Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.05.2013, Az.: 5 B 4724/13

Abfalleigenschaft von mit grenzwertüberschreitendem Aflatoxin-B1-Gehalt verunreinigtem Futtermais

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
06.05.2013
Aktenzeichen
5 B 4724/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 55185
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2013:0506.5B4724.13.0A

Fundstellen

  • AbfallR 2013, 192
  • FStBW 2013, 878-880
  • FStHe 2013, 703-704
  • FStNds 2013, 543-544

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Mit grenzwertüberschreitendem Aflatoxin-B1-Gehalt verunreinigter Futtermais, der nicht mehr als Futtermittel verkehrsfähig ist, unterliegt als Abfall im objektiven Sinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 KrWG) dem Regime des Abfallrechts, um sein Gefährdungspotential für die Umwelt zu überwachen und zu begrenzen.

  2. 2.

    Zur Rechtmäßigkeit einer abfallrechtlichen Entsorgungs- und Nachweisanordnung, die deswegen die Verwertung als Biomasse zur Energieerzeugung in Biogasanlagen regulärer Betriebsweise (mit anschließender Aufbringung der Rückstände als Düngemittel auf landwirtschaftlichen Böden) und anderen Verwertungsverfahren verbietet, bei denen die Giftstoffe nicht nachweislich sicher aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust werden.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 2.000.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich mit einem Aussetzungsantrag gegen die abfallrechtliche Verfügung des Antragsgegners, mit der ihr auferlegt wird, Futtermais mit schädlichen Schimmelpilzanhaftungen (Aflatoxin B1) schadlos und ordnungsgemäß zu entsorgen und dies nachzuweisen.

2

Die Antragstellerin ist ein in Norddeutschland ansässiges Unternehmen, das weltweit mit Futtermitteln und anderen landwirtschaftlichen Produkten handelt. Im Jahr 2012 importierte sie u.a. Futtermais aus Serbien nach Deutschland. Teilmengen lagern im B. Hafen in Halle 5 der J. M. GmbH & Co. KG (Lagerhalterin der Antragstellerin) sowie in der Freien Hansestadt B.. Aufgrund von Proben stellte sich heraus, dass dem Futtermais teilweise Aflatoxin B1 in einer Konzentration anhaftet, der die zulässigen Höchstgehalte für die Verwendung als Futtermittel überschreitet. Die Antragstellerin informierte ihre Kunden und wirkte im Rahmen des Schnellwarnsystems der Europäischen Union mit deutschen Gesundheits-, Verbraucherschutz- und Lebensmittelsicherheitsbehörden zusammen, um den Sachverhalt aufzuklären. In diesem Zusammenhang erließ das beigeladene Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) Oldenburg gegenüber der Lagerhalterin der Antragstellerin per E-Mail die futtermittelrechtliche Verfügung vom 22. Februar 2013 mit einem vorsorglichen Verarbeitungs- und Verkehrsverbot. Darin wird angeordnet, dass u.a. die in B. lagernde Partie Futtermais (ca. 10.000 t) nur in Verkehr gebracht, bewegt, verarbeitet oder verfüttert werden darf, sofern ein Untersuchungsergebnis einer akkreditierten Untersuchungseinrichtung vorgelegt werden kann, aus dem hervorgeht, dass die geltenden Höchstgehalte für Aflatoxin B1 eingehalten werden. Über den dagegen erhobenen Widerspruch hat der Beigeladene bislang noch nicht entschieden.

3

Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz bestimmte mit Erlass vom 4. März 2013, dass verunreinigte Futtermittel als Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) anzusehen und unter dem Abfallschlüssel 02 01 99 als "Abfälle anderweitig nicht genannt (Abfälle a. n. g.)" nach der Abfallverzeichnis-Verordnung zu entsorgen seien. Sie seien Entsorgungsverfahren (z.B. in Anlagen zur thermischen Behandlung oder energetischen Verwertung von Abfällen sowie in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen) zuzuführen, bei denen die Abfälle aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust würden. In seinem ergänzenden Erlass vom 6. März 2013 wies es darauf hin, dass der Einsatz in Biogasanlagen und vergleichbaren Verfahren wegen der Ausbringung des Gärrückstandes zu Düngezwecken nicht zugelassen sei. Mit futtermittelrechtlicher Allgemeinverfügung vom 9. März 2013 traf der Beigeladene weitere - modifizierende - Anordnungen zum Schutz gegen Gefahren durch Aflatoxin B1 in Futtermitteln gegenüber Futtermittelunternehmern in Niedersachsen und der Freien Hansestadt B. (Anzeigepflichten, vorsorgliche Verarbeitungs- und Verkehrsverbote nebst Freigabemodalitäten). Gegen die inhaltsgleiche Allgemeinverfügung der Freien und Hansestadt H. vom 19. März 2013 hat die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Hamburg (4 K 1471/13) Klage erhoben.

4

Nachdem der Beigeladene Anfang März 2013 fernmündlich von der Antragstellerin ein Verwendungskonzept verlangt hatte, forderte er deren Lagerhalterin am 9. März 2013 auf, bis spätestens zum 14. März 2013 die weitere Zweckbestimmung u.a. der in Brake gelagerten Partie Futtermais aus Serbien mitzuteilen. Die Antragstellerin teilte per E-Mail vom 15. März 2013 mit, dass sie nicht kontaminierten Mais weiterhin als Futtermittel verwenden wolle und stimmte die weitere Beprobung mit dem Beigeladenen und der Lagerhalterin ab. Danach sollte die in Brake gelagerte Gesamtpartie in Einzelpartien unter Aufsicht beprobt werden, um anschließend über die weitere Zweckbestimmung zu entscheiden. Die Antragstellerin beabsichtigt, als Futtermittel ungeeigneten Mais als Biomasse zur Energieerzeugung (z.B. in Biogasanlagen oder zur Herstellung von Bioethanol) zu verwenden, wofür sie auf Angebote eines Betreibers einer Biogasanlage (Behandlung in einer einzigen Anlage unter separater Lagerung des Einsatzstoffs und thermischer Verwertung der Gärreste) und eines belgischen Biokraftstoffherstellers (Vertrag mit A. N.V. in G. vom 18. April 2013 über die Abnahme von 30.000 t verunreinigten Futtermais) verweist. Die teilweise Beprobung hat ergeben, dass 35 von 39 Einzelpartien (á 25 - 30 t) die zulässigen Höchstwerte an Aflatoxin B1 überschreiten. Die Antragstellerin beabsichtigt nunmehr, die in Brake lagernde Gesamtpartie als Biomasse zur Energieerzeugung zu verwenden oder in die USA zur dortigen Verwendung als Futtermais zu verschiffen.

