Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 05.06.2008, Az.: 17 A 6158/07

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
05.06.2008
Aktenzeichen
17 A 6158/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45438
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2008:0605.17A6158.07.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 24.09.2009 - AZ: 18 LP 10/08

Amtlicher Leitsatz

Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf allgemein bildende Schulen im Rahmen der Einführung der "Eigenverantwortlichen Schulen" setzt die vorherige Benehmensherstellung mit dem Hauptpersonalrat voraus, weil mit ihr erhebliche, die Wesentlichkeitsgrenze des § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG überschreitende Einschnitte in den Aufgabenbereich der Landesschulbehörde einhergehen, die dort zu einem Personalabbau führen.

Gründe

1

I.

Mit Beschluss vom 30.11.2004 bestimmte die Landesregierung (Nds. MBl.S. 860) unter Ziff. 1.3, dass die Ministerien die Ausübung dienstrechtlicher Befugnisse für Beamte der BesGr A 15 mit Amtszulage und abwärts sowie vergleichbare Angestellte mit Ausnahme der Dienststellenleitungen weitgehend delegieren sollen.

2

Der Beteiligte räumte u.a. dem Vorsitzenden des Antragstellers unter Übersendung eines Entwurfs des geplanten Erlasses zur Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse Gelegenheit zur Stellungnahme ein, von der dieser keinen Gebrauch machte.

3

Mit Runderlass vom 31.05.2007 - 13.4 - 03 000 - VORIS 20480 - (Nds. MBl.S. 487 = SVBl.S. 238) übertrug der Beteiligte sodann unter näherer Ausgestaltung - insbesondere unter Ausnahme der Schulen mit dauerhaft weniger als 20 Vollzeitlehrereinheiten - die im Einzelnen aufgeführten dienstrechtlichen Befugnisse auf Gymnasien, Gesamt-, Real-, Haupt-, Förder-, Grund- und berufsbildende Schulen: u.a. den Abschluss befristeter Arbeitsverträge für Vertretungslehrer, die die Begründung des Beamtenverhältnisses und den Abschluss des Arbeitsvertrages, die Verlängerung und Herabsetzung der regelmäßigen Probezeit, die erste Verleihung eines Amtes (Anstellung) von Beamten, die Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe und auf Lebenszeit, die nicht nur vorübergehende Übertragung eines Dienstpostens mit höherem Endgrundgehalt für Ämter bis zur BesGr A 14, die Änderung des Arbeitsvertrages durch Höhergruppierung für Beschäftigte bis zur Entgeltgruppe 13 und die Abordnung ohne das Ziel der Versetzung bis zur Dauer eines Schulhalbjahres.

4

Mit Schreiben vom 09.07.2007 regte der Antragsteller zur Vermeidung weiterer verwaltungsgerichtlicher Verfahren an, dass der Beteiligte eine rechtsverbindliche Erklärung dahin abgebe, dass dann, wenn die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in Bestandskraft erwüchsen, bezüglich der anderen Schulformen in gleicher Weise verfahren werde wie für den Berufsschulbereich. Der Beteiligte antwortete hierauf, er werde eine rechtskräftige Entscheidung des OVG Lüneburg bezüglich der Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die berufsbildenden Schulen selbstverständlich akzeptieren. Ergebe sich daraus, dass die Personalräte hätten beteiligt werden müssen, werde zukünftig so verfahren.

