Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.03.2018, Az.: 7 B 1315/18

Anforderungen an fachärztliches Attest; Angebliche Vergewaltigung; Gesundheit; Gesundheitliche Versorgung; Krankheit; Medizinische Behandlung; Psychische Störungen; PTBS; Roma; Selbstmordgedanken; Serbien; Sicherer Herkunftsstaat; Ständige Rechtsprechung; Suizidalität

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
19.03.2018
Aktenzeichen
7 B 1315/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74461
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Serbien ist sicher.

Der Staat ist willens und in der Lage, vor Übergriffen privater Dritter Schutz zu bieten, hinsichtlich derer zudem inländische Fluchtalternativen vorhanden sind.

Grundsätzlich alle Erkrankungen und Störungen psychischer Art (auch PTBS)
sind in Serbien behandelbar.


Bestätigung und Fortsetzung der ständigen Rechtsprechung in der Kammer, vgl. juris:

- Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -,
- Beschluss vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -,
- Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -,
- Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -,
- Gerichtsbescheid vom 19. September 2017 - 7 A 6230/17 - und
- Beschluss vom 6. November 2017 – 7 B 8130/17 –.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Der Antrag, die nach § 75 Abs. 1 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller vom 14. März 2018 (Az.: 7 A 1313/18) nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO iVm § 29a, 30 Abs.1, 36 Abs. 3 und 4 AsylG anzuordnen, über den nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Einzelrichter entscheidet, ist zulässig, insbesondere fristgerecht, aber unbegründet. Der ergänzend gestellte Antrag nach § 123 VwGO ist nicht zulässig.

Die im angegriffenen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Berlin, vom 28. Februar 2018 durch Ziff. 5 seines Tenors mit einer Frist von einer Woche verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung nach Serbien erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wie auch der Bescheid im Übrigen rechtmäßig ist und die mit der Klage im Hauptsacheverfahren weiterverfolgten Ansprüche auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Asylanerkennung sowie Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzes sowie zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG unbegründet sind, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Ausgesetzt werden darf eine Abschiebung nur dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Diese sind dann zu bejahen, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, BVerfGE 94,166). Insoweit ist der Bescheid der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden; es liegen aber auch darüber hinaus nicht nur keine ernstlichen Zweifel im zuvor bezeichneten Sinne, sondern insgesamt keine Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit vor.

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Anträge der Antragsteller auf Anerkennung als Asylberechtigte sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abzulehnen, begegnet insgesamt keinen rechtlichen Bedenken. Eine solche Offensichtlichkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 bis 5 oder insbesondere hier:  des § 29a AsylG erfüllt sind.

Im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts liegen gemäß § 29a AsylG unwiderlegt die Voraussetzungen für die Asylanerkennung, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vor. Dazu wird auf die weitgehend zutreffende Begründung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Februar 2018 Bezug genommen, der das Gericht insoweit folgt (Feststellung gem. § 77 Abs. 2 AsylG). Es ist nämlich auch ansatzweise nichts dafür ersichtlich,

·dass eine Asylanerkennung der Antragsteller nicht wegen der Einreise auf dem Landweg ausgeschlossen ist,
·dass Leben oder Freiheit der Antragsteller wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen politischer Überzeugung in Serbien bedroht sind (§ 3 Abs. 1 AsylVfG),
·ihnen in Serbien ein ernsthafter Schaden gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG droht (Satz 2 Nr. 1: Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Satz 2 Nr. 2: Folter oder menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder Satz 2 Nr. 3: eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts),
·dass die Abschiebung unzulässig ist, weil sich dies aus der Anwendung der MRK ergibt (§ 60 Abs. 5 AufenthG),
·ihnen Ansprüche auf Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zustehen könnten und
·die Befristung für eine etwaige Wiedereinreise im angegriffenen Bescheid oder dieser ansonsten rechtsfehlerhaft wäre.

Wegen der Begründung im Einzelnen nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Gründe dieses Bescheides Bezug.

