Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.02.2010, Az.: 12 K 119/08

Sachdienlichkeit einer Teil-Einspruchsentscheidung bei abschließender Entscheidung über nicht der Zwangsruhe nach § 363 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unterliegenden Streitpunkte; Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im Falle der entgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern auf Zeit; Durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasste Aufwendungen als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1, 2 Einkommensteuergesetz (EStG); Ermessensfehler des Gerichts im Falle der Abtrennung von Teilkomplexen eines Rechtsstreits

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.02.2010
Aktenzeichen
12 K 119/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 17704
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2010:0216.12K119.08.0A

Fundstellen

  • DStRE 2010, 1328-1331
  • EFG 2010, 1858-1860

Einkommensteuer 2001 - 2005

Eine Teil-Einspruchsentscheidung ist sachdienlich, wenn durch sie über die Streitpunkte, hinsichtlich derer keine sog. Zwangsruhe nach§ 363 Abs. 2 AO eingetreten ist, abschließend entschieden wird.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen der Voraussetzungen einer Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sowie über die Rechtmäßigkeit des Erlasses einer sogenannten Teil-Einspruchsentscheidung.

2

In ihren für die Streitjahre 2001 - 2005 beim beklagten Finanzamt (FA) ... abgegebenen gemeinsamen Einkommensteuererklärungen gaben die Kläger, die Eheleute sind, für ihr in ... belegenes Zweifamilienhaus die anteilig auf die im dortigen Obergeschoss befindliche Wohnung entfallenden Aufwendungen im Rahmen der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) mit folgenden Beträgen an:

  • 2001: ./. ... DM

  • 2002: ./. ... EUR

  • 2003: ./. ... EUR

  • 2004: ./. ... EUR

  • 2005: ./. ... EUR.

3

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit notariellem Grundstücksübertragungsvertrag nebst Auflassung vom 30. März 1979 übertrugen die Eltern des Klägers die Hof- und Gebäudefläche in ... auf ihren Sohn und ihre Schwiegertochter - die Kläger -. Des Weiteren wurde in der notariellen Urkunde den Eltern des Klägers ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht unter Ausschluss der Eigentümer an allen Räumen im Obergeschoss durch die Kläger eingeräumt. In den Streitjahren nutzte die Mutter bzw. Schwiegermutter der Kläger die entsprechenden Räumlichkeiten aufgrund des ihr eingeräumten unentgeltlichen Wohnrechts.

4

Die von den Klägern unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten geltend gemachten und auf die im Obergeschoss befindlichen Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen berücksichtigte das beklagte FA in den für die Streitjahre ergangenen Einkommensteuerbescheiden zunächst erklärungsgemäß. Diese Einkommensteuer-bescheide waren nach § 165 Abs. 1 AO jedoch mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen, der insoweit wie folgt erläutert wurde:

"Der Bescheid ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil z.Z. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann."

5

Unter dem 14. Juni 2007 ergingen für die Streitjahre gem. § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen nunmehr die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr berücksichtigt wurden. Denn die Wohnung im Obergeschoss sei wohnrechtsbelastet und die Wohnung im Erdgeschoss werde von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Darüber hinaus waren die geänderten Bescheide gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich

  • der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen,

  • der Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages,

  • der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (nur für die Streitjahre 2001 bis 2004),

  • der Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003 geänderten Vorschriften (nur für die Streitjahre 2004 und 2005).

6

Ihre gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide eingelegten Einsprüche begründeten die Kläger zum einen damit, dass im Hinblick auf die im Obergeschoss des Zweifamilienhauses in ... belegenen Räumlichkeiten Einkünfteerzielungsabsicht gegeben sei. Denn die in den streitigen Veranlagungszeiträumen entstandenen Verluste würden durch spätere Überschüsse egalisiert, so dass in der Totalperiode mit einem Gewinn zu rechnen sei. Vor allem hindere die Belastung der Wohnung im Obergeschoss mit einem Wohnrecht nicht ihre Einkünfteerzielungsabsicht.

7

Zum anderen wurde ausdrücklich die Steuerfreistellung der Einkünfte in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung des§ 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie die Berücksichtigung der von den Klägern gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung in unbegrenztem Umfang begehrt und insoweit unter Hinweis auf beim Bundesfinanzhof (BFH) diesbezüglich anhängige Verfahren das Ruhen des Einspruchsverfahrens gem. § 363 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) beantragt.

8

Mit "Teil-Einspruchsbescheid" vom 26. Februar 2008 wies das beklagte FA den Einspruch, soweit hierdurch über ihn entschieden wird, als unbegründet zurück. In dem Tenor heißt es ferner:

"Über folgende Teile des Einspruchs wird nicht entschieden:

- Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG; beim BFH anhängiges Verfahren X R 9/07.
- Steuerfreistellung der Einkünfte in Höhe der Abgeordnetenpauschale, wenn ein Gericht entscheidet, dass eine kostenfreie Kostenpauschale angesetzt werden kann.

Insoweit tritt durch diese Entscheidung keine Bestandskraft ein. "

9

(Hervorhebungen in Fettdruck entsprechen dem Schriftbild des Einspruchsbescheides.)