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Am 17.12.2007 hat der Antragsteller die Fachkammer angerufen und vorgetragen, die vorliegende Maßnahme sei unter Nichtbeachtung seiner Beteiligungsrechte durchgeführt worden und daher zurückzunehmen. Die niedersächsische Landesregierung habe zur Umsetzung ihrer Ziele der Auflösung bzw. Einschränkung der Mittelbehörden und der Einführung der eigenverantwortlichen Schule den Landesschulbehörden, bei denen es sich um die unverändert aus den Bezirksregierungen herausgelösten Abteilungen 4 handele, einen großen Teil ihrer bisherigen Aufgaben entzogen und den Schulen übertragen. Zur Vermeidung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe er dem Beteiligten einen Anschlussvergleich angeboten. Die Reaktion des Beteiligten hierauf sei nicht zufriedenstellend gewesen, da er lediglich erklärt habe, sich "zukünftig" nach einer rechtskräftigen Entscheidung im Parallelverfahren zu richten. Dieses Verfahren sei darüber hinaus auch deshalb geboten, weil die Entscheidung im Parallelverfahren nicht zwingend vorgreiflich sei, etwa dann, wenn das OVG die Auffassung vertreten sollte, die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse allein auf die Berufsschulen überschreite noch nicht die Wesentlichkeitsgrenze, dies erfolge erst bei Einbeziehung der anderen Schulformen. Die Aufstellung und wesentliche Änderung von Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen liege im Vorfeld von organisatorischen Maßnahmen, die gegenüber einzelnen oder mehreren Beschäftigten notwendig werden könnten. Sie schaffe meist Sachzwänge und stecke bereits den Rahmen für die dann noch erforderlichen Personalentscheidungen ab. Wegen der Tragweite solcher organisatorischer Maßnahmen solle die Beteiligung des Personalrats in der Form der Benehmensherstellung gewährleisten, dass die Personalvertretung möglichst frühzeitig die schutzwürdigen und -bedürftigen Belange der betroffenen Beschäftigten in den Entscheidungsprozess einbringen könne, um unzumutbare Erschwernisse zu verhindern und vor allem soziale Aspekte zur Geltung zu bringen. Vorliegend lasse sich ein durchgehendes Gesamtkonzept des Beteiligten nachweisen. Im Jahre 2004 sei ein "Projekt" Schulverwaltungsreform initiiert worden, dessen Aufgaben nach einem Papier vom 10.03.2004 u.a. darin lägen, ausgehend von der Einführung der eigenverantwortlichen Schule und eines Schulinspektionssystems Vorschläge zu entwickeln, welche Funktionen und Aufgaben künftig von der Schule selbst wahrgenommen werden oder bei der Schulbehörde bleiben, mit welchen künftig noch zur Verfügung stehenden Ressourcen welche Aufgaben wahrgenommen werden. Ziel sei es außerdem, durch den Wegfall von Aufgaben oder durch deren Verlagerung von den seinerzeit 750 Stellen mindestens 250 entbehrlich zu machen. Eine entsprechende Anzahl von Stellen, nämlich 237, finde sich in dem Bericht der Geschäftsstelle SVR vom 14.06.2005. Entsprechendes folge aus den diversen Feinkonzepten für die zukünftige Struktur der Landesschulbehörde. In deren Fassung vom 18.07.2006 sei von einer Reduzierung um 343 Stellen die Rede. Die beabsichtigte Veränderung betreffe daher mindestens 1/3 der Beschäftigten. Die Wesentlichkeitsgrenze sei bei weitem überschritten. Die Benehmensherstellungstatbestände des § 75 NPersVG stellten, soweit sie wesentliche Änderungen des Verwaltungsgefüges beträfen, das Pendant zur betriebsverfassungsrechtlich geregelten Betriebsänderung (§§ 111 ff. BetrVG) dar. Die Wesentlichkeit bzw. Erheblichkeit sei danach gegeben, wenn mindestens 5 % der Belegschaft betroffen seien. Bei der Frage der Wesentlichkeitsgrenze sei die Gesamtmaßnahme in den Blick zu nehmen. Er gehe davon aus, dass der Benehmensherstellungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG einschlägig sei, die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse mithin eine wesentliche Änderung von Organisationsplänen beinhalte. Nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts werde in einem Organisationsplan festgelegt, welche Aufgaben und Zuständigkeiten den einzelnen Behördenteilen zugewiesen würden. Maßgebend sei der Gesichtspunkt der aufgaben- und funktionsgerechten Infrastruktur. Die Änderung eines Organisationsplans liege mithin schon dann vor, wenn einer Organisationseinheit wesentliche Aufgaben entzogen würden. Aus dem Umstand, dass beispielsweise dem Personaldezernenten der Landesschulbehörde der größte Teil der Entscheidungskompetenz entzogen werde, resultiere zwangsläufig ein Personalabbau. Es gehe vorliegend nicht um einen bloßen Abbau von Aufgaben, sondern um eine Verlagerung. Das ergebe sich auch aus dem Umstand, dass den Schulen zur Bewältigung der neuen Aufgaben weitere Anrechnungsstunden mit Erlass vom 07.06.2007 zugewiesen worden seien. Darüber hinaus erfülle die Maßnahme der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer folgend den Benehmensherstellungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG. Auch dabei sei die gewichtige Änderung der Aufgabenstellung hier ausreichend.

