Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 16.11.2018, Az.: VgK-46/2018

Ausschreibung der Lieferung von Ultraschallgeräten

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
16.11.2018
Aktenzeichen
VgK-46/2018
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 68267
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx, Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Wettbewerblicher Dialog zur "Technologiepartnerschaft Ultraschall am Klinikum xxxxxx"
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und die ehrenamtliche Beisitzerin Dipl.-Wirtschaftsjur. (FH) Kayser auf die mündliche Verhandlung vom 16.11.2018 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin und Auftraggeberin hat mit EU-weiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2018, veröffentlicht am xxxxxx.2018, die Lieferung von Ultraschallgeräten ausgeschrieben. Die Vergabe sollte im Rahmen einer Technologiepartnerschaft Ultraschall erfolgen. Sie rief dazu zu einem wettbewerblichen Dialog auf. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium ist. Alle Kriterien waren nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt.

Dem wettbewerblichen Dialog war zunächst ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet. Im Rahmen der Dialogphase erarbeiteten die Teilnehmer letztendlich zwei Lösungsvorschläge für Gesamtkonzepte für die Technologiepartnerschaft inklusive des favorisierten Geschäftsmodells. Dazu fanden mehrere Dialogrunden mit verschiedenen Themenbereichen, zum Teil auch über eine eingerichtete Cloud, statt. Aufgrund der geprüften Lösungsvorschläge stellte die Antragsgegnerin den Dialogteilnehmer einen ersten einheitlichen Entwurf des Projektvertrags zur Verfügung.

Noch während der Dialogphase konkretisierte die Antragsgegnerin die bekannt gemachten Zuschlagskriterien mit Verfahrensbrief !V vom 02.07.2018 unter Ziffer 5. Konkretisierung der Zuschlagskriterien:

"Die Zuschlagskriterien, anhand derer die Angebote gewertet werden und die somit maßgeblich für die Erteilung des Auftrages sind, lauten:

Nr.Bezeichnung des HauptkriteriumsGewichtung (%)
1Barwert der Pauschalentgelte35
2Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen5
3Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts (Organisation und Ausstattung)40
4Qualität der Bewirtschaftung15
5Risikostruktur/Vertragsbedingungen5

Die Zuschlagskriterien wurden sodann durch nähere Ausführungen beschrieben/konkretisiert und die Bewertungsmethodik der einzelnen Zuschlagskriterien dargestellt.

Mit Verfahrensbrief V vom 10.08.2018 erklärte die Antragsgegnerin die Dialogphase für beendet und bat die Bieter um die Abgabe eines verbindlichen und endgültigen Angebotes.

Unter Ziffer 1. Form des Angebots wurde u.a. ausgeführt:

"Das Angebot muss mit den einzureichenden Unterlagen in Schriftform mit Originalunterschrift eingereicht werden. Hinsichtlich etwaiger Produktbeschreibungen einzelner Geräte genügt es, wenn diese ausschließlich als PDF-Dateien auf einem geeigneten Datenträger ohne Zugriffsschutz (CD-ROM, DVD oder USB-Stick) eingereicht werden.

Zudem ist das vollständige Angebot als elektronische Kopie (unveränderbare PDF-Datei) auf dem Datenträger einzureichen.

Das Angebot einschließlich der elektronischen Kopie ist in einem verschlossenen und ordnungsgemäß adressierten Umschlag einzureichen. Der Umschlag ist mit dem ausgefüllten Kennzettel zu kennzeichnen, der diesem Schreiben als Anlage 3 beigefügt ist."

Ferner wurde unter Ziffer 9. Weiterer Verfahrensablauf u.a. ausgeführt:

"Nach Eingang der endgültigen Angebote werden diese formal geprüft und dann nach Maßgabe der bekannt gemachten Zuschlagskriterien (siehe Verfahrensbrief II vom 23. März 2018, Ziffer 12; Verfahrensbrief IV vom 2. Juli 2018, Ziffer 5) inklusive der nachfolgenden Konkretisierung bewertet.

Für das im Verfahrensbrief IV beschriebene Wertungskriterium 1 "Barwert der Pauschalentgelte" wird hiermit klargestellt, dass zur Vergleichbarkeit der Angebote in die Barwertermittlung für dieses Kriterium neben den Flatrates auch die Kosten für die bestehenden Leasingverträge gemäß "Preisblatt Leasingverträge" einbezogen werden - unabhängig davon, ob ein Eintritt in die Verträge erfolgen soll oder nicht.

Für das im Verfahrensbrief IV beschriebene Unterkriterium 3.1 "Qualität/Leistungsfähigkeit 6er angebotenen Geräte, Sonden und Funktionen sowie Quantität/Austauschzeitpunkte der angebotenen Geräte" wird eine weitere Untergliederung in Unter-Unterkriterien in Form der Kliniken bzw. Fachbereiche, für die Ultraschallgeräte vorgesehen sind, vorgenommen."

In 6er Anlage 4 (Anforderungsprofile der Kliniken) zum Verfahrensbrief V ist ausgeführt:

"Das Anforderungsprofil stellt eine Mindestanforderung in Bezug auf die angegebenen Geräte, Sonden und Funktionen dar. Die auf Basis der Dialoggespräche vorgenommene Zuordnung zu den Bestandsgeräten ist nicht verbindlich. In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden. Die jeweils angegebene Geräteausstattung (Sonden und Funktionen) ist erst mit Austausch der Bestandsgeräte verbindlich. Eine Ergänzung der Ausstattung von Bestandsgeräten ist nur dann erforderlich, sofern in den Dialoggesprächen explizit darauf hingewiesen wurde.

Die im Anforderungsprofil angegebenen Leistungsklassen (High-End/Routine/Ultra-mobil) entsprechen bewusst nicht der vertraglich vorgesehenen Leistungsklassen-Definition. Sie sollen lediglich eine Orientierung zur Einordnung in die vertraglich vorgesehenen Leistungsklassen bzw. Zuordnung zu den bieterindividuellen Gerätetypen anhand der Erkenntnisse aus den Dialoggesprächen bieten.

Die im Anforderungsprofil verallgemeinert angegebenen Sonden und Funktionen sind entsprechend des bieterindividuellen Portfolios unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Dialoggesprächen anzupassen bzw. zu spezifizieren.

Im Angebot können abweichend zum dargestellten Anforderungsprofil vermehrt ultramobile Geräte berücksichtigt werden, sofern aus Sicht des Bieters die Qualität dieser Geräte für den jeweils betreffenden Untersuchungszweck ausreichend ist und hierzu keine negativen Rückmeldungen von den Fachbereichen mitgeteilt wurden. Der alternative Einsatz ultramobiler Geräte in Abweichung zum Anforderungsprofil ist nachvollziehbar zu begründen."

Mit E-Mail vom 17.08.2018 bat die Antragsgegnerin um Berücksichtigung bei der Angebotserstellung:

1. Gewichtung der Unterunterkriterien 3.1.1 - 3.1.23 (Kliniken und Fachbereiche) aufgrund eines Berechnungsfehlers,

2. die Anlage 5 zum Verfahrensbrief V,

3. die Anlage 6 zum Verfahrensbrief V - Änderungen lediglich im Projektvertrag sowie die Anlage 22.2

4. Protokoll zur Telefonkonferenz bezüglich Rückmeldung zum überarbeiteten Lösungsvorschlag

5. Antwort auf eingegangen Bieterfragen.

Sie bat um Bestätigung des Erhalts der E-Mail,

Bei der Angebotseröffnung am xxxxxx.2018 um 11.03 Uhr ergab sich, dass alle drei Bieter, die bereits im Dialogverfahren dabei gewesen waren, ein Angebot eingereicht hatten. Zum Angebot der Antragstellerin wurde vermerkt:

"kein Datenträger, die digitalen Unterlagen wurden von GE selbstständig in die Cloud hochgeladen, xxxxxxT Finales Angebot xxxxxx"

Sodann befindet sich der Vergabeakte ein Hinweis auf die Anlage 15-Ausführliche Darstellung zur Angebotswertung - mit einem Pfad in der Projektcloud. Eine Ausfertigung dieser Anlage ist dem Vergabevermerk auch in Papierform beigefügt. Die elektronische Dokumentation konnte von Berechtigten abgerufen werden.

In dieser Dokumentation hat die Antragsgegnerin zunächst nochmals die bekannt gemachte generelle Bewertungsmatrix mit den Haupt- und Unterkriterien; Stand 21.08.2018, dargestellt. Die Bewertungsmatrix ist identisch mit denen in Verfahrensbriefen IV und V beschrieben. Diese hatte die Antragsgegnerin zuvor noch einmal in korrigierter Fassung mit E-Mail vom 17.08.2018 an die Bieter versandt. Ausweislich der der Vergabekammer durch die Antragsgegnerin mit der Vergabeakte als Datei zur Verfügung gestellten, ausgefüllten Bewertungsmatrix für alle Bieter hat die Antragsgegnerin die Bewertung der verbindlichen Angebote ausschließlich und vollständig auf Basis dieser bekanntgemachten Bewertungsmatrix -Stand 21.08.2018-durchführt:

Beim Zuschlagskriterium 1 Barwert der Pauschalentgelte wurden die Flatrates für die Gerätebeschaffung, Bewirtschaftung und sonstige Leistung zunächst für jeden einzelnen Bieter einbezogen. Aus der Vergabeakte ergibt sich, dass anschließend die zusammengefassten Barwerte der Pauschalentgelte der einzelnen Angebote miteinander verglichen wurden, wie es im Verfahrensbrief IV dargestellt war.

