Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 05.07.1990, Az.: 2 U 21/90

Schadensersatzansprüche aufgrund des Zusammenstoßes zweier PKW; Erhöhung der Betriebsgefahr durch zu hohe Geschwindigkeit und unangemessene Reaktion; Verkehrsunfall als unabwendbares Ereignis; Ersatz einer Totalschadenpauschale; Behinderung bei der Haushaltsführung

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
05.07.1990
Aktenzeichen
2 U 21/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 15781
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1990:0705.2U21.90.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG ... - 20.12.1989 - AZ: 2 O 143/89

Verfahrensgegenstand

Schadensersatzes und Schmerzensgeldes nach Verkehrsunfall

Prozessführer

1. des Herrn ...

2. der Frau ... wohnhaft ebenda,

Prozessgegner

1. Herrn ...,

2. den ...
vertreten durch den Vorstand,

Redaktioneller Leitsatz

Ein Zusammenstoß zweier Fahrzeuge, der sich auf der Fahrbahnhälte eines Beteiligten ereignet hat, war für diesen kein unabwendbares Ereignis gem. § 7 Abs. 2 StVG, wenn er kurz vor dem Unfall im Überholverbot vor ihm fahrende Fahrzeuge überholt hat. Darin ist ein schuldhafter Verkehrsverstoß zu sehen, der die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr erhöht. Etwas anderes wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn er nach dem Überholvorgang schon längere Zeit auf der rechten Fahrbahn gefahren wäre, ehe es zu dem Zusammenstoß gekommen ist.

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 1990
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Berufung der Kläger hin wird das Urteil des Landgerichts ... vom 20. Dezember 1989 - 2 O 143/89 - wie folgt abgeändert:

    1. 1.

      Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 1) 557,07 DM nebst 7 % Zinsen darauf seit dem 01.01.1989 zu zahlen.

      Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    2. 2.

      Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin zu 2) 1.061,69 DM nebst 7 % Zinsen darauf seit dem 01.01.1989 zu zahlen.

      Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    3. 3.

      Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) 45 %, die Klägerin zu 2) 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 25 %.

  3. III.

    Das Urteil ist für alle Parteien ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

  4. IV.
    1. 1.

      Der Wert der Beschwer wird für den Kläger zu 1) auf 2.826,29 DM, für die Klägerin zu 2) 1.888,00 DM und für die Beklagten auf 1.618,76 DM (im Verhältnis zum Kläger zu 1) auf 557,07 DM, im Verhältnis zur Klägerin zu 2). auf 1.061,69 DM) festgesetzt.

    2. 2.

      Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 6.333,05 DM festgesetzt.

Tatbestand:

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

2

A

Die Berufung der Kläger ist zulässig, hat aber nur teilweise Erfolg. Den Beklagten zu 1) trifft ein Verschulden an dem Unfall, so daß der ihm anzulastende Verursachungsbeitrag leicht zu erhöhen war. Demzufolge ist an die Klägerin zu 2) ein Schmerzensgeld zu zahlen. Ebenso steht der Klägerin zu 2) ein Betrag für ihren Ausfall im Haushalt zu.

3

Dazu im einzelnen:

4

I.

Da beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, ist für die Beurteilung des Unfalls, der sich in Österreich ereignet hat, deutsches Recht anwendbar (vgl. § 1 RechtsanwendungsVO, RGBl 1942 I Seite 706; BGHZ 87, 95 f.). Dabei sind jedoch die örtlichen Verkehrsregeln zu beachten (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 30. Aufl., Einleitung Rdnr. 25).

5

II.

Der Kläger zu 1) hat gegen die Beklagten gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1, 2 Pflichtversicherungsgesetz einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Zusammenstoß des von dem Beklagten zu 1) gehaltenen und gesteuerten PKW Opel (amtliches Kennzeichen ...) mit seinem (des Klägers) PKW VW-Passat (amtliches Kennzeichen ...) am 7.10.1988 auf der Fernpaß, Ersatzstraße ... östlich von ... in Richtung ... (Österreich) entstanden ist. Der Kläger zu 1) muß sich dabei aber gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 StVG einen Mitverursachungsbeitrag anrechnen lassen, den der Senat mit 40 % bewertet.

