Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 05.06.2008, Az.: 17 A 872/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 05.06.2008
- Aktenzeichen
- 17 A 872/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 45439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2008:0605.17A872.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 24.09.2009 - AZ: 18 LP 9/08
- BVerwG - 11.05.2011 - AZ: BVerwG 6 P 5.10
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf allgemein bildende Schulen unterliegt nach § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG der Herstellung des Benehmens mit dem Schulhauptpersonalrat, weil sie eine Vielzahl von Belangen der Schulleiter und Lehrkräfte berührt und deren Rechtsstellung ebenso verändert wie die innerdienstlichen Strukturen.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 30.11.2004 bestimmte die Landesregierung (Nds. MBl.S. 860) unter Ziff. 1.3, dass die Ministerien die Ausübung dienstrechtlicher Befugnisse für Beamte der BesGr A 15 mit Amtszulage und abwärts sowie vergleichbare Angestellte mit Ausnahme der Dienststellenleitungen weitgehend delegieren sollen.
Unter dem 19.01.2007 übersandte der Beteiligte u.a. dem Vorsitzenden des Antragstellers einen Entwurf des geplanten Erlasses zur Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse zur Stellungnahme. Hierzu äußerte der Antragsteller mit Schreiben vom 06.03.2007, dass er die Aufgabenübertragung für die Einstellung, Versetzung, Abordnung und Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens ablehne, da dies zu Lasten der Beschäftigten gehe. In einem Flächenstaat wie Niedersachsen könne bei der Einstellung von Vertretungslehrkräften eine Steuerung nur aufgrund einer übergeordneten Koordination durch eine Mittelbehörde erfolgen, die den Überblick über die Gesamtsituation in Bezug auf die Anzahl der Vertretungslehrkräfte, den Einsatzort und -zeitraum habe. Bei Einstellung von Vertretungslehrkräften durch die einzelnen Schulen seien zudem die Kriterien zur Bewerberauswahl nicht mehr vergleichbar. Das Verfahren werde zufällig und beliebig. Die Einstellung von Vertretungslehrkräften dürfe aber nur nach den Kriterien Eignung, Leistung und Befähigung erfolgen, da über die Vergabe dieser Stellen auch feste Einstellungen erreicht werden könnten. Für Feuerwehrkräfte werde auch das Erreichen einer Beschäftigungszeit von 36 Monaten erschwert, da nicht übergeordnet auf Folgeverträge geachtet werden könne. Es werde auch die Chance verschlechtert, ausgebildete Pädagogen für die Wahrnehmung der Tätigkeit als Vertretungslehrkraft zu gewinnen, weil zu befürchten sei, dass Schulleitungen aus Unkenntnis der tatsächlichen Bewerberlage vermehrt auf Personen zurückgreifen, die nicht als Lehrkräfte ausgebildet oder bereits in Pension seien. Es sei weiter zu befürchten, dass die Schutzbestimmungen für schwerbehinderte Arbeitslose missachtet würden. Es sei auch ungeklärt, wie potentielle Bewerber Kenntnis von Einstellungsmöglichkeiten erhalten könnten. Die Aufgabenübertragung vereinfache Abläufe nicht, sie bürokratisiere sie zusätzlich und erhöhe den Gesamtaufwand. Diese Argumente gälten erst recht für die Einstellung auf festen Stellen. Die Zuständigkeit der Schulen führe damit zu erheblichen Problemen bei einer ausgewogenen Personalzuweisung und -planung an den Schulen, die im Interesse einer gleichmäßigen Versorgung in Niedersachsen nur auf der Ebene einer Mittelinstanz erfolgen könne. Es bestehe weiter die Gefahr, dass nur noch die Sicht der Schule und deren Interessen, nicht aber die persönlichen Umstände der Lehrkräfte Grundlage für Entscheidungen seien. Dabei führe die alleinige Zuständigkeit des Schulleiters zu einer starken persönlichen Abhängigkeit der Lehrkräfte. Schulen könnten auch geneigt sein, eigene Interessen über das an einer ausgeglichener Unterrichtsversorgung zu stellen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich Versetzungswünsche oft nicht nur auf eine Schule, sondern auf eine Region bezögen. Die Frage der Koordination scheine ebenso völlig ungeklärt wie die von Beförderungen.