Der angegriffene Bescheid würdigt zutreffend die Situation in Serbien und die Einstufung Serbiens als Sicherer Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG - Im gerichtlichen Verfahren liegt kein demgegenüber weiterführender Sachvortrag vor, der durchgreifen könnte. Auch sind ansonsten keine Umstände ersichtlich, die für eine für die Antragsteller etwa günstigere Entscheidung sprechen könnten.

An ihre Offensichtlichkeits-Entscheidungen hat die Antragsgegnerin zu Recht unter Abschiebungsandrohung nach Serbien die kurze Ausreisefeist von einer Woche geknüpft, § 36 Abs. 1 AsylG, zumal zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse hier nicht vorliegen.

Insgesamt können die Antragsteller demgegenüber nicht mit ihrem Vorbringen, auch nicht demjenigen aus der Antragsschrift, durchdringen. Ergänzend hält das Gericht ferner Folgendes fest:

Den Antragstellern droht bei einer Rückkehr nach Serbien keine Verfolgung wegen der behaupteten Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma. Es gibt keine Anzeichen für eine Gruppenverfolgung von Roma in Serbien, weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure (so schon damals Auswärtiges Amt, „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien“ vom 15. Dezember 2014 - Lagebericht - und OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 8 LA 129/14 –, juris, und die std. Rspr. in der Kammer). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller im Falle eines Aufenthalts in Serbien asyl- oder flüchtlingsrelevanten staatlichen oder nichtstaatlichen Maßnahmen zu rechnen hätten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des individuellen Vorbringens bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und im gerichtlichen Verfahren, erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG zu § 29a. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser gesetzgeberischen Entscheidung hat das Gericht nicht.

Ein individuelles Verfolgungsschicksal im Sinne der Anforderungen des § 3ff. AsylG haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insoweit wird ebenfalls auf die überwiegend zutreffende Begründung des angegriffenen Bescheides Bezug genommen, der das Gericht auch insoweit folgt (Feststellung gem. § 77 Abs. 2 AsylG). Auch liegen Abschiebungshindernisse nicht vor.

Die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 60 Abs. 7 AufenthG sind insbesondere auch nicht erfüllt, soweit es geltende gemachte psychische Beeinträchtigungen / Störungen / Erkrankungen anbelangt (dazu sogleich).

Das Voranstehende gilt insgesamt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a, s.o.), woran es (auch hinsichtlich der Roma und Ashkali) keine rechtlichen Zweifel gibt, VG Oldenburg, Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, VG Münster, Urteile vom 11. Mai 2015 - 4 K 3220/13.A - und - 4 K 802/13.A -, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14 -, jeweils juris und m.w.N. [insbesondere auch sogar wegen der generellen Behandelbarkeit selbst von PTBS in Serbien: wie es das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 29. Januar 2015 (- 7 K 476/15 -, juris), feststellt].

Der angegriffene Bescheid würdigt insoweit zutreffend die Situation in Serbien und die Einstufung Serbiens als Sicherer Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG (siehe dazu:

„Erster Bericht der Bundesregierung zu der Überprüfung der Voraussetzungen zur Einstufung der in Anlage II zum Asylgesetz bezeichneten sicheren Herkunftsstaaten“

vom 15. Dezember 2017, Deutscher Bundestag - Drucksache 19/299).

Ergänzend hält das Gericht fest, dass sich die angeblich betroffene Antragstellerin angesichts der behaupteten Übergriffe, etwa eine behauptete Vergewaltigung, des Schutzes des serbischen Staates vergewissern muss und ihr eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht.

Die Antragsteller müssen sich auch insoweit (etwaige Vergewaltigung) gegenüber Übergriffen seitens privater Dritter auf den Schutz der Polizei verweisen lassen, die nicht erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 - 1 K 234/14 -, juris; Lageberichte vom 18. Oktober 2013 und 15. Dezember 2014; std. Rspr. in der Kammer). Nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes könnten zwar die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (Vgl. VG Sigmaringen a.a.O. Rn. 35; Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 7 UE 1365/05.A -, juris). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei, wie bereits ausgeführt, nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (wohl vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Minderheitsangehörigen auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen (vgl. VG Sigmaringen a.a.O.).