Beim Zuschlagskriterium 2 Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen wurden zunächst die Preise der einzelnen Bieter für jeden Sondentyp, die Funktionen und die Tagessätze für Schulungen und Beratungen miteinander verglichen und jeweils gewichtet.

Beim Zuschlagskriterium 3 Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts wurden die angebotenen Geräte der Bieter für die einzelnen Fachbereiche für die bekannt gemachten Unterkriterien mit Punkten bewertet. Die Bewertung wurde jeweils auch begründet. Sodann wurden diese erzielten Punkte entsprechend gewichtet. Dabei ergab sich, dass die Antragstellern gewichtet insgesamt mehr Punkte erzielte als die Beigeladene.

Beim Zuschlagskriterium 4 Qualität der Bewirtschaftung wurden die angebotenen Geräte der Bieter ebenfalls entsprechend dem bekannt gemachten Unterkriterien bepunktet und die erzielte Punktzahl begründet. Dabei ergab sich, dass die Antragstellerin auch bei diesem Zuschlagskriterium gewichtet insgesamt mehr Punkte erzielte als die Beigeladene.

Beim Zuschlagskriterium 5 Risikostruktur/Vertragsbedingungen erzielten alle Bieter gleich gute Ergebnisse. Auch hier wurde die jeweils erzielte Punktzahl begründet.

Die Einzelergebnisse wurden sodann in die Gesamt-Bewertungsmatrix übertragen. Insgesamt ergab sich, dass die erzielte gewichtete Punktzahl beim 1. Zuschlagskriterium "Barwert der Pauschalentgelte" zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen so groß war, dass die Auftraggeberin die Auskömmlichkeit des Angebotes bei der Beigeladenen hinterfragte. Nachdem diese die Fragen zur Zufriedenheit der Antragsgegnerin beantwortet hatte, befindet sich in der Vergabeakte als Anlage 15 ein Hinweis zur ausführlichen Darstellung zur Angebotswertung in der Projektcloud.

Der Zusammenfassung der Wertung der Angebote ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin bei den Zuschlagskriterien:

2. Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen

3. Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts (Organisation und Ausstattung)

4. Qualität der Bewirtschaftung

besser als die Beigeladene beurteilt wurde.

Beim 5. Zuschlagskriterium "Risikostruktur/Vertragsbedingungen" wurden die beiden Bieter gleich gut beurteilt.

Jedoch konnte die Antragstellerin den von der Beigeladenen erzielten Vorsprung beim 1. Zuschlagskriterium "Barwert der Pauschalentgelte" nicht mehr ausgleichen.

In der Vergabeakte befindet sich sodann der E-Mail-Verkehr mit den drei Bietern, bei dem es jeweils um die Aufklärung der einzelnen Punkte ihrer Angebote ging.

Unter Berücksichtigung und Wertung der Ausführungen der Beigeladenen zur Auskömmlichkeit des Angebotes empfahl die Antragsgegnerin für die 88. Sitzung des Aufsichtsrates, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen.

Mit Bieterinformation vom 27.09.2018 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin und dem dritten Bieter mit, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne und sie beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen nach Ablauf der Wartefrist zu erteilen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt hatte. Der Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin liege in erster Linie in dem Preis.

Wörtlich führt die Antragsgegnerin u.a. aus:

"Der "Barwert der Pauschalentgelte" des Bieters xxxxxx ist deutlich niedriger.

Von einer Mitteilung zu den erreichten Punkten bei dem Kriterium "Barwert der Pauschalentgelte" haben wir bewusst abgesehen, da Rückschlüsse auf den Angebotspreis der Konkurrenz möglich wären. Dies ist mit dem Grundsatz der Vertraulichkeit nicht zu vereinbaren.

Den Rückstand bei dem Kriterium "Barwert der Pauschalentgelte", das mit 35 % gewichtet ist, konnten sie auch nicht durch die gute Bewertung ihres Angebotes bei den Kriterien "Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen", "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts" und "Qualität der Bewirtschaftung" kompensieren."

Der Antragstellerin wurden ferner die von ihr erzielten Punkte bei den Zuschlagskriterien 2 - 5 mitgeteilt.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 02.10.2018 die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr Angebot insbesondere wegen eines zu hohen "Barwerts der Pauschalentgelte" nicht für den Zuschlag in Betracht kommen soll. Sie führt dazu aus, dass aufgrund ihrer Marktkenntnisse der "Barwert der Pauschalentgelte", der Beigeladenen nur deshalb deutlich niedriger als ihrer sein könne, wenn diese nicht alle Mindestanforderungen erfülle und sämtliche Leistungen angeboten und ordnungsgemäß bepreist hätte.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass ein Angebot den Zuschlag erhalten soll, das nur auf den ersten Blick günstiger erscheint, weil es wesentliche Anforderungen der Vergabeunterlagen nicht erfülle.

Sie vermutet, dass die Antragsgegnerin den nominellen preislichen Vorteil des Angebotes der Beigeladenen durch unzulässige Nachverhandlungen zuschlagsfähig gemacht hat, indem sie das Zuschlagskriterium "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts" abgewertet hat.

Untersteilt, dass die Beigeladene tatsächlich sämtliche geforderten Leistungen anbiete und auch alle gestellten Mindestanforderungen erfülle, geht sie davon aus, dass es sich bei dem großen preislichen Abstand offenbar um ein ungewöhnliches niedriges Angebot handeln müsse, auf dem nach ihrer Einschätzung bei einer ordnungsgemäßen Angebotsaufklärung der Zuschlag nicht erteilt werden könne.

Ferner erschließe steh auch nicht ansatzweise, aus welchen Gründen ihr Angebot im Kriterium "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts'1 nicht mehr Punkte erhalten habe. In die Dialogphase und in das letzte verbindliche Angebot floss von ihrer Seite ein ganz erheblicher Aufwand ein, der ihr zugleich eine sehr gute Einschätzung darüber verschafft habe, wo sie im Wettbewerb "steht". Sie vermutet, dass nach einer anzunehmenden positiven Bewertung der klinischen Abteilungen die Beurteilungen nicht oder nur unzureichend in die Wertung eingeflossen sind. Ihrer Meinung nach erfolgte die Abwertung ihres Angebotes willkürlich.

Nachdem der Auftraggeber die Rügen mit Schreiben vom 09.10.2018 zurückgewiesen hat, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12,10.2018, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Antrag unterteilweiser Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen in dem o. g. Rügeschreiben.

Darüber hinaus führt sie unter Berücksichtigung der eingeschränkten Akteneinsicht aus, dass kein formaler Ausschlussgrund vorliege. Sie habe fristgerecht ein schriftliches Angebot eingereicht. Die fehlende DVD durfte sie als fehlende Unterlage nachreichen. Zudem läge auch kein Ausschlussgrund nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV vor. Die Wertbarkeit ihres Angebotes werde nicht dadurch aufgehoben, dass sie zusätzlich von der durch die Antragsgegnerin geschaffenen und von dieser nicht beanstandeten Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, das Angebot auf elektronischem Weg auf dem Cloud-Server abzulegen. Falls die Antragsgegnerin keine Angebote auf dem Cloud-Server wünschte, hätte sie diesen Kommunikationsweg nach Abschluss der Dialogphase schließen müssen.

Sie vermutet auch, dass der Antragsgegnerin wesentliche Mängel im Wertungsprozess unterlaufen sind. Als besonderen Transparenzgewinn habe die Antragsgegnerin in ihrer Rügeantwort ausgegeben, dass zur Wertung der letzten Angebote eigens ein externer Berater hinzugezogen wurde. Gerade dies führe zu einem einschneidenden Eingriff in einen transparenten Wertungsprozess. Die Umsetzung in den Gerätekonzepten und deren Einschätzung durch die medizinischen Fachbereiche in der Dialogphase seien offenbar bei der Angebotswertung ignoriert worden.

