Arbeitsgericht Hannover
Urt. v. 19.10.2007, Az.: 8 Ca 364/07

Bibliographie

Gericht
ArbG Hannover
Datum
19.10.2007
Aktenzeichen
8 Ca 364/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 63117
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGHAN:2007:1019.8CA364.07.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Zeugnisberichtigung

hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2007 durch

den Richter ... als Vorsitzenden,

den ehrenamtlichen Richter ...

den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. II.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. III.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf ....

  4. IV.

    Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Zeugnisberichtigung.

2

Die Klägerin war bei dem Beklagten, einem Rechtsanwalt, in der Zeit vom 13.07.2004 bis 30.06.2007 als Rechtsanwaltsfachangestellte in Teilzeit beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen betrug zuletzt ...

3

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2007 vor dem Hintergrund, dass er eine Stellung im akademischen Bereich anstrebte und seine Kanzlei nicht fortführen wollte, so dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin entfiel.

4

Unter dem 30.06.2007 erteilte der Beklagte der Klägerin ein Zeugnis, in dem es - soweit von Interesse - auszugsweise auf Seite 1 im 4. Absatz heißt:

"Sie kann die in meiner Kanzlei verwendete Software Microsoft-Office sehr gut anwenden und hat für meine Lehrtätigkeiten Präsentationen mit MS-Powerpoint selbständig und fehlerfrei gefertigt."

5

Ferner heißt es auf Seite 2 im vorletzten Absatz:

"Ich bedauere, mich von ... trennen zu müssen, weil ich eine Stellung im akademischen Bereich anstrebe."

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Zeugnis Bl. 6-7 d.A. Bezug genommen.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Schreibweise "MS-Powerpoint" fehlerhaft und von dem Beklagten zu korrigieren sei. Richtig sei "MS-PowerPoint". Die von der Klägerin angestrebte Schreibweise sei nicht nur die üblichere sondern entspreche auch der "offiziellen" Schreibweise der Fa. Microsoft.

8

Darüber hinaus habe die Klägerin einen Anspruch darauf, dass als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Formulierung "aus betriebsbedingten Gründen" in das Arbeitszeugnis einzubinden sei. Die Darstellung des Beklagten zum Hintergrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei unklar, da sie nicht erkennen lasse, aus welchem Grunde die angestrebte Stellung des Beklagten im akademischen Bereich eine jetzige Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich erforderlich mache. Diese Unklarheiten und potentiellen Fehlinterpretationsmöglichkeiten würden durch die Aufnahme des Passus "betriebsbedingte Gründe" ausgeschlossen. Insoweit lasse die von dem Beklagten gewählte Formulierung Interpretationsspielräume offen, was konkret Anlass für die Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien gewesen sei. Ein zukünftiger potentieller Arbeitgeber erfahre durch den von dem Beklagten gewählten Wortlaut nichts über die tatsächlichen Gründe für die Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Die von dem Beklagten gewählte Formulierung sei im Hinblick auf den Beendigungsgrund daher letztendlich nichtssagend bzw. irreführend.

9

Die Klägerin beantragt vor diesem Hintergrund,

  1. den Beklagten zu verurteilen, das der Klägerin unter dem 30.06.2007 erteilte Zeugnis Zug um Zug gegen Herausgabe desselben nach folgender Maßgabe zu korrigieren:

  2. Auf Seite 1 im vierten Absatz, letzte Zeile (beginnend mit den Worten: "mit MS-Powerpoint...) wird die Schreibweise in "MS-PowerPoint" geändert,

  3. auf Seite 2 im vorletzten Absatz (beginnend mit den Worten: "Ich bedauere, ...) werden zwischen den Worten "mich" und "von Frau ... trennen zu müssen" die Worte "aus betriebsbedingten Gründen" eingefügt.

10

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

11

Ein Berichtigungsanspruch der Klägerin hinsichtlich des Wortes "Powerpoint" bestehe nicht, da es sich schon nicht um einen erheblichen Schreibfehler handele. Zudem sei die im Zeugnis für das Microsoft Office Programm verwendete Schreibweise jedenfalls nicht unüblich.

12

Der Beklagte habe im weiteren mit seiner Formulierung auch ausreichend bestimmt den Beendigungsgrund des Arbeitsverhältnisses in das Arbeitszeugnis aufgenommen. Einen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung habe die Klägerin nicht. Dass die von dem Beklagten gewählte Formulierung unrichtig, unklar oder sonst nachteilig sei, sei nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist unbegründet.

14

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte Zeugnisberichtigung.

15

1.

Gemäß § 109 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten und auf Verlangen des Arbeitnehmers müssen sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken.

16

Gemäß § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

17

Der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses bestimmt sich dabei nach dem mit ihm verfolgten Zweck. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsgrundlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl ( BAG Urteil vom 20.02.2001 - 9 AZR 44/00, AP Nr. 26 zu § 630 BGB = EzA § 630 BGB Nr. 23). Das Zeugnis ist nur dann geeignet, den Arbeitnehmer oder Dritte zuverlässig zu informieren, wenn es aus sich heraus verstehbar ist. Daher muss es klar und verständlich formuliert sein ( BAG Urteil vom 14.10.2003 - 9 AZR 12/03, AP Nr. 28 zu § 630 BGB = EzA § 109 GewO Nr. 1).