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Der Antragsgegner gab der Antragstellerin nach Anhörung mit abfallrechtlicher Verfügung vom 22. März 2013 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, den im B. Hafen lagernden, mit Aflatoxin B1 verunreinigten Futtermais unverzüglich unter dem Abfallschlüssel 02 01 99 mit der Abfallbezeichnung "Abfälle a.n.g." einem Entsorgungsverfahren zuzuführen, bei dem die Abfälle aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust werden. Er wies darauf hin, dass Entsorgungsverfahren z.B. in Anlagen zur thermischen Behandlung oder energetischen Verwertung von Abfällen sowie mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen in Betracht kämen, nicht aber in Biogasanlagen oder Anlagen mit vergleichbaren Verfahren, da dort das Kriterium der Ausschleusung aus dem biologischen Kreislauf nicht erfüllt werde. Gleichzeitig ordnete er Einzelheiten zum Nachweis der schadlosen und ordnungsgemäßen Entsorgung an. Für den Fall, dass die Antragstellerin den Anordnungen der schadlosen und ordnungsgemäßen Entsorgung (Nr. 1) und der hierzu zu erbringenden Nachweise (Nr. 2) nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt, drohte er ihr ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 10.000,-- Euro an. Zur Begründung führte er aus, die Anordnungen zu Nr. 1 und 2 würden auf § 62 i.V.m. § 51 KrWG gestützt. Aflatoxin B1 sei ein hochgiftiger Stoff, der bei Höchstgehaltüberschreitung geeignet sei, die Gesundheit von Mensch und Tier zu beeinträchtigen. Sollten die Untersuchungen eine unzulässige Verunreinigung des Futtermaises oder von Teilen desselben ergeben, dürfe dieser nicht mehr als Futtermittel verwendet werden, sondern sei als Abfall nach den angeordneten Vorgaben zu entsorgen, die sicherstellten, dass die Abfälle aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust würden. Die Verbringung der belasteten Futtermittel in Biogasanlagen und Kompostieranlagen sei wegen des bodenbezogenen Entsorgungsweges keine zulässige Entsorgung. Die Anordnungen seien verhältnismäßig und ermessensgerecht, weil nur hiermit sichergestellt werde, dass der verunreinigte Futtermais zuverlässig aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im Interesse der Tiergesundheit, der Lebensmittelsicherheit und der Gesundheit der Menschen gerechtfertigt. Aufgrund ihrer Thermostabilität überstünden Aflatoxine auch Erhitzungsprozesse unbeschadet und könnten durch Luftbewegungen über die begifteten Sporen in den Körper oder auf die Haut gelangen. Am Ende des Bescheides und in dem Begleitschreiben des Gewerbearztes der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsverwaltung vom 14. März 2013 gab der Antragsgegner weitere Hinweise, etwa zum Arbeitsschutz beim Umgang mit dem "hochpotenten Krebserzeuger" Aflatoxin B1.