Insoweit haben die Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, sich hinreichend um den Schutz staatlicher Organe bemüht gehabt zu haben, sondern angeblich sogar eine Klage zurückgenommen.

Zudem könnten sie sich unbehelligt an anderer Stelle in Serbien aufhalten, hatten und hätten mithin eine zumutbare inländische Fluchtalternative. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) liegen schon danach ebenso nicht vor. Ihnen droht auch kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG. Ebenso wenig liegen insoweit Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.

Die Einschätzung der Lage in Serbien wird zudem bestätigt durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes vom 9. November 2017, den

Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: September 2017),

dessen Zusammenfassung wie folgt lautet:

Zusammenfassung

Der bisherige Premierminister Aleksandar Vučić (Serbische Fortschrittspartei, SNS) wechselte nach gewonnener Präsidentschaftswahl (02.04.2017) Ende Mai 2017 in das laut Verfassung eher repräsentative Amt des Staatspräsidenten, ist aber weiter Serbiens starker Mann. Premierministerin der am 29.06.2017 neu gewählten Regierung ist die bisherige Ministerin für öffentliche Verwaltung, Ana Brnabić (parteilos), die den bisherigen pro-europäischen Kurs der Regierung fortsetzt. Sie ist die erste offen homosexuell lebende Regierungschefin auf dem Balkan.

Im März 2012 wurde Serbien offiziell der Status eines Beitrittskandidaten verliehen. Am 21.01.2014 nahmen EU und Serbien Beitrittsverhandlungen auf. Die ersten 10 Beitrittskapitel sind eröffnet. Serbien ist sicherer Herkunftsstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a AsylG.

Serbien erkennt die Unabhängigkeit Kosovos nicht an; die am 08.11.2006 in Kraft getretene neue serbische Verfassung schreibt Kosovo als Teil des Landes fest. Mit dem Brüsseler Abkommen vom 19.4.2013 und dessen Umsetzung ist Serbien jedoch einen ersten Schritt in Richtung Normalisierung seiner Beziehungen zu Kosovo gegangen.

Seit den Parlamentswahlen vom 24.04.2016 sind neben pro-europäischen auch antieuropäische, prorussische Parteien im Parlament vertreten. Die Regierung strebt weiterhin ambitionierte Reformen (Wirtschaft, Justiz, Verwaltung) im Zuge des EU-Beitrittsprozesses an und investiert in die Verbesserung regionaler Beziehungen. Eine aktive, gesellschaftspolitisch bestimmende Auseinandersetzung mit der autoritären Vergangenheit und der Rolle Serbiens in den Balkankriegen der 1990er Jahre findet jedoch nicht statt.

Zum 26.3.2009 trat ein allgemeines Antidiskriminierungsgesetz in Kraft. Faktisch kommt Diskriminierung jedoch weiter vor, u.a. von Angehörigen ethnischer Minderheiten, insbes. Roma, oder von Menschen mit Behinderung. Im Juni 2013 wurde eine Strategie zur Vermeidung von und Schutz vor Diskriminierung (2013-2018) verabschiedet.

Die wirtschaftliche Lage in Serbien ist schwierig. Zwar wächst die Wirtschaft langsam, aber Kaufkraft und Nettodurchschnittseinkommen (2016: 375 Euro) sind niedrig. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist jedoch uneingeschränkt gewährleistet. Eine medizinische Grundversorgung ist gegeben, doch entspricht sie nicht westeuropäischem Standard. Die Korruption im Gesundheitswesen stellt ein Problem dar.“

Schließlich steht die angegriffene Entscheidung der Antragsgegnerin insgesamt in Einklang mit der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts, wie sie sich aus den folgenden Entscheidungen, die in juris dokumentiert sind, ergibt:

-Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -,
-Beschluss vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -,
-Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -,
-Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -,
-Gerichtsbescheid vom 19. September 2017 - 7 A 6230/17 - und
-Beschluss vom 6. November 2017 – 7 B 8130/17 –,

wogegen die Antragsteller nicht durchzudringen vermögen.

