Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 18.04.2016, Az.: 5 B 70/16

Asylverfahren; offensichtlich unbegründet; sicherer Herkunftsstaat; Verfahrensrichtlinie

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
18.04.2016
Aktenzeichen
5 B 70/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43231
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Klagen von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten, deren Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, haben keine aufschiebende Wirkung. Der Bundesgesetzgeber hat das verfahrensrechtliche Bleiberecht (Art. 46 Abs. 5 RL 32/2013/EU) in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 lit. a, 1. Alt. RL 32/2013/EU eingeschränkt.

Gründe

Die 1991 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Antragstellerin ist montenegrinische Staatsangehörige und der Volksgruppe der Roma zugehörig.

In der Vergangenheit von der Antragstellerin (und ihren Familienangehörigen) gestellte Asylanträge blieben erfolglos. Mit Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 17. März 2004 (Az.: 4 A 437/03) wurde ihre Klage auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und Asylanerkennung abgewiesen. Im April 2015 reiste die Antragstellerin in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17. August 2015 (erneut) einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 9. März 2016 – als Einschreiben zur Post gegeben am 15. März 2016 – die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Gewährung subsidiären Schutzes ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte die Antragstellerin unter der Androhung der Abschiebung nach Montenegro zur Ausreise innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides auf, ordnete ein Einreise-und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG an, befristete dieses auf 10 Monate ab der Ausreise und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Gegen diesen Bescheid wendet sich die Antragstellerin mit der am 21. März 2016 erhobenen Klage (Az.: 5 A 107/16) sowie dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag festzustellen, dass der Klage (Az.: 5 A 107/16) aufschiebende Wirkung zukommt, hat keinen Erfolg.

Die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz - AsylG - hat nach § 75 Abs. 1 AsylG nur in den dort genannten Fällen aufschiebende Wirkung, das ist in Fällen der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages (§ 36 Abs. 1 AsylG) nicht der Fall.

Die Antragstellerin kann die aufschiebende Wirkung der Klage nicht hiervon abweichend unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180/60 vom 29.06.2013) - im Folgenden: Verfahrensrichtlinie - ableiten. Danach gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Abs. 6 – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Danach kann der Antragsteller also grundsätzlich bis zur Entscheidung über seine Klage gegen einen ablehnenden Asylbescheid im Bundesgebiet verbleiben.

Die unmittelbare Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Nach Art. 52 Satz 1 und 2 Verfahrensrichtlinie wenden die Mitgliedstaaten die Rechts-und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Abs. 1, also jene, die erforderlich sind, um den Artikeln 1 bis 30, Art. 31 Abs. 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie dem Anhang I nachzukommen, auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz sowie auf eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes nach dem 20. Juli 2015 oder früher an. Die Antragstellerin hat ihren Asylantrag am 17. August 2015, somit nach dem genannten Stichtag, gestellt. Gleichwohl kommt die unmittelbare Anwendung von Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie (vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschl. v.  22.12.2015 - 7 L 3863/15.A -, juris) nicht in Betracht. Denn die Antragsgegnerin hat das sich aus dieser Bestimmung ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 lit. a, 1. Alt Verfahrensrichtlinie durch nationales Recht eingeschränkt. Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie eingeräumte Recht auf Verbleib im Mitgliedstaat bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz - dieser ist gemäß Art. 2 lit. b Verfahrensrichtlinie grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet - unter den in Art. 46 Abs. 6 lit. a bis d aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig, wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, ein gerichtliches Antragsverfahren, gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensrechtlichen Bleiberechts, einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit. a zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet betrachtet wird (2. Alt.), es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt.