6

Die Antragstellerin hat am 2. April 2013 Widerspruch eingelegt und am 5. April 2013 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Die Entsorgungsanordnung sei rechtswidrig, weil ihr eine anderweitige wirtschaftliche Nutzung von verunreinigtem Futtermais, etwa zur gefahrlosen Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung (z.B. Herstellung von Gas in Biogasanlagen oder Bioethanol) oder als Futtermittel außerhalb der Europäischen Union, ohne hinreichenden Grund untersagt werde. Sie sei sogar nichtig, weil sie im Widerspruch zu der Anordnung des Beigeladenen vom 22. Februar 2013 stehe, wonach verunreinigter Futtermais nicht bewegt werden dürfe, und ihr die Begehung einer Straftat nach § 58 Abs. 1 Nr. 17 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches - LFGB - abverlangt werde. Dieser Befund sei nicht im Wege der Auslegung oder nachträglichen Aufhebung des strikten Bewegungsverbots zu heilen. Der Futtermais sei kein Abfall, sondern Biomasse, die zur Energieerzeugung verwendet werden könne. Er unterliege nicht den Bestimmungen des KrWG, so dass der Antragsgegner für die Anordnung schon nicht zuständig gewesen sei. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG gelte das KrWG für natürliche nicht gefährliche landwirtschaftliche Materialien nicht, wenn diese zur Energieerzeugung aus Biomasse verwendet werden sollen und dabei die Umwelt nicht geschädigt und die menschliche Gesundheit nicht gefährdet würden. In der Gesetzesbegründung der Vorschrift werde die Energieerzeugung beispielsweise in einer Biogasanlage ausdrücklich genannt (BT-Drs. 17/6052, S. 69). Diese Auslegung stehe im Einklang mit unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 2 Abs. 1 f. der Richtlinie 2008/98/EG und der Entstehung der Vorschrift. Nach Auffassung der von ihr beauftragten Sachverständigen (Gutachterliche Stellungnahmen von Prof. Dr. Dr. H. C. S., Technische Universität D., vom 3., 19., 22. und 24. April 2013 sowie von Dr. Scarlett Biselli, Eurofins WEJ Contaminants GmbH, und Dr. P., E. F. GmbH, vom 3. April 2013) sei auch verunreinigter Futtermais als Biomasse für die Energieerzeugung geeignet. Auch aus Gründen des ressourcenschonenden Einsatzes von Biomasse werde empfohlen, hiermit Bioethanol herzustellen oder Energie in Biogasanlagen zu erzeugen. Aflatoxine gingen bei der Bioethanolproduktion nicht in das Zielprodukt (Kraftstoffbestandteile) über, sondern verteilten sich im Gärrückstand und in der Dünnschlempe. Rückstände könnten nach Trocknung problemlos und ohne Wassergefährdung verbrannt werden, ohne dass belastete Asche entstehe. Auch hiermit werde eine Ausschleusung ursprünglich vorhandener Aflatoxin-Belastungen aus dem biologischen Kreislauf unter gleichzeitig optimaler energetischer Nutzung der Biomasse sichergestellt. Die Erkenntnisse würden durch weitere wissenschaftliche Studien belegt. Demgegenüber habe der Antragsgegner die Gefährlichkeit des verunreinigten Futtermaises nicht hinreichend begründet. Die Richtlinie 2003/32/EG regle den Höchstgehalt für Aflatoxin B1 nur für die Verwendung als Futtermittel, nicht aber für die Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung. Die der Entsorgungsanordnung angefügte arbeitsmedizinische Stellungnahme verstoße gegen grundlegende Denkgesetze und sei unstimmig, weil Aflatoxin B1 im geltenden Gefahrstoffrecht nicht erfasst werde. Schließlich sei die Entsorgungsanordnung ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Die floskelhafte Begründung deute auf einen Ermessensnichtgebrauch hin. Die wirtschaftlichen Auswirkungen seien nicht hinreichend bedacht worden. Schon die Eignung der Maßnahme zum Schutz vor generellen Gefahren sei zweifelhaft. Es handele sich um eine "Vorratsverfügung" auf ungesicherter Tatsachengrundlage, zumal bei Bescheiderlass der Umfang der Verunreinigungen nicht festgestanden habe. Bereits die Anordnung der Beigeladenen vom 22. Februar 2013 habe ein Inverkehrbringen als Futtermittel verhindert. Die Maßnahme sei nicht erforderlich, weil als milderes Mittel die Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung in Betracht komme. Durch die auferlegte unverzügliche Entsorgung sei ihr der Nachweis einer ungefährlichen anderweitigen Verwendung erschwert worden. Schließlich sei die Maßnahme unangemessen, weil der bezweckten Abwehr von nicht näher belegten Gefahren ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von bis über 2 Mio. Euro gegenüber stünde. Denn die voraussichtlichen Kosten für die Beseitigung von bis zu 10.000 t Mais als Abfall beliefen sich auf etwa 740.000,-- Euro (vgl. anteiliges Angebot des Betreibers mehrerer Anlagen zur energetischen Abfallverwertungsanlagen vom 28. März 2013 für Gesamtpartie aus B. und B. von ca. 35.000 t einschließlich Transportkosten). Bei einem Einsatz zur Herstellung von Bioethanol könne sie hingegen noch einen Erlös in Höhe von bis zu 1,3 Mio. Euro realisieren. Noch höher (bis zu 2,56 Mio. Euro) sei ihr Schaden, bei Verhinderung eines möglicherweise zulässigen Exports als Rinderfutter in die USA.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 2. April 2013 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. März 2013 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

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Er erwidert ergänzend: Das Bewegungsverbot in der Mailverfügung vom 22. Februar 2013 stehe nicht in unauflösbarem Widerspruch zur streitigen Entsorgungsverfügung. Es sei eine futtermittelrechtlich begründete Anordnung gegenüber der Lagerhalterin, die zwischenzeitlich für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge aufgehoben worden sei. Der nicht mehr als Futtermittel verkehrsfähige, mit Aflatoxin B1 verunreinigte Futtermais unterliege als Abfall im objektiven Sinne dem Regime des Abfallrechts, um sein Gefährdungspotential für die Umwelt zu überwachen und zu begrenzen. Wegen seines besonderen Gefährdungspotentials unterfalle er nicht der Bereichsausnahme für nicht gefährliche landwirtschaftliche Materialien zur Energieerzeugung. Auch die Vorgaben im Anlagenzulassungsrecht differenzierten nach energetischer Verwertung von Abfällen und Energieerzeugung aus Regelbrennstoffen. Ebenso werde bei der Behandlung von Bioabfällen, die hier vorlägen, nach für die Umwelt gefährlichen oder ungefährlichen Stoffen unterschieden. Die Verfügung fordere jedenfalls ein sicheres Ausschleusen der Abfälle aus dem biologischen Kreislauf, lasse der Antragstellerin aber einen Spielraum bei der Auswahl zwischen verschiedenen Verwertungs- und Beseitigungsverfahren. Verboten sei jedenfalls eine Verwertung in - ihm allein bekannten - regulären Biogasanlagen mit anschließender Ausbringung der Rückstände auf landwirtschaftliche Flächen, weil hierbei Aflatoxin B1 in Rückständen und Abwässern nicht sicher aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust würden. Die Anordnung sei angesichts des besonderen Gefährdungspotentials verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Die von der Antragstellerin beabsichtigten energetischen Verwertungen kämen, wenn auch mit weiter reichenden Nachweispflichten, in Betracht.

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Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

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Er unterstützt die Ausführungen des Antragsgegners. Ergänzend trägt er vor, sein striktes Bewegungsverbot in der Mailverfügung vom 22. Februar 2013 habe er konkludent in der nachfolgenden Korrespondenz (E-Mail vom 9., 14. und 15. März sowie 11. April 2013) und nochmals ausdrücklich per E-Mail vom 19. April 2013 für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge aufgehoben. Die - mittlerweile bestandskräftige -futtermittelrechtliche Allgemeinverfügung vom 9. März 2013 enthalte ebenso wenig ein striktes Bewegungsverbot.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

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Der statthafte und zulässige Aussetzungsantrag ist unbegründet.