Die geltend gemachten gesundheitsspezifischen Gründe und eventuell behauptete Suizidalität greifen nicht zu Gunsten der Antragsteller durch.

Dies gilt auch, soweit es die geltend gemachten Erkrankungen (u.U. psychische Störungen, eventuell PTBS) anbelangt, welche insbesondere das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses hier nicht begründen können (vgl. Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2015 - 7 A 2814/14 - Vnb., bezugnehmend insb. auf VG Augsburg, Urteil vom 5. November 2013 - Au 6 K 13.30331 -, juris, und Beschluss vom 9. April 2015, a.a.O. sowie Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, juris), § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (neue Fassung).

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese ist u.a. dann gegeben, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland die wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung einer Krankheit zu erwarten ist (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.97 - BVerwGE 105, 383 <387>, juris), wobei in zeitlicher Hinsicht ein Prognosezeitraum von etwa einem Jahr angemessen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. März 2006 - 10 LA 287/05 - <Seite 6>). Zu berücksichtigen ist dabei, ob dem Ausländer die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen individuell zugänglich sind, insbesondere finanziert werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 - NVwZ-Beilage 2003, 53, juris). Es ist aber nicht erforderlich, dass die Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Die Gefahr muss zudem nicht nur im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit bestehen (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>). Diese Voraussetzungen decken sich insoweit mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung in der Kammer (vgl. Urteil vom 8. November 2016 - 7 A 3449/16 -, Vnb., Beschlüsse vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -, vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, und Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -, jeweilsjuris; siehe auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. August 2016 - 8 ME 87/16 - juris).Diese Voraussetzungen sind hier auch aufgrund der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt.

Personen, die erkrankt sind, werden im serbischen Gesundheitssystem auch kostenfrei behandelt (Lagebericht vom 23. November 2015, Seite 17). Dem Kläger ist die erforderliche medizinische Behandlung auch nicht deswegen verwehrt, weil er Roma ist. Diese haben in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung. Ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Kinder unter 18 Jahren werden grundsätzlich kostenfrei behandelt, wenn sie registriert sind (Lagebericht, S. 12). Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ist für bisher nicht registrierte Personen mit Gesetz vom 31. August 2012 die Grundlage für eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister unter vereinfachten Bedingungen geschaffen worden. Damit soll ihr rechtlicher Status verbessert werden. In dem Ende 2011 in Kraft getretenen neuen Meldegesetz ist darüber hinaus eine Regelung aufgenommen worden, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Auch diese Regelung zielt darauf, bisher nicht Registrierten die Anmeldung zu ermöglichen. Sie werden auch dann grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung in Serbien behandelt, wenn sie dort wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Mit der "Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialversicherung" ist geregelt, dass sie im System der Sozialversicherung angemeldet sein können, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie Roma (bzw. Ashkali) sind, und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthalts abgeben (Auswärtiges Amt vom 1. Juli 2014 - 508-516.80/48127). Zwar ist dem Gericht bekannt, dass sie in staatlichen Einrichtungen u.U. im Einzelfall Opfer von diskriminierender Behandlung werden könnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auch für sie eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten in Serbien keinen ausreichenden Schutz gegen die willkürliche Versagung des Zugangs zu Sozial- und Gesundheitsleistungen bieten (vgl. VG Münster, Urteil vom 11. Mai 2015, juris). Auch der Umstand, dass in Serbien für neun Monate im Jahr Sozialhilfe bewilligt wird, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts, da in der übrigen Zeit zumindest ein Anspruch auf Nothilfe der Gemeinde besteht (SFH, Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali, 15. März 2015, S. 6).

Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien unter der Voraussetzung der Re-gistrierung eine gesetzliche Pflichtversicherung. Diese gilt für alle Arbeitnehmer, ein-schließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und aner-kannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind versichert, ohne Versicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Gleiches gilt für Angehörige der Volksgruppe der Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. keinen Aufenthalt in Serbien haben (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Nach den Feststellungen des Lageberichts sind keine nachgewiesen Fälle von Behandlungsver-weigerung in öffentlichen Einrichtungen bekannt (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Sollte dessen ungeachtet nach der Rückkehr eine Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verweigert werden, ist es jedenfalls zuzumuten, unter Zuhilfenahme der dafür zuständigen Stellen, beispielsweise der Roma-Gesundheitsmediatoren, des Republikanischen Krankenversicherungsfonds, oder erforderlichenfalls durch Inanspruchnahme gerichtlichen (Eil-) Rechtsschutzes ihren Anspruch auf Behandlung gegenüber einem diese rechtswidrig verweigernden Arzt durchzusetzen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2015 - 7 K 476.14 A -, juris).

Selbst für den Fall, dass man auf eine Behandlung in Serbien länger warten müsste als in Deutschland und deren Standard hinter dem hiesigen zurückbleibt, genügt dies nicht, um von einer konkreten, d.h. alsbald eintretenden und erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation auszugehen, vgl. § 60 Abs. 7 AufenthG (n. F.). Zur Überbrückung der Zeit bis zum Beginn der Behandlung in Serbien ist es zudem möglich, die ggf. in Deutschland erhaltenen Medikamente zu gebrauchen. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Schließlich könnte man eventuell benötigte Medikamente auch in Serbien erhalten. Die gesetzliche Pflichtversicherung umfasst auch die Versorgung mit den notwendigen Medikamenten. Zwar mag für die Antragsteller eine medizinische Behandlung ihrer Beschwerden, insbesondere der psychischen Störungen, in Deutschland vorteilhaft sein; dies muss rechtlich aber hier dahinstehen. Auf einen Standard wie in Deutschland oder sogar noch darüber hinausgehend auf eine optimale Behandlung haben sie gerade nicht Anspruch - insoweit gilt Folgendes (VG Augsburg, Beschluss vom 11. August 2017 – Au 6 S 17.34036 –, juris), woran die Antragsteller sich festhalten lassen muss:

 „Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist es aber nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – juris Rn. 9).
Ausweislich des vorgelegten Attests wie auch der Berichte der Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung, in der sie derzeit wohnt, leidet die Antragstellerin nicht an einer Krankheit mit der von § 60 Abs. 7 AufenthG vorausgesetzten Schwere. Sie mag entwicklungsverzögert, lernschwach oder mit einer unterdurchschnittlichen Intelligenz ausgestattet sein. All das aber stellt keine Krankheit dar und erfordert keine medikamentöse oder therapeutische medizinische Behandlung – eine akute Behandlungsbedürftigkeit wurde auch nicht nachgewiesen (vgl. § 60a Abs. 2c AufenthG) –, sondern eine schulische, soziale und therapeutische Förderung.
Selbst wenn diese Förderung im Fall ihrer Rückführung in den Kosovo nicht in demselben Maße fortgeführt würde wie im Bundesgebiet, ihr Lern- und Entwicklungsstand also sich nicht in demselben Maße weiterentwickeln würde wie derzeit, wäre auch dies kein Rechtsgrund für die Annahme eines Abschiebungsverbots, denn sie kann sich nicht auf die Fortsetzung einer im Bundesgebiet begonnenen Therapie berufen: Für Krankheiten ist geklärt, dass ein Ausländer im Bundesgebiet eine über die erforderliche Grund- und Notversorgung hinausgehende Therapie nicht beanspruchen kann, sondern sich auf das im Herkunftsstaat vorhandene Behandlungsniveau verweisen lassen muss (vgl. auch BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12BVerwGE 146, 12/20 f. Rn. 23 ff.), das zumindest eine professionelle Grundversorgung umfasst (vgl. Lagebericht a.a.O. S. 24, 28). Die Beschränkung auf das im Herkunftsstaat vorhandene Behandlungsniveau gilt entsprechend auch für pädagogische und andere Therapieformen.“

Das Voranstehende gilt insgesamt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-).