Mit Runderlass vom 31.05.2007 - 13.4 - 03 000 - VORIS 20480 - (Nds. MBl.S. 487 = SVBl.S. 238) übertrug der Beteiligte unter näherer Ausgestaltung - insbesondere unter Ausnahme der Schulen mit dauerhaft weniger als 20 Vollzeitlehrereinheiten - die im Einzelnen aufgeführten dienstrechtlichen Befugnisse auf Gymnasien, Gesamt-, Real-, Haupt-, Förder-, Grund- und berufsbildende Schulen: u.a. den Abschluss befristeter Arbeitsverträge für Vertretungslehrer, die die Begründung des Beamtenverhältnisses und den Abschluss des Arbeitsvertrages, die Verlängerung und Herabsetzung der regelmäßigen Probezeit, die erste Verleihung eines Amtes (Anstellung) von Beamten, die Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe und auf Lebenszeit, die nicht nur vorübergehende Übertragung eines Dienstpostens mit höherem Endgrundgehalt für Ämter bis zur BesGr A 14, die Änderung des Arbeitsvertrages durch Höhergruppierung für Beschäftigte bis zur Entgeltgruppe 13 und die Abordnung ohne das Ziel der Versetzung bis zur Dauer eines Schulhalbjahres.
Mit Schreiben vom 09.07.2007 regte der Antragsteller zur Vermeidung weiterer verwaltungsgerichtlicher Verfahren an, dass sich der Beteiligte für den Fall, dass die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in Bestandskraft erwachsen, rechtsverbindlich verpflichtet, bezüglich der anderen Schulformen in gleicher Weise zu verfahren wie für den Berufsschulbereich. Der Beteiligte antwortete hierauf, er werde eine rechtskräftige Entscheidung des OVG Lüneburg bezüglich der Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die berufsbildenden Schulen selbstverständlich akzeptieren. Ergebe sich daraus, dass die Personalräte hätten beteiligt werden müssen, werde zukünftig so verfahren.
Am 21.01.2008 hat der Antragsteller die Fachkammer angerufen und vorgetragen, die vorliegende Maßnahme sei unter Nichtbeachtung seiner Beteiligungsrechte durchgeführt worden und daher zurückzunehmen. Die niedersächsische Landesregierung habe zur Umsetzung ihrer Ziele der Auflösung bzw. Einschränkung der Mittelbehörden und der Einführung der eigenverantwortlichen Schule den Landesschulbehörden, bei denen es sich um die unverändert aus den Bezirksregierungen herausgelösten Abteilungen 4 handele, einen großen Teil ihrer bisherigen Aufgaben entzogen und den Schulen übertragen. Zur Vermeidung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe er dem Beteiligten einen Anschlussvergleich angeboten. Die Reaktion des Beteiligten hierauf sei nicht zufriedenstellend gewesen, da er lediglich erklärt habe, sich "zukünftig" nach einer rechtskräftigen Entscheidung im Parallelverfahren zu richten. Dieses Verfahren sei darüber hinaus auch deshalb geboten, weil die Entscheidung im Parallelverfahren nicht zwingend vorgreiflich sei, etwa dann, wenn das OVG die Auffassung vertreten sollte, die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse allein auf die Berufsschulen überschreite noch nicht die Wesentlichkeitsgrenze, dies erfolge erst bei Einbeziehung der anderen Schulformen. Die Aufstellung und wesentliche Änderung von Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen liege im Vorfeld von organisatorischen Maßnahmen, die gegenüber einzelnen oder mehreren Beschäftigten notwendig werden könnten. Sie schaffe meist Sachzwänge und stecke bereits den Rahmen für die