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Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, weil der Widerspruch gegen die Entsorgungs- und Nachweisanordnung infolge der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Der gleiche Ausschluss des Suspensiveffekts des Widerspruchs ergibt sich von Gesetzes wegen für die Zwangsgeldandrohung als Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung (§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. §§ 64 Abs. 4, 70 Nds. SOG).

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Die Begründung des Sofortvollzuges hinsichtlich der Entsorgungsanordnung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Ein besonderes öffentliches Interesse an abfallrechtlicher Überwachung und unverzüglicher ordnungsgemäßer sowie nachgewiesener Entsorgung von Futtermais, der unter dem Verdacht der Verunreinigung mit Aflatoxin B1 steht, hat der Antragsgegner nachvollziehbar und plausibel damit begründet, dass Gefahren für die Tiergesundheit, die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen durch den giftigen und krebserregenden Stoff wirksam begegnet werden müsse. Zutreffend verweist er u.a. auf die Thermostabilität der Aflatoxine und fordert eine Entsorgung in Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, die hinreichend sicherstellen, dass die Abfälle aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust werden. Auch die darin in der Sache zum Ausdruck kommende Erwägung, der beabsichtigte Schutz von Umwelt und Rechtsgütern Dritter wiege schwerer als die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, ist hinreichend belastbar. Mit dieser Begründung dokumentiert der Antragsgegner, dass ihm hier der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung bewusst war, und er versetzt die Antragstellerin in die Lage, ihre Rechte wirksam zu verfolgen.

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Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (hier des am 2. April 2013 eingelegten Widerspruchs der Antragstellerin) gegen die Entsorgungs- und Nachweisanordnung vom 22. März 2013 wiederherstellen (und hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldanordnung anordnen), wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit eines sie belastenden Verwaltungsakts gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts überwiegt. Ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin ist indessen zu verneinen, wenn die im Eilrechtschutzverfahren allein gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. In diesem Fall steht der Antragstellerin kein Schutz für ihr Interesse daran zu, die Vollziehung eines rechtmäßigen Bescheides bis zur Hauptsacheentscheidung über ihren unbegründeten Rechtsbehelf zu verzögern. Ergibt die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage hingegen, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen sind, ist die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung gleichwohl gerechtfertigt, wenn aus der Abwägung der widerstreitenden Interessen folgt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts das Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung überwiegt. Hiernach bleibt der Aussetzungsantrag erfolglos, weil sich die Entsorgungs- und Nachweisanordnung voraussichtlich als rechtmäßig erweist und auch sonst das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt.

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Der darlegungspflichtige Antragsgegner hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die angefochtenen abfallrechtlichen Anordnungen vorliegen, insbesondere der verunreinigte Futtermais den Abfallbegriff erfüllt sowie dem Abfallregime unterliegt, er im öffentlichen Interesse schadlos, ordnungsgemäß und insbesondere unter Ausschleusung aus dem Biokreislauf entsorgt werden muss und die Antragstellerin als Eigentümerin und Abfallbesitzerin mit entsprechender Verfügungsmacht zutreffend herangezogen werden konnte, ohne dass eine Unverhältnismäßigkeit und Ermessensfehler gegeben sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 22. März 2013.

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Die angefochtene Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 62 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (in der seit dem 1. Juni 2012 geltenden Fassung vom 24. Februar 2012 - KrWG -) i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. KrWG. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen, d.h. u.a. eine schadlose und ordnungsgemäße Entsorgung nebst Vorlage von Entsorgungsnachweisen fordern.

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Bei verständiger Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont fordert die Entsorgungsanordnung (Nr. 1) von der Antragstellerin kein bestimmtes Entsorgungsverfahren. Vielmehr unterstellt sie den in B. gelagerten verunreinigten Futtermais der abfallrechtlichen Überwachung, fordert ein Entsorgungsverfahren unter sicherer Ausschleusung des giftigen und krebserregenden Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf und überlässt es der Antragstellerin zu wählen, welches - ggf. auch mehrstufiges - Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren sie organisiert. Sie eröffnet mithin einen Auswahl- und Handlungsspielraum, das für die Antragstellerin geeignetste und kostengünstigste Verfahren bei der Entsorgung mit zu bestimmen. Allerdings begrenzt sie diesen im Hinblick auf abfallrechtliche Bestimmungen durch die grundlegende Anforderung, Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf auszuschleusen. Vorrangiges Ziel der Entsorgungsanordnung ist es, eine Verwertung als Biomasse zur Energieerzeugung in Biogasanlagen regulärer Betriebsweise (d.h. mit anschließender Aufbringung der Rückstände nach Gasproduktion und Trocknung auf landwirtschaftliche Böden) zu unterbinden. Denn wegen der Thermostabilität der Aflatoxine befürchtet der Antragsgegner, dass diese Giftstoffe über die Aufbringung der Rückstände auf landwirtschaftliche Böden im biologischen Kreislauf verbleiben und weiterhin die Tiergesundheit, die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen gefährden könnten. Folglich erteilte er richtungweisende Vorgaben für die Auswahl möglicher Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren durch die Antragstellerin und forderte Nachweise zur Dokumentation der Beachtung der Vorgaben. Mit seinen Hinweisen zum Arbeitsschutz bietet er fachliche Hilfestellungen für den weiteren Umgang mit dem verunreinigten Futtermais, die gleichzeitig das Gefährdungspotential des Aflatoxin B1 untermauern sollen.