Der Rügeantwort der Antragsgegnerin entnimmt sie, dass erst nach der Aufforderung zur Abgabe des zweiten indikativen Angebotes im Juli 2018 die Einbindung des Beraters xxxxxx stattfand. Widersprüche in der Bewertung zwischen dem zweiten indikativen Angebot und dem finalen Angebot seien offenbar im Rahmen eines Workshops im Beisein von xxxxxx mit den Vertretern des Klinikums diskutiert worden. Offenbar hätten also nicht die medizinischen Fachbereiche im Gegensatz zur Dialogphase an der abschließenden Wertung der vorgelegten Gerätekonzeptionen mitgewirkt. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Lösungsvorschläge außerhalb der Mindestanforderung durchaus bieterspezifisch sein durften, hätte die Antragsgegnerin gewährleisten müssen, dass nicht alle Mindestanforderungen unberücksichtigt bleiben. Aufgrund der Informationen, dass bei der eigentlichen Entscheidung, mit welchen Geräten die medizinischen Fachabteilungen arbeiten wollen, sowohl zwingend zu beachtende Vorgaben (wie die Forderung nach den TEE-Sonden) als auch die Möglichkeit disponibler Vorgaben für die Bieter sichtbar eingebunden waren.

Die Antragstellerin geht ferner davon aus, dass die Beigeladene entweder bestimmte Leistungen nicht angeboten hat und/oder verbindlich vorgegebene Mindestanforderungen an das Gerätekonzept verletzt hat. Unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen an die Geräte, die von allen Bietern zu beachten waren, könne die Beigeladene unter Berücksichtigung ihrer (die, der Antragstellerin) Marktkenntnisse nur bei Reduzierung der vorgegebenen Anforderungen einen deutlich niedrigeren Barwert angeboten haben.

Sie nimmt an, dass die von der Beigeladenen angebotenen Sonden die unstrittigen Mindestanforderungen nicht erfüllten. Ihr Abgleich mit öffentlich zugänglichen Datenblättern habe ergeben, dass die Beigeladene mit ihren Geräten, z.B. im Bereich der Anästhesie oder der Frauenklinik, einige der gestellten Anforderungen offenbar nicht erfüllen kann. Gleiches gelte auch für den Mehrbedarf an Geräten. Hier geht sie davon aus, dass in den Vergabeunterlagen kein Hinweis enthalten sei, dass es den Bietern frei gestellt sei, wann der erstmalige Einsatz der Zusatzgeräte erfolgen soll. Sie unterstellt, dass die Beigeladene erst zu einem späteren Zeitpunkt die Zusatzgeräte zur Verfügung stellen will und sich hierdurch der Austauschzyklus verschiebt und sich die damit verbundenen Kosten nach hinten verschieben. Die Beigeladene würde also insoweit durch den verspäteten Einsatz von Zusatzgeräten auch Kosten sparen.

Sie geht auch davon aus, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen Anforderungen an die Geräteklassen in der Anlage 4 zum Verfahrensbrief V missdeutet. In der Anlage 4 sei festgehalten worden, dass das Anforderungsprofil in Bezug auf die angegebenen Geräte und nicht nur deren Anzahl eine Mindestanforderung darstelle, deren Beachtung keine Frage der qualitativen Angebotswertung darstelle, sondern der Ausschreibungskonformität. Die Beigeladene verletze auch die Mindestanforderungen hinsichtlich der Substituierbarkeit durch ultramobile Geräte. Für den klinischen Einsatz in den Bereichen, für welche im Ausgangspunkt High-End- oder Routine-Geräte verlangt waren, kamen ultramobile Systeme nicht ohne weiteres in Betracht. Es könne keine widerspruchsfreie und keine vollständige Aufklärung erfolgt sein, so dass sie davon ausgehen müsse, dass die Beigeladene Geräte niedriger Qualitätsstufe angeboten habe. Insoweit sei das Angebot der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen.

Die Antragstellerin vermutet auch, dass die beiden Angebote nicht vergleichbar seien. Dies gelte hinsichtlich der verbindlichen Vorgaben jeweils nur (irgend)eines Gerätes samt definierter Sonden, als auch aufgrund der intransparenten Aufforderung zum vermehrten Einsatz ultramobiler Geräte; ferner aufgrund unterschiedlicher Einsatzzeitpunkte für Zusatzgeräte sowie divergierender vertraglicher Vorgaben.

Soweit die Antragsgegnerin jetzt behaupte, dass ihr Angebot aus formalen Gründen auszuschließen sei, führt die Antragstellerin aus, dass sie der Akteneinsicht entnehmen konnte, dass die Antragsgegnerin vom nicht vorgesehenen zusätzlichen Hochladen erst nach Ablauf der Angebotsfrist durch Rückfrage bei ihr, der Antragstellerin, davon erfahren habe. Insoweit wäre vor diesem Hintergrund ein Angebotsausschluss unverhältnismäßig.

Selbst wenn ihr Angebot wegen eines Formmangels auszuschließen gewesen wäre, könne ihr dies im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrages nicht entgegengehalten werden. Aufgrund der von ihr aufgezeigten Mängel bei der Wertung der Angebote, könne kein Zuschlag erteilt werden. Im Rahmen 6er Begründetheit schade der eigene Ausschlussgrund dann nicht, da das Vergabeverfahren ohnehin zu wiederholen wäre.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    die mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 27.09.2018 erfolgte Vorinformation gemäß § 134 Abs. 1 GWB im Vergabeverfahren "Technologiepartnerschaft Ultraschall am Klinikum xxxxxx wird aufgehoben.

  2. 2.

    Die Angebotswertung wird unter Beachtung der von der Vergabekammer erteilten Hinweise wiederholt.

  3. 3.

    Hilfsweise: Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren aufzuheben und bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Hinweise der Vergabekammer ihren Bedarf erneut auszuschreiben.

  4. 4.

    Der Antragsgegnerin werden die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin auferlegt.

  5. 5.

    Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag vom 12.10.2018 zurückzuweisen;

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin aufzuerlegen;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für die Antragsgegnerin notwendig war.

Sie hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, da überwiegend die Behauptungen ins Blaue hinein erhoben wurden, wie die angebliche Nichterfüllung von Mindestanforderungen durch die Beigeladene.

Der Antragstellerin fehle es auch deshalb an der erforderlichen Antragsbefugnis, weil ihr Angebot aus formalen Gründen - Upload des Angebotes vor dem Submissionstermin - zwingend auszuschließen war. Sie, die Antragsgegnerin, habe lediglich für das vorliegende Verfahren die Vergabeunterlagen zur erleichterten Kommunikation für den Austausch von Unterlagen eine Cloud zur Verfügung gestellt. Da diese Cloud jedoch nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 2 VgV genüge, habe sie in dem Verfahrensbrief V vom 10.08.2018 vorgeschrieben, dass die verbindlichen und endgültigen Angebote in Schriftform auf dem Postweg einzureichen sind und lediglich eine Kopie des Angebotes auf einen Datenträger zusammen mit dem Angebot in einem verschlossenen Umschlag einzureichen waren.

Soweit die Antragstellerin die angebliche Intransparenz der bekannt gemachten Zuschlagskriterien jetzt beanstandet, sei sie mit ihrem Vortrag wegen des Verstoßes gegen die Rügeobliegenheit präkludiert. Gleiches gelte auch hinsichtlich der erstmals im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Mängel im Wertungsprozess durch die Einbindung der Berater xxxxxx.

Den noch in der Verfahrensrüge erhobene Vorwurf der angeblich fehlenden Aufklärung des Angebotspreises der Beigeladenen hat die Antragstellerin nicht zum Gegenstand des Nachprüfungsantrages gemacht und somit fallen gelassen. Gleiches gelte auch hinsichtlich des Vorwurfes einer angeblich unzulässigen Nachverhandlung mit der Beigeladenen.

Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus auch unbegründet, da eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ausgeschlossen sei, weil das Angebot bereits aus formalen Gründen auf der ersten Stufe auszuschließen und somit nicht mehr zur eigentlichen Angebotswertung zuzulassen war.

Ferner habe die Beigeladene alle technischen Mindestanforderungen erfüllt. Sie habe insbesondere alle geforderten TEE-Sonden in ihrem Angebot berücksichtigt. Hinzu komme, dass die Antragstellerin keine Anhaltspunkte geliefert habe, welche Mindestanforderungen von der Beigeladenen nicht erfüllt sein sollen. Die Antragstellerin unterliege offenbar einem Missverständnis, da nicht jeder im Rahmen der Dialogfeldphase von den Anwendern aus den medizinischen Bereichen geäußerte Wunsch hinsichtlich eines bestimmten Gerätes als festgelegte Mindestanforderung zu qualifizieren war. Hier sei lediglich eine Präferenz festgelegt worden. Die Antragstellerin hätte sich auch gegen die von dem Fachbereich präferierte - vermutlich teurere - Variante entscheiden können. Dies habe sie aufgrund ihrer Ausführungen im Nachprüfungsantrag auch getan.