10

Wegen der vorstehend angeführten Fragen seien beim BFH unter den Az. VI R 81/04 bzw. X R 11/05 Verfahren anhängig, auf die sich die Kläger berufen hätten. Insoweit ruhe das Einspruchsverfahren gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Bei dieser Ausgangslage sei der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung i.S.d. § 367 Abs. 2a Satz 1 AO sachdienlich. Sachdienlichkeit sei insbesondere anzunehmen, wenn der Einspruch mit Ausnahme eines oder mehrerer klar und eindeutig abgrenzbarer Teile des Einspruchs entscheidungsreif sei und im übrigen Teil noch nicht entschieden werden könne oder sollte, weil eine vom Steuerpflichtigen aufgeworfene Rechtsfrage Gegenstand eines beim BFH anhängigen Verfahrens sei und nach einer Entscheidung dieses Gerichts eine einvernehmliche Erledigung des Rechtsstreits erwartet werden könne. Dem beiderseitigen Bedürfnis nach Rechtsfrieden und -sicherheit werde somit durch den Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung Rechnung getragen, indem die Steuerfestsetzung weitgehend in Bestandskraft erwachsen könne bzw. dem Steuerpflichtigen ermöglicht werde, seine Interessen ggf. durch Klageerhebung weiter zu verfolgen. Zweck des Rechtsbehelfsverfahrens sei es, möglichst zügig eine Entscheidung in der eigenen Sache herbeizuführen, nicht aber, den Steuerfall möglichst lange "offenzuhalten", um von künftigen Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu derzeit nicht strittigen Fragen "profitieren" zu können. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall im Hinblick darauf, ob Rentenversicherungsbeiträge als Werbungskosten anzuerkennen seien bzw. ob eine kostenfreie Kostenpauschale in Höhe der Abgeordnetenpauschale zu berücksichtigen sei, gegeben.

11

Im Übrigen liege hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung keine Einkunftserzielungsabsicht der Kläger vor. Denn ein Hauseigentümer könne Aufwendungen für eine mit einem Wohnrecht belastete Wohnung mangels Einkunftserzielungsabsicht nicht als Werbungskosten abziehen. Eine Berücksichtigung entsprechender Aufwendungen komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten in Betracht. Denn der insoweit notwendige Zusammenhang von Aufwendungen mit künftigen Einnahmen könne nur bejaht werden, wenn in absehbarer Zeit mit Einnahmen zu rechnen sei. Davon könne aber bei einem lebenslänglichen Nutzungsrecht üblicherweise nicht die Rede sein, und zwar selbst dann nicht, wenn der Nutzungsberechtigte bereits ein hohes Alter erreicht haben sollte. Der Abzug von während der Zeit einer lebzeitigen Nutzungsberechtigung vom Eigentümer auf die mit dem Nutzungsrecht belastete Wohnung getätigten Aufwendungen als Werbungskosten sei selbst dann zu verneinen, wenn ein Ende der Nutzung konkret absehbar sei.

12

Die Kläger haben mit Schreiben vom 7. April 2008 Klage erhoben. Die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre hätten im Hinblick auf ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) nicht mehr gem. § 165 AO geändert werden dürfen. Denn die insoweit vom beklagten FA angebrachten Vorläufigkeitsvermerke hätten sich lediglich auf die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht erstreckt. Tatsächlich sei aber in allen Streitjahren durch die unentgeltliche Überlassung der Wohnung im Obergeschoss an die Mutter/Schwiegermutter der Kläger gar keine Vermietungstätigkeit erfolgt, so dass eine Einkunftserzielungsabsicht nicht zu prüfen gewesen sei. Dann könne eine Änderung der Einkommensteuerbescheide aber auch nicht damit begründet werden, dass nunmehr eine Einkünfteerzielungsabsicht verneint werde.

13

Schließlich seien die unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen antragsgemäß zu berücksichtigen. Die Mutter bzw. Schwiegermutter der Kläger sei im Zeitpunkt der Einräumung des unentgeltlichen lebenslänglichen Wohnrechts in 1979 56 Jahre alt gewesen. Das Wohnrecht sei dann vertraglich wie vereinbart bis zum Jahr 2000 durchgeführt worden. Die Mutter sei damals bereits 77 Jahre alt gewesen. Mit Bedacht auf das hohe Alter der Mutter und das mögliche Ableben dieser seien Renovierungsarbeiten in der Obergeschosswohnung erfolgt, um diese nach einem möglichen Ableben der Mutter schnellstmöglich vermieten zu können. Jedoch lasse sich ein solcher Umstand nicht planen und die Mutter erfreue sich immer noch bester Gesundheit. Da die finanziellen Belastungen eine weiterhin unentgeltliche Nutzung durch die Mutter nicht zugelassen hätten, sei sodann mit Wirkung zum 1. April 2006 von dieser auf das unentgeltliche Wohnrecht verzichtet und ein Mietvertrag geschlossen worden.

14

Der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sei rechtswidrig, weil diese zu unbestimmt und im Übrigen nicht sachdienlich sei. Denn durch die Unterscheidung zwischen (Teil-)Bestandskraft und offenem Rechtsbehelf verkompliziere sich das Rechtsbehelfsverfahren sowohl beim beklagten FA als auch beim Finanzgericht. Hinzu komme, dass der Streit nicht die Besteuerungsgrundlagen erfasse, sondern die Höhe der festgesetzten Steuer (§ 157 Abs. 2 AO). Eine Teileinspruchsentscheidung, die nur eine pauschale Verweisung auf die "offenen" Besteuerungsgrundlagen beinhalte, sei mithin bereits aus formalen Gründen rechtswidrig.