6

1

a)

Die Haftung der Beklagten gemäß § 7 Abs. 1 StVG ist dem Grunde nach unstreitig. Daß diese Haftung nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen sein sollte, ist weder ersichtlich noch wird dieses geltend gemacht. Immerhin haben die Beklagten vorprozessual rd. 50 % der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ausgeglichen.

7

Allerdings wird die von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) ausgehende Betriebsgefahr dadurch erhöht, daß er mit einer für diese Verkehrslage zu hohen Geschwindigkeit gefahren ist und/oder auf das nach seiner Darstellung plötzlich vor ihm auftauchende Fahrzeug des Klägers zu 1) unangemessen reagiert hat.

8

Der Unfall hat sich ausweislich der vom Senat beigezogenen Lichtbildaufnahmen aus der österreichischen Strafakte auf der Straßenseite des Klägers zu 1) ereignet. Der Beklagte zu 1) ist bei dem Zusammenstoß ausweislich der Fotos und der von dem Gendarmeriepostenkommando ... gefertigten Unfallskizze (Ablichtung Bl. 38) mindestens 1,30 bis 1,40 m über die Mitte hinaus auf die Straßenhälfte des Klägers geraten - was sich im übrigen mit den Angaben des Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deckt. Schließlich hat der Beklagte zu 1) seinen PKW ausweislich der Verkehrsunfallskizze erst rd. 18 m hinter der Unfallstelle zum Stehen gebracht. Dagegen ist davon auszugehen, daß der Kläger zu 1) zur Zeit des Unfalles fast oder ganz zum Stillstand gekommen war. Denn ausweislich der Verkehrsunfallskizze haben Glassplitter unmittelbar am Heck des Wagens des Klägers zu 1) gelegen. Diese können nach den Fotos ausschließlich von dem Wagen des Beklagten zu 1) herrühren, weil allein an diesem Fahrzeug Glasschäden feststellbar sind.

9

Wenn der Beklagte zu 1) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erbracht hätte, hätte er seinen PKW trotz des von ihm behaupteten plötzlichen Auftauchens des Fahrzeuges des Klägers zu 1) auf der rechten Fahrbahnhälfte halten können und wäre auch bei einer Vollbremsung nicht Ober die Fahrbahnmitte hinaus auf die Gegenseite geraten - zumal er nach seinen Angaben vor der Polizei die Vollbremsung unterbrochen und dann erneut eingeleitet haben will.

10

b)

Gegenüber der von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) ausgehenden Betriebsgefahr ist die des PKW des Klägers zu 1) abzuwägen.

11

Denn der Unfall war für den Kläger zu 1) kein unabwendbares Ereignis gem. § 7 Abs. 2 StVG, das seine Mithaftung ausschließen würde. Das folgt bereits daraus, daß der Kläger zu 1) kurz vor dem Unfall im Überholverbot das vor ihm fahrende aus Trecker und Anhänger bestehende landwirtschaftliche Gespann des Zeugen ... überholt hat. Denn darin ist ein schuldhafter Verkehrsverstoß zu sehen, der die von dem Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr erhöht.

12

Der Kläger hat den ihm obliegenden Beweis nicht erbracht, daß sein verkehrswidriges Überholen für den Zusammenstoß mit dem Wagen des Beklagten zu 1) ohne Bedeutung geblieben ist.

