Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 14.04.2003, Az.: 1 B 512/03

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
14.04.2003
Aktenzeichen
1 B 512/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 40811
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2003:0414.1B512.03.0A

Fundstelle

  • NdsVBl 2003, 252

Amtlicher Leitsatz

Das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen - auch anlässlich der Brauchtumspflege - ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KompostVO verboten. Die zuständige Behörde kann jedoch für die Durchführung von Brauchtumsfeuern entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 2 KompostVO Ausnahmen von diesem Verbot zulassen.

Tatbestand:

1

I.

Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung eines Osterfeuers auf seinem Grundstück.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke 12/27 und 12/29 der Flur 1 der Gemarkung H.-L.. Mit Schreiben vom 05. April 2002 beantragte er bei der Antragsgegnerin die Genehmigung zur Durchführung eines Osterfeuers am 19. April 2003 auf den oben genannten Flurstücken.

3

Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. Dezember 2002 mit folgender Begründung ab: Der Antragsteller beabsichtige, im Rahmen des beantragten Osterfeuers pflanzliche Abfälle zu verbrennen. Das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen sei nach der Kompostverordnung grundsätzlich verboten. Zwar unterlägen Osterfeuer als Brauchtumsfeuer diesen Abfallvorschriften nicht. Die vom Antragsteller geplante Veranstaltung könne aber nicht als Brauchtumsveranstaltung angesehen werden, da diese Veranstaltung weder Tradition noch öffentlichen Charakter habe. Als traditionelles Osterfeuer könne in der Ortschaft H.-L. nur das auch im Jahr 2003 stattfindende Osterfeuer des TSV H.-L. genehmigt werden.

4

Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Januar 2003 Widerspruch ein. Er machte geltend, es handele sich bei der von ihm geplanten Veranstaltung um ein über Jahre hinweg gepflegtes altes Brauchtum, das in der Bevölkerung fest verankert sei. Viele Einwohner aus den Ortschaften H.-L. und Neuendamm nähmen an der Veranstaltung teil. Es ginge ihm ausschließlich um Brauchtumspflege, die nicht nur für Erwachsene, sondern gerade für deren Kinder gedacht sei.

5

Der Landkreis Rotenburg (Wümme) wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 zurück: Die beantragte Genehmigung zur Durchführung eines Osterfeuers könne nicht erteilt werden. Die Anzahl der Brauchtumsfeuer in der Stadt B. orientiere sich an der Einwohnerzahl, wobei in den zum Stadtgebiet gehörenden Ortschaften generell jeweils ein Feuer anerkannt werde. Die bisherige Verteilung der Feuerstellen sei ausreichend und versetze jeden Einwohner in die Lage, ohne lange Anfahrtwege an einem Osterfeuer teilzunehmen. Da Osterfeuer generell geeignet seien, die Umwelt zu schädigen, genehmige die Antragsgegnerin zwar so viele Osterfeuer wie nötig, andererseits aber auch so wenige wie möglich. Für den Bereich der Ortschaft H.-L. könne deshalb neben dem Feuer des TSV H.-L., das nachweislich Tradition und öffentlichen Charakter habe, kein weiteres Feuer in nur etwa 1.150 Meter Entfernung genehmigt werden. Zudem handele es sich bei dem vom Antragsteller geplanten Feuer nicht um ein über Jahre hinweg gepflegtes altes Brauchtum. Der Antragsteller sei in den letzten Jahren jedenfalls nicht im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis gewesen. Die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers an der Durchführung eines Osterfeuers und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Umwelt falle deshalb zugunsten des öffentlichen Interesses aus.

6

Am 31. März 2003 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung seines Antrags führt er aus: Die von ihm beabsichtigte Durchführung eines Osterfeuers unterliege nicht den Vorschriften der Kompostverordnung. Es handele sich um ein über Jahre hinweg gepflegtes altes Brauchtum, das in der Bevölkerung fest verankert sei. Es sei das einzige Osterfeuer, das im nördlichen Teil der Ortschaft H.-L. stattfinde. Die von ihm beabsichtigte Veranstaltung solle das alte Brauchtum pflegen und ein Gegengewicht zu der kommerziellen, nicht mehr mit der Brauchtumspflege zu vereinbarenden Veranstaltung des TSV H.-L. darstellen.

7

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, ihm die Genehmigung zur Durchführung eines Osterfeuers am 19.04.2003 in 27432 Bremervörde - H.-L. auf den Flurstücken 12/27 und 12/29 der Flur 1 der Gemarkung H.-L. zu erteilen.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

9

Sie verteidigt die ergangenen Bescheide und trägt ergänzend vor, es gebe keine Hinweise dafür, dass es sich bei der vom Kläger geplanten Veranstaltung um ein über Jahre hinweg gepflegtes altes Brauchtum handele, das in der Bevölkerung fest verankert sei. Auch hätten weder der öffentliche Charakter noch die Tradition der Veranstaltung nachgewiesen werden können. Ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Abbrennen eines Osterfeuers sei vom Kläger in den vergangenen 25 Jahren nicht gestellt worden. Es sei auch weder beim Beklagten noch bei der örtlichen Polizeidienststelle bekannt, dass auf dem Grundstück des Klägers jemals ein Osterfeuer abgebrannt worden sei. Es sei lediglich bekannt, dass sich im Jahr 2002 auf dem Grundstück des Klägers ein Grünabfallberg befunden habe, der offensichtlich an den Osterfeiertagen 2002 als Osterfeuer habe verbrannt werde sollen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.

Gründe

11

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Die begehrte einstweilige Anordnung kann nicht erlassen werden, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO.

12

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Entsorgung von Abfällen außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen - KompostVO - ist das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen grundsätzlich verboten. Nur unter engen Voraussetzungen kann die Gemeinde gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung Ausnahmen zulassen.

13

Da der Antragsteller das Verbrennen pflanzlicher Abfälle beabsichtigt, fällt die von ihm geplante Veranstaltung unter das Verbot von § 3 Abs. 1 KompostVO.

14

Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Genehmigung zur Durchführung des Osterfeuers nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KompostVO. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde Ausnahmen vom generellen Verbrennungsverbot zulassen. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. § 3 Abs. 1 Satz 2 KompostVO verlangt, dass eine andere Form der Entsorgung nicht zumutbar ist. Hier ist nicht ersichtlich, warum der Antragsteller für seine Grünabfälle nicht den städtischen Sammelplatz nutzen könnte.

15

Über den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 KompostVO hinaus lässt die Antragsgegnerin Ausnahmen vom generellen Verbrennungsverbot für das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen anlässlich der sog. Brauchtumspflege zu, da es bei dem Abbrennen von traditionellen Osterfeuern in erster Linie um das Feiern nach altem Brauch und nicht um die Entsorgung von pflanzlichen Abfällen geht. Auch die Voraussetzungen für diese Ausnahme liegen hier jedoch nicht vor.

16

Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass es sich bei der von ihm geplanten Veranstaltung um die Durchführung eines traditionelles Osterfeuers handelt. Er hat lediglich vorgetragen, dass er bereits über Jahre hinweg ein Osterfeuer auf seinem Grundstück veranstalte, das in der Bevölkerung fest verankert sei und von vielen Gemeindeeinwohnern besucht werde. Diese von der Antragsgegnerin bestrittene Behauptung hat der Antragsteller nicht weiter substantiiert, geschweige denn glaubhaft gemacht.

17

Darüber hinaus spricht der Umstand, dass der Antragsteller in den vergangenen 25 Jahren die Durchführung eines Osterfeuers der Antragsgegnerin nicht angezeigt hat und die Veranstaltung eines Osterfeuers auf dem Grundstück des Klägers weder der Antragsgegnerin noch der örtlich zuständigen Polizeidienststelle bekannt ist, gegen den Charakter eines traditionellen Osterfeuers mit öffentlichem Charakter. Typisch für Brauchtumsfeuer ist, dass sie schon über Jahre gepflegt werden. Träfe dies im Fall des Klägers zu, hätte die örtliche Polizeidienststelle, die das Abbrennen von Osterfeuern regelmäßig zu überwachen hat, Kenntnis davon erlangt.

18

Sollte der Antragsteller in der Vergangenheit Privatfeuer anlässlich des Osterfestes abgebrannt haben, ist darauf hinzuweisen, dass diese bereits begrifflich nicht der Brauchtumspflege unterfallen können.