15

Hinzu komme, dass der Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 AO nicht die einfachrechtliche und verfassungskonforme Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift erfasse, so dass auf diese Weise ein vollständiger Rechtsschutz der Kläger nicht gegeben sei.

16

Ferner seien die Steuerfestsetzungen im Hinblick auf die lediglich beschränkte Abziehbarkeit von Krankenversicherungsaufwendungen sowie der Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Vorschriften ebenso rechtswidrig wie dies für die lediglich teilweise Berücksichtigung von Rentenbeiträgen als vorweggenommene Werbungskosten sowie die nicht erfolgte Freistellung von Einkünften i.H. der Abgeordnetenpauschale gelte.

17

Das beklagte FA hat für die Streitjahre während des Klageverfahrens unter dem 23. Juli 2009 gem. § 172 AO geänderte Einkommensteuerbescheide erlassen, mit denen es den Umfang der Vorläufigkeit nach § 165 AO erweitert hat. Diese Bescheide sind gem. § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden.

18

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 - 2005 vom 14. Juni 2007 und die hierzu ergangene Teil-Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2008 sowie die unter dem 23. Juli 2009 ergangenen Änderungsbescheide aufzuheben;

19

hilfsweise,

die Teil-Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2008 aufzuheben.

20

Das beklagte Finanzamt ... beantragt,

die Klage abzuweisen.

21

Entgegen der Auffassung der Kläger sei die Teileinspruchsentscheidung rechtmäßig. Insbesondere sei es nicht notwendig und - wie auch beim Vorläufigkeitsvermerk - gar nicht möglich, die Höhe der nicht in Bestandskraft erwachsenden Steuer zu beziffern. Die Tenorierung der Teileinspruchsentscheidung bestimme eindeutig, über welchen Teil der Steuerfestsetzung nicht entschieden werde, und entspreche damit der gesetzlichen Vorgabe des § 363 Abs. 2a Satz 2 AO. Im Übrigen verweist das beklagte FA insoweit auf seine Ausführungen in der Teil-Einspruchsentscheidung.

22

Auch die Nichtberücksichtigung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die mit einem Wohnrecht belastete Wohnung sei rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage hat keinen Erfolg.

24

A.

I.

Das beklagte FA hat im Streitfall zu Recht die auf die wohnrechtsbelastete und von der nutzungsberechtigten Mutter/Schwiegermutter der Kläger in den Streitjahren 2001 - 2005 auch tatsächlich bewohnten Wohnung im Obergeschoss des Objekts in ... entfallenden Aufwendungen nicht unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) zum Abzug zugelassen.

25

1.)

Die Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerfest-setzungen der Streitjahre nach Maßgabe des § 165 Abs. 2 Satz 1 AO in den Bescheiden vom 14. Juni 2007 sind im Hinblick auf die insoweit zunächst angesetzten negativen Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung gegeben.

26

a)

Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann die Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Das FA hat in allen Fällen der vorläufigen Festsetzung bzw. Feststellung nach § 165 Abs. 1 Satz 3 AO Grund und Umfang der Vorläufigkeit für den Steuerpflichtigen ausreichend erkennbar anzugeben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. März 1992 III R 47/91, BStBl II 1992, 588). Die von § 165 Abs. 1 Satz 3 AO geforderten Angaben dienen dem Rechtsschutzinteresse des Steuerpflichtigen (v.Wedelstädt in Woerner/Grube, Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, 9. Aufl., 2005, Rz 632; Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 165 AO Rz 21). Er soll wissen, welche Umstände der endgültigen Festsetzung bzw. Feststellung entgegenstehen und hinsichtlich welcher als ungewiss betrachteten Tatsachen (BFH-Urteile vom 12. März 1991 IX R 282/87, BFH/NV 1991, 506; vom 30. Juni 1994 V R 106/91, BFH/NV 1995, 466; vom 7. Februar 1995 IX R 68/92, BFH/NV 1995, 939) sich das FA eine weitere Überprüfung vorbehält (BFH-Urteil vom 25. April 1985 IV R 64/83, BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648). Diese Angaben zeigen auch die Grenzen für die endgültige Festsetzung auf. Die Reichweite der Vorläufigkeit muss daher grundsätzlich dem Bescheid entnommen werden können. Zweifelsfrei wird dies durch den Wortlaut der Erläuterungen und durch eine klare Formulierung erreicht.

27

Enthält der Steuerbescheid zum Umfang der Vorläufigkeit keinerlei Angaben und ergibt sich dieser Umfang auch nicht aus anderen Umständen, so ist der Vermerk inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb mit der Folge unwirksam, dass er nicht zur Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheides berechtigt (BFH-Urteil vom 12. Juli 2007 X R 22/05, BStBl. II 2008, 2 m.w.N.)