13

Der Senat geht dabei - wie bereits ausgeführt - davon aus, daß sich der Zusammenstoß auf der Fahrbahnhälfte des Klägers ereignet hat, daß also der Beklagte zu 1) über die Mitte hinaus auf die Fahrbahn des Klägers geraten ist. Daraus allein kann indes noch nicht gefolgert werden, daß der Überholvorgang auf den Zusammenstoß ohne Einfluß geblieben ist. Derartiges wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Kläger zu 1) nach dem Überholvorgang längere Zeit auf der rechten Fahrbahn schon gefahren wäre, ehe es zu dem Zusammenstoß gekommen ist. Das aber kann nicht festgestellt werden.

14

Der Zeuge ... der Vater des Klägers zu 1), hat in der Beweisaufnahme vor dem Landgericht ausgesagt, sie seien bereits wieder 60 bis 80 m auf der rechten Fahrbahn gefahren, ehe es zum Zusammenstoß gekommen sei. In der Vernehmung vor der Polizei in Österreich unmittelbar nach dem Unfall hat der Zeuge ... diese Entfernung noch mit "vielleicht ca 50 m" (Ablichtung Bl. 35) angegeben. Dieser Aussage stehen die Angaben der Zeugen ..., der Ehefrau des Beklagten zu 1) gegenüber, die bekundet hat, als der Beklagte zu 1) plötzlich eine Vollbremsung gemacht habe, habe sie nach vorn geschaut und auf ihrer Fahrspur entgegenkommend den einen Trecker mit Anhänger überholenden Wagen des Klägers zu 1) gesehen. Bei den Aussagen beider Zeugen ist nicht auszuschließen, daß diese der jeweiligen Partei nahestehend durch das Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits - wenn auch nur unbewußt - beeinflußt sind.

15

Der einzig unbeteiligte Zeuge ... der Treckerfahrer, hat in seiner Vernehmung im Wege der Rechtshilfe vor dem Bezirksgericht ... angegeben, der Kläger zu 1) habe sich nach dem Überholvorgang bereits wieder auf der rechten Fahrbahnhälfte eingeordnet, sei dabei äußerst rechts gefahren und habe bis zum Zusammenstoß "eine gewisse Wegstrecke" zurückgelegt (Bl. 137). Die Entfernung oder den Zeitraum zwischen Einordnen und Zusammenstoß könne er aber nicht angeben. In seiner Angabe vor der Polizei hatte der Zeuge unmittelbar nach dem Unfall noch angegeben, der Kläger habe sich bereits wieder nach rechts hin eingeordnet und "ca. 20 m vor mir außerhalb des Überholverbots" (Ablichtung Bl. 30) sei der Beklagte zu 1) über die Fahrbahnmitte hinausgeraten und mit dem Kläger zu 1) zusammengestoßen. Gerade aus dieser Aussage folgt, daß der Kläger zu 1) nach dem Abschluß des Überholvorganges noch nicht sehr weit rechts gefahren sein kann, bis es zum Zusammenstoß mit dem Beklagten zu 1) gekommen ist. Denn ausweislich der Lichtbildaufnahmen hat sich der Unfall rd. 20 m vor dem Beginn des Überholverbots (aus Richtung des Beklagten zu 1)) - und damit auch hinter dem Überholverbot (aus Richtung des Klägers zu 1)) - ereignet. Für diese Angaben des Zeugen ... spricht, daß dieser mit dem Ende des Überholverbotes einen genauen Anhaltspunkt hat geben können. Selbst wenn man die Schwierigkeit eines Zeugen, genaue Entfernungen zu schätzen, berücksichtigt und demzufolge davon ausgeht, daß der Kläger zu 1) bereits eine größere Strecke als 20 m rechts zurückgelegt haben kann, bevor es zum Zusammenstoß gekommen ist, ist es bei den von den Parteien jeweils angegebenen Geschwindigkeiten (Kläger zu 1): 50 km/h = 13,89 m/sek.; Beklagter zu 1): 90 km/h = 25 m/sek.) sehr gut möglich, daß der Beklagte zu 1) Anlaß sah, auf den Überholvorgang des Klägers zu 1) mit einer Vollbremsung zu reagieren und demzufolge über die Fahrbahnmitte hinaus auf die Fahrbahnhälfte des zur Zeit des Zusammenstoßes bereits wieder rechts fahrenden Klägers zu 1) geraten ist.