Nach Auffassung der Kammer ist das verfahrensrechtliche Bleiberecht nicht nach Art. 46 Abs. 6 lit. a, 2. Alt. Verfahrensrichtlinie durch den nationalen Gesetzgeber eingeschränkt worden (a.A. VG Stade, Beschl. v. 18.03.2016 - 2 B 509/16 -, V.n.b.; VG Oldenburg, Beschl. v. 01.03.2016 - 5 B 174/16 -, V.n.b.; VG Düsseldorf, Beschl. v. 13.01.2016 - 6 L 4047/15.A - u. Beschl. v.17.02.2016 - 17 L 361/16.A -, beide juris,). Auch wenn nicht ersichtlich ist, dass sich die beiden Alternativen des Art. 46 Abs. 6 lit. a Verfahrensrichtlinie gegenseitig ausschließen, und sich grundsätzlich der nationale Gesetzgeber für unterschiedliche Fälle unterschiedlicher Alternativen bedienen kann (a.A. VG Münster, Beschl. v. 26.02.2016 - 6 L 142/16.A -, juris), hat die Antragsgegnerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und kein im vorliegenden Verfahren einschlägiges beschleunigtes Verfahren i.S.d. Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie eingeführt. Ein beschleunigtes Verfahren in diesem Sinne ist zwar in dem neu eingeführten § 30 a AsylG zu sehen, der vorliegend jedoch keine Anwendung findet, da es nicht um ein Asylverfahren in einer Außenstelle geht. Die Systematik der Verfahrensrichtlinie verdeutlicht, dass das beschleunigte Verfahren i.S.d. Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie ausschließlich ein beschleunigtes Verwaltungsverfahren betrifft. Die Vorschrift findet sich in dem mit „Erstinstanzliche Verfahren“ überschriebenen Kapitel III der Richtlinie. Der Kontext weist darauf hin, dass das in Art. 31 geregelte Prüfungsverfahren i.S.d. Richtlinie sich auf das Verwaltungsverfahren bezieht. „Rechtsbehelfe“ sind hingegen in Kapitel V der Richtlinie geregelt. Eine Ausnahme vom Bleiberecht (Art. 46 Abs. 5) ist danach gemäß Art. 46 Abs. 6 lit. a, 2. Alt. Verfahrensrichtlinie nur möglich, wenn der nationale Gesetzgeber für den einschlägigen Sachverhalt festgelegt hat, dass das erstinstanzliche Prüfungsverfahren - also das Verwaltungsverfahren - beschleunigt durchgeführt wird. Eine solche Festlegung hat die Antragsgegnerin aber hier nicht getroffen. Die nach § 36 AsylG vorgesehene Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens (vgl. Abs. 3) genügt nicht, sie kann lediglich nach Art. 46 Abs. 6 lit. a, 2. Alt. Verfahrensrichtlinie die Folge des beschleunigten Verwaltungsverfahrens darstellen.

Es ist aber ein Fall des Art. 46 Abs. 6 lit. a, 1. Alt. Verfahrensrichtlinie gegeben, da der Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet betrachtet wurde. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist - beispielsweise der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie kommt (Art. 31 Abs. 8 lit. b Verfahrensrichtlinie) -, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Eine solche - hinreichende - nationale Regelung ist in § 29 a Abs. 1 AsylG zu sehen, die einen besonderen Fall eines offensichtlich unbegründeten Asylantrags (§ 30 Abs. 1 AsylG) enthält. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, wobei gemäß § 29 a Abs. 1 AsylG die gesetzliche Vermutung besteht, dass der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat i.S.d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist.