22

Der mit grenzwertüberschreitendem Aflatoxin-B1-Gehalt verunreinigte Futtermais - aller Wahrscheinlichkeit nach fast die Gesamtpartie im B. Hafen - unterfällt dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 KrWG. Folglich war der Antragsgegner auch für die Anordnung zuständig. Abfälle im Sinne dieser Norm sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Besitzer von Abfällen ist in diesem Zusammenhang nach § 3 Abs. 9 KrWG jede natürliche oder juristische Person, die - wie hier die Antragstellerin über ihre Weisungsbefugnis der Lagerhalterin gegenüber - tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Wann eine solche Entledigung gegeben ist, ergibt sich aus den Begriffsbestimmungen der Absätze 2 - 4 des § 3 KrWG. Nach § 3 Abs. 4 KrWG muss sich der Besitzer Stoffen oder Gegenständen entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden kann (sogenannter Zwangsabfall oder Abfall im objektiven Sinn). Hiervon ausgehend ist Abfall im objektiven Sinn gegeben. Der verunreinigte Futtermais darf und soll nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung als Futtermittel verwendet werden. Sein Aflatoxingehalt übersteigt nach den Ergebnissen der Beprobungen deutlich den nach geltendem Futtermittelrecht zulässigen Höchstgehalt (vgl. im Einzelnen: Begründung der futtermittelrechtlichen Anordnung vom 22. Februar 2013 und Ergebnisse der Ende März 2013 vorgenommenen Beprobung von Einzelpartien). In diesem Zustand ist er geeignet, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden. Dieses Gefährdungspotential kommt nicht nur in den Bestimmungen des Futtermittelrechts (vgl. die futtermittelrechtliche Verfügung vom 22. Februar 2013) und des Lebensmittelrechts (vgl. nur Gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. H. C. S., Technische Universität D., vom 22. April 2013, S. 7 f.) einschließlich des zugrunde liegenden Fachverstandes zum Ausdruck, sondern auch in fachlichen Einschätzungen, etwa den arbeitsschutzrechtlichen Hinweisen des Gewerbearztes der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsverwaltung vom 14. März 2013 oder selbst in den von der Antragstellerin hier vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen. Zusammenfassend beruht es auf den hohen giftigen und krebserregenden Eigenschaften von Aflatoxin B1, das auf verschiedenen Wegen unmittelbar und mittelbar die tierische Gesundheit, die Lebensmittelsicherheit und die menschliche Gesundheit gefährdet. Als Gefährdungspotenzial sind unter anderem die hohe Lebertoxizität und bei chronischer Aufnahme ein kanzerogenes (krebserregendes) Potenzial zu berücksichtigen. Hinzu kommt die dermale Toxizität, d.h. die giftige Wirkung bei Hautkontakt.

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Dem steht nicht entgegen, dass dieses Gefährdungspotential ggf. durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung (vgl. Verfahren R 1 in Anlage 2 zu § 3 Abs. 23 KrWG) oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung (vgl. Verfahren D 1, D 8 in Anlage 1 zu § 3 Abs. 26 KrWG) ausgeschlossen werden könnte. Dies ist bereits in der gesetzlich vorgesehenen Kategorie "Abfälle zu Verwertung" angelegt. Außerdem gelingt es nach plausibler und nachvollziehbarer fachlicher Einschätzung wegen der Gefährlichkeit, Resistenz und der Verbreitungswege des Aflatoxins B1 erst in aufwändigen, teilweise mehrstufigen Verfahren und unter Beachtung von Besonderheiten, die Umweltgefahren auszuschließen. Wegen der Thermostabilität der Aflatoxine bedarf es hierzu etwa einer hinreichenden thermischen Behandlung, um auch Reststoffe vorausgehender Verwertungsstufen sicher aus dem biologischen Kreislauf auszuschleusen. So fordern auch die von der Antragstellerin vorgelegten Gutachterlichen Stellungnahmen im Anschluss an einen von ihnen empfohlenen Einsatz des Futtermaises als Biomasse zur Energieerzeugung (Biogas- oder Bioethanolproduktion) eine anschließende thermische Behandlung der Rückstände und eine biologische Reinigung der ggf. anfallenden Abwässer (vgl. Prof. Dr. Dr. H. C. S. vom 22. April 2013, S. 7 ff.; Dr. B. und Dr. P. vom 3. April 2013). Die Nichterfassung des Aflatoxin B1 im Gefahrstoffrecht mindert das vorstehend beschriebene Gefährdungspotential nicht.

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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin unterfällt der verunreinigte Futtermais nicht der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG. Danach gelten die Vorschriften des KrWG nicht für natürliche nicht gefährliche landwirtschaftliche Materialien, die in der Landwirtschaft zur Energieerzeugung aus einer solchen Biomasse durch Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt nicht schädigen oder die menschliche Gesundheit nicht gefährden. Diese Bereichsausnahme setzt wort- und inhaltsgleich die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f) der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/098/EG) um. Sie bezieht sich zwar auch auf die Gaserzeugung durch Biomasse in Biogasanlagen. Allerdings begrenzt sie dies schon tatbestandlich auf ungefährliche Materialien (vgl. Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 2 Rn. 21). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/6052, Seite 69) sind dies vornehmlich Pflanzenreste wie Rübenblätter oder Gemüsestrünke. Für die Begrenzung auf solche unmittelbar in der Landwirtschaft anfallende Materialien spricht bei systematischer Auslegung zudem die gleichzeitig in der Vorschrift geregelte Bereichsausnahme für Fäkalien wie Gülle, Jauche und Festmist. Demgegenüber werden pflanzliche Abfälle, zum Beispiel in der Lebensmittel- oder Futtermittelherstellung oder aus dem Handel nicht erfasst, wenn sie - wie hier - ein Gefährdungspotenzial enthalten, das sich erst in einem besonderen und aufwändigen Behandlungsprozess verringern lässt.