16

Danach ist davon auszugehen, daß der verkehrswidrige Überholvorgang des Klägers zu 1) die Bremsreaktion des Beklagten zu 1) ausgelöst und sich demzufolge auf das Unfallgeschehen ausgewirkt hat.

17

Soweit der Kläger zu 1) dazu erstmals im zweiten Rechtszug behauptet hat, der Beklagte zu 1) habe den Überholvorgang aus 70 m Entfernung schon aus geografischen Gründen nicht sehen können, ist diese Behauptung des Klägers zu 1) bereits durch die vom Senat beigezogenen Lichtbilder aus der Strafakte widerlegt.

18

Der weitere Vortrag des Klägers, er sei kurz vor Beendigung des Überholvorganges "in den Überholverbotsbereich" gekommen (Berufungsbegründung vom 28.02.1990 Seite 3; Bl. 176), wird bereits durch die von ihm mit Schriftsatz vom 23.05.1990 selbst eingereichte Skizze (Bl. 209) sowie durch die Aussage des Zeugen ... vor der Polizei widerlegt.

19

Der weiteren Behauptung des Klägers zu 1), der Beklagte habe erstmals nach dem Unfall gesprächsweise von dem Überholvorgang erfahren, war mangels hinreichend vereinzelten Vortrags nicht nachzugehen.

20

c)

Bei der Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren war auf beiden Seiten ein verkehrswidriges Verhalten zu berücksichtigen, durch das die jeweilige Betriebsgefahr erhöht worden ist. Dabei bewertet der Senat den Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) allerdings höher, weil dieser bei dem Bremsvorgang auf die Fahrbahnhälfte des Klägers zu 1) geraten ist. Angesichts des grob verkehrswidrigen Überholens des Klägers zu 1) führt der Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) jedoch nur zu einer geringfügig höheren Quote, die der Senat mit 60 % zu 40 % zugunsten des Klägers zu 1) für angemessen hält.

21

2

Zwischen den Parteien sind folgende zu berücksichtigende Schadenspositionen unstreitig:

Totalschaden5.000,00 DM
Kosten für Gutachten Spaun393,30 DM
Kosten für An- und Abmeldung70,00 DM
Abschleppkosten171,43 DM
Kostenpauschale30,00 DM
Nutzungsausfall 14 Tage × 49,00 DM686,00 DM
6.350,73 DM
22

Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus eine um 10,00 DM höhere allgemeine Unkostenpauschale, also 40,00 DM, und einen um 9,00 DM je Tag höheren Nutzungsausfall, also 58,00 DM je Tag, verlangt, ist die Berufung mangels irgendwie gearteten Vortrags zu diesen Posten gem. § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO unzulässig. Die pauschale Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen ist demgegenüber unbeachtlich (vgl. Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, Bd. III, 20. Aufl., § 519 Rdnr. 27 f).

23

Darüber hinaus steht dem Kläger die von ihm begehrte Totalschadenpauschale von 150,00 DM nicht zu.

24

Ob eine derartige Pauschale allgemein anerkannt werden kann, kann dahingestellt bleiben. Begründet wird diese Pauschale in der von dem Kläger vorgelegten Entscheidung des OLG Stuttgart damit, daß der Geschädigte Anspruch auf den Betrag hat, den er aufwenden müßte, um J. ein gleichwertiges Gebrauchtfahrzeug "nach einer gründlichen technischen Überprüfung von einem seriösen Gebrauchtwagenhändler mit einer Werkstättengarantie dieses Händlers für einen gewissen Zeitraum" zu kaufen. Vorliegend ergibt sich aus dem Sachverständigengutachen ... nicht, ob dieser den Wiederbeschaffungswert anhand der Schwacke-Liste ermittelt oder aus einer Beobachtung der Händlerpreise, in denen die Untersuchungskosten regelmäßig enthalten sind, gewonnen hat. Demzufolge war dieser Betrag nicht anzuerkennen.

25

3.

Von dem Gesamtschaden von 6.350,73 DM kann der Kläger nur 60 % ersetzt verlangen, mithin3.810,44 DM
./. lt. Schreiben 6.1.1989 gezahlter2.977,37 DM
(Krankentransportanteil für die Klägerin zu 2) ist abgesetzt)
./. mit Schreiben vom 14.02.1989 gezahlter276,00 DM
Auf den danach verbleibenden Betrag von557,07 DM
kann der Kläger 7 % Zinsen seit dem 01.01.1989
gemäß §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 1 BGB verlangen.
26

III.

1.

Die Klägerin zu 2) kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern gem. 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nrn. 1, 2 Pflichtversicherungsgesetz in vollem Umfang Ersatz des ihr bei dem Unfall entstandenen Schadens verlangen.

27

Ein eigenes Verschulden der Klägerin zu 2), das ihr gem. § 9 StVG anzurechnen wäre, ist nicht ersichtlich.

28

Darüber hinaus muß die Klägerin zu 2) sich den Mitverursachungsbeitrag ihres Ehemannes, des Klägers zu 1), nicht gem. § 9 StVG i. V. mit § 254 Abs. 2 S. 2 BGB anrechnen lassen. Denn dieser ist nicht ihr Erfüllungsgehilfe.

29

a.

Dieser Anspruch umfaßt zunächst den Ersatz der Kosten des Krankentransportes in Österreich in Höhe von 23,38 DM.

30

b.

Darüber hinaus hat die Klägerin zu 2) gem. § 11 StVG einen Ersatzanspruch für die durch den Unfall eingetretene Behinderung bei ihrer Haushaltsführung.

31

Der Senat schätzt gem. § 287 Abs. 1 ZPO den insoweit unfallbedingt entstandenen Schaden auf 250,00 DM.

32

Soweit die Klägerin zu 2) hierfür einen Betrag von rd. 950,00 DM begehrt, weil sie vom 08. bis 14.10.1988 den Haushalt überhaupt nicht und in der Zeit bis 31.10.1988 nur eingeschränkt habe führen können, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

33

Zunächst ist hier zu berücksichtigen, daß die Klägerin zu 2) bei dem Unfall lediglich geringfügig verletzt worden ist. Sie hat bei dem Unfall nach dem Bericht ihres Hausarztes Dr. ... ein gut 5- DM- großes Hämatom über der Außenseite des linken Ellenbogens erlitten, das zu Druckschmerz in diesem Bereich und zu einer enggradigen Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkes geführt hat. Darüber hinaus war sie aufgrund der zur Unfallzeit bestehenden Schwangerschaft im 6. Monat psychisch erregt. Der Hausarzt hat die Klägerin zu 2) lediglich für die Zeit bis zum 14.10.1988 einschließlich arbeitsunfähig krank geschrieben und "Eisbeutel, Schonung" verordnet, also irgendwelche weiteren Behandlungsmaßnahmen nicht für erforderlich gehalten. Danach ist davon auszugehen, daß eine spürbare unfallbedingte Einschränkung der Klägerin zu 2) bei der Haushaltsführung über den 14.10.1988 hinaus nicht mehr gegeben war. Andernfalls wäre es nicht recht verständlich, daß der Hausarzt die Klägerin zu 2), die nach ihren eigenen Angaben vor dem Senat Linkshänderin ist, ab 15.10.1988 wieder für arbeitsfähig hält, obwohl sie in einem Werkstattbüro arbeitet und dort nach ihren Angaben vor dem Senat meist mit der Hand schreiben muß.

34

Darüber hinaus muß für die Bewertung der Haushaltsführung der Klägerin zu 2) berücksichtigt werden, daß sie in vollem Umfang berufstätig war. Schon danach erscheint ein Aufwand von 5 Stunden täglich oder 35 Stunden je Woche übersetzt, zumal seinerzeit offenbar noch keine Kinder vorhanden waren (vgl. dazu Schulz-Borck/Hoffmann, Schadensersatzfall bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 3. Aufl. Seite 15). Nimmt man dann noch hinzu, daß die Klägerin zu 2) durch die bestehende Schwangerschaft ohnedies bei der Führung des Haushaltes eingeschränkt war, erscheint ein Betrag von 250,00 DM zur Abgeltung des Ausfalls der Klägerin zu 2) im Haushalt angemessen.

35

c.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin errechnet sich daher wie folgt:

Krankentransportkosten23,38 DM
Ausfall im Haushalt250,00 DM
273,38 DM
./. mit Schreiben vom 6.1.1989 gezahlter11,69 DM
261,69 DM
36

2.

Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB i. V. mit § 3 Nrn. 1, 2 Pflichtversicherungsgesetz als Gesamtschuldnern ein angemessenes Schmerzensgeld verlangen, wobei sie sich auch hier wiederum ein Mitverschulden ihres Ehemannes gem. §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB nicht anrechnen lassen muß.

37

Dieses Schmerzensgeld erscheint mit 800,00 DM angemessen. Maßgeblich ist hierfür, daß die Klägerin nur geringfügigste körperliche Verletzungen erlitten hat, die ohne weitere medizinische Behandlung nur zur Arbeitsunfähigkeit von etwas mehr als einer Woche geführt haben.

38

Entscheidend ist vorliegend, daß die Klägerin zu 2) seinerzeit im 6. Monat schwanger war und sich aufgrund des Unfalles verständlicherweise große Sorgen darum gemacht hat, ob das werdende Kind durch den Unfall Schaden erlitten haben könnte. Immerhin hat sie selbst hinten links in dem Unfallfahrzeug gesessen, also an der Stelle, an der der Hauptschaden am PKW eingetreten ist.

39

Demgegenüber muß berücksichtigt werden, daß dem Beklagten zu 1) lediglich Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, wobei auch nur ein mittlerer Grad von Fahrlässigkeit angenommen werden kann. Die in dem Schmerzensgeld enthaltene Genugtuungsfunktion ist dadurch abgegolten, daß gegen den Beklagten zu 2) in Österreich ein Strafverfahren durchgeführt und mit einer Strafverfügung abgeschlossen worden ist.

40

3.

Insgesamt sind der Klägerin danach 1.061,69 DM zu zahlen. Darauf haben die Beklagten gemäß §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB Zinsen in Höhe von 7 % zu zahlen. Zwar ist der den Zinssatz belegende Vertrag nur mit dem Kläger zu 1) geschlossen. Angesichts der ehelichen Lebensverhältnisse der Kläger ist aber davon auszugehen, daß davon in demselben Umfang die Klägerin zu 2) betroffen ist.

41

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Dabei hat der Senat bereits dem Umstand Rechnung getragen, daß auch die Kläger denselben Rechtsanwalt beauftragt haben (vgl. § 6 Abs. 1 S. 1 BRAGO).

42

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert der Beschwer wird für den Kläger zu 1) auf 2.826,29 DM, für die Klägerin zu 2) 1.888,00 DM und für die Beklagten auf 1.618,76 DM (im Verhältnis zum Kläger zu 1) auf 557,07 DM, im Verhältnis zur Klägerin zu 2). auf 1.061,69 DM) festgesetzt.

Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 6.333,05 DM festgesetzt.

Der Streitwert ergibt sich aus §§ 3, 5, 511 a ZPO, § 14 I GKG. Dabei hat der Senat den unbestimmten Antrag für das Schmerzensgeld mit 2.000,00 DM entsprechend den im ersten Rechtszug geäußerten Vorstellungen der Klägerin zu 2) bemessen.

Der Wert der Beschwer war gem. § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO entsprechend dem Unterliegen mit der jeweiligen Hauptforderung zu bemessen.