer bei der Anwendung dieser Auffassung auf das Herkunftsgebiet des Klägers von der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Beschluss vom 21. April 2004 - 11 LA 61/04 - abgewichen ist (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Im Übrigen liegen keine Gründe vor, die Berufung zuzulassen.