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Der Antragsteller beantragt,

  1. dem Beteiligten aufzugeben, die gemäß Runderlass vom 31.05.2007 - 13.4-03 000 VORIS 20480 - vorgenommene Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen zurückzunehmen.

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Der Beteiligte beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen.

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Er führt aus, es sei nicht nachvollziehbar, warum seine Antwort auf das Schreiben des Antragstellers vom 09.07.2007 unter Beachtung des Art. 20 Abs. 3 GG nicht zufrieden stellend gewesen sein sollte. Eine Benehmensherstellungspflicht nach § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG habe das VG Hannover bereits im Parallelverfahren zutreffend verneint. Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf allgemein bildende Schulen stelle keine wesentliche Änderung von Organisationsplänen oder Geschäftsverteilungsplänen dar, weil hierdurch lediglich Aufgaben anderen Dienststellen zugewiesen würden, ohne dass eine Änderung oder gar wesentliche Änderung des Innenaufbaus der Landesschulbehörde vorgegeben werde. Das werde insbesondere auch daran deutlich, dass die Landesschulbehörde die Schulen bei Wahrnehmung der Aufgaben unterstütze und berate. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.1997 lasse nicht den Schluss zu, dass bereits ein Aufgabenentzug bzw. eine Aufgabenverlagerung, der nur in der weiteren Folge ggf. eine von der jeweiligen Behörde vorzunehmende Organisationsplanänderung nach sich ziehen könnte, bereits eine Änderung des Organisationsplans darstelle. Auch nach der Entscheidung des BVerwGs genüge eine Mittelbarkeit entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Auch die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG lägen nicht vor, wonach die Einschränkung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen der Benehmensherstellungspflicht unterliege. Eine Einschränkung sei erst gegeben, wenn die Aufgabenverminderung für einen erheblichen Teil der Beschäftigten Entlassungen, Versetzungen oder sonstige belastende personelle Maßnahmen wie etwa die Übertragung niedriger zu bewertender Tätigkeiten oder Rückgruppierungen zur Folge habe. Auch dann, wenn mit der Aufgabenverminderung unmittelbar keine personellen Maßnahmen verbunden seien, könne sie wegen des gesetzlichen Schutzzwecks eine Einschränkung darstellen, sofern sie erkennbar ein "Einfrieren" der Planstellen und Stellen der Dienststelle in ihrer Bewertung, ggf. sogar mit Tendenz zum Fortfall, verursache. Ein solches Ursache-Wirkungs-Verhältnis sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Soweit das erkennende Gericht in der Parallelentscheidung und der Antragsteller in der Antragsschrift auf eine intendierte Reduzierung des Personalbestandes um ca. 300 Stellen abstellten, sei darauf hinzuweisen, dass diese ganz überwiegend nicht Folge der Einführung der eigenverantwortlichen Schule, insbesondere der Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse, sei, sondern Folge der Auflösung der Bezirksregierungen und der aufgrund der Zielvereinbarung II (ZV II) zu erbringenden Stelleneinsparungen. Die Abbauverpflichtung resultiere zu großen Teilen aus der Übernahme des Querschnittspersonals der aufgelösten Bezirksregierungen. Die Beteiligung des Personalrats bei organisatorischen Grundentscheidungen verfolge den Zweck, die Beschäftigten vor nachteiligen Wirkungen zu schützen. Würden wie hier zum Ausgleich gesteigerter Geschäftsbelastung die Aufgaben vermindert, liege daher keine Einschränkung der Dienststelle vor. Die Maßnahme sei vielmehr mit einer die Beschäftigten schützenden Wirkung verbunden. Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse stelle einen Schritt zur Entlastung der Landesschulbehörde dar, deren Arbeitsvolumen nicht der reduzierten Stellenausstattung und damit dem vorhandenen Personalbestand entspreche. Nicht die vorgenommene Aufgabenübertragung schaffe Sachzwänge, sondern es bestünden bereits Sachzwänge in Folge der mit der ZV II eingetretenen Stellen- und Personalreduzierung.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

10

II.

