Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 19.03.2020, Az.: L 14 U 98/19

Allgemeinbevölkerung; Arbeitsunfall; Hochschulsport; Öffnung; Sportangebot; Studierender; Versicherungsschutz; Zielgruppe

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
19.03.2020
Aktenzeichen
L 14 U 98/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71540
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 29.05.2019 - AZ: S 2 U 83/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Öffnung des Hochschulsports für die Allgemeinbevölkerung kann nicht dazu führen, dass der Versicherungsschutz Studierender bei der Teilnahme hieran insgesamt entfällt. Es ist darauf abzustellen, an welche Zielgruppe sich das konkrete Sportangebot richtet. Versicherungsschutz besteht, wenn es sich wegen gesteigerter Anforderungen an die sportliche Leistungsfähigkeit im Schwerpunkt an ein jüngeres Publikum richtet, zu dem insbesondere die am Hochschulsport teilnehmenden Studierenden gehören.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 29. Mai 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 19. Juni 2017 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger am 13. Oktober 2015 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 13. Oktober 2015 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.

Der 1985 geborene Kläger erlitt am 13. Oktober 2015 beim Uni-Hochschulsport im Rahmen eines Sportkurses „Parkour“ einen Unfall, als er nach einem Sprung vom Kasten/Barren mit dem linken Fuß umknickte und sich eine verschobene Basisfraktur des 5. Mittelfußknochens mit knöchernem Ausriss der Außenbänder am oberen Sprunggelenk zuzog (Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. H., Klinikum I., vom selben Tag). Diese Verletzung wurde im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Klinikum I. vom 16. Oktober 2015 bis 21. Oktober 2015 operativ behandelt.

Am 26. November 2015 erstattete der Verein für Hochschulsport e.V. der Universität I. (VfH) eine Unfallanzeige, in der der Unfallhergang bestätigt wurde; der Unfall habe sich im Rahmen des Hochschulsportprogramms „Parkour + Freerunning“ ereignet.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab und begründete dies dahingehend, dass der Kläger als Student nach § 2 Abs. 1 Nr. 8c des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII) nicht unter Versicherungsschutz gestanden habe, denn die Teilnahme am Hochschulsport sei nicht versichert gewesen. Beim VfH könne uneingeschränkt jeder an allen vom VfH organisierten Kursen teilnehmen. Die Plätze für die Kurse würden nicht vorrangig an die Studenten vergeben (gelber Aufkleber).

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 1. November 2016 Widerspruch und verwies darauf, dass der VfH laut eigener Aussage in Kooperation mit der Universität Bremen die im Hochschulrahmengesetz vorgeschriebene Sportförderung der Studenten erfülle. Es sei zu bezweifeln, dass durch diese Organisationsform Tausende von Studierenden nicht unter Versicherungsschutz stünden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 19. Juni 2017 Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben, mit der er sein Begehren auf Feststellung eines Arbeitsunfalls weiterverfolgt und im Wesentlichen inhaltlich mit seinem Vorbringen aus dem Vorverfahren begründet hat.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Studienbezug – und damit die Eröffnung des Schutzbereichs des § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII – zwingend voraussetze, dass es sich um eine (Hochschul-)Sportveranstaltung handele, die im Wesentlichen nur Studierenden offenstehe. Der VfH biete als Bindeglied zwischen Universität und Bevölkerung eine Teilnahme an den Sportkursen allen Universitätsangehörigen, d.h. Studenten und Beschäftigten sowie allen Bürger*innen an. Damit könne uneingeschränkt jeder an allen angebotenen Sportkursen teilnehmen. Ferner würden die Plätze für die Kurse auch nicht vorrangig an Studenten vergeben. Somit bestehe für den Kläger kein Versicherungsschutz.

Das SG hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft der Universität Bremen vom 15. April 2019 eingeholt, die mitgeteilt hat, dass der Hochschulsport nicht von ihr selbst veranstaltet werde, sondern vom unabhängigen VfH. Weitere Fragen seien deshalb an diesen zu richten. Auf der Grundlage eines bestehenden Kooperationsvertrages zwischen dem VfH und der Universität könne jedoch mitgeteilt werden, dass sich das Angebot des Hochschulsports sowohl an die Studierenden der Bremer Hochschulen, an Mitarbeiter der Universität als auch an Externe richte.