28

Erklärt das FA die Steuerfestsetzung zum Beispiel für vorläufig, weil es die Einkünfteerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilen kann, so kann es bei der endgültigen Steuerfestsetzung auch die von der tatsächlichen Ungewissheit nicht betroffenen, aber zunächst hingenommenen rechtlichen Fehlbeurteilungen zur Abziehbarkeit von Werbungskosten ändern (BFH-Beschluss vom 24. Februar 2009 IX B 176/08, BFH/NV 2009, 889 unter Hinweis auf den grundlegenden BFH-Beschluss vom 22. Dezember 1987 IV B 174/86, BStBl II 1988, 234; aus dem Schrifttum vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO § 165 Rz 102, m.w.N.).

29

b)

Dementsprechend durfte das beklagte FA, das in den zunächst für die Streitjahre ergangenen Einkommensteuerbescheiden die Steuerfestsetzungen "... hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil z.Zt. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann ..." mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen hatte, in den angefochtenen Änderungsbescheiden seine fehlerhafte Entscheidung zur Berücksichtigung vorweggenommener Werbungskosten korrigieren.

30

Den Klägern ist insbesondere nicht darin zu folgen, dass die vom FA verwandte Formulierung "... weil z.Zt. die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann ..." eine Versagung des Werbungskostenabzugs im Wege einer auf § 165 Abs. 2 Satz 1 AO gestützten Berichtigung nur noch im Falle einer mangelnden Überschusserzielungsabsicht rechtfertigte. Vielmehr ist (auch) bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) stets - gewissermaßen als Vorfrage - das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht Voraussetzung für die Berücksichtigung entsprechender Einkünfte. Erst wenn eine solche Absicht besteht, schließt sich hieran die Prüfung an, welche Einnahmen und/oder Werbungskosten anzusetzen sind, und die sich wiederum u.a. am Bestehen eines Veranlassungszusammenhangs mit dieser Einkunftsart orientiert.

31

Im Übrigen gilt folgendes:

32

Wird mit der vorläufigen Steuerfestsetzung zunächst entsprechend den rechtlichen Vorstellungen des Steuerpflichtigen verfahren, darf er in den nachrangigen Einzelfragen auch dann nicht mit einem Fortbestand der in der vorläufigen Steuerfestsetzung vom FA hingenommenen rechtlichen Beurteilung rechnen, wenn sich das FA in der vorrangigen Hauptfrage nach Beseitigung der tatsächlichen Ungewissheit anders entscheidet (Beschluss des BFH vom 13. Oktober 2009 X B 55/09, BFH/NV 2010, 168 (169)).

33

Die Kläger mussten sich daher darüber im Klaren sein, dass sich das beklagte FA - wie in den nunmehr angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheiden geschehen - (auch) die Prüfung der Rechtmäßigkeit der erklärungsgemäß aber offensichtlich ohne nähere Prüfung berücksichtigten Werbungskosten auf ihren Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) durch den Ansatz gleichlautender Vorläufigkeitsvermerke in den Ausgangsbescheiden der Streitjahre vorbehielt.

34

2.)

Die Kläger haben in den Jahren 2001 - 2005 keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) aus der unentgeltlichen Überlassung einer Wohnung an ihre Mutter/Schwiegermutter erzielt.

35

a)

Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen; er muss Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag oder einem ähnlichen Vertrag über eine Nutzungsüberlassung sein. Festzustellen, wer den Tatbestand der (jeweiligen) Einkunftsart erfüllt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. September 2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406, m.w.N.).

36

b)

Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 EStG sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind und schon anfallen können, wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist, dass ein - anhand objektiver Umstände feststellbarer - ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (vgl.BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, unter C. III. 2. a). Dabei ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Abzug von Werbungskosten; ihm kommt vielmehr (nur) indizielle Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 406, unter II. 1. b, m.w.N.). Danach kann ein Eigentümer Aufwendungen für sein mit dem lebenslänglichen Nutzungsrecht eines Dritten belastetes Grundstück regelmäßig nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, weil ein Ende der Nutzung nicht absehbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 IX R 331/87, BFH/NV 1992, 591; BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IX B 47/98, BFH/NV 1998, 1346, jeweils m.w.N.; zur Ausnahme bei ausdrücklich vom Nutzungsberechtigten zugesagten Übertragungs- bzw. Aufgabezeitpunkt: BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 6/96, BFH/NV 2001, 24; vgl. im Übrigen BFH-Urteil vom 14. November 2007 IX R 51/06, NV (nicht amtlich veröffentlicht), Nachweis unter [...]).

37

c)

Nach dieser ständigen BFH-Rechtsprechung, der das Gericht ausdrücklich folgt, können die streitbefangenen Aufwendungen der Kläger vorliegend nicht unter dem allein in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) für eine im Anschluss an den Wegfall des den Eltern/Schwiegereltern der Kläger in der notariellen Urkunde vom 30. März 1979 eingeräumten lebenslänglichen Nutzungsrechts von ihnen beabsichtigte Vermietungstätigkeit steuermindernd berücksichtigt werden.

38

Einem solchen Abzug steht schon entgegen, dass ein Ende dieses der Mutter/Schwiegermutter unverändert zustehenden unentgeltlichen Nutzungsrechts im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen in den streitigen Veranlagungszeiträumen 2001 - 2005 weder nach den eigenen Angaben der Kläger noch anhand der dem Senat vorliegenden Akten absehbar war.

39

II.

1.)