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Die Möglichkeit einer energetischen Verwertung des Futtermaises mit einer unter Umständen nachfolgenden thermischen Zerstörung von Aflatoxin B1 steht nicht im Widerspruch zur Annahme eines Gefährdungspotenzials im Sinne der Bereichsausnahme oder des Abfallbegriffs. Vielmehr stellt die energetische Verwertung eines der gesetzlich vorgegebenen Entsorgungsverfahren dar. Für die Abfallentsorgung steht die energetische Verwertung auf der 4. Stufe der abzuprüfenden Abfallhierarchie nach § 6 KrWG ("sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung...") und ist im Anhang 2 KrWG als Verwertungsverfahren R1 verzeichnet. Die Verwertungsverfahren nach Anhang 2 beziehen sich nach § 3 Abs. 23 KrWG auf Abfälle, sind mithin typische Abfallverwertungsverfahren. Dementsprechend unterscheidet auch das Anlagenzulassungsrecht zwischen der energetischen Verwertung von Abfällen (z. B. Nr. 8.2 im Anhang zur 4. BImSchV) und der Energieerzeugung aus Regelbrennstoffen (Nr. 1.1-1.5 im Anhang zur 4. BImSchV). Die Zulassung von Biogasanlagen mit einer Kapazität oberhalb der Mengenschwellen, in denen Abfälle eingesetzt werden, muss etwa die Nr. 8.6 des Anhangs zur 4. BImSchV - betrifft Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen - als Genehmigungsgrundlage umfassen.

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Allein aus der Zuordnung oder Nutzbarkeit eines Stoffes zur energetischen Verwertung (z. B. durch den Einsatz bei der Bioethanolherstellung oder der direkte Einsatz als Bio-masse) ergibt sich mithin keineswegs, dass es sich nicht um einen Abfall im Sinne des KrWG handelt. Im Gegenteil schließt der Begriff der anerkannten Biomasse nach § 2 der Biomasseverordnung bestimmte Abfälle ein, ausdrücklich auch "Bioabfälle im Sinne von § 2 Abs. 1 der Bioabfallverordnung" (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 Biomasseverordnung). Die zutreffende Einstufung als Abfall oder Nichtabfall ist dafür ausschlaggebend, ob bei der Verwertung oder Verwendung abfallbezogene Anforderungen zu beachten sind. Erst wenn ein zur Energieerzeugung bestimmtes Material gemessen an seinem Gefahrenpotential zutreffend unter die "anderen natürlichen nicht gefährlichen landwirtschaftlichen Materialien" im Sinne der Anwendungsbereichsausnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG gefasst werden kann, ist dessen Einsatz z. B. in einer Biogasanlage nicht an den abfallbezogenen Vorschriften zu messen.

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Dieselbe Systematik findet sich nochmals speziell im Regelungsbereich für Bioabfälle und ihre Verwendung auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Böden. Nach nicht zu beanstandender Auffassung des Antragsgegners unterfällt der verunreinigte Futtermais dem Begriff der Bioabfälle nach § 3 Abs. 7 Nr. 4 KrWG ("Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 [Garten- und Parkabfälle, Landschaftspflegeabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle verschiedener Herkunft] vergleichbar sind"). Ein Bioabfall ist nach der Bioabfallverordnung - BioAbfV - vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2955), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. April 2012 (BGBl. I S. 611), vgl. Neufassung durch Bekanntmachung vom 4. April 2013 (BGBl. I S. 658), zu beurteilen, wenn er unbehandelt oder behandelt (z.B. in Form eines Gärrückstandes) auf landbaulich oder gärtnerisch genutzte Böden ausgebracht werden soll. Dies ist bei der Betriebsweise der regulären Biogasanlagen, die neben nachwachsenden Rohstoffen auch entsprechende pflanzliche oder tierische Abfälle annehmen, stets der Fall, zumal die Verwendung der Rückstände als Düngemittel den Betrieb solcher Anlagen wirtschaftlich lukrativer macht. Auch bei einem Aufbringen auf sonstige Böden zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht (z.B. Rekultivierungsvorhaben) sind die stofflichen Anforderungen der BioAbfV entsprechend anzuwenden (§ 12 Abs. 1 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BioAbfV darf der Bioabfallbehandler jedoch nur Bioabfälle (für die vorgenannten Zwecke) verwenden, bei denen u.a. keine Anhaltspunkte für überhöhte Gehalte an anderen als den von Absatz 3 erfassten Schadstoffen bestehen. Soweit der Verordnungsgeber für bestimmte Verwertungswege keine konkretisierten Maßstäbe vorgegeben hat, ist diese (auch) nach § 7 Abs. 3 KrWG geforderte Schadlosigkeit aufgrund anderer geeigneter Maßstäbe zu beurteilen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin findet auf diesem Weg das Gefährdungspotential des Aflatoxin B1 auch hier Berücksichtigung. Gehalte an derartigen Schadstoffen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BioAbfV überhöht, wenn durch sie bei bestimmungsmäßiger Verwendung der Bioabfälle (oder ihrer Rückstände nach Behandlung) u.a. die Gesundheit von Menschen oder Haus- und Nutztieren gefährdet werden können. Dies ist hier zutreffend vom Antragsgegner angenommen worden. Nach der Beprobung ist der Futtermais weitgehend signifikant mit giftigem und krebserregendem Aflatoxin B1 verunreinigt, das wegen seiner thermischen Resistenz selbst bei einer Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung (Biogas oder Bioethanol) in den Rückständen und ggf. Abwässern verbleibt, so dass weitere besondere Behandlung (Verbrennen und ggf. biologische Klärung) bzw. Deponierung geboten ist (vgl. auch vorstehende Ausführungen).

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Dieses Normverständnis ist auch im umweltrechtlichen Gesamtkontext schlüssig, weil durch die abfallbezogenen Anforderungen, Zulassungsvorbehalte sowie Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten erreicht wird, dass der sachgerechte Umgang mit abfalltypischen Gefährdungspotenzialen auch ordnungsrechtlich durchgesetzt werden kann.

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Dahinstehen mag, ob gleichzeitig nach der (als Korrektiv wirkenden) Verkehrsanschauung auch der subjektive Abfallbegriff nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG erfüllt ist, weil der behauptete neue Verwendungszweck des verunreinigten Futtermaises als Biomasse zur Energieerzeugung nicht unmittelbar, sondern im Einklang mit den Grundpflichten aus § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG (ordnungsgemäße und schadlose Verwertung) allenfalls in einem mehrstufigen und aufwändigen Verwertungsverfahren realisierbar ist. Schon nach dem objektiven Abfallbegriff handelt es sich um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG.

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Mit der streitigen Entsorgung- und Nachweisanordnung bezweckt der Antragsgegner, die Antragstellerin zur Einhaltung ihrer Grundpflichten aus § 7 Abs. 3 KrWG sowie ihrer Nachweispflichten aus § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. KrWG und der Nachweisverordnung anzuhalten.

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Keineswegs ist die Entsorgung- und Nachweisanordnung wegen eines unauflöslichen Widerspruchs zu anderen behördlichen Verfügungen oder dem Zwang, eine Straftat (etwa nach § 58 Abs. 1 Nr. 17 LFGB) zu begehen, gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG nichtig. Das Bewegungsverbot in der Mailverfügung vom 22. Februar 2013 steht nicht in einem solchen Widerspruch zur streitigen Entsorgungsverfügung. Es ist Teil einer futtermittelrechtlich begründeten Anordnung gegenüber der Lagerhalterin, bei der schon nach verständiger Auslegung zweifelhaft ist, da sie unter Berücksichtigung von Zeitpunkt des Erlasses, der Regelungsform und der erkennbar weiteren Dialogbereitschaft ein belastbares Verbot im Zusammenhang mit später ggf. abfallrechtlich zu überwachenden Entsorgungsfragen regelt. Die nachfolgende (förmliche) futtermittelrechtliche Allgemeinverfügung des Beigeladenen vom 9. März 2013 und eine entsprechende Allgemeinverfügung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 19. März 2013 enthalten beispielsweise kein solch striktes Bewegungsverbot. Jedenfalls ist ein etwaiges Bewegungsverbot zwischenzeitlich für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge konkludent in der nachfolgenden Korrespondenz (vgl. E-Mail vom 9., 14. und 15. März sowie 11. April 2013) und nochmals ausdrücklich per E-Mail vom 19. April 2013 für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge aufgehoben worden. Dabei war auch aus Sicht der Antragstellerin von Anfang an vorhersehbar und wahrscheinlich, dass eine Anpassung an abfallrechtliche Folgeanordnungen erfolgt.

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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erweist sich die Anordnung am Maßstab des § 114 VwGO als ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Der Antragsgegner hat die maßgeblichen Belange gesehen und vertretbar abgewogen. Unschädlich ist, dass die Entsorgungsanordnung maßgeblich an die Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 4. und 6. März 2013 anknüpft. Darin hat die oberste niedersächsische Abfallbehörde unter anderem mit dem Ziel einheitlicher Vorgaben für die Verwaltungspraxis der unteren Abfallbehörden grundlegende Festlegungen getroffen. Aufgrund von Anfragen bestand etwa Klärungsbedarf, ob verunreinigter Futtermais in regulären Biogasanlagen oder vergleichbaren Verfahren verwertet werden darf. Bei ihrem grundsätzlichen Verbot hat die oberste Abfallbehörde bereits zwischen dem Gefährdungspotenzial durch überhöhte Aflatoxin- B1-Gehalte und den wirtschaftlichen Interessen der Abfallbesitzer an einer möglichst lukrativen Verwertung des verunreinigten Futtermaises abgewogen. Hinsichtlich der verbleibenden Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren lässt auch sie einen Auswahl- und Handlungsspielraum zu Gunsten der Abfallbesitzer. Der Antragsgegner ist sich seines verbleibenden Ermessens- und Regelungsspielraums bewusst gewesen und hat die Antragstellerin am 21. März 2013 - wenn auch nur fernmündlich - angehört, um sich Kenntnis von ihren Belangen und Interessen zu verschaffen; die zu Grunde liegenden Erlasse dürften der Antragstellerin aus dem E-Mail-Verkehr mit der Lagerhalterin spätestens seit dem 11. März 2013 bekannt sein.

33

Die Entsorgungsanordnung ist geeignet, den angestrebten Zweck zu erreichen, das Gefährdungspotenzial durch überhöhte Aflatoxin-B1-Gehalte sicher zu minimieren und die abfallrechtlichen Grundpflichten einzuhalten. Jedenfalls im Ergebnis ist das Gefährdungspotenzial durch nicht sicher aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleustes Aflatoxin B1 - wie oben näher ausgeführt - hinreichend widerspruchsfrei dargestellt.

34

Ein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist nicht ersichtlich. Bei einem Verzicht auf das Verbot, den verunreinigten Futtermais in regulären Biogasanlagen mit anschließender Verbringung der Rückstände zu Düngezwecken auf landwirtschaftliche Böden zu verwerten, würde das Gefährdungspotenzial nicht in vergleichbarer Weise sicher minimiert, wovon auch die Gutachter der Antragstellerin ausgehen. Nach glaubhafter Einlassung war dem Antragsgegner im Zeitpunkt des Erlasses der Entsorgungsanordnung der Betrieb von Biogasanlagen mit anschließender Deponierung belasteter Rückstände (außerhalb von Anlagen zur thermischen Behandlung oder energetischen Verwertung von Abfällen oder mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen) nicht bekannt, zumal die Verwendung der Rückstände als Düngemittel den Betrieb solcher Anlagen wirtschaftlich lukrativer macht. Im Übrigen wäre - wie der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren klargestellt hat - die Verwertung des Futtermaises in einer solchen Anlage durchaus im Einklang mit der Entsorgungsanordnung möglich, wenngleich mit einem erhöhten Nachweisaufwand (und unter weitergehender Abstimmung mit dem Antragsgegner). Überhaupt besteht der Auswahl- und Handlungsspielraum der Antragstellerin, entweder den Hinweisen entsprechend eine Verwertung in klassischen Abfallbehandlungsanlagen zu wählen und Vorteile bei der Nachweisführung zu erlangen (Regelentsorgungswege) oder andere in dem gesteckten Rahmen zulässige Verwertungsverfahren (Alternativentsorgungswege) zu bevorzugen, bei denen ggf. ein höherer Erlös für den Einsatz der Abfälle zur Energieerzeugung erzielbar wäre, sich aber der Aufwand für den Nachweis dahin vergrößert, dass auch die Rückstände (aus Biogasanlagen oder Anlagen zur Bioethanolherstellung) schadlos und ordnungsgemäß verwertet oder deponiert werden.