Soweit die Antragstellerin unterstellt, dass im Wertungsprozess durch die Hinzuziehung eines externen Beraters Mängel aufgetreten seien, weist die Antragsgegnerin dies ebenfalls zurück. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin seien die Berater xxxxxx bereits in der Dialogphase eingebunden worden. Die Hinzuziehung der Berater xxxxxx erfolgte als zusätzliche Maßnahme der Qualitätssicherung im Sinne eines Mehr-Augen-Prinzips. Hinzu komme, dass die Berater von xxxxxx - ebenso wie die involvierten Berater von xxxxxx oder xxxxxx - lediglich an der Vorbereitung der Vergabeentscheidung (und nur im Hinblick auf das Kriterium 3.1) mitgewirkt haben. Die eigentliche Vergabeentscheidung sei von der Projektgruppe erarbeitet und dann von den Projektleitern in Abstimmung mit der Betriebsleitung des Klinikums und durch die am 26.09.2018 erfolgte Genehmigung durch den Aufsichtsrat getroffen worden.

Die Antragsgegnerin weist darauf hin, dass die Bieter für die Gestaltung ihrer Angebote und deren Ausrichtung selbst verantwortlich sind. Die Qualität des Gerätekonzepts sei hier nur eines von mehreren Zuschlagskriterien gewesen und mache in der Gewichtung insgesamt nur 28 % aus. Ein Bieter könne sich also nicht allein darauf verlassen, dass er nach seiner Ansicht "führend im Bereich der Ultraschalldiagnostik" ist. Es sei auch hier darauf angekommen, wie ein Angebot bei den anderen Kriterien zu bewerten ist.

Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt und sich auch nicht schriftsätzlich zum Verfahren geäußert. In der mündlichen Verhandlung hat sie den Vortrag der Antragsgegnerin unterstützt.

Die Vergabekammer hat die Frist zur Entscheidung mit Verfügung vom 06.11.2018 bis zum 03.12.2018 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 16.11.2018 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Auf das Angebot der Antragstellerin kann bereits deshalb der Zuschlag nicht erteilt werden, weil die Antragstellerin ihr Angebot nicht ausschließlich, wie in der Aufforderung zur Abgabe des verbindlichen Angebotes ausdrücklich gefordert, gemäß § 53 Abs. 5 VgV auf dem Postweg in einem verschlossenen Umschlag eingereicht hat, sondern es parallel unaufgefordert auf die für die Kommunikation zwischen Antragsgegnerin und Bietern gemäß §§ 9 ff. VgV eingerichtete Cloud hochgeladen hat. Sie hat damit Mitarbeitern der Auftraggeberin die Möglichkeit eingeräumt, bereits vor dem festgelegten Termin zur Öffnung der Angebote Kenntnis vom Angebotsinhalt zu erlangen. Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, das Angebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 GWB von der Wertung auszuschließen (im Folgenden 2 a). Die Antragsgegnerin war und ist dagegen nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 60 VgV (im Folgenden 2 b) oder wegen Abweichungen von verbindlichen Festlegungen in den Vergabeunterlagen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV (im Folgenden 2 c) von der Angebotswertung auszuschließen. Die Antragsgegnerin hat das gesamte Vergabeverfahren in einer den Anforderungen des § 8 VgV genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert und sich bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes im Rahmen des den öffentlichen Auftraggebern gemäß § 58 VgV eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Sie hat dabei insbesondere ausschließlich die festgelegten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung zugrunde gelegt (im Folgenden 2d).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine öffentliche Auftraggeberin i. S. d. § 99 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Liefer- und Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB, für den gem. § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB i. V. m. Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auftragsvergabe ein Schwellenwert von 221.000 € gilt. Die von 6er Antragsgegnerin gemäß § 3 VgV geschätzten Kosten für den Gesamtauftragswert wie auch die vorliegenden, konkreten Angebotspreise überschreiten den Schwellenwert deutlich.

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, obwohl dieses einen unangemessen niedrigen Preis ausweise, der aus Sicht der Antragstellerin darauf zurückzuführen sei, dass das Angebot der Beigeladenen nicht alle Mindestanforderungen erfülle und nicht sämtliche Leistungen angeboten und ordnungsgemäß eingepreist wurden. Ferner erschließe sich auch nicht, aus welchen Gründen ihr Angebot unter dem Kriterium "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts1' nicht mehr Punkte erhalten habe. Soweit die Antragsgegnerin ihr erstmalig mit Zurückweisung der Rüge mitgeteilt habe, dass sie erwäge, ihr Angebot aus formalen Gründen auszuschließen, habe sie der Akteneinsicht entnehmen können, dass die Antragsgegnerin vom zusätzlichen Hochladen ihres Angebots erst nach Ablauf der Angebotsfrist erfahren habe. Vor diesem Hintergrund sei ein Angebotsausschluss unverhältnismäßig und unzulässig.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Die Antragstellerin hat überwiegend auch ihrer Pflicht genügt, die geltend gemachten Verstöße gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags rechtzeitig zu rügen.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 GWB muss der Bieter einen geltend gemachten Verstoß vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber dem Auftraggeber rügen. Bei der Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin mit Bieterinformation vom 27.09.2018 mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne und sie beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen nach Ablauf der Wartefrist zu erteilen. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, dass die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt hatte. Dies sei in erster Linie darauf zurückzuführen, dass der "Barwert der Pauschalentgelte" der Beigeladenen deutlich niedriger sei. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 02.10.2018 die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr Angebot insbesondere wegen eines zu hohen "Barwerts der Pauschalentgelte" nicht für den Zuschlag in Betracht kommen soll. Aufgrund ihrer Marktkenntnisse könne der "Barwert der Pauschalentgelte", der Beigeladenen nur deshalb deutlich niedriger als ihrer sein, wenn diese nicht alle Mindestanforderungen erfülle und sämtliche Leistungen angeboten und ordnungsgemäß bepreist hätte.

Sie vermute, dass die Antragsgegnerin den nominellen preislichen Vorteil des Angebotes der Beigeladenen durch unzulässige Nachverhandlungen zuschlagsfähig gemacht hat, indem sie das Zuschlagskriterium "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts" abgewertet habe. Aber auch unterstellt, dass die Beigeladene tatsächlich sämtliche geforderten Leistungen anbiete und auch alle gestellten Mindestanforderungen erfülle, müsse dann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem großen preislichen Abstand offenbar um ein ungewöhnliches niedriges Angebot handeln müsse, auf dem nach ihrer Einschätzung bei einer ordnungsgemäßen Angebotsaufklärung der Zuschlag nicht erteilt werden könne. Ferner erschließe sich ihr nicht auch nicht, aus welchen Gründen ihr eigenes Angebot im Kriterium "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts" nicht mehr Punkte erhalten habe.

Die Rüge der Antragstellerin erfolgte innerhalb der Frist von zehn Kalendertagen und damit rechtzeitig i. S. d. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.

Nicht gerügt hat die die Antragstellerin dagegen die mit Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen und endgültigen Angebots (Verfahrensbrief V) den Bietern übersandte Anlage 4 zu den Anforderungsprofilen der Kliniken, mit der den Bietern Spielräume hinsichtlich eines gegenüber dem Bestand vermehrten und alternativen Einsatzes ultramobiler Geräte eingeräumt wurden. Soweit die Antragstellerin erstmalig im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens vorgetragen hat, dass die Antragsgegnerin offenbar bei Abschluss

der Dialogphase entgegen § 18 Abs. 7 VgV nicht alle Lösungen ermittelt hat, mit denen die Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffenden Leistung befriedigt werden können und die Vorgaben für die verbindlichen Angebote nicht so eindeutig festgelegt wurden, dass die Bieter von den gleichen Voraussetzungen ausgehen und vergleichbare Angebote legen konnten, hätte sie die Festlegungen und Vorgaben des Verfahrensbriefes V gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB rügen müssen.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB müssen Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Bei der Feststellung der Erkennbarkeit wird nach herrschender Meinung auf einen objektiven Maßstab abgestellt. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist nicht auf den Vergaberechtsexperten, sondern auf diejenigen abzustellen, die Adressaten der Bekanntmachung sind, nämlich die fachkundigen Bieter; diese prägen den objektiven Empfängerhorizont, aus dem die Erkennbarkeit zu beurteilen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 03,07.2018 -Verg 2/18; VK Lüneburg, Beschl. v. 14.05.2018 - VgK-11/2018; Hofmann in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht, § 160, Rdnr. 70, m. w. N.). Diese Auffassung hat auch der BGH in seinem Urteil vom 03.04.2012 bestätigt. Dort hat der BGH ausgeführt: "Dafür, ob die in vorformulierten Vergabeunterlagen vorgesehenen Erklärungen diesen Anforderungen genügen, ist der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich" {vgl. BGH Urteil vom 03.04.2012, X ZR 130/10). In dem dort zu beurteilenden Einzelfall hat der BGH tatsächlich missverständliche, unklare Formulierungen gesehen.