Soweit sich die Kläger auf die Rechtswidrigkeit der der Höhe nach lediglich eingeschränkten Berücksichtigung von Rentenbeiträgen unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten sowie die nicht erfolgte Freistellung von Einkünften in Höhe der Abgeordnetenpauschale berufen, ist ihre Klage bzw. ihr Klagebegehren unzulässig.

40

Denn insoweit fehlt es bedingt durch den Erlass der - wie noch auszuführen sein wird - rechtmäßigen Teil-Einspruchsentscheidung durch das beklagte Finanzamt an einem ganz oder teilweise erfolglos gebliebenen Vorverfahren (vgl. § 44 Abs. 1 FGO) als Zugangsvoraussetzung für ein zulässiges finanzgerichtliches Klageverfahren. Mit dem Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung sind diese Streitpunkte gerade nicht beschieden worden, wie sich in unmissverständlicher Weise aus der entsprechenden Formulierung des Tenors des Teil-Einspruchsbescheides vom 26. Februar 2008 entnehmen lässt, wenn es dort diesbezüglich heißt:

"Über folgende Teile des Einspruchs wird nicht entschieden:

- Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG; beim BFH anhängiges Verfahren X R 9/07
- Steuerfreistellung der Einkünfte in Höhe der Abgeordnetenpauschale, wenn ein Gericht entscheidet, dass eine steuerfreie Kostenpauschale angesetzt werden kann.

Insoweit tritt durch diese Entscheidung keine Bestandskraft ein."

41

2.)

a)

Auch soweit sich die Kläger in lediglich abstrakt gehaltener Form dagegen wenden, dass die in den von ihnen angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheiden gem. § 165 AO enthaltenen Vorläufigkeitsvermerke dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügten, vermag dies ihrer Klage weder ganz noch teilweise zum Erfolg zu verhelfen.

42

Denn wenn dieser Einwand zuträfe, führte dies im Ergebnis lediglich dazu, dass den Kläger das Rechtschutzinteresse im Hinblick auf eine konkrete Prüfung der von ihnen in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Streitfragen in einem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren und eines sich ggf. hieran anschließenden finanzgerichtlichen Klageverfahren nicht abgesprochen werden könnte. Ihre Rechte wären dann durch Aufnahme eines entsprechenden Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 AO nicht hinreichend gewahrt. Dies setzte aber zugleich voraus, dass der Steuerpflichtige dem Grunde und der Höhe nach substantiiert darlegt, aus welchem Grund und inwieweit sich der von ihm angefochtene Einkommensteuer-Bescheid insoweit in materiell-rechtlicher Hinsicht als rechtswidrig erweisen soll (vgl. BFH-Beschluss vom 30. November 2007 III B 26/07, BFH/NV 2008, 374 m.w.N.). Ohne entsprechende Ausführungen ist es dem Finanzgericht verwehrt (vgl. § 96 Abs. 1 FGO), den Streitfall nachzuprüfen, zumal dem Steuerpflichtigen mit einer isolierten Aufhebung des von ihm angegriffenen Vorläufigkeitsvermerks nicht gedient wäre, da der entsprechende Streitpunkt dann schon allein aus verfahrensrechtlichen Gründen - Änderungsvorschrift? - nicht mehr im Rahmen einer späterhin zu ändernden Steuerfestsetzung berücksichtigt werden könnte. Insoweit dürfte es sogar an einer Beschwer des Steuerpflichtigen (vgl. § 40 Abs. 2 FGO) fehlen.

43

b)

Vor diesem Hintergrund könnten allenfalls die klägerischen Ausführungen zur beschränkten Abziehbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen den vorstehend aufgezeigten Anforderungen genügen.

44

Letztlich kann dies jedoch unentschieden bleiben, da der Senat uneingeschränkt den Ausführungen des Zweiten Senats desBundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BFH/NV 2008, Beilage 3, 228, folgt. Danach haben die für die vorliegenden Streitjahre 2001 bis 2005 für den lediglich beschränkten Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen bestehenden einkommensteuerrechtlichen Regelungen weiterhin Bestand. Dies bedeutet, sie sind auf die hier streitigen Veranlagungszeiträume uneingeschränkt anwendbar. Das Bundesverfassungsgericht führt insoweit u.a. aus:

"... Der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz kann entweder zur Nichtigerklärung nach § 78 Bundesverfassungsgerichtsgesetz oder dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit oder die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz feststellt (vgl. § 31 Abs. 2, § 79 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Eine bloße Unvereinbarkeitserklärung kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen (vgl. BVerfGE 99, 280 [BVerfG 11.11.1998 - 2 BvL 10/95] [298]; 105, 73 [133]; 107, 27 [57]; 117, 1 [69], st. Rspr.). Das ist hier der Fall, da der Gesetzgeber nach Maßgabe der vorstehenden Gründe erhebliche Typisierungsspielräume bei der Bestimmung der genauen Höhe der abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge hat.

Wird eine Norm mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt, folgt daraus in der Regel, dass sie im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf und der Gesetzgeber rückwirkend eine verfassungskonforme Regelung für alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen zu treffen hat (vgl. BVerfGE 87, 153 [178]; 99, 280 [298]; 107, 27 [58]; 117, 1 [70]). Eine befriste Fortgeltungsanordnung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hingegen aus Gesichtspunkten einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung (vgl. BVerfGE 87, 153 [178 ff]; 93, 121 [148 f]; 105, 73 [134]; 117, 1 [70]) sowie dann in Frage, wenn die Verfassungsrechtslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung zu gewähren ist (BVerfGE 84, 239 [BVerfG 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89] [284] vgl. auch BVerfGE 110, 94 [BVerfG 09.03.2004 - 2 BvL 17/02] [138]). Beides ist hier der Fall. Wie das Bundesministerium der Finanzen nachvollziehbar dargelegt hat, hätte die Nichtigkeitserklärung von § 10 Abs. 3 EStG im hier verfahrensgegenständlichen Umfang nicht vertretbare fiskalische Auswirkungen. Zudem war die Verfassungsrechtslage bisher nur hinsichtlich des sächlichen Existenzminimums hinreichend durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Aus diesen Gründen war eine Fortgeltung der angegriffenen Vorschriften bis zum 31. Dezember 2009 anzuordnen ..."

45

Inwieweit hierin ein Verstoß gegen § 79 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) liegen soll, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Der Senat nimmt daher insoweit von weitergehenden Ausführungen Abstand, zumal auch die Kläger ihrerseits die von ihnen vertretene Rechtsansicht nicht weitergehend begründet haben.

46

c)

Soweit die Kläger ein Ruhen des Verfahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO analog mit Hinweis auf ein beim Finanzgericht Düsseldorf anhängiges Klageverfahren - 4 K 183/05 VBi (Stichwort:Haushaltsbegleitgesetz 2004) - bzw. nach § 74 FGO wegen eines beim Bundesfinanzhof (BFH)mit dem Aktenzeichen IX B 176/08 anhängiges Verfahren begehren, war dem nicht zu entsprechen, so dass der Senat unter diesem Gesichtspunkt nicht an einer Entscheidung gehindert war.

47

aa)

Im Hinblick auf das Verfahren beim BFH folgt dies schon allein aus dem Umstand, dass dieses zwischenzeitlich durch Beschluss vom 24. Februar 2009, BFH/NV 2009, 889, beendet worden ist.

48

bb)

Die von den steuerlich beratenen Klägern ohne weitergehende Ausführungen begehrte Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 AO analog wegen des beim Finanzgericht Düsseldorf unter dem Az. 4 K 183/05 VBi geführten Verfahrens (Stichwort: verfassungsgemäßes Zustandekommen des Haushaltbegleitgesetzes 2004) geht schon deshalb ins Leere, weil ein entsprechender Antrag im Verlauf des beim beklagten FA Lüneburg geführten Einspruchsverfahrens zu stellen gewesen wäre, ein solcher Antrag indes unterblieben ist und § 363 Abs. 2 AO - sogenannte Zwangsruhe - im finanzgerichtlichen Verfahren keine Anwendung findet.

49

Im gesamten Verlauf des Einspruchsverfahrens sind die Kläger im Übrigen mit keinem Wort auf die Problematik "Haushaltsbegleitgesetz 2004" bzw. das beim Finanzgericht Düsseldorf anhängige Verfahren eingegangen.

50

Vor diesem Hintergrund ist es auch ohne Bedeutung, dass das beklagte FA den Klägern angeboten hat (vgl. Schriftsatz vom 30. September 2008, Bl. 34 ff. (36) der Gerichtsakte), die Teil-Einspruchsentscheidung nachträglich entsprechend zu erweitern, ohne dass es hierzu jedoch gekommen ist.

51

Schließlich sind die Rechte der Kläger hinsichtlich des Streitpunktes "Haushaltbegleitgesetz 2004" durch die Aufnahme eines entsprechenden Vorläufigkeitsvermerks gem. § 165 Abs. 1 AO in den für die Streitjahre 2004 und 2005 unter dem 14. Juni 2007 ergangenen und mit dieser Klage angefochtenen Änderungsbescheiden - in der Fassung der Änderung vom 23. Juli 2009 - hinreichend gewahrt, so dass ihnen zudem das Rechtsschutzbedürfnis für ein entsprechendes Begehren in dem anhängigen Klageverfahren abzusprechen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 30.November 2007 III B 26/07, BFH/NV 2008, 374 unter Punkt II. 3. der Entscheidungsgründe m.w.N.).

52

III.

Soweit sich die Kläger mit ihrer Klage schließlich gegen den Erlass einer so genannten Teil-Einspruchsentscheidung wenden, ist auch diesem Begehren kein Erfolg beschieden. Denn der unter dem 26. Februar 2008 ergangene Teil-Einspruchsbescheid ist rechtmäßig, er verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

53

1.

Nach § 367 Abs. 2a AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt I 2006, 2878 [2903]) kann die Finanzbehörde vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

54

Diese Vorschrift gilt mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 an.

55

2.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung nach Maßgabe des § 367 Abs. 2a AO sind im Streitfall gegeben. Der angefochtene Teil-Einspruchsbescheid vom 26. Februar 2008 lässt insbesondere keinen Ermessensfehler erkennen.

56

a)

Mit seiner Entscheidung hat das beklagte Finanzamt ... dem Wortlaut des § 367 Abs. 2a Satz 1 1. Halbsatz AO entsprechend vorab über Teile der von den Klägern gegen die Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2001 bis 2005 vom 14. Juni 2007 in getrennten Schreiben eingelegten Einsprüche entschieden.

57

Der vom Finanzamt in der vorbezeichneten Entscheidung (abschlägig) beschiedene Streitpunkt "Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) für die im Obergeschoss des Objekts in ... belegene Wohnung" umfasste einen inhaltlich abgeschlossenen entscheidungsreifen Streitkomplex, über den mit dem Erlass des Teil-Einspruchsbescheids das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren abgeschlossen worden ist.

58

Hiervon eindeutig abgrenzbar waren die weiteren von den Klägern im Einspruchsverfahren gerügten Streitpunkte "Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten" sowie "Steuerfreistellung in Höhe der Abgeordnetenpauschale", wegen derer sie unter Hinweis auf beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren ausdrücklich ein Ruhen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO (so genannte Zwangsruhe) beantragt hatten.

59

b)

aa)

Die hiernach bestehende "Trennbarkeit" dieser beiden Teilkomplexe hat das Finanzamt auf sachgerechte Art und Weise nachvollzogen, indem es zum Einen von seinem Entschließungsermessen in der Weise Gebrauch gemacht hat, überhaupt einen Teil-Einspruchsbescheid zu erlassen. Ein Ermessensfehler kann hierin, insbesondere im Hinblick auf die lediglich eingeschränkte Überprüfbarkeit finanzbehördlicher Ermessensentscheidungen durch die Gerichte (vgl. § 102 FGO), nicht gesehen werden.

60

bb)

Auch das vom Finanzamt ausgeübte Auswahlermessen ist ermessensfehlerfrei gehandhabt worden.

61

Die Entscheidung, über die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abschließend zu befinden, die darüber hinaus streitbefangene Problematik sowohl des Werbungskostenabzugs von Rentenversicherungsbeiträgen als auch einer Steuerfreistellung in Höhe der Abgeordnetenpauschale hiervon aber auszunehmen, lässt nicht im Ansatz erkennen, dass das diesbezüglich bestehende Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt worden ist.

62

Das Finanzamt hat sich hierbei vielmehr erkennbar an der mit der Einführung des § 367 Abs. 2a AO durch das Jahressteuergesetz 2007 verbundenen gesetzgeberischen Zielrichtung orientiert, über entscheidungsreife Teile eines Einspruchsverfahrens eine möglichst zügige Entscheidung herbeizuführen, damit der einzelne Steuerpflichtige gegebenenfalls auch schnelleren gerichtlichen Rechtschutz erlangen kann (vgl. BT-Drucks. 16/3036, Seite 1 ff [17 - Stellungnahme des Bundesrates zum geplanten § 367 Abs. 2 a AO -]; BT-Drucks. 16/3386, Seite 1 ff [25 - Einzelbegründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages -]).

63

cc)

(1.)

Die Entscheidung durch Teil-Einspruchsbescheid war auch sachdienlich im Sinne des § 367 Abs. 2a Satz 1 zweiter Halbsatz AO.

64

Von einer solchen Sachdienlichkeit ist dann auszugehen, wenn die Teil-Einspruchsentscheidung einer zügigeren Rechtsschutzgewährung des Steuerpflichtigen dient. Dies wird der Fall sein, wenn sie den Streitstoff begrenzt, über einen Teil dessen zeitnah befindet oder die Steuerlast (teilweise) verringert. Dementsprechend wird sie insbesondere in den Fällen sachdienlich sein, in denen der Einspruch mit Ausnahme von strittigen Rechtsfragen, die Gegenstand eines beim EuGH, beim Bundesverfassungsgericht oder bei einem Obersten Bundesgericht anhängigen Verfahrens sind, entscheidungsreif ist. Nicht sachdienlich ist dagegen eine Teil-Einspruchsentscheidung, in der nicht alle entscheidungsreifen Streitpunkte entschieden werden (vgl. Tipke/Kruse-Seer, Kommentar zur AO und FGO, Rdziff. 63 zu § 367 AO; Hübschmann/Hepp/Spitaler-Birkenfeld, Kommentar zur AO und FGO, Rdziff. 508 ff zu § 367 AO; Schwarz-Dumke, Kommentar zur AO, Tz. 69 zu § 367 AO jeweils m.w.N.).

65

(2.)

Unabhängig von der Frage, ob man der Finanzverwaltung einen Beurteilungsspielraum für das Vorliegen der "Sachdienlichkeit" zubilligt (so ausdrücklich Hübschmann/Hepp/Spitaler-Birkenfeld, Rdziff. 504 zu § 367 AO) oder aber insoweit von einem von den Finanzgerichten und dem BFH grundsätzlich in vollem Umfang nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff ausgeht (vgl. Tipke/Kruse-Seer, Rdziff. 61 zu § 367 AO), ist im Streitfall - selbst im Falle einer uneingeschränkten finanzgerichtlichen Überprüfbarkeit des Begriffs der "Sachdienlichkeit" - von ihrem Vorliegen auszugehen.