dann noch erforderlichen Personalentscheidungen ab. Wegen der Tragweite solcher organisatorischer Maßnahmen solle die Beteiligung des Personalrats in der Form der Benehmensherstellung gewährleisten, dass die Personalvertretung möglichst frühzeitig die schutzwürdigen und -bedürftigen Belange der betroffenen Beschäftigten in den Entscheidungsprozess einbringen könne, um unzumutbare Erschwernisse zu verhindern und vor allem soziale Aspekte zur Geltung zu bringen. Vorliegend lasse sich ein durchgehendes Gesamtkonzept des Beteiligten nachweisen. Im Jahre 2004 sei ein "Projekt" Schulverwaltungsreform initiiert worden, dessen Aufgaben nach einem Papier vom 10.03.2004 u.a. darin lägen, ausgehend von der Einführung der eigenverantwortlichen Schule und eines Schulinspektionssystems Vorschläge zu entwickeln, welche Funktionen und Aufgaben künftig von der Schule selbst wahrgenommen werden oder bei der Schulbehörde bleiben, mit welchen künftig noch zur Verfügung stehenden Ressourcen welche Aufgaben wahrgenommen werden. Ziel sei es außerdem, durch den Wegfall von Aufgaben oder durch deren Verlagerung von den seinerzeit 750 Stellen mindestens 250 entbehrlich zu machen. Eine entsprechende Anzahl von Stellen, nämlich 237, finde sich in dem Bericht der Geschäftsstelle SVR vom 14.06.2005. Entsprechendes folge aus den diversen Feinkonzepten für die zukünftige Struktur der Landesschulbehörde. In deren Fassung vom 18.07.2006 sei von einer Reduzierung um 343 Stellen die Rede. Die beabsichtigte Veränderung betreffe daher mindestens 1/3 der Beschäftigten. Die Wesentlichkeitsgrenze sei bei weitem überschritten. Die Benehmensherstellungstatbestände des § 75 NPersVG stellten, soweit sie wesentliche Änderungen des Verwaltungsgefüges beträfen, das Pendant zur betriebsverfassungsrechtlich geregelten Betriebsänderung (§§ 111 ff. BetrVG) dar. Die Wesentlichkeit bzw. Erheblichkeit sei danach gegeben, wenn mindestens 5 % der Belegschaft betroffen seien. Bei der Frage der Wesentlichkeitsgrenze sei die Gesamtmaßnahme in den Blick zu nehmen. Er gehe davon aus, dass der Benehmensherstellungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG einschlägig sei, die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse mithin eine wesentliche Änderung von Organisationsplänen beinhalte. Nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts werde in einem Organisationsplan festgelegt, welche Aufgaben und Zuständigkeiten den einzelnen Behördenteilen zugewiesen würden. Maßgebend sei der Gesichtspunkt der aufgaben- und funktionsgerechten Infrastruktur. Die Änderung eines Organisationsplans liege mithin schon dann vor, wenn einer Organisationseinheit wesentliche Aufgaben entzogen würden. Aus dem Umstand, dass beispielsweise dem Personaldezernenten der Landesschulbehörde der größte Teil der Entscheidungskompetenz entzogen werde, resultiere zwangsläufig ein Personalabbau. Es gehe vorliegend nicht um einen bloßen Abbau von Aufgaben, sondern um eine Verlagerung. Das ergebe sich auch aus dem Umstand, dass den Schulen zur Bewältigung der neuen Aufgaben weitere Anrechnungsstunden mit Erlass vom 07.06.2007 zugewiesen worden seien. Darüber hinaus erfülle die Maßnahme der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer folgend den Benehmensherstellungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG.
Der Antragsteller beantragt,
dem Beteiligten aufzugeben, die gemäß Runderlass vom 31.05.2007 - 13.4 -03 000 VORIS 20480 - vorgenommene Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen zurückzunehmen.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er führt aus, es sei nicht nachvollziehbar, warum seine Antwort auf das Schreiben des Antragstellers vom 09.07.2007 unter Beachtung des Art. 20 Abs. 3 GG nicht zufrieden stellend gewesen sei. Eine Benehmensherstellungspflicht nach § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG habe das VG Hannover bereits im Parallelverfahren zutreffend verneint. Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf allgemein bildende Schulen stelle keine wesentliche Änderung von Organisationsplänen oder Geschäftsverteilungsplänen dar, weil hierdurch lediglich Aufgaben anderen Dienststellen zugewiesen würden, ohne dass eine Änderung oder gar wesentliche Änderung des Innenaufbaus der Landesschulbehörde vorgegeben werde. Das werde insbesondere auch daran deutlich, dass die Landesschulbehörde die Schulen bei Wahrnehmung der Aufgaben unterstütze und berate. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.1997 lasse nicht den Schluss zu, dass bereits ein Aufgabenentzug bzw. eine Aufgabenverlagerung, der nur in der weiteren Folge ggf. eine von der jeweiligen Behörde vorzunehmende Organisationsplanänderung nach sich ziehen könnte, bereits eine Änderung des Organisationsplans darstelle. Auch nach der Entscheidung des BVerwGs genüge eine Mittelbarkeit entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG lägen ebenfalls nicht vor. Allgemeine Regelungen in diesem Sinne seien die, die die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr und Arbeitgeber treffe und die gestaltend in die innerdienstlichen, sozialen oder persönlichen Belange der Beschäftigten eingriffen. Es müsse sich zudem um Regelungen handeln, die sich auf die Rechtsstellung des Beschäftigten als eine dem Dienstherrn mit selbständigen Rechten gegenüberstehende Rechtspersönlichkeit erstrecke und in die Rechtsstellung des Beschäftigten eingreifen könne. Regelungen, die nur die Erledigung der Aufgaben der Dienststelle gestalteten und damit rein dienstliche Belange zum Gegenstand hätten, unterlägen dagegen nicht der Beteiligung des Personalrats, auch wenn sie sich mittelbar auf die Beschäftigten auswirkten. Die Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse erstrecke sich in diesem Sinne nicht auf die Rechtsstellung der Beschäftigten und greife nicht in deren Rechte ein. Die Regelung habe vielmehr rein dienstliche Belange zum Gegenstand. Die Schulleiter und Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen seien nur in ihrer Funktion als Amtsträger betroffen. Es liege auch keine etwa im Wege der Analogie zu schließende Gesetzeslücke vor, weil kein Beteiligungstatbestand des § 75 Abs. 1 NPersVG erfüllt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antragsteller ist gemäß § 83 Abs. 1 NPersVG antragsberechtigt. Für den Bereich der Schulen regelt § 95 NPersVG die Bildung von Schulpersonalvertretungen. Nach dessen Abs. 2 wird in der obersten Schulbehörde ein Schulhauptpersonalrat gebildet. Bei diesem handelt es sich um eine Stufenvertretung i.S.v. § 47 Abs. 1 NPersVG, die nach § 79 Abs. 2 NPersVG in solchen Angelegenheiten wie hier zu beteiligen ist, die nicht nur die übergeordnete Dienststelle oder die bei dieser Beschäftigten betreffen. Die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen, für die bisher die Landesschulbehörden zuständig waren, betrifft die in den Landesschulbehörden und die in den Schulen Tätigen und nicht ausschließlich die beim Beteiligten Beschäftigten. Stufenvertretungen haben eine originäre Zuständigkeit für Maßnahmen, die die oberste Dienstbehörde für den nachgeordneten Organisationsbereich trifft. Dem Verfahren liegt auch i.S.v. § 83 Abs. 1 NPersVG eine Streitigkeit aus dem NPersVG zugrunde, nämlich ein konkreter Konflikt zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten über die Auslegung und Anwendung des § 75 Abs. 1 NPersVG, d.h. darüber, ob einer der darin aufgeführten Benehmensherstellungstatbestände vorliegt.