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere steht ihm nicht das Scheitern der außergerichtlichen Einigungsbemühungen der Beteiligten entgegen. Zum einen war die Zusage des Beteiligten "zukünftig" so zu verfahren, wie es sich aus einer rechtskräftigen Entscheidung des Nds. OVG's in dem die berufsbildenden Schulen betreffenden Verfahren ergibt, nicht geeignet, alle Unsicherheiten bezüglich der Frage zu beseitigen, ob dann das Benehmensherstellungsverfahren ggf. auch hinsichtlich der Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen nachgeholt wird. Die Wortwahl des Beteiligten lässt durchaus das Verständnis zu, dass er nur bei einer in der Zukunft, d.h. zeitlich danach erfolgenden Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse zuvor das Benehmen mit der Personalvertretung herstellen würde. Dem Antragsteller ging es dagegen ersichtlich um die Gewährleistung seiner Beteiligung im Rahmen der vorliegend streitigen Maßnahme. Es überzeugt zudem die im Rahmen des Verfahrens bei der Fachkammer nachgeschobene Begründung, das Verfahren betreffend die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die berufsbildenden Schulen sei gar nicht in jedem Falle vorgreiflich. Dies hänge vielmehr von der Begründung der Entscheidung des Nds. OVG's ab. Es sei durchaus denkbar, dass die rechtliche Beurteilung nur an der Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze ausgerichtet werde, so dass der unterschiedliche Umfang der Zuständigkeitsverlagerungen bei einer Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse nur auf die Berufsschulen einerseits und auf die allgemein bildenden Schulen bzw. beide Schulformen andererseits zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnte.

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Der Antragsteller kann nach den §§ 63, 75 Abs. 1 NPersVG die Rücknahme der Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen auch verlangen. Nach § 63 Satz 1 Nr. 1 NPersVG dürfen Maßnahmen, bei denen eine gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen wurde, nicht vollzogen werden. Stehen Rechte Dritter oder öffentliche Interessen nicht entgegen - solche sind hier nicht ersichtlich -, sind sie zurückzunehmen, wenn sie unter Verstoß gegen Satz 1 bereits durchgeführt worden sind (§ 63 Satz 2 NPersVG). Organisatorische Änderungen der vorliegenden Art können in der Regel auch noch nach Durchführung des Verfahrens in der Hauptsache zurückgenommen werden, weil sie sich ohnedies erneut ändern und auch rückgängig machen lassen. Das Nds. OVG verneint deshalb in solchen Fällen den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Verfügungsgrund wegen Fehlens der Eilbedürftigkeit, weil nämlich keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen (vgl. B.v. 19.06.2003 - 18 MP 7/03 -).

12

Das durchzuführende Beteiligungsverfahren war hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Beteiligte dem Antragsteller vor Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Die Einräumung einer solchen Gelegenheit zur Stellungnahme, von der der Antragsteller hier keinen Gebrauch gemacht hat, stellt nämlich das förmliche Beteiligungsverfahren nach § 76 NPersVG nicht dar und vermag dieses auch nicht zu ersetzen. Es wurden auch die vom Gesetz in § 76 Abs. 3 NPersVG - Mitteilung der Entscheidung, die den Einwendungen nicht in vollem Umfange Rechnung trägt, unter Angabe der Gründe - und § 76 Abs. 4 NPersVG - endgültige Entscheidung - vorgesehenen Verfahrensschritte nicht durchgeführt.

13

Der Antrag hat Erfolg, weil die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Herstellung des Benehmens mit dem Personalrat gegeben sind. Dieser folgt allerdings nicht aus § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG, der für die Aufstellung oder wesentliche Änderung von Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen gilt. Auch wenn die Praxis zwischen diesen beiden Begriffen nicht scharf trennt und etwa der ‚Organisationsplan‘ für die ehemaligen Bezirksregierungen nicht nur die organisatorische Gliederung abbildete, sondern den einzelnen Gliederungen zugleich bestimmte Aufgabenbereiche zuwies (vgl. Dembowski/ Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, LsBlS, § 75, RN. 40 m.w.N.), so ist doch deren Definition im Kern auch personalvertretungsrechtlich nicht streitig. Unter einem Organisationsplan, der zugleich der Oberbegriff für beide ist, wird danach die Darstellung der jeweiligen Behördenstruktur, d.h. ihre Untergliederung in Behördenleitung, Abteilungen, Referate, Dezernate etc. einschließlich der Aufgabenverteilung verstanden. Der Geschäftsverteilungsplan weist demgegenüber im Einzelnen den Aufgabenbestand der Behördeneinheiten und die dort jeweils eingesetzten Beschäftigten aus. Bei Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen geht es mithin um die verwaltungsinterne Aufbau- und Ablauforganisation. Hierauf hat die vorgenommene Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse in den betroffenen Dienststellen (vgl. § 6 NPersVG) zwar einen mittelbaren Einfluss und stellt sich im Sinne des Vortrags des Antragstellers auch als Maßnahme im Vorfeld der Änderung von Organisationsplänen dar. Dies genügt zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG indes nicht. Denn eine dafür erforderliche unmittelbare Regelung der Geschäftsverteilung und Organisation innerhalb einer Dienststelle ist nicht Gegenstand der streitigen Übertragung. Die bloße Zuweisung neuer Aufgaben an einzelne Beschäftigte oder die Neuverteilung von Aufgaben und internen Zuständigkeiten innerhalb fortbestehender Gliederungen stellen hingegen noch keine wesentliche Änderung von Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG dar (vgl. Dembowski pp, a.a.O., § 75, RN. 47 m.w.N.).