35

Der Antragsgegner hat auf Anfrage des Gerichts nachvollziehbar erläutert, dass bei der Verwertung in klassischen Abfallbehandlungsanlagen durch deren Verfahrensweise und Zulassung in der Regel der Nachweis nach Nr. 2 der Anordnung mit der Ausstellung von Übernahmescheinen erfüllt ist, sich die Kosten allerdings trotz teilweise energetischer oder thermischer Verwertung in der von der Antragstellerin genannten Größenordnung halten. Bei Beschreiten eines Regelentsorgungsweges ist das geforderte Ausschleusen aus dem biologischen Kreislauf unmittelbar sichergestellt, wenn der Abfallbesitzer und der Abfallbeförderer einerseits und der Abfallbeförderer und der übernehmende Entsorger andererseits sich jeweils wechselseitig die Übernahme der Transportchargen mit Übernahmeschein quittieren. Bereits mit Anlieferung bei der übernehmenden Anlage endet hier die angeordnete Nachweisführung. Demgegenüber mögen die Kosten bei anderen von der Anordnung zugelassenen Verwertungsarten geringer ausfallen oder sogar in Erlöse umschlagen, müssen allerdings im Zusammenhang mit den Kosten für den weiter reichenden Entsorgungsnachweis gesehen werden. Bei Beschreiten eines Entsorgungsweges, der die Anforderungen der Anordnung nur dann gewährleistet, wenn zusätzliche Maßnahmen bezüglich der weiteren Entsorgung oder Behandlung der Rückstände eingehalten sind, müssen neben der Nachweisführung der ersten Behandlungsstufen noch zusätzliche Prüfschritte eingehalten werden. So wäre etwa bei der von der Antragstellerin erwogenen Bioethanolherstellung bei einem belgischen Unternehmer das Erfordernis eines Notifizierungsverfahrens nach der europäischen Abfallverbringungsverordnung zu prüfen. Auch bei grenzüberschreitender Verbringung verunreinigter Abfälle gilt es zur Sicherstellung der angestrebten Umweltvorsorge, den (zusätzlichen) Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung der Rückstände auf späteren Verwertungsstufen dem jetzigen Abfallbesitzer aufzuerlegen. Sollte sich auf diesem Weg zu Gunsten der Antragstellerin auch bei Beachtung der erweiterten Nachweispflichten ein lukrativer Erlös für die Abnahme des verunreinigten Futtermaises ergeben, so mag sie diesen realisieren.

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Entsprechendes gilt für das andere von der Antragstellerin erwogenen Alternativverfahren (Behandlung in einer einzigen Biogasanlage unter separater Lagerung des Einsatzstoffs und thermischer Verwertung der Gärreste). Allerdings dürfte der Begleitaufwand deutlich höher ausfallen als bei einem der beispielhaft angegebenen Regelentsorgungswege. Die bei regulären Biogasanlagen eintretende Wertschöpfung durch die Verwendung der Rückstände als Düngemittel entfiele hier nämlich. Außerdem könnte die Überwachung des Abfallstromes nicht mit der Übernahme durch die Anlage enden, sondern müsste die in Aussicht gestellte thermischer Verwertung der Gärreste mit umfassen. Hiervon ausgehend hat es die Antragstellerin in der Hand, im Rahmen des vorgegebenen Rahmens selbst die ihr am mildesten erscheinende Verwertungsweise unter dem geltenden Abfallregime zu wählen.

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Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zum verbleibenden Auswahl- und Handlungsspielraum erweist sich die Anordnung auch als angemessen. Die in jedem Fall wohl verbleibende bedeutsame wirtschaftliche Belastung durch den Nachweis bzw. die Nachweiskette einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung ist gerechtfertigt, um aus Gründen der Umweltvorsorge ein dauerhaftes Ausschleusen von Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf sicherzustellen. Zutreffend hat der Antragsgegner den geschützten Rechtsgütern Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit des Menschen ein großes Gewicht beigemessen. Hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Belastungen verkennt die Antragstellerin, dass der verunreinigte Futtermais kein uneingeschränkt verkehrstaugliches Wirtschaftsgut ist, sondern Abfall mit einem weitreichenden Gefährdungspotenzial. Ihr Eigentum ist situationsbedingt vorbelastet. Soweit es zum Schutz der benannten Rechtsgüter vertretbar war, belässt der Antragsgegner ihr Handlungsoptionen. Dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht absehbar war, in welchem Umfang der im B. Hafen lagernde Futtermais verunreinigt sein wird, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Antragstellerin anderenorts weitere große Partien offenbar ebenfalls mit Aflatoxin B1 verunreinigten Futtermais besitzt, dessen ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung sie wirtschaftlich zusätzlich belastet.

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Rechtliche Bedenken gegen die nicht näher angefochtene Zwangsgeldandrohung bestehen nicht.

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Nach alldem war der Antrag daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen. Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattungsfähigkeit kommt hier nicht in Frage, da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich nur am Rande am Verfahren beteiligt hat.

40

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an der Höhe der von der Antragstellerin glaubhaft gemachten wirtschaftlichen Belastungen infolge der angeordneten schadlosen und ordnungsgemäßen Entsorgung des verunreinigten Futtermaises (bis zu 2.000.000,-- Euro; noch höhere Beträge im Zusammenhang mit Verwertung als Futtermais in den USA hat sie zwar behauptet, aber nicht näher belegt). Dieses wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Anfechtung der streitigen Anordnung im Hauptsacheverfahren war ausnahmsweise wegen der (faktischen) Vorwegnahme der Hauptsache nicht zu halbieren, vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 372).