Der vom Antragsteller gestellte Antrag, die gemäß Runderlass vom 31.05.2007 vorgenommene Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen zurückzunehmen, ist zulässig. Insbesondere steht dem Begehren nicht das Scheitern der außergerichtlichen Einigungsbemühungen entgegen. Zum einen war die Zusage des Beteiligten "zukünftig" so zu verfahren, wie es sich aus einer rechtskräftigen Entscheidung des Nds. OVG's in den die berufsbildenden Schulen betreffenden Verfahren ergibt, nicht geeignet, alle Unsicherheiten bezüglich der Frage zu beseitigen, ob dann das Benehmensherstellungsverfahren ggf. auch hinsichtlich der Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die allgemein bildenden Schulen nachgeholt werden wird. Die Wortwahl des Beteiligten lässt durchaus das Verständnis zu, dass er nur bei einer in der Zukunft, d.h. zeitlich danach erfolgenden Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse zuvor das Benehmen mit der Personalvertretung herstellen werde. Dem Antragsteller ging es dagegen ersichtlich um die Gewährleistung seiner Beteiligung im Rahmen der vorliegend streitigen Maßnahme. Es überzeugt zudem die im Rahmen des Verfahrens vor der Fachkammer nachgeschobene Begründung, das Verfahren betreffend die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die berufsbildenden Schulen sei gar nicht in jedem Falle vorgreiflich. Dies hänge vielmehr von der Begründung der Entscheidung des Nds. OVG's ab. Es sei durchaus denkbar, dass die rechtliche Beurteilung nur an der Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze ausgerichtet werde, so dass der unterschiedliche Umfang der Zuständigkeitsverlagerungen bei einer Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse nur auf die Berufsschulen einerseits und auf die allgemein bildenden Schulen andererseits zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnte.
Zutreffend stützt der Antragsteller seinen Antrag auf die §§ 63, 75 Abs. 1 NPersVG. Nach § 63 Satz 1 Nr. 1 NPersVG dürfen Maßnahmen, bei denen eine gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen wurde, nicht vollzogen werden. Stehen Rechte Dritter oder öffentliche Interessen nicht entgegen - solche sind hier nicht ersichtlich -, sind sie zurückzunehmen, wenn sie unter Verstoß gegen Satz 1 bereits durchgeführt worden sind (§ 63 Satz 2 NPersVG). Organisatorische Änderungen der vorliegenden Art können in der Regel auch noch nach Durchführung des Verfahrens in der Hauptsache zurückgenommen werden, weil sie sich ohnedies erneut ändern und auch rückgängig machen lassen. Das Nds. OVG verneint deshalb in solchen Fällen den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Verfügungsgrund wegen Fehlens der Eilbedürftigkeit, weil nämlich keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen (vgl. B.v. 19.06.2003 - 18 MP 7/03 -).
Das durchzuführende Beteiligungsverfahren war hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Beteiligte dem Antragsteller vor Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse Gelegenheit zur Äußerung gegeben und dieser davon auch Gebrauch gemacht hat. Eine solche Stellungnahme stellt nämlich nicht das förmliche Beteiligungsverfahren nach § 76 NPersVG dar und vermag dieses auch nicht zu ersetzen. Es sind auch die vom Gesetz in § 76 Abs. 3 NPersVG - Mitteilung der Entscheidung, die den Einwendungen nicht in vollem Umfange Rechnung trägt unter Angabe der Gründe - und § 76 Abs. 4 NPersVG - endgültige Entscheidung - vorgesehenen Verfahrensschritte nicht durchgeführt worden.
Der Antrag hat Erfolg, weil die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Herstellung des Benehmens mit dem Personalrat vorliegen. Dieser folgt allerdings nicht aus § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG, der für die Aufstellung oder wesentliche Änderung von Organisationsplänen und Geschäftsverteilungsplänen gilt. Auch wenn die Praxis zwischen diesen beiden Begriffen nicht scharf trennt und etwa der ‚Organisationsplan‘ für die ehemaligen Bezirksregierungen nicht nur die organisatorische Gliederung abbildete, sondern den einzelnen Gliederungen zugleich bestimmte Aufgabenbereiche zuwies (vgl. Dembowski/ Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, LsBlS, § 75, RN. 40 m.w.N.), so ist doch deren Definition im Kern auch personalvertretungsrechtlich nicht streitig. Unter einem Organisationsplan, der zugleich der Oberbegriff für beide ist, wird danach die Darstellung der jeweiligen Behördenstruktur, d.h. ihre Untergliederung in Behördenleitung, Abteilungen, Referate, Dezernate etc. einschließlich der Aufgabenverteilung verstanden. Der Geschäftsverteilungsplan weist demgegenüber im Einzelnen den Aufgabenbestand der Behördeneinheiten und die dort jeweils eingesetzten Beschäftigten aus. Bei Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen geht es mithin um die verwaltungsinterne Aufbau- und Ablauforganisation. Hierauf hat die vorgenommene Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse in den betroffenen Dienststellen (vgl. § 6 NPersVG) zwar einen mittelbaren Einfluss und stellt sich im Sinne des Vortrags des Antragstellers auch als Maßnahme im Vorfeld der Änderung von Organisationsplänen dar. Dies genügt zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG indes nicht. Denn eine dafür erforderliche unmittelbare Regelung der Geschäftsverteilung und Organisation innerhalb einer Dienststelle ist nicht Gegenstand der streitigen Übertragung. Die bloße Zuweisung neuer Aufgaben an einzelne Beschäftigte oder die Neuverteilung von Aufgaben und internen Zuständigkeiten innerhalb fortbestehender Gliederungen stellen hingegen noch keine wesentliche Änderung von Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG dar (vgl. Dembowski pp., a.a.O., § 75, RN. 47 m.w.N.).