14

Zur Überzeugung der Kammer liegen hier aber die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG vor. Danach ist das Benehmen mit dem Personalrat u.a. auch bei der Einschränkung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen herzustellen. Bei einer Einschränkung in diesem Sinne verbleiben der Dienststelle noch bestimmte Aufgaben und nur ein Teil der Aufgaben entfällt. Die Regelung setzt neben einer Aufgabenverminderung für einen erheblichen Teil der Beschäftigten des Weiteren im Grundsatz belastende personelle Maßnahmen wie Entlassungen und Versetzungen als Folge der Einschränkung voraus. Eine Aufgabenverminderung kann wegen des gesetzlichen Schutzzwecks aber auch dann eine Einschränkung in diesem Sinne darstellen, wenn mit ihr unmittelbar keine personellen Maßnahmen verbunden sind. Wie auch der Beteiligte einräumt, ist in diesem Falle aber erforderlich, dass sie erkennbar ein "Einfrieren" der Planstellen und Stellen der Dienststelle in ihrer Bewertung, ggf. sogar mit der Tendenz zum Fortfall verursacht. Nur wenn es an jeglichem personellen Bezug mangelt, liegt keine Einschränkung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG vor, da dann der personalvertretungsrechtliche Anknüpfungspunkt fehlt, wie andererseits auch eine Personalverminderung bei gleich bleibender Aufgabenstellung ebenfalls keine Einschränkung der Dienststelle darstellt (vgl. hierzu m.w.N. Dembowski a.a.O. RN. 95 f.).

15

Diese Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich der ebenfalls vom Antragsteller vertretenen Landesschulbehörden als Mittelbehörden vor. Durch die Übertragung der bisher bei den Landesschulbehörden angesiedelten Zuständigkeit für die dienstrechtlichen Befugnisse auf die Schulen verringert sich der Aufgabenbereich der Landesschulbehörden wesentlich. Dabei stellt die beanstandete Maßnahme einen Teil des Gesamtkonzepts zur Einführung der "Eigenverantwortlichen Schule" dar. Im Rahmen der Vorgaben durch Gesetze und Erlasse soll den Schulen u.a. die Befugnis, Personal auszuwählen und zu führen, übertragen werden. Bei der Prüfung, ob i.S.v. § 75 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG eine Einschränkung von wesentlichen Teilen einer Dienststelle vorliegt, ist daher bereits in den Blick zu nehmen, wie sich die Gesamtmaßnahme auf die Landesschulbehörden auswirken wird. Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 21.06.2007 - 17 A 2169/06 - betreffend die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die berufsbildenden Schulen ausgeführt hat, führen die organisatorischen Vorhaben bei den Landesschulbehörden zu ganz erheblichen, die Wesentlichkeitsgrenze überschreitenden Einschnitten in dem Bereich der von den Landesschulbehörden für die Schulen wahrgenommenen Aufgaben. Auch der Beteiligte bestreitet nicht, dass in diesem Zusammenhang eine Reduzierung des dortigen Personalbestandes um ca. 300 Stellen angestrebt wird. Dabei wird das Ziel der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Schulen trotz der vorübergehend noch bei den Landesschulbehörden verbleibenden Beratungsaufgaben letztlich nur durch weitreichende Übertragung von Zuständigkeiten auf die Schulen auch im Personalführungsbereich zu verwirklichen sein. Der betroffene Aufgabenbereich umfasst dabei einen erheblichen Teil der Aufgaben der Landesschulbehörden mit Folgen auch für die dort Beschäftigten, so dass in Vollzug der Aufgabenübertragung auf die Schulen in den Landesschulbehörden nicht nur Planstellen ‚eingefroren‘, sondern ganz wegfallen werden.