Mit einem Asylantrag wird nach § 13 Abs. 2 AsylG sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch internationaler Schutz, also Flüchtlingsschutz und subsidiärer Schutz, beantragt. § 30 Abs. 1 AsylG ermöglicht es dennoch, den Asylantrag insgesamt als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn nur die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, der subsidiäre Schutz aber nur „einfach“ unbegründet ist. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet hat nach nationalem Recht die Folge, dass für das gerichtliche Verfahren § 36 AsylG anzuwenden ist, auch wenn der subsidiäre Schutz, im Einklang mit §§ 29 a Abs. 1, 30 Abs. 1 AsylG, nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Dies steht nicht im Widerspruch zur Verfahrensrichtlinie. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie ist entscheidend, ob ein Mitgliedsstaat einen unbegründeten Antrag als offensichtlich unbegründet „betrachtet, bei dem einer der in Art. 31 Abs. 8 Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist. Zwar umfasst ein Antrag i.S.d. Verfahrensrichtlinie nach Art. 2 lit. b die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung subsidiären Schutzes,  Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erfordert aber nicht, dass beide Begehren ausdrücklich als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Vielmehr genügt es, wenn der Mitgliedsstaat einen Antrag nach den nationalen Rechtsvorschriften als offensichtlich unbegründet „betrachtet“. Dies wird auch aus etwa der englischen, französischen und spanischen Sprachfassung der Verfahrensrichtlinie deutlich, welchen aufgrund der 24 Amtssprachen der Europäischen Union - neben allen weiteren 20 Sprachfassungen - ein gleichwertiger offizieller Charakter zukommt und in welchen sich entsprechende Formulierungen finden. So heißt es in Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie englischer Fassung „consider“, in der französischen Fassung „considérer“ und in der spanischen Fassung „considerar“. Eine solche Betrachtung hat der nationale Gesetzgeber durch die Regelung in § 29 a Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 AsylG in richtlinienkonformer Weise festgelegt, indem er den Antrag insgesamt als offensichtlich unbegründet betrachtet, auch wenn der subsidiäre Schutz nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird bzw., wie im deutschen Recht, abgelehnt werden kann.

Dieser Bewertung widerspricht auch der Wortlaut des § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht. Dort unterscheidet der Gesetzgeber zwar zwischen einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag und der Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes. Die Unterscheidung in diesem (anderen) Zusammenhang ist aber lediglich als klarstellend zu betrachten, ohne dass dies einen entscheidenden Einfluss auf die Auslegung des § 29 a Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 AsylG hat. Auch der Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge auf den Regelungsbereich des § 29 a AsylG führt zu keiner anderen Bewertung. Für sich genommen ist der Hinweis insoweit zutreffend, als § 29 a AsylG eine Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht zulässt. Zugleich bedeutet dies nach den oben gemachten Ausführungen aber nicht, dass in Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie der Asylantrag nicht trotzdem insgesamt nach § 29 a Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet betrachtet werden kann.

2. Der hilfsweise gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet, denn es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des insoweit angefochtenen Verwaltungsaktes (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylantrags und des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet bestehen vorliegend nicht. Diese Anträge erweisen sich schon deshalb als offensichtlich unbegründet, weil Montenegro in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu den sicheren Herkunftsstaaten i.S.d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylG zählt. Der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat ist nach § 29 a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das ist hier nicht der Fall. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides, denen sie folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Vorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Während der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 4. November 2015 und im vorliegenden Verfahren hat sie im Wesentlichen Repressalien durch Familienangehörige (ihren Ex-Schwiegervater bzw. ihren Ex-Ehemann) vorgetragen. Die Richtigkeit der Schilderungen unterstellt, kann allenfalls von einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ausgegangen werden. Eine solche kann nach § 3 c Nr. 3 AsylG aber nur dann als flüchtlingsrechtlich relevant angesehen werden, wenn staatliche Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Dass die Antragstellerin sich vor der Ausreise ernsthaft um solchen Schutz bemüht hätte, ist jedoch nicht ausreichend vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Zwar hat sie im vorliegenden gerichtlichen Verfahren ganz pauschal angegeben, der Versuch staatliche Hilfe bzw. Schutz zu erlangen, sei gescheitert, das ist jedoch nicht ausreichend. Das gilt insbesondere deshalb, weil die Antragstellerin im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 4. November 2015 angegeben hatte, sie habe nach einer Misshandlung durch ihren Ehemann Anzeige bei der Polizei erstattet, die Anzeige habe jedoch keinen Erfolg gehabt, weil sie keine Nachweise für die Misshandlung gehabt habe. Die Frage, ob sie sich nach der letzten Begegnung mit ihrem Ex-Schwiegervater noch einmal an die Polizei gewandt habe, hat die Antragstellerin bei ihrer Anhörung verneint. Weitere Umstände, welche auf die fehlende Möglichkeit oder Bereitschaft des Staates schließen lassen könnten, Schutz vor Verfolgung durch Dritte zu bieten, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Soweit die Antragstellerin sich im Übrigen zur Begründung ihres Begehrens auf das Vorbringen ihrer Eltern bezieht, ist das Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Diese haben geltend gemacht, in Montenegro im Zusammenhang mit einem Tötungsdelikt zum Nachteil einer jungen Frau, die im Haushalt der Mutter der Antragstellerin Zuflucht gefunden habe, sowohl durch die Familie des vermeintlichen Täters als auch durch die Familie des Opfers bedroht und unter Druck gesetzt worden zu sein. Die Antragstellerin hat bei ihrer Anhörung jedoch angegeben,  von den Problemen ihrer Eltern oder von Problemen, aufgrund derer ihre Familie ausgereist sei, fast gar nichts zu wissen und die Familie kaum zu kennen. Denn sie selbst habe sich nach eigenen Angaben vorübergehend im Kosovo aufgehalten. Von den Vorfällen habe sie nach eigenem Bekunden keine nähere Kenntnis gehabt, diese hätten sie auch nicht wirklich interessiert. Nähere Angaben hierzu hat die Antragstellerin auch im vorliegenden Verfahren nicht gemacht.