Der VfH bestätigte durch seine Geschäftsführerin Frau J. mit Schreiben vom 6. Mai 2019 die Angaben der Universität Bremen. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass die meisten Kurse – und dazu gehöre auch der vom Kläger besuchte Kurs „Parkour und Freerunning“ – im Wintersemester 2015/2016 sich an diese Personengruppen (Studierende, Mitarbeiter*innen der Universität/Hochschulen sowie Bürger der Stadt Bremen) gerichtet habe. Damit würden die Plätze an Studierende nicht vorrangig vergeben.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG Bremen die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Mai 2019 abgewiesen und sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten angeschlossen.

Gegen den ihm am 5. Juni 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. Juli 2019 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren fortführt und die er zusammenfassend mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen begründet.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 29. Mai 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2017 aufzuheben,

2. festzustellen, dass er am 13. Oktober 2015 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt ihrer Bescheide sowie die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren am 2. Dezember 2019 durch seinen Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem der Kläger ergänzend angehört sowie die Geschäftsführerin des Vereins für Hochschulsport (VfH) e.V. I. (Frau S. J.) als Zeugin vernommen worden ist. Wegen des weiteren Inhalts der Angaben des Klägers sowie der Aussage der Zeugin wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Dem Senat hat außer der Prozessakte die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Alle Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird hierauf verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143 f. SGG) und damit insgesamt zulässig. Das Rechtsmittel hat in der Sache auch Erfolg. Anders als das SG ist der erkennende Senat der Auffassung, dass der Kläger einen Anspruch auf Feststellung des Unfallereignisses vom 13. Oktober 2015 als Arbeitsunfall hat.

Richtige Klageart zur Erreichung des Ziels des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Hiernach kann ein Versicherter vorab im Wege der isolierten Feststellungsklage klären lassen, ob er einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit erlitten hat (vgl. BSG vom 28. April 2004 – B 2 U 21/03 R – und vom 7. September 2004 – Az. B 2 U 35/03 R und B 2 U 46/03 R). Zwar hat der nicht anwaltlich vertretene Kläger in seinen Schriftsätzen die Feststellungsklage nicht erwähnt. In Würdigung des von ihm erhobenen Anspruchs (vgl. § 123 SGG) geht der Senat indes davon aus, dass er hier eine entsprechende Klage erhoben hat.

Die nach den vorherigen Ausführungen zulässige Feststellungsklage ist auch begründet. Der vom Kläger im Rahmen der Hochschulsport-Veranstaltung „Parkour + Freerunning“ am 13. Oktober 2015 erlittene Unfall, bei dem er sich laut dem Bericht des Arztes für Chirurgie K. – BG-Unfallambulanz und Rehazentrum L. – vom 22. Oktober 2015 durch ein Umknicken mit dem linken Fuß nach einem Sprung vom Kasten/Barren, eine Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit knöchernem Ausriss der Außenbänder zugezogen hat, stellt einen Arbeitsunfall dar. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass der Versicherte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG vom 4. Dezember 2014 – Az. B 2 U 10/13 R – Rn. 11 m. w. N.; vgl. juris).

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfalls vom 13. Oktober 2015 als Studierender im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe c) SGB VII kraft Gesetzes versichert. Nach seinen glaubhaften Angaben im Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme vom 2. Dezember 2019 war er damals an der Universität Bremen für den Bachelor-Studiengang Geowissenschaften immatrikuliert. Die von ihm im Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Hochschulsportkurs „Parkour + Freerunning“ (Angebot Nr. 1031), stand in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Studierender an einer Hochschule. Gemäß der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 4. Dezember 2014 – Az. B 2 U 10/13 R – Rn. 13 ff.; vgl. juris) ist der Versicherungsschutz Studierender unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Aus- und Fortbildung an der Hochschule nicht nur auf rein studienfachbezogene Verrichtungen beschränkt, sondern ist grundsätzlich auch während der sportlichen Betätigung im Rahmen des Hochschulsports gegeben. Denn die gesetzlichen Aufgaben der Hochschulen erstrecken sich über die Berufsvorbereitung hinaus auf die soziale Förderung der Studierenden und damit auch auf die Förderung ihrer sportlichen Betätigung. In der gesundheitlichen Ausgleichsfunktion des Sports zur oft einseitigen Körperhaltung bei hoher geistiger Belastung dient der Hochschulsport zugleich u. a. der sozialen Integration der häufig an wohnortfremden Hochschulorten wohnenden Studierenden, der Identifikation mit der eigenen Hochschule und nicht zuletzt der Persönlichkeitsentwicklung (vgl. BSG a. a. O., Rnrn. 16, 17). Demgemäß bestimmt § 2 Abs. 4 Satz 3 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der seit dem 1. Mai 2002 geltenden Fassung, dass die Hochschulen in ihrem Bereich den Sport zu fördern haben. Diese aus dem Rahmenrecht folgende Verpflichtung ist für die Hochschulen des Landes Bremen durch § 4 Abs. 7 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes (BremHG) umgesetzt, wonach die Hochschulen in ihrem Bereich den Sport fördern.