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Ohne Erfolg wendet der Beteiligte hiergegen ein, dass der Stellenabbau überwiegend nicht Folge der Einführung der ‚Eigenverantwortlichen Schule‘, insbesondere der Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse, sei, sondern Folge der Auflösung der Bezirksregierungen und der aufgrund der Zielvereinbarung II zu erbringenden Stelleneinsparungen. Dies trifft hinsichtlich der Auflösung der Bezirksregierungen schon deshalb nicht zu, weil es sich bei den Landesschulbehörden letztlich nur um herausgelöste Teile aus den Bezirksregierungen handelt. Soweit tatsächlich bereits vor Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse mit dem streitigen Erlass vom 31.05.2007 im betroffenen Verwaltungsbereich Personal abgebaut wurde, kann unterstellt werden, dass dies nicht im Hinblick auf entfallene Aufgaben sondern die bereits geplante Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf die Schulen erfolgt ist. Wie sich schon daraus ergibt, dass bereits im Jahre 2004 die Schulverwaltungsreform vorgeprägt wurde, ist es keinesfalls so gewesen, dass die jetzt vorgenommene Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen nur als Reaktion auf eine - nicht erwartete - Überlastung der Landesschulbehörden erfolgt ist. Abgesehen davon, dass dies mit Blick darauf, dass nunmehr die Überlastung bei den Schulleitern eingetreten ist, kaum als Motiv für die Aufgabenübertragung anzusehen sein dürfte, kann eine personalvertretungsrechtlich vorgeschriebene Beteiligung auch nicht durch bloße Änderung der Reihenfolge der einzelnen Schritte - Aufgabenentzug - Personalabbau oder umgekehrt umgangen werden. Tatsächlich dürfte der Schaffung der ‚Eigenverantwortlichen Schulen‘ im Hinblick auf den schon seit Jahren geplanten Personalabbau in den Mittelbehörden Bezirksregierung/Landesschulbehörde und der langfristig verfolgten Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse ein Gesamtkonzept zugrunde liegen, so dass es auf die Reihenfolge der Durchführung der einzelnen Schritte in Bezug auf die Erforderlichkeit der personalvertretungsrechtlichen Benehmensherstellung nicht ankommt. Unter dem Strich dürfte dabei eine Stelleneinsparung insgesamt nicht einmal zu erzielen sein. Wenn die Schulen ernsthaft eigenverantwortlich die dienstrechtlichen Befugnisse in einer annähernd dem bisherigen Standart entsprechenden Qualität ausüben sollen, werden sie personell mit zusätzlichen Kräften ausgestattet werden müssen. Dabei dürfte insgesamt sogar mehr Personal einzusetzen sein als bisher bei zentraler Wahrnehmung der Aufgaben in den Mittelbehörden, schon weil eine aufgabenadäquate Personalausstattung wegen der dienstrechtlichen Mindestdauer von Teilzeitbeschäftigung (Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit, vgl. § 80a Abs. 1 NBG) an den einzelnen Schulen kaum möglich sein wird und eine dauerhafte Überforderung der Bediensteten dem Fürsorgegedanken widerspricht. Daneben bleibt zudem - zumindest für eine nicht befristete - Übergangszeit auch noch die Mittelbehörde mit Beratungs- und Unterstützungsaufgaben bestehen. Auch die Zuweisung von zusätzlichen Anrechnungsstunden für die Leitung einer Schule und für Vertretungs- und Koordinationsaufgaben (vgl. RdErl.d. MK v. 07.06.2007 - 34-84 002/07 - (SVBl.S. 237) führt jedenfalls bei gleich bleibender Unterrichtsversorgung nicht zu einer Stellen-/Kostenersparnis, weil die aus diesem Grunde entfallenden Unterrichtsstunden von anderen Lehrkräften, die ggf. zusätzlich einzustellen sind, ausgeglichen werden müssen.

17

Eine Kostenentscheidung ergeht im Beschlussverfahren nach den §§ 80 ff. ArbGG nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 2 Abs. 2 GKG) und eine gerichtliche Festsetzung der den Verfahrensbeteiligten entstandenen Kosten nicht vorgesehen ist.