18

2.

Das von dem Beklagten unter dem 30.06.2007 erteilte Zeugnis erfüllt die Voraussetzungen an ein qualifiziertes Arbeitsendzeugnis nach § 109 GewO.

19

a)

Die Klägerin kann die Änderung der Schreibweise von "MS-Powerpoint" in "MS-PowerPoint" nicht verlangen. Selbst bei einem Schreibfehler, der angesichts des eigenständigen Produktnamens schon dem Grunde nach nicht in Betracht kommt, könnte eine Änderung nur dann verlangt werden, wenn damit negative Auswirkungen auf die Bewerbungsaussichten zu erwarten sind (vgl. ErfK/Müller-Glöge § 109 GewO Rn. 15, 8. Auflage 2008). Das ist weder vorgetragen noch ansatzweise ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin selbst nach unbestrittenem Vortrag diese Schreibweise dem von ihr vorformulierten Zeugnis zugrundegelegt. Allein darin zeigt sich bereits ein zu vernachlässigender Bedeutungsgehalt.

20

b)

Die Klägerin hat im weiteren keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte im Rahmen des Beendigungsgrundes die Worte "aus betriebsbedingten Gründen" in das Zeugnis aufzunehmen hat. Zwar ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner allgemeinen (nachwirkenden) Fürsorgepflicht gehalten, auf Verlangen des Arbeitnehmers Angaben über Grund und Art des Ausscheidens in das Zeugnis aufzunehmen. Dem Arbeitgeber ist es gesetzlich jedoch nicht vorgegeben, welche Formulierungen er im einzelnen verwendet (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAG Urteil vom 21.06.2005 - 9 AZR 352/04, AP Nr. 31 zu § 630 BGB = EzA § 109 GewO Nr. 4; BAG Urteil vom 14.10.2003 - 9 AZR 12/03 a.a.O.; BAG Urteil vom 20.02.2001 - 9 AZR 44/00 a.a.O.). Die Wahl bestimmter Ausdrücke kann ihm der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht vorschreiben. Weder Wortwahl noch Satzstellung noch Auslassungen dürfen jedoch dazu führen, dass bei Dritten der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen erweckt werden. Die Grenze liegt bei einer unzulässigen Behinderung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat deshalb auch bei dem Grund der Beendigung keinen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung oder einen bestimmten Wortlaut (vgl. BAG Urteil vom 29.07.1971 - 2 AZR 250/70, AP BGB 630 Nr. 6; LAG Hamm Urteil vom 17.06.1999 - 4 Sa 309/98, juris).

21

Unter Beendigungsgrund ist dabei die Tatsache zu verstehen, aufgrund derer ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde; er gibt Antwort auf die Frage, "warum" eine Partei gekündigt hat (LAG Hamm Urteil vom 17.06.1999 a.a.O.). Bei einer Arbeitgeberkündigung gebietet es die Fürsorgepflicht, dass er bei einem Hinweis auf den Beendigungstatbestand bzw. auf die Beendigungsinitiative eine wohlwollende Formulierung wählt.

22

Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Beklagten gewählte Formulierung nichtssagend, irreführend oder Missdeutungsmöglichkeiten eröffne, sind nicht ersichtlich.

23

Der Beklagte hat mit der Angabe, dass er als Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei eine Stellung im akademischen Bereich anstrebe, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dies ausgehend vom Beklagten der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war.

24

Hlerbei sind weiter auch die übrigen Angaben in dem Zeugnis zu berücksichtigen. Der Klägerin wird darin durchweg ein überdurchschnittliches Leistungs- und Führungsverhalten bescheinigt. Gerade in der Gesamtschau des Zeugnisses ist eine die dem beruflichen Fortkommen der Klägerin behindernde oder auch nur misszuverstehende Interpretationsmöglichkeit ausgeschlossen.

25

Es wäre andernfalls weder nachvollziehbar noch erklärbar, dass der Beklagte der Klägerin ein uneingeschränkt überdurchschnittliches Führungs- und Leistungsverhalten bescheinigt und überdies in dem Zeugnis eine Bedauerns- und Dankensformel aufgenommen hat, zu der der Beklagte bereits dem Grunde nach nicht verpflichtet gewesen wäre, wobei bei ihm aufgrund seiner beruflichen Qualifikation davon ausgegangen werden kann, dass gerade bei Dritten der Inhalt des Zeugnisses insgesamt als bewusst so konkret gewählt verstanden wird.

26

II.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gem. §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO zu trägen.

Streitwertbeschluss:

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO und bemisst sich nach einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst der Klägerin.

IV.

Gründe, die Berufung gesondert gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG zuzulassen, liegen nicht vor.