Die tatsächlichen Erkenntnisse, auf die das Gericht seine Überzeugungsbildung stützt, würden insgesamt bestätigt durch den weiter noch gültigen


Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: November 2015)

des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015, vgl. ausführlich Beschluss vom 1. Juni 2016 (7 B 1888/16, juris), und insbesondere den weiterhin aktuellen

Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: September 2016)“

des Auswärtigen Amtes vom 1. November 2016, in dem es hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Wortlaut heißt:

1.6. Medizinische Versorgung

In Serbien gibt es eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung. Grundsätzlich ist eine Registrierung für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig (s. Ziff. IV.1.3.). Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Nachgewiesene Fälle der Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt.

Kostenfrei werden folgende Personengruppen – sofern sie registriert sind (s. Ziff. IV.1.3.) - behandelt (Serbische Verfügung über die Beteiligung von Versicherten an den Kosten des Krankenschutzes, Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 31. vom 31.05.2001, geändert am 17.12.2012, Amtsblatt Nr.119/12):

-Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, bzw. bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres (bei Schülern und Studenten),
-Frauen im Falle der Schwangerschaft, Entbindung, Mutterschaft (bis 12 Monate nach der Entbindung),
-Personen über 65 Jahre,
-gemeldete Arbeitslose, die Arbeitslosenhilfe beziehen, Sozialhilfeempfänger
-Invalide
-freiwillige Organ- und Gewebespender,
-Blinde und andere Behinderte,
-Angehörige der Volksgruppe Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. Aufenthalt in Serbien haben
-Opfer von familiärer Gewalt oder Menschenhandel
-Angehörige eines kirchlichen Ordens
-Flüchtlinge und vertriebene Personen,

Für alle Patienten kostenfrei sind die Behandlung im Notfall sowie staatlich vorgeschriebene Impfungen. Kostenfrei behandelt werden, unabhängig vom Status des Patienten (d.h. nicht nur bei vorstehend beschriebenen Personengruppen), grundsätzlich folgende Krankheitsbilder:

Infektionskrankheiten (u.a. Aids), Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, endemische Nephropathie, progressive Nerven- und Muskelerkrankungen, zerebrale Paralyse, multiple Sklerose, zystische Fibrose und Hämophilie, außerdem anerkannte Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz.

Darüber hinaus sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle Patienten kostenlos.

„Obligatorische“ Impfungen sowie gezielte präventive Untersuchungen (staatliches „Screening“) sind ebenfalls kostenlos.

Der gesetzliche Krankenversicherungsschutz umfasst nach Art. 18 des serbischen Krankenversicherungsgesetzes:

-medizinische Maßnahmen und Verfahren zur Gesundheitsförderung bzw. zur Vorbeugung, Bekämpfung und frühzeitigen Feststellung von Erkrankungen und sonstigen Störungen der Gesundheit;
-ärztliche Untersuchungen und sonstige medizinische Hilfe zur Feststellung, Erhaltung und Prüfung des gesundheitlichen Zustandes (Prävention);
-Behandlung von Erkrankten und Verletzten und sonstige medizinische Hilfe;
-Vorbeugung und Heilung von Zahn- und Munderkrankungen;
-medizinische Rehabilitation unter poliklinischen und stationären Bedingungen;
-Medikamente, Hilfs- und Sanitätsmaterial;
-Prothesen, orthopädische und sonstige Hilfsmittel, Zahnprothesen und zahnärztliches Material.

Für einige Behandlungen (z.B. Einsatz künstlicher Gelenke, Zahnersatz, Brillen und Hörgeräte) ist eine Eigenbeteiligung von bis zu 50 % vorgeschrieben.

In Belgrad und allen größeren Städten gibt es staatliche Krankenhäuser. Privatkrankenhäuser existieren nur in Belgrad. In staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen. Für Operationen gibt es oft Wartelisten, lebensbedrohliche Erkrankungen werden im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden.

Überlebensnotwendige Operationen

sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderdatenbank.