Darauf kommt es im Ergebnis aber auch nicht an, denn hier liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG vor. Danach ist das Benehmen mit dem Personalrat bei allgemeinen Regelungen herzustellen, sofern diese nicht in den §§ 65 - 67 sowie den vorstehenden Nummern aufgeführt oder Gegenstand von Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach § 81 sind. Die im Gesetzgebungsverfahren zunächst in § 74 Nr. 15 vorgesehene Regelung trat an die Stelle des bis dahin geltenden § 67a Abs. 1 NPersVG und sollte als Vorschrift mit Auffangcharakter dienen (vgl. LT-Drucks. 12/4370, 168). Eine materielle Änderung war mit der Ersetzung des Begriffs "Verwaltungsanordnungen" in § 67a Abs. 1a NPersVG a.F. durch "allgemeine Regelungen" in der aktuellen Fassung nicht beabsichtigt. Die Bestimmung sollte auch in der Neufassung eine möglichst lückenlose Beteiligung der Personalräte bei allen Regelungen der Dienststelle sicherstellen, die innerdienstliche Angelegenheiten betreffen und Auswirkungen auf die Beschäftigten, Beschäftigtengruppen oder einzelne Beschäftigte haben (vgl. Kümmel/Palm/Soluk, Personalvertretungs- und Gleichstellungsrecht in Niedersachsen, LsBlS, § 75, RN. 29). Allgemeine Regelungen sind all jene Regelungen, die die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr gegenüber ihren Beschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer Beschäftigten trifft. Damit werden auch allgemeine Anweisungen und Anordnungen im Rahmen des Direktionsrechts erfasst, die gestaltend in innerdienstliche, soziale oder persönliche Belange der Beschäftigten oder in deren Rechtsstellung eingreifen. Es müssen allerdings immer generelle Anordnungen sein, auch wenn sie zeitweise nur einen einzelnen Beschäftigten betreffen mögen (vgl. Bieler/Müller-Fritzsche, Nds. Personalvertretungsgesetz, 12. Auflage, § 75, RN. 43f). Unerheblich ist dagegen, ob die allgemeine Regelung bedeutsame oder geringe Auswirkungen auf die Beschäftigten hat, oder ob weitere Ausführungsakte notwendig sind, die ihrerseits gleichfalls beteiligungspflichtig sein können (vgl. Dembowski pp., a.a.O., § 75, RN. 120).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe erfüllt die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse von den Landesschulbehörden auf die allgemein bildenden Schulen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG und wirkt sich auch auf den in § 92 Abs. 1 NPersVG genannten Personenkreis aus, dessen Rechte der Antragsteller vertritt. Die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse berührt eine Vielzahl von Belangen der Schulleiter und der Lehrkräfte an den Allgemein bildenden Schulen und verändert die innerdienstlichen Strukturen in den Landesschulbehörden und vor allem in den Schulen. Die Schulleiter erhalten einen erheblichen Zuwachs an Kompetenzen und Zuständigkeiten. Dies hat nachhaltige Auswirkungen auch auf die übrigen Lehrer an den Schulen. Für diese werden die übertragenen dienstrechtlichen Befugnisse künftig nicht mehr verantwortlich von Bediensteten einer übergeordneten Behörde - der Landesschulbehörde - wahrgenommen, sondern von Personen, mit denen sie durch einen engeren sozialen Kontakt verbunden sind. Dies führt einerseits zu einer besseren Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen notwendiger dienstrechtlicher Maßnahmen bei den Entscheidungsträgern, erhöht andererseits aber die Gefahr des Einfließens persönlicher Sympathien und Abneigungen und damit sachfremder Faktoren in den Entscheidungsprozess. Neben den dienstlichen werden dadurch zumindest mittelbar auch die sozialen und persönlichen Beziehungen der beteiligten Lehrkräfte und der Schulleiter zueinander berührt. Auch wenn den Schulleitern nach § 44 Abs. 4 Nr. 3 NSchG die der Schule übertragenen dienstrechtlichen Befugnisse vorbehalten sind, wird durch die hier betroffene Maßnahme doch gerade der Umfang dieser Aufgaben entscheidend erweitert.
Zusätzlich führt die getroffene Regelungen für den Personenkreis, der in den Schulen künftig die dienstrechtlichen Befugnisse wahrnehmen soll, dabei auch zu einem erheblichen Weiterbildungsbedarf, den die Betroffenen zur sachgerechten Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben decken müssen. Da sie künftig einen größeren Anteil an Verwaltungsaufgaben zu bewältigen haben, verändern sich zudem auch die konkreten Anforderungen auf ihrem Dienstposten.
Abweichend von der Einschätzung des Beteiligten liegt damit auch ein Eingriff in die Rechtsstellung der Betroffenen vor. Den Schulleitern wird mit der streitigen Maßnahme nicht nur ein erhebliches Mehr an Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten übertragen, sondern damit einhergehend auch Verantwortlichkeiten und Pflichten. Bei fehlerhaften Entscheidungen, die ggf. Schadensersatzansprüche auslösen können, werden sie u.U. auch zur Rechenschaft gezogen werden. Andererseits können sie in einem weiten Bereich selbstständiger entscheiden. Ihre Stellung erfährt inhaltlich eine qualitative Verschiebung hin zum "Schulmanager". Wie die kürzlich nach einer Pressemeldung in größerer Anzahl eingegangenen Überlastungsanzeigen von Schulleitern zeigen, ist der Zuwachs an Verantwortlichkeiten mit dem damit einhergehenden Weiterbildungsbedarf ohne gleichzeitige zusätzliche Ausstattung der Schulen mit Verwaltungspersonal von den Schulleitern kaum noch zu bewältigen. Insgesamt verändert die Übertragung der dienstrechtlichen Befugnisse auf die Schulleiter somit auch ihre Rechtsstellung gegenüber dem Beteiligten in erheblichem Umfang.
Selbst wenn man entgegen der vorstehenden Auffassung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 15 NPersVG verneinte, könnte der Antragsteller die Herstellung des Benehmens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B.v. 22.02.1991 - 6 PD 8/90 -) beanspruchen, das bei Bestehen einer Beteiligungslücke regelmäßig davon ausgeht, dass es sich um eine echte Gesetzeslücke handelt, die von den zuständigen Gerichten nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers zu schließen ist. Dabei sind Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts zu beachten, der Gesamtheit der Beschäftigten über die von ihnen zu bildenden Vertretungsorgane eine Möglichkeit zur Einflussnahme auf die sie betreffenden innerdienstlichen Angelegenheiten unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grenzen einzuräumen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergibt sich nach den obigen Ausführungen aus der Tragweite der getroffenen Regelung sowie daraus, dass bereits die Übertragung gleichartiger Befugnisse innerhalb einer Dienststelle durch Änderung des Organisationsplans nach dem in § 75 Abs. 1 Nr. 6 NPersVG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen die Benehmensherstellung erfordert.
Eine Kostenentscheidung ergeht im Beschlussverfahren nach den §§ 80 ff. ArbGG nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 2 Abs. 2 GKG) und eine gerichtliche Festsetzung der den Verfahrensbeteiligten entstandenen Kosten nicht vorgesehen ist.