Unter Berücksichtigung dieses zutreffenden Maßstabs konnte im vorliegenden Vergabeverfahren bei den fachkundigen Bietern und damit auch bei der Antragstellerin angesichts der eindeutigen Formulierungen im Verfahrensbrief V kein Zweifel aufkommen, dass den Bietern für die verbindlichen Angebote ausdrücklich kalkulationsrelevante Spielräume eingeräumt wurden. Die eigentliche Bewertungsstruktur - d.h. die Zuschlagskriterien und die Unterkriterien - ist schon bereits mit dem Verfahrensbrief IV vom 02.07.2018 den Bietern an die Hand gegeben worden, also noch während der Dialogphase. Die letztlich bei der Bewertung der verbindlichen Angebote zugrunde gelegte Fassung ist den Bietern mit Verfahrensbrief V und damit mit Aufforderung zur verbindlichen Angebotsabgabe unterbreitet worden. Diese Fassung enthielt dann auch erstmalig die Unterunterkriterien zum Zuschlagskriterium 3 "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts". Die Unterunterkriterien betrafen lediglich das Unterkriterium 3.1 "Qualität/Leistungsfähigkeit der angebotenen Geräte, Sonden und Funktionen sowie Quantität/Austauschzeitpunkte der angebotenen Geräte".

Im Rahmen der Anlage 4 zum Verfahrensbrief V wurden die Bieter darauf hingewiesen, dass die im Anforderungsprofil angegebenen Leistungsklassen High-End, Routine, Ultra-mobil bewusst nicht der vertraglich vorgesehenen Leistungsklassendefinition entsprechen. Sie sollten lediglich eine Orientierung zur Einordnung in die vertraglich vorgesehenen Leistungsklassen bzw. Zuordnung zu den bieterindividuellen Gerätetypen anhand der Erkenntnisse aus den Dialoggesprächen geben.

Keiner vorherigen Rüge bedurfte dagegen die der Antragstellerin erstmals mit Zurückweisung der Rüge mit Schreiben vom 09.10.2018 mitgeteilte Erwägung der Antragsgegnerin, das Angebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 GWB von der Wertung auszuschließen, weil sie ihr Angebot nicht ausschließlich, wie in der Aufforderung zur Abgabe des verbindlichen Angebotes ausdrücklich gefordert, gemäß § 53 Abs. 5 VgV auf dem Postweg in einem verschlossenen Umschlag eingereicht hat, sondern es parallel unaufgefordert auf die für die Kommunikation zwischen Antragsgegnerin und Bietern gemäß §§ 9 ff. VgV eingerichtete Cloud hochgeladen hat. Der Ausschluss ist bislang und jedenfalls vor Stellung des Nachprüfungsantrags nicht erfolgt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet:

a. Die Antragsgegnerin ist gehalten, das Angebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 GWB von der Wertung auszuschließen, weil die Antragstellerin ihr Angebot nicht ausschließlich, wie in der Aufforderung zur Abgabe des verbindlichen Angebotes ausdrücklich gefordert, gemäß § 53 Abs. 5 VgV auf dem Postweg in einem verschlossenen Umschlag eingereicht hat, sondern es parallel unaufgefordert auf die für die Kommunikation zwischen Antragsgegnerin und Bietern gemäß §§ 9 ff. VgV eingerichtete Cloud hochgeladen hat. Sie hat damit Mitarbeitern der Auftraggeberin die Möglichkeit eingeräumt, bereits vor dem festgelegten Termin zur Öffnung der Angebote Kenntnis vom Angebotsinhalt zu erlangen.

Gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV sind Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind und damit nicht den Erfordernissen des § 53 VgV genügen, auszuschließen, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV dient unter anderem der Gleichbehandlung und Chancengleichheit der Bieter. Die Regelung ist daher drittschützend (vgl. Dittmann in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 57 VgV, Rn. 13, m. w. N.}. Angebote, die den jeweiligen Formerfordernissen aus § 53 VgV nicht genügen, sind aus Gründen der Gleichbehandlung sowie der Transparenz vom Vergabeverfahren auszuschließen. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Unternehmen ein formfehlerhafter Zugang nicht zuzurechnen ist, weil es den entsprechenden Fehler - etwa durch höhere Gewalt oder ein Verschulden des Auftraggebers -nicht zu vertreten hat. Ein verspätetes oder an falscher Stelle eingegangenes Angebot zum Beispiel ist dann nicht auszuschließen, wenn keine präzisen oder missverständliche Angaben zum Abgabeort oder zum Abgabetermin in den Vergabeunterlagen enthalten waren. Das gleiche gilt für unklare Vorgaben zur Form der Angebote oder zu den mit diesem vorzulegenden Erklärungen und Nachweisen (Stolz in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 4. Aufl., § 57 VgV, Rn. 13). Lässt sich nicht sicher feststellen, dass die Verspätung oder der Formfehler nicht vom Unternehmen zu vertreten ist, trägt dieses insoweit die Feststellungslast (Dittmann, a. a. O., § 57 VgV, Rn. 10; Begründung zu § 57 VgV, BT-Drs. 18/7318, Seite 193).

Der Auftraggeber legt gemäß § 53 VgV fest, ob die Angebote schriftlich und/oder elektronisch einzureichen sind. Gemäß § 81 VgV durften zentrale Beschaffungsstellen im Sinne von § 120 Abs. 4 Satz 1 GWB bis zum 18. April 2017, andere öffentliche Auftraggeber bis zum 18. Oktober 2018 abweichend von § 53 Abs. 1 VgV die Übermittlung der Angebote unter anderem auch auf dem Postweg verlangen. Da das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren bereits mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2018 eingeleitet wurde, war die Antragsgegnerin vorliegend berechtigt, gemäß § 53 Abs. 4 und Abs. 5 VgV festzulegen, dass die verbindlichen Angebote auf dem Postweg oder direkt in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen waren.

Die Form der einzureichenden verbindlichen Angebote hatte die Antragsgegnerin für alle Bieter unmissverständlich und eindeutig mit der Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen und endgültigen Angebots (Verfahrensbrief V) vom 10.8.2018 festgelegt und mitgeteilt. Dort heißt es unter Ziffer 1:

"Das Angebot muss mit den einzureichenden Unterlagen in Schriftform mit Originalunterschrift eingereicht werden. Hinsichtlich etwaiger Produktbeschreibungen einzelner Geräte genügt es, wenn diese ausschließlich als PDF-Dateien auf einem geeigneten Datenträger ohne Zugriffsschutz (CD-ROM, DVD oder USB-Stick) eingereicht werden.

Zudem ist das vollständige Angebot als elektronische Kopie (und veränderbare PDF-Datei) auf dem Datenträger einzureichen.

Das Angebot einschließlich der elektronischen Kopie ist in einem verschlossenen und ordnungsgemäß adressierten Umschlag einzureichen. Der Umschlag ist mit dem ausgefüllten Kennzettel zu kennzeichnen, der diesem Schreiben als Anlage 3 beigefügt ist."

Bezogen auf die direkte oder postalische Einreichung von Angeboten beinhaltet die Vorschrift die bereits aus § 13 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A bekannte Verpflichtung, dass postalisch oder direkt übermittelte Angebote in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen sind. Insoweit dient diese Vorgabe im Ergebnis dem Schutz des Grundsatzes des Geheimwettbewerbs, weil nur durch die Übermittlung innerhalb eines verschlossenen Umschlag sichergestellt werden kann, dass niemand vor dem Zeitpunkt der Angebotsöffnung Kenntnis vom Inhalt des Angebots erhalten und so diese Informationen missbräuchlich und zum Zwecke der Verfälschung des Wettbewerbs nutzen kann (Verführth in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 53 VgV, Rn. 50). Die Norm richtet sich an die am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben hat regelmäßig den Ausschluss des Angebots zur Folge. Durch einen verschlossenen Umschlag soll gewährleistet werden, dass der öffentliche Auftraggeber Interessensbekundungen, Interessenbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote nicht bereits vor dem Ablauf der entsprechenden Frist zur Kenntnis nimmt. Erst nach Ablauf der Frist ist der öffentliche Auftraggeber gemäß § 54 Satz 2 VgV berechtigt, diese Unterlagen zu prüfen. Durch den verschlossenen Umschlag werden diese Unterlagen bis zum Ablauf der entsprechenden Frist vor einer unberechtigten Öffnung durch den öffentlichen Auftraggeber oder Dritte geschützt (vgl. Schubert in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 4. Aufl., §53 VgV, Rn. 35).

Vorliegend hatte die Antragstellerin ihr Angebot zwar - wenn auch hinsichtlich des fehlenden Datenträgers (CD-ROM, DVD oder USB-Stick) mit der Kopie des Angebots und etwaiger Produktbeschreibungen einzelner Geräte zunächst unvollständig - in einem verschlossenen Umschlag eingereicht. Anstelle der Kopie auf einem dem Angebot im verschlossenen Umschlag beigefügten Datenträger hat sie jedoch parallel ihr Angebot am xxxxxx.2018 gegen 9:00 Uhr und damit 2 Stunden vor Ablauf der Angebotsfrist unverschlüsselt auf die von der Antragsgegnerin für die Kommunikation in der Dialogphase gemäß §§ 9 und 10 VgV eingerichtete Projekt-Cloud unverschlüsselt hochgeladen.