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung):

-Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher),
-orthopädische Erkrankungen (auch krankengymnastische u.ä. Therapien),
-psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung),
-Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale),
-Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen),
-Epilepsie,
-ein Großteil der Krebsformen,
-Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc.
-Dialyse (bei Verfügbarkeit eines Platzes).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind.“

Danach sind generell und bei grundsätzlicher Betrachtung die hier angegebenen Krankheiten und Beschwerden, insbesondere psychischen Störungen bei gedachter Rückkehr nach Serbien dort behandelbar und erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz. Daran hält das Gericht im und als Grundsatz fest.

Allerdings muss insoweit berücksichtigt werden, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz angesichts einer Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, insbesondere des konkreten Krankheitsbildes, der konkreten notwendigen medizinischen Behandlungen und deren individueller Verfügbarkeit im Herkunftsstaat zugänglich ist, die grundsätzlich nicht „abstrakt“ für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann (Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 11. August 2015 - 8 LA 145/15 -, V.n.b., m.w.N.).

Die insoweit gebotene Einzelfallbetrachtung führt hier aber zu keinem anderen Ergebnis, zumal die psychischen Störungen offenbar schon in Serbien bestanden und (jedenfalls medikamentös) behandelt wurden.

Das Gericht macht sich hierfür zu Eigen, was schon das VG München in seinem Urteil vom 14. Juli 2011 - M 17 K 11.30185 -, juris, ausdrücklich wie folgt im Verfahren einer Roma mit paranoider Schizophrenie festgehalten hat:

„Das erkennende Gericht konnte sich aufgrund der vorliegenden ärztlichen Schreiben nicht davon überzeugen, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin alsbald nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat wesentlich verschlechtern würde. Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit zu kontinuierlicher Überwachung und Behandlung auch in Serbien besteht und das aktuelle Krankheitsbild der Antragstellerin dort - wenn auch nicht mit den in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Standard - hinreichend behandelbar ist. So ergibt sich aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010 S. 22 ff.), dass Belgrad und alle größeren Städte Serbiens mit allgemeinen Krankenhäusern ausgestattet sind, teilweise auch mit Spezialkliniken. Demzufolge gibt es nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien aufgrund der fehlenden Ausrüstung grundsätzlich nicht oder nur sehr schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es bestehe jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen. Es gebe Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten (vgl. a.a.O. S. 23).

Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung die gesetzliche Pflichtversicherung. Die Pflichtversicherung gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind ebenfalls versichert, zahlen jedoch keine Versicherungsbeiträge. Angehörige der Volksgruppe der Roma genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte, wie die serbische Mehrheitsbevölkerung (vgl. a.a.O. S. 22).

Im Falle der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass sie tatsächlich nicht in der Lage wäre, die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten in Serbien in Anspruch zu nehmen. Ist die Verschlimmerung der Krankheit eine Folge der Abschiebung, weil eine im Bundesgebiet gebotene Behandlung abgebrochen oder eine bestehende persönliche Betreuung beendet werden muss, kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis vorliegen, das von der Ausländerbehörde zu prüfen und festzustellen ist, nicht jedoch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot (BVerwG v. 29.10.2001, DVBl 2003,463). Vorliegend ist nicht dargetan, dass die Klägerin wegen fehlender Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung eine Betreuungsperson benötigt, die die medikamentöse und ärztliche Behandlung der Klägerin in Serbien überwacht. Vielmehr wird in dem Arztbericht vom … Januar 2011 abschließend festgestellt, die Klägerin sei zum Entlassungszeitpunkt formal geordnet, affektiv stabilisiert, nicht psychotisch und glaubhaft von Suizidalität distanziert gewesen. Dass ihr die Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung fehlt, und sie alsbald nach ihrer Rückkehr nach Serbien wegen fehlender Betreuung die Behandlungsmöglichkeiten nicht wahrnimmt, ist nicht dargetan und durch ärztliche Atteste belegt. Ob der Abbruch der derzeitigen ambulanten Behandlung zu einer Verschlimmerung ihrer Erkrankung führt, ist nicht im Asylverfahren und dem darauf bezogenen Gerichtsverfahren zu klären.“

So liegt der Fall.

Außerdem sind die ärztliche Bescheinigung insoweit, d.h. insbesondere zur Begründung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG, nicht hinreichend aussagekräftig bzw. liegen überhaupt keine ärztlichen Bescheinigungen vor.

Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Notiz über eine Terminvereinbarung bei einer Beratungsstelle „Olena“ für den 23. März 2018 (Blatt 96 Gerichtsakte) sagt schlicht nichts aus.

Wird aber eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung (hier eventuell hinsichtlich einer Depression oder etwa des Krankheitsbildes einer posttraumatischen Belastungsstörung -PTBS- ?) geltend gemacht, ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attestes notwendig, das gewissen Mindestanforderungen genügt. Auch kann im Einzelfall eine nichtfachärztliche Stellungnahme genügen (VGH München, Beschl. v. 11.8.2016 – 20 ZB 16.30110), jedenfalls um Beweiserheblichkeit zu begründen (so schon die bisherige Handhabung in der Kammer). Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa zumindest Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (s. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, juris). So ist z.B. eine präzise und insbesondere glaubhafte Darlegung des angeblich traumatisierenden Ereignisses in substantiierter Form unerlässlich.

Solche belastbaren ärztlichen Stellungnahmen fehlen hier (völlig).

Es werden auch keine Gefahren geltend gemacht, die gerade im Zielstaat Serbien drohen, sondern die in der Abschiebung an sich begründet sind. Solche inlandsbezogenen Hindernisse könnten allenfalls beachtlich sein bei der gemäß § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ggfl. zu prüfenden Frage, ob dem Ausländer eine Duldung erteilt werden kann, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Insoweit begründen die geltend gemachten Umstände aber jedenfalls kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern - wie angeführt - allenfalls ein u.U. von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens in eigener Verantwortung zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, was sich wie folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt (Auszug aus dem Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39/12 -, juris, Rn. 4):

„In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich geklärt, dass bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränkt ist, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen (vgl. Urteil vom 21. September 1999 - BVerwG 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 <309 f.> m.w.N.). Nur insoweit kann das Bundesamt im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet werden sowie zur Ausnahme einer Bezeichnung der betroffenen Staaten in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten der Abschiebung. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen zählen beispielsweise fehlende Ausweise oder Ersatzpapiere, krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit, aber auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (Urteil vom 21. September 1999 a.a.O. S. 310 f.).“

So liegt der Fall.

Hier begründen die geltend gemachten psychischen Erkrankungen oder Störungen mit eventueller Suizidalität kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. Allein aus dem eventuellen Umstand, dass (ggfls. auch nach ärztlicher Einschätzung) im Falle einer Abschiebung Selbstmordgedanken entwickeln würden, ergibt sich kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Es handelt sich bei der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung um eine emotionale Ausnahmesituation. Falls und soweit die Antragsteller teilweise hier die Gefährdung für ihr Leben selber mit einer im Fall der Abschiebung drohenden Suizidgefahr begründen sollten machen sie damit keine Gefahren geltend, die gerade im Zielstaat Serbien drohen, sondern die allenfalls in der Abschiebung an sich begründet sind. Diese könnten allenfalls von der Ausländerbehörde mit Blick auf eine etwaige Reiseunfähigkeit eventuell zu prüfen sein (vgl. ausführlich zur Differenzierung zwischen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG und bloß inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen: Verwaltungsgericht Oldenburg, Beschluss vom 16. Februar 2017 - 7 B 983/17 - m.w.N., juris).

Was im Übrigen die im angegriffenen Bescheid ebenfalls enthaltenen Befristungen gesetzlicher und angeordneter Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbote angeht, ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Gegenstand des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wären, da vielmehr allein maßgeblich für den vorläufigen Rechtsschutzantrag der weitere vorläufige Verbleib der Antragsteller in Deutschland ist. Allerdings begegnen diese Nebenbestimmungen auch keinen rechtlichen Bedenken, was mit Blick auf das Schicksal der Klage zu bemerken ist.

Nicht nachvollziehen kann das Gericht im Übrigen, dass und warum sich die Klage- und Antragsschrift mit der Lage von Roma in Montenegro befasst (S. 3 vierter Absatz).