66

Denn gerade durch die konkrete Vorgehensweise seitens des beklagten Finanzamts wurde den Klägern die Möglichkeit eingeräumt, möglichst zeitnah - d.h. vor einer in zeitlicher Hinsicht nicht absehbaren abschließenden, gegebenenfalls verfassungsgerichtlichen Entscheidung der Rechtsfragen zur Berücksichtigung von Rentenversicherungsbeiträgen als Werbungskosten als auch zur (allgemeinen) Steuerfreistellung in Höhe der Abgeordnetenpauschale - eine das außergerichtliche finanzbehördliche Verfahren abschließende Entscheidung über den allein sie betreffenden Ansatz von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus ihrem Objekt in ... zu erlangen. Den Klägern war auf diese Weise möglich, bereits zu diesem Zeitpunkt auch um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.

67

Das Finanzamt weist insoweit in seinem Teil-Einspruchsbescheid zutreffend darauf hin, dass dem beiderseitigem Bedürfnis nach Rechtsfrieden und -sicherheit durch den Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung im Streitfall Rechnung getragen wird, indem die Steuerfestsetzung weitgehend in Bestandskraft erwachsen kann bzw. dem Steuerpflichtigen ermöglicht wird, seine Interessen gegebenenfalls durch Klageerhebung weiter zu verfolgen. Zweck des Rechtsbehelfsverfahrens sei es, möglichst zügig eine Entscheidung in der eigenen Sache herbeizuführen, nicht aber, den Streitfall möglichst lange "offenzuhalten", um von künftigen Entwicklungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu derzeit nicht strittigen Fragen "profitieren" zu können. Dem schließt sich das Gericht an.

68

c)

In dem angefochtenen Teil-Einspruchsbescheid vom 26. Februar 2008 hat das beklagte Finanzamt zudem die Teile in unmissverständlicher und damit auch für den Steuerpflichtigen in hinreichend deutlicher Form bestimmt, die nicht in Bestandskraft erwachsen sind (vgl. § 367 Abs. 2a Satz 2 AO).

69

Der Tenor der vorerwähnten Teil-Einspruchsentscheidung weist ausdrücklich darauf hin, dass über die "Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG" und über die "Steuerfreistellung der Einkünfte in Höhe der Abgeordnetenpauschale, wenn ein Gericht entscheidet, dass eine kostenfreie Kostenpauschale angesetzt werden kann." nicht entschieden wird und insoweit durch diese Entscheidung keine Bestandskraft eintritt. Darüber hinaus sind die Worte "... nicht entschieden" sowie "Insoweit tritt durch diese Entscheidung keine Bestandskraft ein." durch Fettdruck drucktechnisch hervorgehoben worden, so dass für einen verständigen Steuerpflichtigen - die Kläger sind im Übrigen auch während des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens steuerlich beraten gewesen - kein vernünftiger Zweifel darüber bestehen kann, hinsichtlich welcher Teile eine Bestandskraft nicht eintreten sollte und auch in tatsächlicher Hinsicht nicht eingetreten ist.

70

d)

Die Teil-Einspruchsentscheidung ist auch nicht wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig.

71

Vielmehr lässt sich ihr - wie zuvor aufgezeigt - eindeutig entnehmen, welche Streitkomplexe einer abschließenden Entscheidung zugeführt worden sind (Stichwort: Vermietung und Verpachtung) und welche nicht (Stichworte: Rentenversicherungsbeiträge als Werbungskosten und Steuerfreistellung in Höhe der Abgeordnetenpauschalen).

72

Wenn die Kläger in diesem Zusammenhang eine lediglich pauschale Verweisung auf "offene" Besteuerungsgrundlagen bemängeln und darauf verweisen, dass sich der streitige Steuerbetrag nicht bestimmen und sich auch kein Hinweis auf die nicht in Bestandskraft erwachsende Steuer feststellen lasse, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

73

Zum Einen bedarf es im Hinblick auf die nichtentschiedenen Teilaspekte keiner Angabe einer Besteuerungsgrundlage, weil insoweit nämlich die Steuerfestsetzung gerade nicht vom Teil-Einspruchsbescheid berührt wird. Dies folgt allein schon aus dem Umstand, dass das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren in diesem Punkt unverändert offen ist.

74

Eine Entscheidung über die Berücksichtigung steuermindernder Umstände ist insoweit ja gerade weder positiv noch negativ getroffen worden. Dies ist einem Teil-Einspruchsbescheid hinsichtlich des nicht entschiedenen Teils immanent.

75

Zum Anderen lässt sich die steuerliche Auswirkung des klägerischen Begehrens soweit hierüber keine Entscheidung getroffen ist, sehr wohl hinreichend bestimmen. Denn nach dem Vortrag der Kläger im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren muss davon ausgegangen werden, dass sie die Berücksichtigung sämtlicher gezahlter Rentenversicherungsbeiträge unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften ebenso begehren wie den steuermindernden Ansatz der der Höhe nach feststehenden Abgeordnetenpauschalen für die jeweiligen streitigen Veranlagungszeiträume 2001 bis 2005. Inwieweit die Teil-Einspruchsentscheidung danach zu unbestimmt sein soll, erscheint dem Senat nicht nachvollziehbar.

76

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Danach haben die Kläger als die unterlegenen Beteiligten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

77

Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Der Rechtssache kommt im Hinblick auf die Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Erlasses einer Teil-Einspruchsentscheidung grundsätzliche Bedeutung zu.