Die Antragstellern hat damit nicht nur den Festlegungen der Antragsgegnerin bezüglich der Übermittlung der einzureichenden verbindlichen Angebote zuwider gehandelt. Sie hat auch den oben erörterten, durch § 53 Abs. 5 VgV bezweckten Schutz einer Einreichung im verschlossenen Umschlag durch das Hochladen auf die Projekt-Cloud aufgehoben. Denn sie hat damit den mit dem Projekt befassten Mitarbeitern der Antragsgegnerin und den von dieser eingebunden Beratern die Möglichkeit eingeräumt, bereits vor dem festgelegten Termin zur Öffnung der Angebote Kenntnis vom Angebotsinhalt zu erlangen. Ob sich die Möglichkeit einer Einsichtnahme auch tatsächlich realisiert hat, ist unerheblich; abzustellen ist allein auf die diesbezügliche abstrakte Gefahr (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., A § 22, Rn. 7, OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.03.2017-15 Verg 2/17; VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.09.2014-1 VK 40/14).

Das unaufgeforderte, parallele Hochladen des Angebotes auf die Projekt-Cloud wäre vorliegend allenfalls dann unschädlich gewesen, wenn durch die Cloud das für die Einreichung von verbindlichen elektronischen Angeboten vom öffentlichen Auftraggeber gemäß § 10 Abs. 1 festzulegende Sicherheitsniveau gewährleistet gewesen wäre. Gemäß § 10 Abs. 1 VgV legt der öffentliche Auftraggeber das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe verwendet werden, müssen gewährleisten, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist. Dies war bei der verfahrensgegenständlichen Projekt-Cloud jedoch nicht der Fall. Sie war seitens der Antragsgegnerin lediglich durch eine Benutzerkennung und ein Passwort gesichert, was für ihren Zweck als Kommunikationsplattform insbesondere in der Dialogphase auch völlig ausreichend war.

Für die Abgabe der verbindlichen Angebote hatte die Antragsgegnerin jedoch vorliegend im Einklang mit den Vorgaben des § 53 Abs. 4 und 5 VgV festgelegt und verlangt, dass die Angebote in Schriftform im verschlossenen Umschlag einzureichen sind, weil durch das Sicherheitsniveau der von ihr verwendeten elektronischen Mittel nicht gewährleistet werden konnte, dass - wie von § 10 Abs. 1 Nr. 2 VgV gefordert -kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist (§ 55 Abs. 1 VgV).

Die Antragstellerin hat das parallele Hochladen der Angebotskopie auf die Projekt-Cloud auch zu vertreten. Gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz VgV ist ein Angebot, das nicht form- oder fristgerecht eingegangen ist, nicht von der Wertung auszuschließen, wenn das betreffende Unternehmen den Form- oder Fristverstoß nicht zu vertreten hat. Dabei trägt der Bieter die Beweislast dafür, dass der Form- oder Fristverstoß nicht von ihm verschuldet wurde (vgl. Dittmann, a. a. O., § 57 VgV, Rn. 21). Vorliegend hatte die Antragsgegnerin für alle Bieter unmissverständlich und eindeutig mit der Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen und endgültigen Angebots (Verfahrensbrief V) vom 10.08.2018 festgelegt und mitgeteilt, dass das Angebot mit den einzureichenden Unterlagen in Schriftform mit Originalunterschrift und in einem verschlossenen und ordnungsgemäß adressierten Umschlag eingereicht werden muss.

Wenn bei der Antragstellerin gleichwohl überhaupt noch Zweifel bezüglich der von der Antragsgegnerin für die Einreichung der verbindlichen Angebote ausschließlich festgelegten und geforderten Form aufgekommen sein sollten, so musste bei ihr aus dem objektiven Bieterhorizont betrachtet, spätestens durch die von der Antragsgegnerin gleichfalls im Verfahrensbrief V festgelegte Form der parallel abgeforderten digitalen Angebotskopie Klarheit geherrscht haben. Denn die Antragsgegnerin hatte gefordert, das vollständige Angebot zusätzlich als elektronische Kopie (unveränderbare PDF-Datei) auf einem geeigneten Datenträger ohne Zugriffsschutz (CD-ROM, DVD oder USB-Stick) in dem verschlossenen Umschlag einzureichen.

Die Antragsgegnerin hatte den Bietern daher unmissverständlich mitgeteilt, dass für die Einreichung des verbindlichen Angebots nicht die von ihr insbesondere für die Dialogphase eröffneten Kommunikationswege über die Projekt-Cloud gelten sollten. Möglicherweise hat die Antragstellerin die Angebotskopie gleichwohl versehentlich auf die Projekt-CIoud hochgeladen, weil sie sich keine Gedanken über den Sinn des verschlossenen Umschlags gemacht hat. Sie hat das unbefugte Hochladen der Angebotskopie gleichwohl allein zu vertreten.

Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, das Angebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 GWB von der Wertung auszuschließen.

b. Die Antragsgegnerin war und ist dagegen nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 60 VgV von der Angebotswertung auszuschließen.

Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV kann der Zuschlag auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, abgelehnt werden, wenn der Auftraggeber die Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären kann. Stellt der Auftraggeber fest, dass der Preis oder die Kosten des Angebots deshalb ungewöhnlich niedrig sind, weil die Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, ist dem Auftraggeber untersagt, auf das Angebot den Zuschlag zu erteilen (§ 60 Abs. 3 Satz 2 VgV). Erscheint dem Auftraggeber ein Angebotspreis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 60 Abs. 1 VgV vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen. Normzweck ist zwar vorrangig der Schutz des Auftraggebers. Beim Zuschlag auf ein ungewöhnlich niedriges Preis- oder Kostenangebot besteht die Gefahr, dass der Auftraggeber zumal dann, wenn der Vertrag einen größeren Umfang oder eine längere Laufzeit haben soll, infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten leistungsunfähig wird, dass schlecht geleistet wird oder Nachforderungen gestellt werden, die zu Verteuerungen der Beschaffung führen (vgl. Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 3; Hörn in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 172). Der BGH hat jedoch mit Beschluss vom 31.01.2017-XZB 10/16 (zitiert nach ibr-online) bekräftigt, dass diese Vorschrift auch subjektiven Bieterrechtsschutz entfaltet. Erscheine ein Preis für eine zu erbringende Leistung ungewöhnlich niedrig, habe jeder Bieter einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber Aufklärung über die Preisbildung verlange. Auf das tradierte Kriterium der "Marktverdrängungsabsicht" komme es laut BGH in der Zulässigkeitsprüfung des Nachprüfungsantrags nicht an, da es einem Antragsteller regelmäßig unmöglich sei, hierzu Konkretes vortragen zu können.

Zum Zweck der Angemessenheitsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotes verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen.

Bei der Angemessenheitsprüfung des § 60 VgV handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, die sich auf die Frage der Angemessenheit des Gesamtpreises des niedrigsten Angebotes richtet. Zwar ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, eine derartige Überprüfung im Wege der Aufklärung vorzunehmen, wenn ihm das preislich günstigste Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint. Auch kann sich der Auftraggeber nicht allein auf eigene Kalkulationen stützen, sondern er muss darauf hinwirken, die erforderlichen Informationen über die konkrete Preisbildung vom betreffenden Bieter zu verlangen (vgl. Hörn in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 180). Trägt der Bieter durch nachvollziehbare Angaben zur Aufklärung bei, ist der Auftraggeber nicht per se gehindert, den Zuschlag sogar auf ein Unterkostenangebot (unauskömmliches Angebot) zu erteilen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08,11.2001, Az.: 13 Verg 12/01; Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/ Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn, 32, m. w. N.) Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nichtauskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.

Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung - z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/ Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 6). Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugspunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächst höhere Angebot (= 100 %).

Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist allerdings nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an (vgl. Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 8, 9, m. w. N). Gemäß § 7 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (Nds. GVB1. Nr. 20/2013, S. 259 ff.) können öffentliche Auftraggeber die Kalkulation eines (vermeintlich) unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot sind sie dazu verpflichtet. Diese gesetzliche Aufgreifschwelle gilt jedoch ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20-%-Schwelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, Vll-Verg 77/04 und Beschluss vom 23.01.2008, Az.: VII-Verg 36/07; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 242 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 215, m. w. N.; Hörn in: Müller-Wrede, a. a. O., § 19, Rdnr. 178).

Vorliegend hat die Antragsgegnerin ausweislich der lfd. Nr. IV. 3 des fortgeschriebenen Vergabevermerks (Stand: 9. Oktober 2018 - Ordner 1 der Vergabeakte, Blatt 57 ff., 88, 89) festgestellt, dass der Preisabstand zwischen dem erst- und dem zweitplatzierten Angebot deutlich über der Aufgreifschwelle von 20 % liegt und ist deshalb in eine Prüfung der Angemessenheit des preislich auf Rang 1 liegenden Angebotes der Beigeladenen eingetreten. Sie hat die Beigeladene mit Schreiben vom 11.09.2018 (Anlage 13 zum Vergabevermerk, Vergabeakte Ordner 2, Blatt 416, 417) aufgefordert, die Auskömmlichkeit des Angebotspreises plausibel darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen. Die Beigeladene hat daraufhin mit Schreiben vom 13.09.2018 (Anlage 14 zum Vergabe vermerk, Vergabeakte Ordner 2, Blatt 421 - 423) und in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer ausführlich insbesondere dargelegt, dass sie bei ihrer Kalkulation die mit der Antragsgegnerin bereits bestehende Technologiepartnerschaft für den Bereich der Radiologie berücksichtigt habe und Synergie-Effekte gerade im Rahmen der Gebäudebewirtschaftung nutzen konnte. Ferner habe sie aus strategischen Gründen einen niedrigen Angebotspreis kalkuliert, da sie ein Interesse daran habe, das Haus der Antragsgegnerin künftig als Referenzhaus zur weiteren Verbreitung ihrer Ultraschallsysteme nutzen zu können.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage der ausführlichen Stellungnahme der Beigeladenen nach Durchführung der Angemessenheitsprüfung zu dem Schluss gelangt ist, dass die Beigeladene das ungewöhnlich niedrig erscheinende Angebot zufriedenstellend aufgeklärt habe und dass kein Ausschlussgrund wegen einer etwaigen Unauskömmlichkeit des Angebotes vorliegt. Die Antragsgegnerin hat sich dabei im Rahmen des ihr durch § 60 VgV eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Sie hat zudem Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 8 VgV genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert.

c. Die Antragsgegnerin war und ist auch nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen Abweichungen von verbindlichen Festlegungen in den Vergabeunterlagen, insbesondere wegen vermeintlicher Abweichung von Mindestanforderungen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV von der Angebotswertung auszuschließen.

Gemäß § 53 Abs. 7 Satz 1 VgV sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig. Das betreffende Angebot ist dann gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV zwingend von der Wertung auszuschließen. Der Regelungszweck dieser Vorschriften besteht darin, das Zustandekommen eines wirksamen Vertrages mit übereinstimmenden Willenserklärungen zu gewährleisten (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 02.12.2014 -11 Verg 7/14 = VergabeR 2015, Seite 591 ff., 595). Der öffentliche Auftraggeber braucht sich nicht auf einen Streit über den Inhalt des Angebots bzw. des gegebenenfalls abgeschlossenen Vertrages einzulassen. Gleichermaßen betrifft diese Regelung jedoch auch die Transparenz des Vergabeverfahrens und die Gleichbehandlung der Bieter: Dadurch, dass jeder Bieter nur das anbieten darf, was der öffentliche Auftraggeber auch tatsächlich nachgefragt hat, und sich keinen Wettbewerbsvorteil dadurch verschaffen darf, dass er von den Ausschreibungsvorgaben abweicht (Ausnahme: Nebenangebot), ist gewährleistet, dass nur solche Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Hinsicht miteinander vergleichbar sind (BGH, Urteil vom 16.04.2002 - X ZR 67/00). Andernfalls wäre es dem Auftraggeber nicht möglich, unter sämtlichen Angeboten dasjenige zu ermitteln, dass im Vergleich zu den anderen das wirtschaftlichste im Sinne des § 58 Abs. 2 VgV, § 127 GWB ist (vgl. Dittmann in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 57 VgV, Rn. 50, m. w. N.).

Die Antragstellerin geht davon aus, dass die Beigeladene entweder bestimmte Leistungen nicht angeboten hat und/oder verbindlich vorgegebene Mindestanforderungen an das Gerätekonzept verletzt hat. Unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen an die Geräte, die von allen Bietern zu beachten waren, könne die Beigeladene unter Berücksichtigung ihrer (die, der Antragstellerin) Marktkenntnisse nur bei Reduzierung der vorgegebenen Anforderungen einen deutlich niedrigeren Barwert angeboten haben. Sie nimmt an, dass die von der Beigeladenen angebotenen Sonden die unstrittigen Mindestanforderungen nicht erfüllten. Ihr Abgleich mit öffentlich zugänglichen Datenblättern habe ergeben, dass die Beigeladene mit ihren Geräten, z.B. im Bereich der Anästhesie oder der Frauenklinik, einige der gestellten Anforderungen offenbar nicht erfüllen kann. Gleiches gelte auch für den Mehrbedarf an Geräten.

Die Beigeladene verletze auch die Mindestanforderungen hinsichtlich der Substituierbarkeit durch ultramobile Geräte. Für den klinischen Einsatz in den Bereichen, für welche im Ausgangspunkt High-End- oder Routine-Geräte verlangt waren, kämen ultramobile Systeme nicht ohne weiteres in Betracht.

Entgegen den Vermutungen der Antragstellern ist die Beigeladene nach der in der Vergabeakte ausführlich von der Antragsgegnerin dokumentierten Überprüfung der Vollständigkeit, Ausschreibungskonformität und insbesondere der detaillierten Bewertung der Angebote anhand der qualitativen Zuschlagskriterien jedoch nicht von den Mindestanforderungen abgewichen, die die Antragsgegnerin mit dem Verfahrensbrief V für die verbindlichen Angebote festgelegt hat. Auch das Gerätekonzept der Beigeladenen deckt nach den Feststellungen der Antragsgegnerin sämtliche Funktionalitäten des von der Antragsgegnerin zum Abschluss der Dialoggespräche erstellten konsolidierten herstellerunabhängigen Anforderungsprofils zu den einzelnen medizinischen Fachbereichen ab, dass den Bietern sodann bereits mit der Anlage 3 zum Verfahrensbrief IV vom 02.07.2018 bekannt gegeben wurde. Bereits in dieser Fassung der Anlage zu den Anforderungsprofilen hatte die Antragsgegnerin die Bieter darauf hingewiesen, dass die im Anforderungsprofil angegebenen Leistungsklassen (High-End/Routine/Ultra-Mobil) bewusst nicht der vertraglich vorgesehenen Leistungsklassendefinition entsprechen. Sie sollten lediglich eine Orientierung zur Einordnung in die vertraglich vorgesehenen Leistungsklassen bzw. Zuordnung zu den bieterindividuellen Gerätetypen anhand der Erkenntnisse aus den Dialoggesprächen geben. Die im Anforderungsprofil verallgemeinert angegebenen Sonden und Funktionen seien entsprechend des bieterindividuellen Portfolios unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Dialoggesprächen anzupassen bzw. zu spezifizieren.

Den Bietern wurde ausdrücklich eingeräumt, im Angebot abweichend zum dargestellten Anforderungsprofi! vermehrt ultramobile Geräte zu berücksichtigen, sofern aus Sicht des Bieters die Qualität dieser Geräte für den jeweils betreffenden Untersuchungszweck ausreichend ist und hierzu keine negativen Rückmeldungen von den Fachbereichen mitgeteilt wurden. Der alternative Einsatz ultramobiler Geräte in Abweichung zum Anforderungsprofil sei nachvollziehbar zu begründen.

Diese Ausführungen und Festlegungen zu den Anforderungsprofilen hat die Antragsgegnerin sodann nach Abschluss der Dialogphase in der Anlage 4 zum Verfahrensbrief V und damit in der Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen Angebotes übernommen und wiederholt. Sie hat damit den Bietern für die verbindlichen Angebote ausdrücklich kalkulationsrelevante Spielräume eingeräumt. Die Einräumung dieser Spielräume wie auch die gesamten Festlegungen im Verfahrensbrief V sind von den Bietern, wie oben unter II 2 c dargelegt, rügelos akzeptiert worden.

Von diesen Spielräumen hat die Beigeladene ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte und den Äußerungen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin der Vergabeakte teilweise Gebrauch gemacht, indem sie - allerdings nur in einigen wenigen Fällen und mit nachvollziehbarer Begründung - anstelle eines Routinegerätes ein ultramobiles Gerät angeboten hat. Dies mag sich kostensenkend auf die Kalkulation ihres Angebotspreises ausgewirkt haben, stand jedoch ausdrücklich im Einklang mit den im Verfahrensbrief V festgelegten Mindestbedingungen.

d. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Beigeladene auch nicht dadurch von Mindestbedingungen der Leistungsbeschreibung abgewichen, dass sie teilweise bei der Kalkulation ihres Angebotes im Vergleich zur Antragstellern von anderen Austauschzeitpunkten der Zusatzgeräte (Mehrbedarf gemäß Anforderungsprofil) ausgegangen ist. Die Antragsgegnerin hatte in den Vergabeunterlagen keine verbindlichen Vorgaben zu den jeweiligen Austauschzeitpunkten der Zusatzgeräte zur Deckung des Mehrbedarfs gemäß den Anforderungsprofilen gemacht. Sie hat stattdessen den unterschiedlichen Konzepten der Bieter zur Deckung des Mehrbedarfs in ihren Angeboten dadurch Rechnung getragen, dass sie neben der Qualität und Quantität der angebotenen Geräte auch die angebotenen Austauschzeitpunkte zum Gegenstand der Angebotsauswertung gemacht und dies auch den Bietern so bekannt gemacht hat.

Die Antragsgegnerin hatte noch während der Dialogphase die bekannt gemachten Zuschlagskriterien mit Verfahrensbrief IV vom 02.07.2018 unter Ziffer 5. "Konkretisierung der Zuschlagskriterien" konkretisiert (Ordner 1, Bl. 303 der Vergabeakte). Dort heißt es:

"Die Zuschlagskriterien, anhand derer die Angebote gewertet werden und die somit maßgeblich für die Erteilung des Auftrages sind, lauten:

Nr.Bezeichnung des HauptkriteriumsGewichtung (%)
1Barwert der Pauschalentgelte35
2Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen5
3Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts (Organisation und Ausstattung)40
4Qualität der Bewirtschaftung15
5Risikostruktur/Vertragsbedingungen5

Die Zuschlagskriterien wurden sodann durch nähere Ausführungen beschrieben/konkretisiert und die Bewertungsmethodik der einzelnen Zuschlagskriterien dargestellt.

Für das Zuschlagskriteriurn 3 "Qualität des angebotenen Geräte- und Softwarekonzepts (Organisation und Ausstattung)" wurden 4 Unterkriterien festgelegt {Ordner 1, Bl. 309, 310 der Vergabeakte). Das Unterkriterium 3.1 lautete wie folgt:

"Qualität/Leistungsfähigkeit der angebotenen Geräte, Sonden und Funktionen sowie Quantität/Austauschzeitpunkte der angebotenen Geräte"

Dieses Unterkriterium sollte mit einer Gewichtung von 70 % bei der Wertung der Angebote anhand des Zuschlagskriteriums 3 berücksichtigt werden. Weitere Unterkriterien waren das Softwarekonzept, das Diagnostikzentrum und das Innovationskonzept. Diese Unterkriterien sollten jeweils mit einer Gewichtung von 10 % berücksichtigt werden. Zur Erläuterung des Unterkriteriums 3.1 heißt es weiter im Verfahrensbrief IV:

Das Unterkriterium 3.1 "Qualität/Leistungsfähigkeit der angebotenen Geräte, Sonden und Funktionen sowie Quantität, Austauschzeitpunkt der angebotenen Geräte" bewertet die Gerätequalität und Sondenqualität und die Funktionen der angebotenen Geräte. Der ebenfalls bewertete Aspekt "Quantität/Austauschzeitpunkt der angebotenen Geräte" richtet sich einerseits danach, wie zeitnah eine Standardisierung und Modernisierung des Geräteparks erfolgt und andererseits danach, ob nach Einschätzung des Auftraggebers eine ausreichende Anzahl an Neugeräten über die Vertragslaufzeit angeboten wird." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)

Feste Austauschzeitpunkte - etwa zum Vertragsbeginn - hatte die Antragsgegnerin somit ausdrücklich nicht vorgegeben, sondern auch diese Zeitpunkte den mit dem Angebot zu unterbreiten den Bieterkonzepten überlassen und zum Gegenstand der Bewertung gemacht.

Die Vergabeunterlagen für die Abgabe der verbindlichen Angebote in Gestalt des Verfahrensbriefes V bestätigten unter "3. Struktur und Inhalt des Angebots" (Ordner 1, Bl. 335 der Vergabeakte) die Vorgaben und Festlegungen des Verfahrensbriefes IV.

In der Vergabeakte befindet sich ein Hinweis auf die Anlage 15 - Ausführliche Darstellung zur Angebotswertung - mit einem Pfad in der Projekt-Cloud. Eine Ausfertigung dieser Anlage ist dem Vergabevermerk auch in Papierform beigefügt. Die elektronische Dokumentation konnte von Berechtigten abgerufen werden und wurde so auch der Vergabekammer für das Nachprüfungsverfahren zugänglich gemacht.

In dieser Dokumentation hat die Antragsgegnerin zunächst nochmals die bekannt gemachte generelle Bewertungsmatrix mit den Haupt- und Unterkriterien; Stand 21.08.2018, dargestellt. Diese Bewertungsmatrix ist identisch mit der im Verfahrensbriefen IV festgelegten Fassung beschrieben. Diese hatte die Antragsgegnerin zuvor noch einmal in korrigierter Fassung mit E-Mail vom 17.08.2018 an die Bieter versandt. Ausweislich der der Vergabekammer durch die Antragsgegnerin mit der Vergabeakte als Datei zur Verfügung gestellten, ausgefüllten Bewertungsmatrix für alle Bieter hat die Antragsgegnerin die Bewertung der verbindlichen Angebote ausschließlich und vollständig auf Basis dieser bekannt gemachten Bewertungsmatrix - Stand 21.08.2018-durchgeführt.

In der ausgefüllten Bewertungsmatrix hat die Antragsgegnerin zum Unterkriterium 3.1 "Qualität/Leistungsfähigkeit der angebotenen Geräte, Sonden und Funktionen sowie Quantität, Austauschzeitpunkt der angebotenen Geräte" für jedes verbindliche Angebot, für jeden Fachbereich und für jedes anzubietende Gerät nach den bekannt gegebenen Bewertungsmaßstäben eine Bewertung nach Punkten vorgenommen und diese Bewertung jeweils gleich in zwei Spalten der Matrix begründet. Danach hat die Antragsgegnerin die jeweiligen Vor- und Nachteile der Angebote zu den einzelnen Positionen beschrieben, in Beziehung gesetzt und gewürdigt. Sie hat dabei ausdrücklieh auch positiv durch eine höhere Punktzahl honoriert, wenn ein Bieter ein Mehrbedarfssystem während der Vertragslaufzeit zweimal austauschen will oder nach Überzeugung der Antragsgegnerin resp. der Fachbereiche ein besseres Gerät anbietet.

Insgesamt hat die Antragstellerin mit ihrem Angebot sowohl im Unterkriterium 3.1 als auch im Hauptkriterium 3 eine deutlich höhere Bewertung erhalten als die Antragstellerin. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Zuschlagkriterien 2. "Nach Aufwand zu bepreisende Leistungen" und 4. "Qualität der Bewirtschaftung".

Die von der Antragstellerin insbesondere bei den qualitativen Zuschlagskriterien erzielte bessere Bewertung vermag jedoch in der Gesamtbewertung unter Berücksichtigung der festgelegten und bekannt gemachten Gewichtung nicht den Punktevorsprung auszugleichen, den die Beigeladene im Zuschlagskriterium 1. "Barwert der Pauschalentgelte" aufgrund des deutlichen Preisabstandes erzielt hat.

Die Antragsgegnerin hat daher in nicht zu beanstandender Weise ermittelt und dokumentiert, dass die Beigeladene auch ungeachtet des oben unter ll.2.a. erörterten, zwingenden Ausschlusses des Angebotes der Antragstellerin das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat.

Die Antragsgegnerin hat das gesamte Vergabeverfahren in einer den Anforderungen des § 8 VgV genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert und sich bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes im Rahmen des den Öffentlichen Auftraggebern gemäß § 58 VgV eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Sie dabei insbesondere ausschließlich und vollständig die festgelegten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung zugrunde gelegt. Anhaltspunkte für eine willkürliche Bewertung sind nicht ersichtlich.

Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18.04.2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17.02.2016 (BGBL I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18.04.2016)

Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Gegenstandswert beträgt xxxxxx € (brutto). Dieser Betrag entspricht der von der Antragsgegnerin geprüften Angebotsgesamtsumme der Antragstellerin über die gesamte zehnjährige Mindestvertragslaufzeit zzgl. einer Berücksichtigung von 50 % der Kosten für die maximal optional mögliche Verlängerung von fünf weiteren Jahren und damit ihrem Interesse am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € (brutto) ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx€. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war erforderlich. Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Daher kann die Vergabekammer die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Antragsgegner regelmäßig nicht als notwendig ansehen.

Allerdings handelte sich vorliegend bereits von der Abwicklung des Vergabeverfahrens her und insbesondere durch die Wahl der Verfahrensart eines wettbewerblichen Dialoges um eine für die Antragsgegnerin überdurchschnittlich schwierige Auftragsvergabe, was seinen Ausdruck dadurch bekommt, das die Antragsgegnerin die verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei bereits im Vergabeverfahren selbst als Berater eingebunden hat. Es erscheint zur Abarbeitung eines Nachprüfungsverfahrens dann auch angemessen, dass anhand der regelmäßigen Linienarbeit bemessene Personal auch für das Nachprüfungsverfahren anwartlich zu verstärken. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für den Antragsgegner insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit in diesem Einzelfall als notwendig anzuerkennen (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 31.01.2012, VgK-58/2011; Beschluss vom 18.09.2012 VgK-36/2012).

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Gebühr in Höhe von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Schulte
Kayser