Diesem Zweck diente auch der vom Kläger im Unfallzeitpunkt im Rahmen des Sportkurses „Parkour + Freerunning“ ausgeführte Sprung von einem Barren/Kasten. Dieser Sportkurs war Bestandteil des Hochschulsports. Ausweislich des bei der Akte der Beklagten befindlichen Auszugs aus dem Programmheft des VfH für das Wintersemester 2015/2016 fand dieser Kurs damals jeweils Dienstag- und Mittwochnachmittag statt. Dem Versicherungsschutz steht nicht schon entgegen, dass der Hochschulsport nicht unmittelbar von der Universität selbst organisiert und durchgeführt wurde. Diese arbeitet vielmehr nach den Darlegungen der Zeugin J. im Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin vom 2. Dezember 2019 bereits seit 1986 mit dem VfH zusammen. Die Zeugin, die auch Geschäftsführerin dieses Vereins ist, hat glaubhaft bekundet, dass dieser allein für die Durchführung des Hochschulsports verantwortlich ist. Dies ergibt sich auch aus § 2 Abs. 1 der von ihr vorgelegten aktuellen Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität Bremen und dem VfH vom 6. März 2015. Die Delegation des Hochschulsports verstößt auch nicht gegen die Bestimmungen des BremHG, da dessen bereits zitierter § 4 Abs. 7 Satz 1 die Hochschulen lediglich zur Förderung des Sports in ihrem Bereich verpflichten, ihnen aber nicht auferlegt, diesen auch in eigener Organisationshoheit durchzuführen. Im Übrigen ist die Durchführung des versicherten Hochschulsports auch dadurch gewährleistet, dass § 2 Abs. 2 der Kooperationsvereinbarung vom 6. März 2015 den Verein verpflichtet, bei der Aufstellung und Durchführung des Programms das BremHG zu beachten. Schließlich ist die Durchführung des vom VfH angebotenen Sports als Hochschulsport auch dadurch gewährleistet, dass die Universität gemäß § 1 Abse. 1, 2 der Kooperationsvereinbarung vom 6. März 2015 dem Verein einen jährlichen Betrag in Höhe von damals 115.000,00 € zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke zukommen ließ und gemäß § 4 Abs. 1 der Vereinbarung Nutzungsmöglichkeiten an ihren Sportstätten und Sportgeräten einräumte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten entfällt der Versicherungsschutz im Fall des Klägers nicht dadurch, dass der von dem VfH angebotene Hochschulsport im Unfallzeitpunkt, aber auch aktuell zugleich Personen offensteht, die nicht Mitglieder/Angehörige der Hochschule sind (vgl. Abs. 2 der Präambel der Kooperationsvereinbarung vom 6. März 2015). Die Zeugin J. hat in ihrer Vernehmung vom 2. Dezember 2012 hierzu ergänzend den „Wissenschaftsplan 2025“ der Freien Hansestadt Bremen vorgelegt, wonach das Kooperationsmodell mit dem VfH (sogenanntes Bremer Modell) mit seiner Öffnung des Sportangebotes für alle Beschäftigten der Hochschulen sowie für Bürger*innen durch die vereinsförmige Organisation zur Vernetzung mit den Bürgern*innen des Landes und den übrigen Trägern des Bremer Sports beitrage und auch Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Qualifikation/Fortbildung als Kursleiter*in der pädagogischen Arbeit mit Bewegungs-, Spiel- und Sportgruppen biete. Zwar zählen nach der Rechtsprechung des BSG sportliche Betätigungen von Studierenden nur dann zu dem nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe c) SGB VII versicherten Hochschulsport, wenn der Teilnehmerkreis bei der den Rahmen hierfür bietenden Veranstaltung