An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen auch keine Zweifel, soweit der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes abgelehnt und die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse verneint worden ist. Insoweit wird ebenfalls auf die eingehende Begründung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in dem Bescheid vom 9. März 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides, obwohl die Person, welche den Bescheid vom 9. März 2016 gefertigt hat, nicht die Anhörung der Antragstellerin am 4. November 2015 durchgeführt hat. Dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes (vgl. §§ 24 Abs. 1, 25, 31 Abs. 1 AsylG) lässt sich nicht entnehmen, dass der Entscheider mit der die Anhörung durchführenden Person identisch sein muss. Von der Anhörung kann in bestimmten Fällen abgesehen werden oder sie kann durch eine schriftliche Stellungnahme ersetzt werden. Wenn für den Entscheider hinsichtlich der Glaubwürdigkeit Fragen offen bleiben, sind diese durch eine erneute Anhörung zu klären (Bayer. VGH, Urt. v. 23.07.1997 - 24 B 96.32748 -; VG Bremen, Beschl. v. 05.01.2016 - 5 V 2543/15 -, beide juris). Aus diesem Grunde folgt die Kammer nicht den von der Antragstellerin dargelegten Erwägungen des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder in dem Beschluss vom 23. Oktober 2000 (Az.: 4 L 167/00.A).

Der Einwand der Antragstellerin, die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung sei im Hinblick auf die Regelungen unter Ziffer 6. und 7. fehlerhaft, rechtfertigt nicht die Annahme, die dort getroffenen Anordnungen seien rechtswidrig.

Der Antrag ist, soweit er sich auf § 11 Abs. 7 AufenthG bezieht, unzulässig. Zwar ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 AufenthG die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat. Der Antragstellerin fehlt aber das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere dann, wenn das Verfahren für den Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Dies ist hier der Fall. Gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG wird das Einreise- und Aufenthaltsverbot erst mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Da die Antragstellerin die Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht isoliert, sondern darüber hinaus auch die Entscheidung über den Asylantrag mit der in der Hauptsache anhängigen Klage angegriffen hat, tritt die Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag - und damit auch die die Antragstellerin belastende Wirkung der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - erst mit rechtskräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens ein. Durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde die Antragstellerin somit nicht besser gestellt.

Auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweist sich - die Zulässigkeit des hiergegen gerichteten Antrags unterstellt (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 -) voraussichtlich als rechtmäßig. Der Hinweis, die Antragstellerin verfüge im Bundesgebiet nicht über wesentliche Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären, ist nicht fehlerhaft. Die volljährige Antragstellerin ist nicht gemeinsam mit ihren Eltern oder Geschwistern eingereist. Zudem verfügen diese Familienangehörigen ebenfalls nicht über eine Berechtigung, sich dauerhaft im Bundesgebiet aufzuhalten. Berücksichtigungsfähige Bindungen hat die Antragstellerin auch im vorliegenden Verfahren nicht vorgetragen. Die geltend gemachten Sprachkenntnisse und die Verbundenheit zu Deutschland auf Grund ihres mehrjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet sind keine in diesem Sinne berücksichtigungsfähigen Bindungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.