grundsätzlich im Wesentlichen auf den genannten Personenkreis und ggf. noch auf andere Hochschulangehörige beschränkt ist. Denn nur dann kann die sportliche Betätigung der Studierenden die sozialen und persönlichkeitsbildenden Funktionen im Rahmen des Studiums erfüllen (vgl. Urteil des BSG vom 4. Dezember 2014 – B 2 U 13/13 R – Rn. 19; vgl. juris). Dies ist vorliegend zwar nicht der Fall, da, wie bereits ausgeführt, die Teilnahme am Hochschulsport generell auch der Allgemeinbevölkerung offensteht und auch ein Vorrang von Studierenden bei der Reservierung von Teilnehmerplätzen in den einzelnen Kursen nicht ersichtlich ist. Dies kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht dazu führen, dass es im Lande Bremen keinen versicherten Hochschulsport gibt. Vielmehr ist im Einzelfall danach zu entscheiden, an welche Zielgruppe sich das im jeweiligen Programmheft des VfH aufgeführte Sportangebot richtet. Die von der Zeugin J. in ihrer Vernehmung vom 2. Dezember 2019 angeführten Kurse für Kinder (z. B. zum Erlernen des Schwimmens), für Senioren oder auch die Inklusionskurse dürften danach im Allgemeinen nicht zum versicherten Hochschulsport zählen. Anders verhält es sich jedoch mit der vom Kläger im Unfallzeitpunkt ausgeübten sportlichen Betätigung im Rahmen des Kurses „Parkour + Freerunning“. Hierbei handelt es sich nämlich um eine sportliche Betätigung, die gesteigerte Anforderungen an körperliche Fitness, Körperbeherrschung und Ausdauer stellt. Dies ergibt sich auch aus der Beschreibung des Kurses im Programmheft für das Wintersemester 2015/2016, in der es heißt, es werde versucht, sich in den Weg stellende Hindernisse durch Kombination verschiedener Bewegungen so effizient wie möglich zu überwinden, sodass Parkour deshalb auch als „Kunst der effizienten Fortbewegung“ bezeichnet werde. Im Hinblick auf das Freerunning, welches ebenfalls Bestandteil dieses Kurses war, enthält die Beschreibung den Hinweis, dass im Gegensatz zum Parkour hierbei großer Wert auf Akrobatik und Figuren gelegt werde, die man beim Überwinden der Hindernisse vollbringe. Ergänzend ist auch noch auf die Beschreibung der aktuell für das Sommersemester 2020 vorgesehenen Veranstaltung „Parkour“ des VfH zu verweisen (vgl. Internetseite der Universität Bremen; www.buchsys.de/bremen/angebote/aktueller_zeitraum/_Parkour.html). Darin wird diese Sportart als „Superfitnesstraining“ bezeichnet und als geeignet angesehen, Ängste zu bekämpfen, etwas über die Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers zu lernen, seine Kräfte einzuschätzen und seine Grenzen zu erkennen. Dies alles weist darauf hin, dass Adressatenkreis dieser Veranstaltung ein junges, körperlich leistungsfähiges Publikum ist, zu dem im Rahmen des Hochschulsports insbesondere Studierende gehören; die sich erfahrungsgemäß zumeist im Alter zwischen 18 und 35 Jahren stehen. Für die Allgemeinbevölkerung sowie die von der Zeugin J. in ihrer Vernehmung bezeichneten sonstigen Personengruppen erscheint diese Sportart dagegen in aller Regel nicht geeignet. Dementsprechend zählten zu den Teilnehmer/-innen ausweislich der Angaben der genannten Zeugin in dem auch vom Kläger besuchten Kurs im Schwerpunkt Studierende (17 Personen) und nur drei externe Personen.

Nach alledem hat die Berufung des Klägers Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen.