Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 08.12.2022, Az.: 8 U 149/21

Wirksamkeit der Klageerhebung durch vor deutschen Gerichten postulationsfähige Rechtsanwälte; Rechtsfolgen des Tätigwerden für eine Rechtsanwaltspartnerschaft außereuropäischen Rechts

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
08.12.2022
Aktenzeichen
8 U 149/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 69681
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 22.01.2021 - AZ: 8 O 2427/19

Fundstelle

  • GesR 2023, 262-270

Redaktioneller Leitsatz

1. Die von einem nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnete Klageschrift ist im Anwaltsprozess als Prozesshandlung unwirksam.

2. Ein für eine ausländische Partnerschaft von Rechtsanwälten mit beschränkter Haftung tätig werdender Rechtsanwalt, der die Zulassung für die Vertretung vor deutschen Gerichten innehat, kann gleichwohl wirksame Prozesshandlungen nur dann vornehmen, wenn dies im eigenen Namen und nicht im Namen einer nicht zur Prozessführung befugten Rechtsanwaltsgesellschaft geschieht.

3. Dies ist nicht der Fall, wenn ein vor deutschen Gerichten postulationsfähiger Rechtsanwalt eine Klageschrift mit dem Zusatz unterzeichnet, dass er für eine beschränkt haftende Partnerschaft nach dem Recht eines US-Bundestaates und nicht im eigenen Namen tätig wird.

In dem Rechtsstreit
des Landkreises G., vertreten durch den Landrat Dr. A. S., .....,
- Klägers und Berufungsklägers -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte X. & Y. LLP, ....,
Geschäftszeichen: ......
g e g e n
die A. K. GmbH & Co. KGaA, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin A. GmbH, diese vertreten durch deren Geschäftsführer K. H., A. R. u.a., .....,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
1.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte G. & S. Partnerschaft mbB, ....,
Geschäftszeichen: .....
2.
a. Rechtsanwälte, ....,
Geschäftszeichen: ......
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht X, die Richterin am Oberlandesgericht Y und die Richterin am Oberlandesgericht Z im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum Ende der Schriftsatzfrist am 07. November 2022 eingereichten Schriftsätze für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 22. Januar 2021 - 8 O 2427/19 - wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

VI.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 29.400.000,00 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Urteil wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens auf 31.000.000,00 EUR festgesetzt wird.

Gründe

A.

Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit der Privatisierung eines Krankenhauses in C.-Z..

Der Kläger ist eine kommunale Gebietskörperschaft, in dessen Trägerschaft sich die Kliniken in G., B. H. und C.-Z. befanden. Am 29.11.1999 fasste der Kreistag in G. den Beschluss, die vorgenannten Kliniken in einer GmbH zusammenzufassen und teilweise zu privatisieren. Zu diesem Zweck wurde die H. GmbH gegründet und im Handelsregister eingetragen. Diese firmierte seit dem 17.09.2003 als A. H. GmbH und aufgrund einer Änderung des zuständigen Registergerichts seit dem 01.08.2005 als H. GmbH. Nachdem eine Teilprivatisierung in den Jahren 1999 und 2000 nicht weiterverfolgt wurde, fasste der Kreistag G. im Jahr 2002 den Beschluss, die H. GmbH vollständig zu privatisieren. Die Privatisierung wurde von dem Kläger zuletzt mit dem Ziel betrieben, alle drei Kliniken an einen einzelnen Krankenhausträger zu veräußern, der den Betrieb der Kliniken sicherstellen sollte. Zu diesem Zweck wurde ein europaweites Auslobungsverfahren durchgeführt. Die A. K. GmbH erhielt nach Abgabe eines entsprechenden Angebotes und weiterer Verhandlungen den Zuschlag.

Am 29.04.2003 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag (im Folgenden: Privatisierungsvertrag, UR-Nr. .... des Notars D. R., Anlage K 1, Anlagenband Kläger) ab. In diesem Vertrag teilte der Kläger den von ihm gehaltenen einzigen Geschäftsanteil an der H. GmbH mit einem Nennbetrag von 7.436.250,00 EUR in einen Teilanteil von 6.990.250,00 EUR und einen Teilanteil von 446.000,00 EUR auf. Den Teilanteil in Höhe von 6.990.250,00 EUR veräußerte der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und trat ihn an diese ab. Den Teilgeschäftsanteil von 446.000,00 EUR erwarb die R. Reha-Kliniken GmbH. Mitverkauft wurde das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres 2003 sowie etwaige nicht ausgeschüttete Gewinne der früheren Geschäftsjahre (§ 2 des Privatisierungsvertrages). Der Basis-Kaufpreis für beide Teil-Geschäftsanteile belief sich auf insgesamt 15.000.000,00 EUR und sollte von den Erwerberinnen gesamtschuldnerisch getragen werden. Der Privatisierungsvertrag wurde im Wege der Ausgliederung zunächst auf die A. K. Verwaltungsgesellschaft mbH übertragen. Die A. K. Verwaltungsgesellschaft mbH wurde mit Wirkung zum 29.12.2017 in die A. K. GmbH & Co. KGaA - jetzige Beklagte - umgewandelt.

Der Kauf- und Abtretungsvertrag enthält unter § 4 - Sonstige Verpflichtungen der Käuferin (Vorgabenkatalog) - folgende Regelungen:

'4.1. Die Käuferin verpflichtet sich, die stationäre Krankenversorgung im Landkreis dauerhaft sicherzustellen (im folgenden: "geschützte Krankenversorgung"). Die Käuferin verpflichtet sich ferner, dafür zu sorgen, daß die H. GmbH den Krankenhausbetrieb und die stationäre Krankenhausversorgung an den Krankenhausstandorten G., B. H. und C.- Z. (im folgenden: die "drei Krankenhausstandorte") dauerhaft fortführt und weiterentwickelt (im folgenden: "geschützte Standortsicherung").

Zum Schutz der geschützten Krankenversorgung und der geschützten Standortsicherung wird die Käuferin insbesondere dafür sorgen, daß

(a) keiner der drei Krankenhausstandorte vollkommen geschlossen wird und die stationäre Krankenhausversorgung an allen drei Krankenhausstandorten gewährleistet ist und weiterentwickelt wird; hierbei können jedoch - vorbehaltlich der lit. (b) bis lit. (d) - einzelne Versorgungsbereiche an bestimmten Standorten konzentriert und dezentrale Einrichtungen zu zentralen Einrichtungen (z.B. Zentrallabor, Zentralsterilisation, Zentralküche) zusammengelegt werden;

(b) eine stationäre Grundversorgung an allen drei Krankenhausstandorten nach dem jeweils gebotenen Stand der medizinischen Erfordernisse und Erkenntnisse weiterhin sichergestellt und für alle Einwohner des Landkreises entsprechend ihrem Bedarf verfügbar ist;

(c) der originäre Versorgungsauftrag der H. GmbH gemäß den jeweiligen Festlegungen des Landeskrankenhausgesetzes und des Landeskrankenhausplanes in vollem Umfang gewährleistet wird;

(d) die H. GmbH den Sitz ihrer Verwaltung für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags in der Stadt G. behält.

4.2. Die Pflicht der Käuferin zur Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung und der geschützten Standortsicherung gemäß Ziffer 4.1 wird jedoch ganz oder anteilig solange und soweit eingeschränkt, wie ein oder mehrere der derzeit zu der H. GmbH gehörende Krankenhäuser nicht mehr in dem Krankenhausplan des Landes Niedersachsen (oder einen an dessen Stelle tretenden Plan) aufgenommen sind oder für eines oder mehrere dieser Krankenhäuser kein Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V besteht.

Diese Einschränkung der Pflicht zur Sicherstellung gilt jedoch nicht für den Fall, daß die Nichtaufnahme aufgrund eines Betreibens oder eines anderen Verhaltens der Käuferin oder der H. GmbH erfolgte, mit dem diese Verpflichtung treuwidrig umgangen wird.

4.3 Die Käuferin verpflichtet sich zum Schutz der zum Übertragungsstichtag bei der H. GmbH angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im folgenden: "geschützte Mitarbeiter"), dafür zu sorgen, daß

(a) gegenüber den geschützten Mitarbeitern, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrages unbefristet angestellt sind, (i) die H. GmbH innerhalb von zwei Jahren ab Unterzeichnung dieses Vertrags keine betriebsbedingten Kündigungen ausspricht und (ii) für diese Mitarbeiter, sofern sie zum Übertragungsstichtag das 57. Lebensjahr vollendet hatten, eine betriebsbedingte Kündigung für weitere drei Jahre, also insgesamt für fünf Jahr ab Unterzeichnung dieses Vertrages, ausgeschlossen ist. Eine betriebsbedingte Kündigung im vorgenannten Sinne liegt nicht vor, wenn einem Mitarbeiter gekündigt wird, nachdem er das Angebot eines vergleichbaren Ersatzarbeitsplatzes an einem anderen Krankenhaus der Harzkliniken GmbH, welches an einem der drei genannten Krankenhausstandorte liegt, abgelehnt hat.

Änderungskündigungen, die auf eine Umgehung dieser Schutzbestimmung hinauslaufen, sind unzulässig.

(b) (...)

(c) (...)

(...)

4.4 Die Käuferin verpflichtet sich zur Sicherstellung der zukünftig von der H. GmbH vorzunehmenden Investitionen (im folgenden: "geschützte Investitionen") dafür zu sorgen, daß

(a) die H. GmbH Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in dem Umfang durchführt, der erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll ist, um den baulichen Zustand und die technischen Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der medizinischen und pflegerischen Standards unter Berücksichtigung der Strukturoptimierung des Betriebes zu erhalten oder zu schaffen;

und

(b) die bereits verbindlich von der Verkäuferin bzw. der H. GmbH geplanten und in Anlage 4 aufgeführten Investitionsvorhaben von der Käuferin bzw. der H. GmbH fortgeführt werden, wobei jedoch die Käuferin das Recht und die Pflicht hat, bei geänderten technischen oder wirtschaftlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung des ursprünglichen Vorhabenzwecks diese Vorhaben entsprechend anzupassen.

4.5 (...)

4.6 Die Käuferin wird dafür Sorge tragen, daß die H. GmbH und ihre Krankenhäuser so betrieben werden, daß hieraus zukünftig keinerlei finanzielle Belastungen für die Verkäuferin in Bezug auf die Erfüllung ihres medizinischen Versorgungsauftrages als Landkreis entstehen (im folgenden: "Gebot der Kostenneutralität").

4.7 Vorbehaltlich der Regelungen in Ziffer 4.8 Satz 1 und 2 verpflichtet sich die Käuferin hiermit gegenüber der Verkäuferin aufschiebend bedingt durch den Übergang der Teilgeschäftsanteile zur Zahlung folgender Vertragsstrafen an die Verkäuferin:

(a) soweit Ziffer 4.1 i.Vm. Ziffer 4.2 verletzt ist, fällt für jedes Jahr, in dem die sich aus diesen Vorschriften ergebende Pflicht zur Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung oder geschützten Standortsicherung verletzt ist, eine Vertragsstrafe an in Höhe von insgesamt € 1.000.000; und

(b) (...)

4.8 Die gemäß diesem Vertrag zu zahlenden Vertragsstrafen werden nur zur Zahlung fällig, wenn die Käuferin die betreffenden Verpflichtungen schuldhaft und trotz schriftlicher Aufforderung und nach Abmahnung mit angemessener Fristsetzung nicht erfüllt. Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe muß durch schriftliche Erklärung gegenüber der Käuferin erfolgen. Die Erklärung kann nur innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt abgegeben werden, zu welchem der Verkäuferin die die Vertragsstrafe begründenden Umstände bekannt geworden sind oder hätten bekannt sein müssen. Der Verkäuferin bleibt es unbenommen, anderweitig bestehende Ansprüche geltend zu machen.'

Unter § 13 des notariellen Privatisierungsvertrages ist zudem bestimmt:

'Vorausgehende Verhandlungen und Vereinbarungen

Dieser Vertrag ersetzt alle vorausgehenden Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen den Parteien, die den Gegenstand dieses Vertrages betreffen, insbesondere auch die Angebote der Käuferin vom 2. Oktober 2002, 12. Februar 2003 und 1. April 2003, auch soweit die darin enthaltenen Erklärungen vom Inhalt dieses Vertrages abweichen. Die Bestimmungen der Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien vom 20./30. Dezember 2002 bleiben unberührt.'

In § 17 des notariellen Privatisierungsvertrages haben die Parteien für den Fall der Unwirksamkeit oder Undurchführbarkeit einzelner Klauseln des Vertrages folgende Regelung getroffen:

'17.3 Sollten Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrags nicht berührt werden. Das gleiche gilt, soweit sich herausstellen sollte, daß der Vertrag eine Regelungslücke enthält. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung oder zur Ausfüllung der Lücke soll eine angemessene Regelung gelten, die - soweit rechtlich möglich - dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt hätten oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrags gewollt haben würden, soweit sie bei Abschluß dieses Vertrags oder bei der späteren Aufnahme der Bestimmungen den Punkt bedacht hätten.

Das gilt auch, wenn die Unwirksamkeit einer Bestimmung etwa aus einem in dem Vertrag vorgeschriebenen Maß der Leistung oder Zeit (Frist, Termin oder Laufzeit) beruht; es soll dann ein dem gewollten möglichst nahekommendes, rechtlich zulässiges Maß der Leistung oder Zeit als vereinbart gelten."

Mit Bescheid vom 21.12.2017 kündigten die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen den Versorgungsvertrag betreffend das Plankrankenhaus A. H. C.-Z. gemäß § 109 Abs. 1 SGB V zum 31.12.2018. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht Braunschweig stellte mit Urteil vom 26.06.2019 - Az. 5 A 210/18 - fest, dass die Kündigung vom 21.12.2017 keine Rechtswirksamkeit entfalte und der Versorgungsvertrag für das Plankrankenhaus in C.-Z. fortbestehe. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 16.07.2020 - Az. 13 LC 303/19 - (Anlage K 75, Bd. V Bl. 981 ff. d.A.) zurück.

Mit Schreiben vom 22.12.2017 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (Anlage K 38, Bd. I, Bl. 227 d.A.) machte der Kläger mit Blick auf die Kündigung des Versorgungsvertrages eine vertragliche Pflichtverletzung des Privatisierungsvertrages - unter anderem von Pflichten aus § 4 Ziffer 4.1. (a) - geltend und behielt sich die Geltendmachung der im Vertrag vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 1.000.000,00 EUR jährlich vor. Gleichzeitig forderte er die A. H. GmbH unter Fristsetzung bis zum 15.01.2018 auf, ihre vertraglichen Pflichten zur dauerhaften Sicherstellung der geschützten Krankenhausversorgung und der geschützten Standortsicherung zu erfüllen und drohende zukünftige Pflichtverletzungen abzuwenden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2018 (Anlage K 39, Bd. I, Bl. 232 d.A.) erfolgte eine weitere Abmahnung unter Fristsetzung bis zum 09.04.2018, welche an die a. Rechtsanwälte, die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, gerichtet war. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.01.2018 (Anlage K 40, Bd. I, Bl. 234 ff d.A.) an die a. Rechtsanwälte wurden einzelne, aus Sicht des Klägers vorliegende Pflichtverletzungen gerügt und die Geltendmachung einer Vertragsstrafe angekündigt. Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 11.06.2018 (Anlage K 41, Bd. I, Bl. 237 ff. d.A.) forderte der Kläger die Beklagte für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2017 zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 14.000.000,00 EUR auf und setzte ihr hierfür eine Frist bis zum 29.06.2018.

Eine Zahlung der Vertragsstrafe durch die Beklagte erfolgte nicht. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen vertraglicher Pflichtverletzungen und beruft sich im Übrigen auf die Einrede der Verjährung. Die Abmahnungen der behaupteten Pflichtverletzungen seien nicht hinreichend konkret genug und zudem an den falschen Adressaten gerichtet gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie wegen der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (LGU, Seiten 2 bis 13, Bd. VI, Bl. 1163 R. bis 1169 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage teilweise als unzulässig, teilweise als unbegründet abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Klage sei zwar wirksam erhoben worden, weil die Klageschrift von zwei Rechtsanwälten unterschrieben worden sei. Diese seien auch zur Vertretung des Klägers vor dem angerufenen Gericht befugt gewesen. Auf die fehlende Einzahlung eines Kostenvorschusses durch den Kläger komme es nicht an, weil dieser gemäß § 108 NJG Kostenfreiheit genieße. Die Klage sei hinsichtlich einzelner Klageanträge jedoch unzulässig; im Übrigen sei sie unbegründet.

Hinsichtlich der Klageanträge zu III. (Haupt- und Hilfsantrag) fehle es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers. Die Pflichten der Beklagten aus dem Vertrag seien mit Ablauf des Jahres 2018 beendet gewesen. Die zeitlich nicht befristete Vertragsdauer sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für das gesamte Handeln öffentlich-rechtlicher Körperschaften im Rechtsverkehr mit Privaten bestimmend. Daraus folge, dass der Staat einem Vertragspartner keine beliebigen Beschränkungen auferlegen dürfe (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 08.02.2019 - V ZR 176/17 -). Das gelte auch für den Kläger als kommunale Gebietskörperschaft. Bindungen ohne zeitliche Begrenzung seien danach unzulässig und führten zur Unwirksamkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Verpflichtung. In entsprechender Anwendung des § 139 BGB sei davon auszugehen, dass die Vertragsparteien anstelle der unzulässigen unbefristeten Bindung der Beklagten an den Vertrag eine möglichst lange, rechtlich noch zulässige Geltungsdauer der vertraglichen Verpflichtungen vereinbart hätten. Bereits die Regelung in § 4 Ziffer 4.1 (d) des Kauf- und Abtretungsvertrages zeige, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrages davon ausgegangen seien, dass die Vertragspflichten nicht ohne jede zeitliche Begrenzung Bestand haben könnten. Die Ursachen, die zur Kündigung des Versorgungsvertrages geführt hätten, und die aktuelle Corona-Pandemie zeigten eine Entwicklung auf, die bei Vertragsschluss im Jahr 2003 noch nicht einmal ansatzweise absehbar gewesen sei. Zudem habe sich gezeigt, dass der Standort C.-Z. als stationäres allgemeines Krankenhaus nicht mehr in gleicher Weise erforderlich sei wie im Jahr des Vertragsschlusses in 2003. Das Feststellungsinteresse des Klägers für den Klageantrag zu III. fehle auch deshalb, weil keine Pflichtverletzungen der Beklagten in der Vergangenheit ersichtlich seien, die zur Feststellung einer Vertragsstrafe führen könnten.

Unzulässig sei auch der Klageantrag zu IV., der auf die Feststellung der Ersatzpflicht für weitergehende - auch künftige - Schäden des Klägers gerichtet sei. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liege nicht vor. Zudem sei nicht ersichtlich, welche Schäden dem Kläger aus der behaupteten Pflichtverletzung noch entstehen könnten. Für Zeiträume ab 2018 gelte zudem das zum Klageantrag zu III. Ausgeführte. Für die Vergangenheit gelte, dass der Kläger bereits nicht vorgetragen habe, welche konkreten Schäden ihm entstanden seien. Der Kläger habe insbesondere nicht dargelegt, dass er von Patienten auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden sei, weil sie nicht am Krankenhausstandort C.-Z. hätten behandelt werden können.

Die weitergehende Klage sei unbegründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 16 Mio. EUR gemäß Ziffern 4.7 und 4.8 des notariellen Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 (Klageantrag zu II.). Zwar handele es sich insoweit nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB, die der Inhaltskontrolle unterliege, weil der streitgegenständliche Vertrag individuell ausgehandelt worden sei. Eine Verletzung von Vertragspflichten durch die Beklagte gemäß § 4 des Vertrages liege jedoch nicht vor. Die Pflichten seien in § 4 des Vertrages allerdings nicht sehr konkret beschrieben. Eine Ausnahme gelte für die Pflicht zur Erhaltung aller drei Krankenhausstandorte nach Ziffer 4.1 (a) des Privatisierungsvertrages, die jedoch unter dem Vorbehalt der Ziffer 4.2 stehe. Der Vertrag im Übrigen sei auslegungsbedürftig, aber auch auslegungsfähig. Dabei spielten Umstände aus der Vertragshistorie keine Rolle, weil die Parteien in § 13 des Vertrages vereinbart hätten, dass vorausgegangene Erklärungen der Parteien keine Berücksichtigung mehr finden sollten. Mindeststandards hätten die Parteien im Jahr 2003 nicht vereinbart. So fehle es an einer Regelung, dass am Standort in C.-Z. eine bestimmte Mindestanzahl von Personal und/oder Betten nicht unterschritten werden dürfe. Auch fehle es an einer Regelung, wonach bestimmte stationäre "Behandlungen", wie z.B. die Gynäkologie, in jedem Fall vorhanden sein müssten. In dem Vertrag sei auch keine vereinzelte Differenzierung zwischen den einzelnen Standorten getroffen worden.

Der im Vertrag enthaltene Begriff des Weiterentwickelns sei auszulegen. Die Parteien seien bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass einzelne Versorgungsbereiche an bestimmten Standorten konzentriert werden und dass dezentrale Einrichtungen zu zentralen Einrichtungen zusammengelegt werden könnten. Dies ergebe sich aus Ziffer 4.1. des Privatisierungsvertrages. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers könne der Begriff "weiterentwickeln" nicht mit dem Begriff "ausbauen" gleichgesetzt werden. Vielmehr sei der Begriff "weiterentwickeln" als Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten zu verstehen. Dies habe zur Folge, dass der Beklagten nach den Regelungen des Vertrages ein großer Spielraum für unternehmerische Entscheidungen eingeräumt worden sei. Die Kammer gehe nicht davon aus, dass die Beklagte die medizinische Daseinsvorsorge der Einwohner des Landkreises G. "in der Rolle der öffentlichen Hand" übernommen habe. Für eine derartige Übernahme fehle es an jeglichen Anhaltspunkten im Vertrag. Die Beklagte habe lediglich drei Kliniken gekauft, ohne sich jedoch zu verpflichten, die gesamte medizinische Daseinsvorsorge der Bürger des Landkreises sicherzustellen. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet, am Standort C.-Z. ein Krankenhaus zu betreiben, welches vom Standard her an das nur rund 20 km entfernte Krankenhaus in G. heranreiche. Letzteres sei auch nach Auffassung des Klägers sehr gut ausgestattet und werde seinem Versorgungsauftrag vollumfänglich gerecht. Im Krankenhaus in G. könnten auch schwerere Erkrankungen behandelt werden. Es bestehe deshalb keine Notwendigkeit, einen Großteil der Bevölkerung im Einzugsbereich des Klägers am Standort C.-Z. umfassend medizinisch stationär zu versorgen. Aus diesem Grund sei es statthaft gewesen, einzelne Bereiche von der stationären Versorgung in die (ambulante) Versorgung durch das angegliederte Medizinische Versorgungszentraum (MVZ) in C.-Z. zu überführen. Dies gelte für die Bereiche Gynäkologie, Augenheilkunde und Kinderheilkunde. Eine Verpflichtung der Beklagten sicherzustellen, dass auch schwerste Erkrankungen und/oder Verletzungen am Standort in C.-Z. behandelt werden könnten, bestehe nicht. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass es zwingend erforderlich sei, am Standort C.-Z. eine Chirurgie zur Behandlung von verletzten Wintersport-Touristen vorzuhalten, wenn diese genauso gut am Standort G. behandelt werden könnten. Dabei könnten extreme Wetterlagen, wie das Sturmtief "Sabine", keine Berücksichtigung finden. Von der Beklagten könne nicht verlangt werden, wegen selten auftretender extremer Wetterlagen am Standort C.-Z. ein Krankenhaus vom Standard des Krankenhauses in G. zu betreiben.

Die Verwirkung der Vertragsstrafe setzte zudem eine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten durch die Beklagte voraus. Auch daran fehle es. Soweit das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in Hannover eine Reduzierung der Bettenzahl (in C.-Z.) angeordnet habe, könne dies der Beklagten nicht als schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden.

Der Kläger könne eine etwaige Vertragsstrafe auch nicht rückwirkend bis zum Jahr 2004 geltend machen. Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergebe sich, dass die Beklagte bereits deutlich vor Dezember 2017 Kenntnis von den behaupteten Pflichtverletzungen erlangt habe. § 4 Abs. 8 des Privatisierungsvertrages sehe jedoch eine Abmahnung innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten ab Kenntniserlangung vor. Diese Frist sei vom Kläger nicht eingehalten worden. Die erste Abmahnung datiere vom 22.12.2017, wobei offen bleiben könne, ob diese überhaupt an den richtigen Adressaten gerichtet gewesen sei. Für die Kenntniserlangung gemäß § 4 Abs. 8 des Vertrages genüge es, wenn zur Beaufsichtigung der Beklagten berufene Mitarbeiter des Klägers, wie z.B. Amtsärzt/-innen, die entsprechenden vereinzelten Kenntnisse besessen hätten. Eine persönliche Kenntnis des jeweiligen Landrats sei nicht erforderlich gewesen. Allerdings habe der jeweilige Landrat unstreitig im Beirat der Beklagten gesessen und danach im sogenannten "A. Forum Harzgesundheit". Der Kläger habe nicht bestritten, dass sein jeweiliger Landrat auch an den Beiratssitzungen teilgenommen habe. Dies ergebe sich schon aus den vom Kläger vorgelegten Protokollen. Auch wenn der Beirat nicht die Funktion eines Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft besessen habe, sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger dazu komme, erst im Jahr 2017 die entsprechende Kenntnis erlangt zu haben. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Angaben des Landrates B. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Braunschweig am 27.08.2020. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn dieser angegeben habe, den Aussagen der Vertreter der Beklagten vertraut zu haben, ohne diese näher zu hinterfragen oder persönlich zu überprüfen. Dem Kläger sei die grundsätzliche Problematik der aus seiner Sicht nicht ausreichenden Standortsicherung am Standort C.-Z. durchaus bewusst gewesen. Dies habe er im Rahmen der Klageschrift (dort auf Seite 41) selbst eingeräumt. Danach sei die Beklagte bereits im Jahr 2009 auf die vertragliche Verpflichtung zur Standortsicherung und Standortentwicklung sowie die Gefahr einer Vertragsstrafe hingewiesen worden. In dem Schreiben des damaligen Landrates M. vom 16.10.2009 (Anlage K 32, Bd. I Bl. 210 d.A.) sei der Beklagte unter Hinweis auf die mögliche Schließung der Abteilungen Innere Medizin, Chirurgie und Gefäßchirurgie bereits auf seine Vertragspflichten hingewiesen worden. Die Informationen des Klägers hätten sich auch nicht allein auf die Teilnahme an den Beiratssitzungen beschränkt. Der Kläger sei Träger des örtlichen Gesundheitsamtes, das für die amtsärztliche Überwachung des Klinikums in C.-Z. zuständig sei. Mindestens einmal jährlich fänden amtsärztliche Besichtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz statt, über die der Kläger jeweils amtsärztliche Protokolle erhalte. Die nunmehr behaupteten Pflichtverletzungen, wie die Schließung der Chirurgie oder einiger Operationssäle, könnten dem Kläger daher nicht verborgen geblieben sein. Dass das Krankenhaus in C.-Z. mit dem Wegfall des Nacht-Aufnahmebereitschaft nicht mehr über den Status eines Krankenhauses der Grundversorgung verfügt habe, sei dem Kläger seit 2004 bekannt. Dieser Tatbestand sei im Rahmen der amtsärztlichen Besichtigung am 09.11.2004 festgestellt worden. Dass die Beklagte nach Ansicht des Klägers erforderliche Umbaumaßnahmen bereits seit Jahren nicht mehr ausführe, sei dem Kläger seit dem Jahr 2011 bekannt. Dies ergebe sich aus dem eigenen Sachvortrag des Klägers, unter anderem aus den von ihm vorgelegten Besichtigungsprotokollen vom 12.05.2011 und vom 20.07.2015 (Anlage K 19, Bd. I Bl. 164 ff. d.A., und K 21, Bd. I Bl. 173 ff. d.A.). Die Tatsache, dass der Krankenhausstandort C.-Z. bei akuten und komplexen Notfällen seit November 2003 nicht mehr angefahren werde, sei dem Kläger seit 2013 bekannt. Dies ergebe sich aus dem amtsärztlichen Besichtigungsprotokoll vom 12.12.2013 (richtig: 18.12.2013, Anlage K 20, Bd. I Bl. 168 ff. d.A.).

Zwar sei ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht verjährt, weil er erst mit der Abmahnung im Dezember 2017 fällig geworden sei. Für den Zeitraum von 2004 bis 2014 sei ein etwaiger Anspruch jedoch verwirkt. Der Kläger habe aufgrund seiner Teilnahme an den Beiratssitzungen und aufgrund der jährlichen amtsärztlichen Kontrollen Kenntnis vom Zustand des Krankenhauses in C.-Z. gehabt. Die ersten Abmahnungen und Fristsetzungen des Klägers datierten aber erst aus dem Jahr 2017. Die Beklagte habe im Jahr 2017 nicht mehr damit rechnen müssen, dass der Kläger Vertragsstrafen geltend machen werde, die bis in das Jahr 2004 zurückreichten. Bei dem "auf einen Schlag" geltend gemachten Betrag von 16 Mio. Euro handele es sich zudem um einen ganz erheblichen Betrag, der an die Grenze der Unzumutbarkeit gehe, auch wenn es sich bei der Beklagten um eine überregionale Krankenhausbetreiberin handele. Bei dieser Betrachtung sei noch nicht einmal berücksichtigt, dass die "Höchststrafe" von 1 Mio. Euro pro Jahr vom Kläger auch dann verlangt werden könne, wenn das Krankenhaus C.-Z. von der Beklagten weiter betrieben und die beiden anderen Krankenhäuser ordnungsgemäß weitergeführt würden. Zudem übersteige die Vertragsstrafe von 16 Mio. Euro den von der Beklagten gezahlten Kaufpreis von 15 Mio. Euro. Die Höhe der Vertragsstrafe werfe daher Zweifel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf.

Der Klageantrag zu I., der darauf gerichtet sei, am Standort C.-Z. die geschützte Krankenhausversorgung dauerhaft sicherzustellen und die geschützte Standortsicherung zu bewirken, sei ebenfalls unbegründet. Dies ergebe sich aus den vorstehenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil. Die Klageanträge zu I. 1., I.2. und I.3. (Hauptantrag) seien unbegründet, weil es an einer Pflichtverletzung der Beklagten fehle. Die beiden Hilfsanträge zu I. 3. seien unbegründet, weil die Vertragspflichten der Beklagten bereits im Jahr 2018 geendet hätten. Zudem könne aus dem Vertrag keine Pflicht der Beklagten abgeleitet werden, am Standort in C.-Z. bestimmte Abteilungen, wie eine Chirurgie und/oder eine innere stationäre Abteilung vorzuhalten. Ob der Klageantrag zu I. zulässig sei, könne daher offen bleiben.

Mangels Begründetheit der Klageanträge zu I. bis IV. stehe dem Kläger auch kein Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu (Klageantrag zu V.). Ausführungen zur Höhe dieser Gebühren erübrigten sich deshalb.

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 22.01.2021 (Bd. VI Bl. 1178 d.A.) zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 22.02.2021, bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am selben Tage (Bd. VI Bl. 1209 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22.04.2021 (Bd. VI Bl. 1224 d.A.) begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag des Klägers vom 22.02.2021 (Bd. VI Bl. 1209, 1211 d.A.) bis zum 22.04.2021 verlängert worden war (Bd. VI Bl. 1213 d.A.).

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die in erster Instanz gestellten Haupt- und Hilfsanträge weiter, den Hilfsantrag zu I. jedoch bezogen auf den aktuellen Krankenhausplan 2022 und den Hilfsantrag zu III. mit der Maßgabe, dass festgestellt werden soll, dass die Beklagte verpflichtet ist, für jedes auf das Jahr 2020 folgende volle Jahr, in dem die Beklagte gegen ihre Pflichten aus Ziffer 4.1 des am 29.04.2003 vor dem Notar D. R. zur UR-Nr. ..... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages verstößt, einen Betrag von 1 Mio. Euro an den Kläger zu zahlen. Der Kläger rügt:

Das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung materiellen Rechts. Zudem habe es das Landgericht verfahrensfehlerhaft unterlassen, im Tatbestand des angefochtenen Urteils zwischen streitigem und unstreitigen Vorbringen der Parteien zu unterscheiden und hierzu entsprechende Feststellungen zu treffen. Mit dem detailreichen Vortrag der Parteien habe sich das Landgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Entscheidungsgründe erschöpften sich in thesenhaften Aussagen ohne erkennbaren Zusammenhang. Bei zutreffender Sachbehandlung hätte der Klage in vollem Umfang stattgegeben werden müssen.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten liege vor. Die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung des Privatisierungsvertrages. Das Landgericht habe der Beklagten einen zu weiten Entscheidungsspielraum eingeräumt. Dieser sei nicht erst dann überschritten, wenn ein Krankenhausstandort geschlossen werde oder die medizinische Versorgung insgesamt nicht mehr gewährleistet sei. Der Rechtsauffassung des Landgerichts, dass die "Weiterentwicklung" der stationären Krankenhausversorgung auch zu einer Reduzierung des Angebotes führen könne und dass der Privatisierungsvertrag keinerlei Mindeststandards festlege, werde bereits durch den Wortlaut des Vertrages widerlegt. Danach habe sich die Beklagte zur Gewährleistung und Weiterentwicklung einer stationären Krankenhausversorgung verpflichtet. Die medizinische Versorgung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) sei dem nicht gleichwertig. Es handele sich nicht um eine stationäre, sondern um eine ambulante Versorgung. Es könne daher nicht als statthaft angesehen werden, wenn die Beklagte die stationäre Krankenhausversorgung am Standort in C.-Z. in eine ambulante Versorgung durch das MVZ überführe. Aus dem Begriff der "Weiterentwicklung der stationären Krankenhausversorgung" folge vielmehr, dass ein geschützter Kernbereich und ein Mindeststandard der stationären medizinischen Versorgung gewährleistet sein müsse. Sowohl der Wortlaut als auch die Systematik und der Sinn und Zweck des Privatisierungsvertrages sprächen für diese Auslegung. Der Kläger führt dies unter den Rdn. 25 bis 36 seiner Berufungsbegründung vom 22.04.2021 näher aus. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Die vom Landgericht vertretene Auffassung, wonach es auf eine Gesamtbetrachtung aller drei Standorte und nicht auf den einzelnen Standort ankomme, sei damit widerlegt.

Auch die Konzentrationsmöglichkeiten an einzelnen Standorten seien begrenzt. Die Konzentrationsmöglichkeit nach Ziffer 4.1. (a) des Privatisierungsvertrages stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Ziffern 4.1. (b) bis (d). Daraus folge, dass die grenzenlose Zusammenlegung von Bereichen unzulässig sei. Die Konzentrationsmöglichkeit beziehe sich ausschließlich auf Neben- und Hilfsbereiche der medizinischen Versorgung und nicht auf Bereiche, die zum Kernauftrag eines Krankenhauses gehörten.

Unzutreffend sei auch, dass der Privatisierungsvertrag nicht zwischen den einzelnen Standorten unterscheide, sondern "in seiner Gesamtheit" zu sehen sei. Es gebe eine Pflicht zur dauerhaften Gewährleistung der stationären Krankenhausversorgung im gesamten Landkreis. Daneben gebe es eine Pflicht, die stationäre Versorgung in allen drei Krankenhausstandorten dauerhaft zu gewährleisten. Bei der Auslegung des Privatisierungsvertrages sei der "Vorgabenkatalog" des Kreistages des Landkreises G. vom 17.07.2002 (Anlage K 2, Bd. I Bl. 81 d.A.) heranzuziehen. Dieser sei dem Privatisierungsvertrag als Anlage beigefügt gewesen. Die Beklagte habe sich auch zu Investitionen in den Standort C.-Z. verpflichtet. Ihr sei der problematische Zustand am Standort C.-Z. bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Der Beklagten sei daher bewusst gewesen, dass die "Gewährleistung und Weiterentwicklung der stationären Krankenhausversorgung" am Standort C.-Z. ohne erhebliche Investitionen nicht möglich sein werde. Die Beklagte habe sich nach Ziffer 4.6 des Vertrages verpflichtet, die übernommenen Krankenhäuser so zu betreiben, dass für den Kläger keinerlei finanzielle Verpflichtungen mehr entstehen. Aus dem Gebot der Kostenneutralität folge, dass die Beklagte den medizinischen Versorgungsauftrag im Landkreis habe erfüllen sollen. Hinsichtlich des Wie der Weiterentwicklung enthalte der Vertrag bewusst keine konkreten Vorgaben. Der Beklagten habe ein gewisser Entscheidungsspielraum zugebilligt werden sollen. Bei dem Standort C.-Z. fehle es jedoch insgesamt an einer Weiterentwicklung, so dass dieser Entscheidungsspielraum überschritten sei. Letztlich sei auch die Historie des Vertrages als Auslegungskriterium heranzuziehen. Ziffer 13.1 des Privatisierungsvertrages stehe dem nicht entgegen. Es handele sich um eine in der Praxis übliche Klausel, die sicherstelle, dass der Privatisierungsvertrag die einzige vertragliche Beziehung zwischen den Parteien darstellt; Nebenabreden sowie frühere Vereinbarungen würden aufgehoben. Der Klausel komme nicht der Charakter einer Auslegungsregel zu, weshalb die Vertragshistorie für die Auslegung des Vertrages sehr wohl herangezogen werden könne. Die Erwartungshaltung, dass der Standort C.-Z. fortzuführen und weiterzuentwickeln sei, habe der Kläger im Rahmen des Bieterverfahrens und der Vertragsverhandlungen mit der Beklagten klar kommuniziert. Die Beklagte habe diese Forderung - anders als andere Bieter - akzeptiert, weshalb sie den Zuschlag erhalten habe. Die Beklagte habe sich verpflichtet, den ursprünglichen Zustand jedes Standortes zu erhalten und im Sinne eines "positiven Mehr" weiterzuentwickeln. Dazu gehöre es, an jedem einzelnen Standort die stationäre Grundversorgung sicherzustellen. Dabei müssten der bauliche Zustand und die technischen Einrichtungen der Krankenhäuser an den jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst sein. Der geschützte Kernbereich dürfe nicht unterschritten werden.

Diese Pflichten habe die Beklagte verletzt. Das Krankenhaus in C.-Z. sei weitgehend leergeräumt und befinde sich in einem baufälligen Zustand. Es beschäftige nur noch eine Ärztin im Bereich Innere Medizin, einen Arzt im Bereich Chirurgie, einen Belegarzt und eine Pflegekraft. Fachabteilungen gebe es nicht. Auch fehle es an Apparaten.

Die Beklagte habe die Vertragsstrafe auch verwirkt. Zutreffend gehe das Landgericht noch davon aus, dass der geltend gemachte Vertragsstrafenanspruch nicht verjährt sei. Fehlerhaft stelle es dann jedoch fest, dass der Kläger bereits weit vor dem Ende des Jahres 2017 Kenntnis von den die Vertragsverletzung begründenden Umständen gehabt habe. Hieraus ziehe das Landgericht den unzutreffenden Schluss, dass die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs gemäß Ziffer 4 Abs. 8 des Vertrages nicht eingehalten und der Anspruch überdies verwirkt sei. Eine Verwirkung sei jedoch nicht eingetreten. Der Kläger habe im Zeitraum von 2004 bis 2017 keine Kenntnis von Umständen gehabt, die die Geltendmachung einer Vertragsstrafe gerechtfertigt hätten. Eine solche könne erst geltend gemacht werden, wenn die Beklagte den geschützten Kernbereich verletzt und damit ihren Entscheidungsspielraum überschritten habe. Einzelne Momentaufnahmen reichten dafür nicht aus. Der Kläger habe auch keinen unmittelbaren Einblick in die Vorgänge am Standort in C.-Z. gehabt. Nach seiner Auffassung waren die Protokolle der Beiratssitzungen und die jährlichen amtsärztlichen Besichtigungsprotokolle für eine solche Kenntniserlangung nicht ausreichend. Die Beklagte habe die Situation zudem verharmlost und allen aufkommenden Gerüchten immer direkt widersprochen. Sie habe versichert, den Standort C.-Z. aufrechtzuerhalten und die Vorgaben des Privatisierungsvertrages einzuhalten. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger nicht über hinreichend sichere Erkenntnisse verfügt, um die Vertragsstrafe in zumutbarer Weise gerichtlich geltend zu machen. Der damalige Landrat Th. B. habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Braunschweig umfassend erläutert, dass die Mitgliedschaft im Beirat zu keiner hinreichenden Kenntniserlangung geführt habe. Dies habe das Landgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Zudem habe es den mit der Replik vom 07.11.2019 - Rdn. 251 ff. - angebotenen Gegenbeweis erheben müssen. Ab dem Jahr 2015 sei der Beirat durch das A. Forum Harzgesundheit abgelöst worden. Die Tagungshäufigkeit und die Informationstiefe seien dadurch noch weiter eingeschränkt worden. Auch aus dem Schreiben des Klägers vom 16.10.2009 (Anlage K 32, Bd. I Bl. 210 d.A.) lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass er zu diesem Zeitpunkt über hinreichende Kenntnisse verfügt habe. Die Beklagte habe in ihrem Antwortschreiben vom selben Tag Besserung gelobt. Zudem habe es eine Woche später noch eine Besprechung der Parteien gegeben. Der Kläger habe keinen Anlass gehabt, den Versicherungen der Beklagten zu misstrauen. Die amtsärztlichen Besichtigungskontrollen könnten als Grundlage für eine Kenntniserlangung ohnehin nicht herangezogen werden. Die Besichtigungen hätten ausschließlich dem allgemeinen Ziel des Infektionsschutzgesetzes gedient, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen. Ziel dieser Untersuchungen sei es nicht, die Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses zu überprüfen. Den Protokollen habe nicht entnommen werden können, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Weiterentwicklung des Standortes nachgekommen sei. Dieser Schluss habe auch aus den protokollierten, nach Ansicht des Klägers schwerwiegenden Hygienemängeln nicht gezogen werden können. Die notwendige Kenntnis für die Geltendmachung der Vertragsstrafe habe der Kläger erst durch die Kündigung des Versorgungsvertrages erlangt. Vorher habe kein Anlass bestanden, von einem Verstoß der Beklagten gegen den Privatisierungsvertrag auszugehen. Die fehlende Kenntnis der Beklagten schließe auch den Tatbestand der Verwirkung aus. Überdies fehle es am Umstandsmoment der Verwirkung. Die Beklagte habe kein schutzwürdiges Vertrauen darauf entwickeln können, dass der Kläger den vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht mehr geltend machen werde. Bloße Untätigkeit genüge insoweit nicht. Die Beklagte sei im Übrigen nicht schutzwürdig, weil sie die Untätigkeit des Klägers in unredlicher Weise herbeigeführt habe. Sie habe stets beteuert, die Weiterentwicklung voranzutreiben und Investitionen zu tätigen. Die Kliniken seien in einem guten Zustand. Sie seien leistungsfähig. Die Entwicklung schreite voran. Die Beklagte habe ihre Vertragspflichten auch schuldhaft verletzt. Hierzu werde auf die erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen.

Die vom Landgericht gezogene zeitliche Begrenzung der Vertragspflichten gäbe es nicht. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.02.2018 - V ZR 176/17 - betreffe einen Sonderfall, der auf den vorliegenden nicht übertragbar sei. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreit gehe es um die Spezialregelung des § 88 a II. WoBauG. Der Bundesgerichtshof habe seine Rechtsprechung zum Angemessenheitsgebot allein für das Subventionsrecht entwickelt. Eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte bestehe daher nicht. Eine Verallgemeinerung dieser Entscheidung und Übertragung auf den vorliegenden Fall sei deshalb nicht möglich. Zudem sei bei der Prüfung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Zeitlich nachgelagerte Entwicklungen, wie die Corona-Pandemie und die Kündigung des Versorgungsvertrages, seien dabei irrelevant. Die Kündigung des Versorgungsvertrages sei darauf zurückzuführen gewesen, dass die Beklagte das Krankenhaus in C.-Z. heruntergewirtschaftet habe. Insoweit habe das Landgericht Ursache und Wirkung verwechselt. Ausführungen dazu, weshalb von einer Verpflichtungsdauer von 15 Jahren auszugehen sei, seien im landgerichtlichen Urteil nicht zu finden. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Parteien eine dauerhafte Vertragsbindung gewollt hätten und dass diese im Einklang mit dem Angemessenheitsgebot stehe. Insoweit sei eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung erforderlich. Bei Austauschverträgen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass beide Vertragsparteien ihre jeweiligen Interessen sachgemäß wahrgenommen hätten. Dem Kläger sei bei Abschluss des Privatisierungsvertrages daran gelegen gewesen, seine Pflichten zur Sicherstellung der Krankenhausversorgung gemäß § 1 NKHG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 NKHG umfassend und dauerhaft auf die Beklagte zu übertragen. Aus diesem Grund sei bewusst darauf verzichtet worden, die Pflichten der Beklagten zur Weiterentwicklung der stationären Krankenhausversorgung in zeitlicher Hinsicht zu beschränken. Die Beklagte habe diese Vorgabe des Klägers akzeptiert, nachdem sie eine umfassende Due Diligence-Prüfung vorgenommen habe. Sie habe auch über eine überlegene Verhandlungsmacht verfügt. Bei der Beklagten handele es sich um eine der größten Krankhausbetreiberinnen Europas. Die Beklagte sei durch die Regelung in Ziffer 4.2 des Privatisierungsvertrages zudem hinreichend geschützt. Danach sei Voraussetzung für die Weiterentwicklungspflicht die Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Niedersachsen und ein Versorgungsauftrag gemäß § 109 SGB V. Beide Voraussetzungen lägen derzeit vor. Die Beklagte habe niemals eine zeitliche Begrenzung der Pflicht zur geschützten Krankenversorgung und zur geschützten Standortsicherung gefordert. Im Übrigen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte neben dem wirtschaftlich schwierigen Standort in C.-Z. auch die wirtschaftlich guten Standorte in G. und B. H. übernommen habe. Schließlich sei eine Begrenzung der Vertragspflichten auf 15 Jahre zu gering. Im dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall habe sich die zeitliche Begrenzung auf 15 Jahre aus § 88 d II. WoBauG ergeben. Eine Indizwirkung für den vorliegenden Fall ergebe sich daraus nicht. Der Bundesgerichthof habe bereits mehrfach Vertragsbindungen von 30 Jahren oder länger bestätigt, z.B. bei einem 30-jährigen Wiederkaufsrecht der öffentlichen Hand (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 21.07.2006 - V ZR 252/05 -, NJW-RR 2006, 1452). Ein zwingender Grund für eine zeitliche Beschränkung der Vertragspflichten der Beklagten sei vorliegend nicht ersichtlich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 22.01.2021 - 8 O 2427/19 - abzuändern und

I.

die Beklagte zu verurteilen, am Standort C.-Z. der A. H. GmbH gemäß Ziffer 4.1 des am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. ..... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages geschuldete geschützte Krankenversorgung dauerhaft sicherzustellen und die geschützte Standortsicherung zu bewirken und hierfür festzustellen, dass

1.

die Beklagte seit dem Jahr 2003 dauerhaft gegen die sich aus Ziffer 4.1 des am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. ..... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages ergebende Pflicht verstößt,

a) die stationäre Krankenversorgung am Krankenhausstandort Clausthal-Zellerfeld dauerhaft sicherzustellen,

b) dafür zu sorgen, dass die A. H. GmbH die stationäre Krankenhausversorgung am Krankenhausstandort C.-Z. weiterentwickelt,

c) dafür zu sorgen, dass die A. H. die stationäre Grundversorgung am Krankenhausstandort C.-Z. nach dem gebotenen Stand der medizinischen Erfordernisse und Erkenntnisse sicherstellt,

d) dafür zu sorgen, dass der originäre Versorgungsauftrag der A. H. GmbH gemäß den jeweiligen Festlegungen des Landeskrankenhausgesetzes und des Landeskrankenhausplanes am Krankenhausstandort C.-Z. gewährleistet ist;

2.

die Beklagte seit dem Jahr 2003 dauerhaft gegen die sich aus Ziffer 4.4 des am 29.04.2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. .... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages ergebende Pflicht verstößt, dafür zu sorgen, dass am Krankenhausstandort C.-Z. Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im erforderlichen und wirtschaftlich sinnvollen Umfang durchgeführt werden, um den baulichen Zustand und die technischen Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der medizinischen und pflegerischen Standards zu erhalten oder zu schaffen;

3.

sich die Beklagte mit der Erfüllung der sich aus Ziffer 4.1 und 4.4 des am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. ... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages ergebenden Pflichten in Verzug befindet;

hilfsweise

die Beklagte gemäß dem Klageantrag zu I. mit der Maßgabe zu verurteilen, dass die geschuldete geschützte Krankenversorgung mindestens bis zum Ablauf des Jahres 2033 sicherzustellen und die geschützte Standortsicherung zu bewirken ist;

hilfshilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, im Krankenhaus C.-Z. entsprechend dem Niedersächsischen Krankenhausplan 2022 eine innere Abteilung zu betreiben, zu unterhalten und angemessen materiell und personell auszustatten.

II.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16 Mio. EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 14 Mio. EUR seit dem 30.06.2018 und im Übrigen nach Rechtshängigkeit am 09. Mai 2019 zu zahlen;

III.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für jedes auf das Jahr 2020 folgende volle Jahr, in dem die Beklagte gegen ihre Pflichten aus Ziffer 4.1. des am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. ...... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages verstößt, einen Betrag in Höhe von 1 Mio. EUR an den Kläger zu zahlen;

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte mindestens bis zum Ablauf des Jahres 2033 verpflichtet ist, für jedes auf das Jahr 2020 folgende volle Jahr, in dem die Beklagte gegen ihre Pflichten aus Ziffer 4.1 des am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. .... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages verstößt, einen Betrag in Höhe von 1 Mio. EUR an den Kläger zu zahlen;

IV.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die diesem aufgrund der Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem am 29. April 2003 vor dem Notar D. R. zu UR-Nr. .... geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages entstanden sind und noch entstehen werden, soweit sie die Zahlungspflichten gemäß den Anträgen zu II. und III. übersteigen;

V.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 183.619,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der Kläger hat den ursprünglichen Hilfshilfsantrag zu I. aus der Berufungsbegründung vom 22.04.2021 (Seite 3, Bd. VI Bl. 1228 d.A.) in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt nunmehr,

festzustellen, dass der Hilfshilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, im Krankenhaus C.-Z. entsprechend dem Niedersächsischen Krankenhausplan 2019 eine chirurgische und eine innere Abteilung zu betreiben, zu unterhalten und angemessen materiell und personell auszustatten, in der Hauptsache erledigt sei.

Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung des Klägers nicht angeschlossen.

Sie beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Nach Auffassung der Beklagten hätte die Klage jedoch insgesamt als unzulässig abgewiesen werden müssen. Sie sei vom Kläger nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Die Klageschrift sei von einer nicht postulationsfähigen amerikanische Rechtsanwaltsgesellschaft verfasst und eingereicht worden. Der Kläger werde ausweislich des Rubrums der Klageschrift und der Unterschriftenzeile unter der Klage durch die "X. & Y. LLP", eine Rechtsanwaltsgesellschaft nach US-amerikanischem Recht, vertreten. Diese sei vor deutschen Gerichten nicht vertretungsbefugt. Der Mangel der Postulationsfähigkeit sei nicht heilbar und führe zur Unzulässigkeit der Klage. Wegen der Einzelheiten nimmt die Beklagte auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 22.04.2020 (Bd. IV Bl. 726 ff. d.A.) Bezug. Das Rechtsmittel der Berufung selbst sei in zulässiger Weise eingelegt worden. Im Berufungsverfahren habe der Kläger die Vertretung durch "Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der X. & Y. LLP" angezeigt. Die Unterschriftenzeile der Berufungsbegründung weise jetzt einen postulationsfähigen Rechtsanwalt im Sinne des § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO als Prozessbevollmächtigten aus, nämlich Rechtsanwalt P. aus H.. Die ordnungsgemäß erhobene Berufung heile den anfänglichen Verfahrensmangel jedoch nicht.

Unzulässig seien auch die Feststellungsanträge zu I.1., I.2. und I.3. nebst Hilfsanträgen sowie die Feststellungsanträge zu III und IV. Gegenstand einer Feststellungsklage könne nach Auffassung der Beklagten nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, z.B. die Rechtswidrigkeit oder Pflichtwidrigkeit eines bestimmten Verhaltens, könnten nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Der Kläger begehre die Feststellung, dass die Beklagte dauerhaft gegen ihre vertraglichen Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag verstoße. Hierbei handele es sich nicht um einen feststellungsfähigen Inhalt im Sinne des § 256 ZPO. Während durch die Klageanträge zu I.1. und I.2. dauerhafte Verstöße gegen die Pflichten aus Ziffer 4.1 und 4.4 des Privatisierungsvertrages festgestellt werden sollten, richte sich der Klageantrag zu I.3. auf die Feststellung des Verzuges mit diesen Pflichten. Es handele sich bei den Anträgen zu I.1. und I.2. daher lediglich um "Vorfragen" des Verzuges gemäß dem Klageantrag zu I.3.. Im Übrigen handele es sich bei sämtlichen Anträgen ausnahmslos um nicht feststellungsfähige Tatsachen. Die Pflichtwidrigkeit eines Handelns begründe - wie dessen Rechtswidrigkeit - kein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO. Wegen der Einzelheiten werde auf den Schriftsatz vom 21.04.2020 (Seiten 6 bis 13, Bd. IV Bl. 745 bis 752 d.A.) Bezug genommen.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Auslegung von Ziffern 4.1 lit (a) bis (c) sowie 4.2 und 4.8 des Privatisierungsvertrages durch das erstinstanzliche Gericht sei nicht zu beanstanden. Das Landgericht sei nicht davon ausgegangen, dass eine Aufgabe des stationären Leistungsspektrums von einzelnen Krankenhausstandorten möglich sei, solange nicht insgesamt alle Standorte aufgegeben würden. Das Landgericht habe lediglich ausgeführt, dass eine Konzentration von Versorgungsbereichen innerhalb der Standorte der H. GmbH keinen Verstoß gegen das vertragliche Pflichtenprogramm darstelle. Diese Feststellung stehe im Einklang mit Ziffern 4.1. lit. a) und 4.1 lit. c) des Privatisierungsvertrages. Das Landgericht habe auch kein Sachverständigengutachten zu der Frage einholen müssen, ob das Krankenhaus in C.-Z. noch die Anforderungen an eine "stationäre Grundversorgung" erfülle und in der Vergangenheit erfüllt habe. Der Kläger verlange retrograde Feststellungen bis in das Jahr 2003 hinein, ohne Anknüpfungstatsachen mitzuteilen, an denen sich diese Prüfung zu orientieren habe. Danach sei es ausreichend gewesen, dass das Landgericht in den Entscheidungsgründen darauf verwiesen habe, dass die Kündigung des Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Krankenkassen nach § 110 SGB V durch das Land Niedersachsen nicht genehmigt worden sei. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung habe in seinem Widerspruchsbescheid vom 07.06.2018 (Anlage B 6, Bd. II Bl. 430 ff. d.A.) vielmehr ausgeführt, dass das Krankenhaus in C.-Z. die Aufgaben eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung wahrnehme, indem die erforderlichen Leistungen der Fachabteilung Innere Medizin und Chirurgie (als Belegabteilung) angeboten würden. Das Krankenhaus könne eine leistungsfähige Krankenhausbehandlung gewährleisten. Hieraus folge zugleich, dass das Krankenhaus dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Leistungsfähig sei, wessen Leistungsangebot die Anforderungen erfülle, die nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an ein Krankenhaus der betreffenden Art zu stellen seien (unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.12.1986 - 3 C 67.85, NJW 1987, 2318, 2321 und BVerfG, Beschluss vom 12.06.1990 - 1 BrR 355/86, BVerfGE 82, 209, 226 [BVerfG 12.06.1990 - 1 BvR 355/86]). Dies sei deckungsgleich mit dem Pflichtenprogramm gemäß Ziffer 4.1. (b) des Privatisierungsvertrages. Der Vortrag des Klägers zu den behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten sei nicht ausreichend. Es sei Sache des Klägers, darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm erblickten Mindeststandards in jedem Jahr - beginnend mit dem Jahr 2003 - unterschritten worden seien. Dafür müsse er anknüpfungsfähigen Sachvortrag halten. Der Kläger habe aber lediglich seine eigene Auslegung zu den Vertragspflichten mitgeteilt. Zu Recht habe das Landgericht festgestellt, dass die Vertragsparteien keinerlei Mindeststandards, wie etwa eine "Mindestbettenzahl" oder eine "Mindestpersonalausstattung", vereinbart hätten. Ebenso hätten die Parteien keine eigenständige "Gewährleistung" des Versorgungsauftrags in dem Umfang für den Standort C.-Z. vereinbart, wie er bei Übernahme dieses Krankenhauses durch die Beklagte vorgelegen habe. Vielmehr sei der Beklagten ausdrücklich die Konzentration einzelner Versorgungsbereiche und die Zusammenlegung von dezentralen Einrichtungen gestattet worden. Eine Weiterentwicklung im Sinne eines positiven "Mehr" werde von der Beklagten nicht geschuldet. Mit "Weiterentwicklung" sei die Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten zu verstehen. Ziffer 4.1 lit. (a) des Vertrages stelle darauf ab, dass die stationäre Grundversorgung an allen drei Krankenhäusern für alle Einwohner des Landkreises entsprechend ihrem Bedarf verfügbar ist. Der Kläger habe schon nicht dargelegt, dass der (jeweilige) Bedarf höher gewesen sei als das zur Verfügung stehende Angebot. Die Vertragspflicht gemäß Ziffer 4.1. lit (c) beziehe sich auf den originären Versorgungsauftrag der H. GmbH, mithin aller drei Standorte. Damit habe sichergestellt werden sollen, dass im Rahmen der Konzentrationsmöglichkeiten nach Ziffer 4.1. (a) keine Fachabteilung als Versorgungsauftrag entfalle, also über alle Standorte hinweg auf "null" konzentriert werde. Daher könnten "einzelne Versorgungsbereiche" auch an bestimmten Standorten konzentriert werden, wenn der ursprüngliche Versorgungsauftrag im Jahr 2003 in der Gesamtbetrachtung aller Standorte gewahrt bleibe. Der Kläger sei in der Auslegung des Vertragswerkes nicht konsequent. Während er erstinstanzlich noch ein "quantitatives Mehr" gefordert habe, verlege er sich nunmehr auf die Forderung eines "qualitativen Mehr". Der dem Privatisierungsvertrag als Anlage beigefügte Vorgabenkatalog des Klägers könne nicht zur Konkretisierung der vertraglichen Regelungen herangezogen werden. Der Vertragstext stelle die Konkretisierung des Vorgabenkatalogs dar. Eine erweiternde Auslegung aufgrund des Vorgabenkatalogs komme daher nicht in Betracht. Insbesondere bedürfe es keiner Erforschung der Motivlage der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Auf die von der Beklagten abgegebenen Angebote und den Inhalt der Vertragsverhandlungen könne schon deshalb nicht abgestellt werden, weil § 13 des Vertrages einen Rückgriff darauf ausschließe. Soweit der Kläger behaupte, dass die Beklagte ihre Investitionspflicht gemäß Ziffer 4.4 des Vertrages verletzt habe, sei dies für die mit dem Klageantrag zu II. geltend gemachte Vertragsstrafe irrelevant, weil sich diese nur auf die Pflichten zu Ziffern 4.1 und 4.2 des Vertrages beziehe. Hinsichtlich des Klageantrags zu I.2. habe das Landgericht zutreffend das Feststellungsinteresse des Klägers verneint. Dagegen habe der Kläger im Rahmen seiner Berufungsbegründung keine konkreten Einwendungen mehr geltend gemacht. Für die Geltendmachung einer Vertragsstrafe fehle es auch an einer wirksamen Abmahnung der Beklagten. Das Schreiben des Klägers vom 22.12.2017 sei an die A. K. GmbH, die B. Holding GmbH (vormals A. K. GmbH) und an die H. GmbH gerichtet gewesen, nicht an die Beklagte oder die A. Verwaltungsgesellschaft mbH. Das Schreiben habe auch inhaltlich nicht den Anforderungen an eine Abmahnung entsprochen. Eine Abmahnung setze voraus, dass der Gläubiger den Schuldner auf ein Handeln (Tun, Dulden oder Unterlassen) hinweist und ihn konkret dazu auffordert, eine konkrete Handlung vorzunehmen, die nach Auffassung des Gläubigers der vertraglichen Vereinbarung entspricht. Diese müsse dem Bestimmtheitserfordernis entsprechen, um der Rüge- und Warnfunktion zu genügen. Der bloße Hinweis auf die Einhaltung vertraglicher Pflichten genüge insoweit nicht. Auch ein künftiges Ereignis - hier der Wegfall des Versorgungsauftrages - könne nicht zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht werden. Die Abmahnung sei auch nicht fristgerecht erfolgt. Nach Ziffer 4.8 des Vertrages hätten sowohl die Abmahnung als auch die Geltendmachung der Vertragsstrafe innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten erfolgen müssen, nachdem der Kläger von den gerügten Pflichtverletzungen Kenntnis erlangt habe oder Kenntnis hätte erlangen müssen. Bei dieser Frist handele es sich um eine Ausschlussfrist. Deren Einhaltung stelle eine anspruchsbegründende Voraussetzung dar, die der Kläger darlegen und beweisen müsse. Soweit der Kläger bestreite, die notwendige Kenntnis vor dem Jahr 2017 erlangt zu haben, versuche er, von seiner eigenen Klagebegründung abzulenken. So habe er nicht nur die Sitzungsprotokolle des Beirates als Anlagen K 28, K 29 und K 30 vorgelegt, sondern auch die Protokolle des Gesundheitsamtes, aus denen er einzelne Pflichtenverstöße abgeleitet habe. Die gesamte Klagebegründung fuße auf diesen Protokollen. Welche weitergehenden Informationen der Kläger später erlangt haben wolle, die ihn erst in die Lage versetzt hätten, die Vertragsstrafe geltend zu machen, habe er nicht dargelegt. Hinzugetreten sei lediglich der Umstand, dass der Versorgungsvertrag durch die Landesverbände der gesetzlichen Kassen gekündigt worden sei. Der Kläger habe zudem übersehen, dass die Geschäftsführung der Beklagten dem Beirat gemäß Ziffer 10.2 des Vertrages rechenschaftspflichtig sei. Zudem müsse sich der Kläger die Kenntnis der Mitarbeiter des bei ihm angesiedelten Gesundheitsamtes zurechnen lassen. Die Beklagte habe den Kläger auch nicht von der Geltendmachung einer Vertragsstrafe abgehalten, sondern lediglich erklärt, dass sie aus ihrer Sicht ihren vertraglichen Pflichten nachkomme. Das Landgericht sei auch rechtsfehlerfrei von einer Verwirkung des Anspruchs auf eine Vertragsstrafe ausgegangen. Hinsichtlich des Zeitmomentes der Verwirkung habe der Kläger schon nicht vorgetragen, wann er welche Kenntnis erlangt habe. Dieses Vortrags hätte es bereits im Rahmen der Ziffer 4.8 des Vertrages bedurft. Auch das Umstandsmoment der Verwirkung sei erfüllt. Der Kläger selbst habe vorgetragen, dass er mit Blick auf ein positives Verhältnis zur Beklagten zunächst davon abgesehen habe, die Vertragsstrafe geltend zu machen. Aufgrund des anwaltlichen Schreiben des Klägers vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I Bl. 227 d.A.) habe die Beklagte vielmehr davon ausgehen dürfen, dass eine Vertragsstrafe nur für den Fall der Schließung des Standortes C.-Z. geltend gemacht werde. Der Kläger habe damit zum Ausdruck gebracht, eine Vertragsstraße auf zurückliegende Umstände nicht mehr gründen zu wollen.

Zutreffend habe das Landgericht auch angenommen, dass die von der Beklagten übernommenen Vertragspflichten zeitlich begrenzt seien. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folge, dass der Staat einem Vertragspartner keine beliebigen Beschränkungen auferlegen dürfe. Verwaltungsträger seien auch im privatrechtlichen Tätigkeitsbereich unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Die zeitlich unbefristete schuldrechtliche Verpflichtung zur geschützten Standortsicherung für jeden Standort der H. verstoße daher gegen ein gesetzliches Verbot und sei gemäß § 134 BGB unwirksam. Die vertragliche Regelung verstoße auch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB). Angemessen sei eine 10-jährige Bindung, wie sich aus Ziffer 4.3 lit. (a) zur "geschützten Mitarbeiterregelung" ergebe. Die Verluste am Standort C.-Z. könnten nicht auf Dauer kompensiert werden. Der Kläger habe die H. im Jahr 2003 zu einem marktüblichen Verkehrswert von 15 Mio. Euro an die Beklagte verkauft.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 04.02.2022 (Bd. VII Bl. 1342 ff. d.A.) auf die Berufungserwiderung der Beklagten repliziert. Er geht weiterhin davon aus, dass der Privatisierungsvertrag für die einzelnen Krankenhausstandorte bestimmte Mindeststandards vorschreibe. Er meint, die Beklagte müsse substantiiert zum Zustand des Standortes C.-Z. vortragen und diejenigen Maßnahmen darlegen, die sie zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen unternommen habe. Tatsächlich sei das Klinikum in C.-Z. nicht leistungsfähig. Der Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Heiger Scholz habe in einem Zeitungsartikel vom 10.12.2021 (Anlage K 76, Bd. VII Bl. 1359 ff. d.A.) erst kürzlich geäußert, was er in Wahrheit von dem Zustand des Krankenhauses C.-Z. halte. Auch das Verwaltungsgericht Braunschweig habe sich in einem Urteil vom 30.06.2021 - Az. 5 A 2/18 - (Anlage K 77, Bd. VII Bl. 1363 ff. d.A.) sehr negativ zur Leistungsfähigkeit des Krankenhauses C.-Z. geäußert. Danach sei eine nennenswerte Krankenhausbehandlung im Klinikum in C.-Z. nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft kaum möglich. Diese Klinik sei nicht das einzige "Opfer" der Beklagten. Auch das Klinikum M. (Hessen) werde von ihr heruntergewirtschaftet. Der Kläger bleibt bei seinem Standpunkt, dass die Auslegung des Landgerichts gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze verstoße. Die Weiterentwicklungspflicht beziehe sich auf alle drei Krankenhausstandorte. Sie beziehe sich auf ein positives "Mehr", das über die bloße Einhaltung des Krankenhausplans hinausgehe. An jedem Standort seien Mindeststandards einzuhalten. Was Mindeststandard sei, richte sich nach den geltenden medizinischen Erkenntnissen. Diese wiederum ergäben sich aus ärztlichen Leitlinien. So müsse es eine stationäre Grundversorgung an allen drei Standorten geben. Die im Privatisierungsvertrag vorgesehene Konzentrationsmöglichkeit unterliege immanenten Grenzen. Nach Auffassung des Klägers strahlen die in Ziffer 4.1. lit. (a) des Privatisierungsvertrages genannten Beispiele für Konzentrationsmöglichkeiten bei den zentralen Einrichtungen ("z.B. Zentrallabor, Zentralsterilisation, Zentralküche") auch auf die Konzentrationsmöglichkeiten bei den Versorgungsbereichen aus. Eine grenzenlose Zusammenlegung medizinisch notwendiger Fachbereiche sei daher unzulässig. Das Krankenhaus C.-Z. befinde sich zudem auch baulich in einem sehr schlechten Zustand. Es sei weitgehend leergeräumt und baufällig. Der schlechte Zustand des Krankenhauses in C.-Z. lasse sich auch aus den Belegzahlen ablesen. Diese seien von 2014 bis 2019 stetig gesunken. Während die Auslastung im Jahr 2014 noch bei 101,3 % gelegen habe, habe sie sich im Jahr 2019 auf 24,4 % reduziert. Dieser dramatische Rückgang der Belegungszahlen lasse sich nicht mit einem Rückgang der Nachfrage erklären. Die Einwohnerzahlen von C.-Z. seien in den Jahren 2014 bis 2019 nämlich nahezu konstant geblieben. Die Abmahnung vom 22.12.2017 sei auch an den richtigen Adressaten gerichtet gewesen, nämlich an die Partei, die im Privatisierungsvertrag als empfangszuständig benannt worden sei. Dies müsse die Beklagte gegen sich gelten lassen. Die Abmahnung sei auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Beklagte sei aufgefordert worden, ihre vertraglichen Pflichten zur dauerhaften Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung und der geschützten Standortsicherung zu erfüllen. Hilfsweise liege eine wirksame Abmahnung in der gegen die Beklagte erhobenen Klage. Der Kläger behauptet, bis Ende 2017 keine ausreichende Kenntnis über das Ausmaß der Pflichtverletzungen der Beklagten gehabt zu haben. Anlass zu der Annahme, dass die Beklagte das Krankenhaus in C.-Z. bewusst heruntergewirtschaftet habe, habe er erst aufgrund der Kündigung des Versorgungsvertrages durch den Verband der Ersatzkassen Ende 2017 gehabt. Auch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung habe erst mit Bescheid vom 12.12.2017 die Zahl der Betten auf der chirurgischen Station in C.-Z. auf "null" und auf der Inneren Station um fünf Betten reduziert. Der Beirat habe nur eine beratende Funktion gehabt. Auch aus den amtsärztlichen Besichtigungsprotokollen hätten sich keine belastbaren Schlüsse auf die nunmehr gerügten Pflichtverletzungen ziehen lassen. Der Kläger habe vielmehr auf die zahlreichen Bekenntnisse der Beklagten zum Standort C.-Z. und zu ihren Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag vertraut. Vor 2017 habe er kein Gesamtbild gehabt, welches Anlass zur Geltendmachung der Vertragsstrafe geboten habe. Zumindest seien etwaige Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe ab dem Jahr 2018 rechtzeitig geltend gemacht worden.

Die Vertragspflichten der Beklagten seien auch nicht zeitlich begrenzt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.02.2019 - V ZR 176/17 - sei allein für den Bereich des Subventionsrechtes relevant. Sie könne auf Austauschverträge wie den vorliegenden nicht übertragen werden. Für derartige Verträge habe der Bundesgerichtshof einen anderen Maßstab zugrunde gelegt (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 29.11.2002 - V ZR 105/02 -, BGHZ 153, 93, 106).

Der Kläger hat mitgeteilt, dass Herr Th. B. seit dem 31.10.2021 nicht mehr Landrat des Landkreises G. sei. Dieses Amt habe am 01.11.2021 Herr Dr. A. S. übernommen. Herr Th. B. wird vom Kläger deshalb für alle in sein Wissen gestellte Tatsachen als Zeuge benannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Darüber hinaus wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2022 (Bd. VII Bl. 1548 bis 1553 d.A.) verwiesen. Die Beklagte hat innerhalb der Schriftsatzfrist den Schriftsatz vom 07.11.2022 (Bd. VII Bl. 1558 ff. d.A.) eingereicht.

B.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

I.

Die Einlegung der Berufung durch den Kläger ist fristwahrend erfolgt. Der ordnungsgemäßen Einlegung der Berufung gemäß §§ 78 Abs. 1 Satz 1, 519 Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, dass der Kläger durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware (USA) vertreten wird, die selbst keine Zulassung zur Prozessvertretung vor deutschen Gerichten besitzt.

1.

Das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 22.01.2021 ist dem Kläger zu Händen seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 22.01.2021 (Bd. VI Bl. 1178 d.A.) zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22.02.2021, bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am selben Tage (Bd. VI Bl. 1209 d.A.), hat der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt S. P., gegen das Urteil Berufung eingelegt. Rechtsanwalt S. P. ist neben Rechtsanwalt Dr. H. C. Sch. im Rubrum des Schriftsatzes der X. & Y. LLP als Partner der Rechtsanwaltsgesellschaft mit Sitz der Zweigniederlassung in H. namentlich benannt. Rechtsanwalt P. ist auch als verantwortlicher Zeichner der Berufungsschrift am Ende des Schriftsatzes vom 22.02.2021 (Bd. VI Bl. 1211 d.A.) namentlich aufgeführt. Unter der Unterschriftenzeile befindet sich die Bezeichnung "Rechtsanwalt". Die Berufungsschrift ist von Rechtsanwalt S. P. mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und an das Berufungsgericht abgesandt worden (vgl. den Prüfvermerk vom 22.02.2021, Bd. VI Bl. 1209 d.A.).

2.

Rechtsanwalt P. gehört auch zum Kreis der vom Kläger bevollmächtigten Rechtsanwälte.

a)

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Prozess betreffenden Prozesshandlungen. Ein von einem Vertreter ohne Vollmacht eingelegtes Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen, ebenso wie eine ohne Vollmacht eingereichte Klage als unzulässig abzuweisen ist. Unabhängig davon, ob der Mangel der Vollmacht von Amts wegen oder nur auf Rüge des Gegners hin (§ 88 Abs. 1 ZPO) zu berücksichtigen ist, ist eine ohne Vollmacht vorgenommene Prozesshandlung unzulässig. Die prozessrechtliche Bevollmächtigung kann nur durch eine schriftliche Vollmacht nachgewiesen werden, die zu den Gerichtsakten abzugeben ist (§ 80 Satz 1 ZPO). Das Gericht kann zwar einen vollmachtlosen Vertreter zur Prozessführung einstweilen zulassen (§ 89 Abs. 1 ZPO), hat ihm dann aber eine Frist zur Beibringung der Vollmacht zu bestimmen (§ 80 Satz 2 ZPO). Nach Ablauf der gesetzten Frist ist der vollmachtlose Vertreter durch besonderen Beschluss oder in den Gründen des Urteils zurückzuweisen. Ein von ihm eingelegtes Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17.04.1984 - GmS-OGB 2/83 - Rdn. 12, BGHZ 91, 111).

b)

Eine ausreichende Prozessvollmacht des Klägers gemäß § 81 ZPO liegt vor.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10.03.2022 vorgetragen, er habe den Rechtsanwälten Dr. Sch. und Sch. vor Klageerhebung mündlich die Vollmacht erteilt, alle den hiesigen Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen vorzunehmen. Diese Vollmachterteilung bezog sich nicht nur auf die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch., die in der Kopfzeile der Klageschrift vom 23.04.2019 (Bd. I Bl. 1 d.A.) namentlich aufgeführt sind, sondern auch auf Rechtsanwalt S. P. mit Sitz in H.. Der Kläger hat dargelegt, dass Rechtsanwalt Dr. Sch. persönlich "mit den seinem Team angehörigen Rechtsanwälten" den Landkreis in dem Verfahren gegen die hiesige Beklagte vertreten sollte (Bd. VII Bl. 1491 d.A.). Dies ist dahin zu verstehen, dass die in der Niederlassung H. tätigen Rechtsanwälte der X. & Y. LLP den Kläger vor Gericht vertreten sollten. Die Vollmachterteilung bedarf, um wirksam zu sein, nicht zwingend der Schriftform, so dass auch eine mündlich erteilte Prozessvollmacht Wirksamkeit entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1992 - XII ZB 6/92 -, VersR 1992, 1244). Die Rechtsauffassung der Beklagten, die Berufung sei von einem hierzu nicht bevollmächtigten Rechtsanwalt eingelegt worden, trifft deshalb nicht zu.

c)

Das Bestreiten der Bevollmächtigung von Rechtsanwalt P. ist zudem unerheblich. Ein Mangel der Vollmacht kann auch noch nach Ablauf der Berufungsfrist mit rückwirkender Kraft geheilt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 - Rdn. 11, NJW 2009, 3162 und BGH, Urteil vom 09.05.1984 - VIII ZR 47/83 - VersR 1984, 781 unter II. 2. b). Nach § 89 Abs. 2 ZPO muss die Partei die Prozessführung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Vollmacht erteilt hat oder wenn sie die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt. Vorliegend wäre ein anfängliches Fehlen der Vollmacht von Rechtsanwalt Patzer dadurch geheilt worden, dass der jetzige Landrat des Landkreises G. Dr. A. S. als bevollmächtigter Vertreter des Klägers die Einlegung der Berufung durch Rechtsanwalt P. nachträglich genehmigt hat. Diese Genehmigung lag in der Unterzeichnung einer schriftlichen Prozessvollmacht - ohne Datum - (Bl. 1473 f. d.A.) durch Dr. S., in der die vertretungsberechtigten Rechtsanwälte der Rechtsanwaltsgesellschaft X. & Y. LLP namentlich genannt sind. Da der Landrat Dr. S. sein Amt erst mit Wirkung zum 01.11.2021 angetreten hat, kann die schriftliche Vollmacht frühestens im November 2021 von ihm unterzeichnet worden sein, mithin zu einem Zeitpunkt, als bereits Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt und diese begründet worden war. Der Kläger hat mit der Erteilung der Prozessvollmacht daher zum Ausdruck gebracht, dass er die bisherige Prozessführung durch Rechtsanwalt P. genehmige.

d)

Unerheblich ist, dass die Genehmigung erst nach Ablauf der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist erteilt wurde. Zwar trifft es zu, dass bei fristgebundenen Prozesshandlungen sämtliche Formerfordernisse bereits bei Fristablauf vorliegen müssen. Bei dem Nachweis der Prozessvollmacht handelt es sich aber nicht um ein solches Formerfordernis, ohne dessen Vorliegen die Berufung unzulässig ist. Dies folgt aus § 88 Abs. 1 ZPO, wonach das Gericht im Anwaltsprozess die Vollmacht nicht von Amts wegen zu prüfen hat, sondern erst auf Rüge des Gegners hin. Der Erteilung einer Vollmacht steht es gleich, wenn die betroffene Partei oder deren bevollmächtigter Vertreter die zunächst vollmachtlose Prozessführung zu einem späteren Zeitpunkt genehmigt (§ 89 Abs. 2 ZPO). Der Mangel der Vollmacht bei Einlegung eines Rechtsmittels kann daher durch Genehmigung des Vertretenen, die auch in der Erteilung einer Prozessvollmacht liegen kann, mit rückwirkender Kraft geheilt werden, soweit noch kein das Rechtsmittel als unzulässig verwerfendes Prozessurteil vorliegt (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17.04.1984 - GmS-OGB 2/83 - Rdn. 13, BGHZ 91, 111; BGH, Urteil vom 09.05.1984 - VIII ZR 47/83 -, VersR 1984, 781 unter II. 2. b); BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 - Rdn. 11, NJW 2009, 3162 sowie Zöller-Althammer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 88 Rdn. 7). Die Rechtsmittelvoraussetzungen müssen am Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz gegeben sein. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Landgericht hat die Klage nicht durch Prozessurteil, sondern aus materiell-rechtlichen Gründen abgewiesen. Auf Seite 13 der Urteilsgründe hat es ausgeführt:

"Die Kammer geht hierbei davon aus, dass die Klage wirksam erhoben worden ist, da sie von 2 Rechtsanwälten unterschrieben wurde, die zur Vertretung vom dem hiesigen Gericht befugt sind. Auch die fehlende Einzahlung des Kostenvorschusses durch den Beklagten steht dem wegen der aus § 108 NJG folgenden Kostenfreiheit des Klägers nicht entgegen."

3.

Die Berufungsschrift ist als bestimmender Schriftsatz von einem postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten zu unterzeichnen (§§ 519 Abs. 4, 130 Nr. 6, 130 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ob die Rechtsanwaltsgesellschaft X. & Y. LLP als solche postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO), bedarf im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung keiner Entscheidung. Die Berufung ist von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden. Rechtsanwalt S. P., der in der Zweigniederlassung der X. & Y. LLP in H. tätig ist, besitzt eine Zulassung zur Vertretung von Mandanten vor deutschen Gerichten.

a)

Wird die Berufungsschrift von einem zugelassenen Rechtsanwalt sowohl unter Hinweis auf sein Amt als Rechtsanwalt als auch auf seine Zugehörigkeit zu einer deutschen Zweigniederlassung einer englischen Limited Liability Partnership (LLP) unterzeichnet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Prozesshandlung nicht ausschließlich im Namen der Gesellschaft, sondern jedenfalls auch von dem handelnden Rechtsanwalt selbst vorgenommen worden ist, wenn nicht besondere Anhaltspunkte entgegenstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 - Rdn. 9, NJW 2009, 3162). Dasselbe gilt, wenn es sich - wie hier - nicht um eine englische LLP, sondern um eine LLP nach US-amerikanischem Recht handelt. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung einer US-amerikanischen LLP und einer englischen LLP bestehen nicht.

b)

Die Voraussetzungen für die Annahme, der unterzeichnende Rechtsanwalt habe nicht ausschließlich im Namen der Gesellschaft, sondern auch im eigenen Namen gehandelt, liegen im Streitfall vor. Die Berufungsschrift vom 22.02.2021 (Bd. VI Bl. 1210 d.A.) nennt nicht lediglich die X. & Y. LLP als handelnde Vertreterin des Klägers. Vielmehr wird schon im Kopf dieses Schriftstücks auf der linken Seite in der ersten Zeile neben Rechtsanwalt Dr. H. C. Sch. als Mitglied der Rechtsanwaltsgesellschaft auch der Name des Rechtsanwaltes S. P. genannt, der das Schriftstück verfasst und elektronisch unterzeichnet hat. Im Rubrum der Berufungsschrift sind als Prozessbevollmächtigte des Klägers aufgeführt:

"Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der X. & Y. LLP, W. 50, 2 H."

Rechtsanwalt S. P. ist zudem am Ende der Berufungsschrift als verantwortlicher Urheber des Rechtsmittels bezeichnet worden, ohne dass ein erneuter Hinweis auf die Rechtsanwaltsgesellschaft X. & Y. LLP, z.B. in Form eines Klammerzusatzes, erfolgt wäre. Dasselbe gilt für die Berufungsbegründung vom 22.04.2021 (Bd. VI Bl. 1225 ff. d.A.). Dies lässt nur die Deutung zu, dass Rechtsanwalt S. P. das Rechtsmittel nicht lediglich im Namen der Rechtsanwaltsgesellschaft, sondern auch im eigenen Namen eingelegt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 - Rdn. 9, NJW 2009, 3162 zu einem vergleichbaren Fall).

Die Berufung ist aus den genannten Gründen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1.

Die Berufung ist nicht schon deshalb unbegründet, weil es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung fehlt.

Dass die Klage von einer außereuropäischen Rechtsanwaltsgesellschaft erhoben wurde, die unstreitig nicht über eine Zulassung zur Vertretung vor deutschen Gerichten verfügt, steht der Zulässigkeit der Klage im Ergebnis nicht entgegen, weil eine nachträgliche Genehmigung durch postulationsfähige Rechtsanwälte erfolgt ist, die den Kläger im vorliegenden Rechtsstreit vertreten. Die Klageerhebung durch die X. & Y. LLP ist auf Hinweis des Senates durch die im Termin anwesenden Rechtsanwälte Dr. Sch., P. und v. L. genehmigt worden. Diese haben die persönliche Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift vom 23.04.2019 übernommen. Auf die Sitzungsniederschrift des Senates vom 06.10.2022 (Seite 2, Bd. VII Bl. 1549 d.A.) wird insoweit verwiesen.

a)

Die Zulässigkeit der Klage setzt eine wirksame Klageerhebung voraus. Gemäß § 253 Abs. 4 ZPO sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO sollen vorbereitende Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Die nicht von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnete Klageschrift ist im Anwaltsprozess als Prozesshandlung unwirksam. Eine solche Klage ist, sofern der Mangel nicht geheilt wird, durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1990 - III ZR 142/89 - Rdn. 15, BGHZ 111, 339 und BGH, Urteil vom 01.03.1984 - IX ZR 33/83 -, BGHZ 90, 249). Soweit eine Zustellung erfolgt, begründet auch die unwirksame Klage die Rechtshängigkeit des Anspruchs (vgl. BGH NJW-RR 1987, 322 f.). Das Gericht darf allerdings keine Sachentscheidung über eine solche Klage treffen, weil die wirksame Klageerhebung Sachurteilsvoraussetzung ist (vgl. MK-Toussaint, ZPO, 6. Aufl., § 78 Rdn. 69).

b)

Vorliegend ist die Klage ausschließlich von der außereuropäischen, nicht postulationsfähigen X. & Y. LLP und nicht auch von den unterzeichnenden Rechtsanwälten Dr. Sch. und Sch. in eigenem Namen erhoben worden. Zwar sind die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. über dem Schriftzug "X. & Y. LLP" namentlich aufgeführt. Auf Seite 1 unten der Klageschrift befindet sich jedoch der Hinweis auf die Haftungsbeschränkung der Rechtsanwaltsgesellschaft:

"X. & Y. LLP, eine beschränkt haftende Partnerschaft (Limited Liability Partnership) nach dem Recht des Staates Delaware (USA)"

Dieses Hinweises hätte es nicht bedurft, wenn die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. die persönliche Verantwortung (und Haftung) hätten übernehmen wollen. Am Ende des Schriftsatzes bei den Unterschriften findet sich nicht nur der Name der unterzeichnenden Rechtsanwälte und ihre Berufungsbezeichnung "Rechtsanwalt", sondern auch der Hinweis darauf, dass für die Rechtsanwaltsgesellschaft X. & Y. LLP gehandelt werde:

"Schn.

Sch.

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt

/X. & Y. LLP/

/X. & Y. LLP/"

Dieser Hinweis kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nur dahingehend verstanden werden, dass die unterzeichnenden Rechtsanwälte nicht in eigenem Namen, sondern als Mitglied der Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung handeln wollten. Es handelt sich daher um einen Vertretungszusatz.

Für eine Vertretung des Klägers durch die international tätige X. & Y. LLP spricht auch die Beschlussvorlage des Landkreises G. vom 28.01.2019 (Anlage B 14, Bd. IV Bl. 735 a, 735 b d.A.). Zu dem Beschlussvorschlag Ziffer 2.

"Die Kanzlei X. & Y. LLP, W. 50, 2. H.

wird mit der Klageerhebung und der Durchführung des Verfahrens beauftragt."

ist zu Begründung ausgeführt worden:

"Mit der Erhebung der Klage und der Durchführung des Verfahrens soll (weiter) die Kanzlei X. & Y. beauftragt werden. Die Kanzlei ist eine führende deutsche und internationale Anwaltskanzlei mit ausgewiesener Expertise im Bereich Gesundheitswirtschaft. Mehr als 140 Anwälte von X. & Y. sind weltweit auf die Betreuung von Mandanten dieser Branche spezialisiert.

Der Landkreis G. soll weiterhin durch das Büro H. und den renommierten Rechtsanwalt Dr. He. C. Sch. vertreten werden. Dr. Sch. hat langjährige Erfahrung bei der Beratung in Privatisierungsverfahren und gilt laut JUVE-Handbuch für Wirtschaftskanzleien als einer der 'führenden Namen im Krankenhausrecht'. Er ist Partner der Sozietät X. & Y. und dort zudem verantwortlicher Partner für den Bereich 'Gesundheit & Lifesciences'.

Die Kanzlei und auch Dr. Sch. haben im Jahr 2003 den Privatisierungsvertrag für den Landkreis G. ausgehandelt. Die Kreisverwaltung ist mit der Beratungsleistung und der Wahrnehmung ihrer Interessen durch die Kanzlei und Herrn Dr. Sch. mit seinem Team sehr zufrieden und will daher die Kanzlei auch weiter mit der Wahrnehmung der Interessen beauftragen."

Zu dem Beschlussvorschlag Ziffer 4.

"Der Landrat wird ermächtigt, mit der Kanzlei eine Vergütungsvereinbarung zu schließen."

ist zur Begründung ausgeführt worden:

"Mit der Kanzlei ist eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Bei den zu vereinbarenden Vergütungssätzen handelt es sich um Stundensätze. Rechtsgrundlage der Vergütungsvereinbarung ist § 3a Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Grundlage für die Abrechnung sind nur die tatsächlich von X. & Y. geleisteten Beratungsstunden sowie der Gegenstandswert. Dieser wird auf maximal 20 Millionen Euro beziffert. (...)"

Der Anwaltsvertrag und auch die Vergütungsvereinbarung sind daher mit der X. & Y. LLP abgeschlossen worden. Der Kläger hat die Beauftragung der X. & Y. LLP unter anderem damit begründet, dass es sich um eine internationale Anwaltskanzlei mit ausgewiesener Expertise im Bereich der Gesundheitswirtschaft mit mehr als 140 Rechtsanwälten handele, die weltweit auf die Betreuung von Mandanten im Gesundheitssektor spezialisiert seien. Die lediglich mündlich erteilte Vollmacht für die Vertretung des Klägers in erster Instanz kann deshalb nicht dahingehend verstanden werden, dass neben der Klägervertreterin als Rechtsanwaltsgesellschaft auch jede/r einzelne für sie tätige Rechtsanwalt/Rechtsanwältin mit der Vertretung des Klägers beauftragt werden sollte. Im Zweifel ist der Parteiwille darauf gerichtet, die Vollmacht den Personen zu erteilen, mit denen auch der Anwaltsvertrag zustande kommt (vgl. OLG Braunschweig - 11 U 146/18 - Rdn. 69 und 70, NJW 2019, 2176 [BGH 11.04.2019 - I ZR 205/18]). Auch weil aus der damaligen Sicht des Klägers keine Notwendigkeit dafür bestand, kann nicht angenommen werden, dass er neben der X. & Y. LLP noch jedem einzelnen für die Klägervertreterin tätigen Rechtsanwalt eine Einzelvollmacht erteilen wollte. Da die gesonderte Bevollmächtigung des für die Gesellschaft auftretenden Rechtsanwalts auch zu einer Handelndenhaftung führen und somit das Haftungsprivileg der Rechtsanwaltsgesellschaft schmälern würde (vgl. OLG Braunschweig - 11 U 146/18 - Rdn. 71, a.a.O.), ist nicht davon auszugehen, dass die die Klageschrift unterzeichnenden Rechtsanwälte die Klage auch im eigenen Namen erheben wollten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr der auf eine Vertretung hindeutende Zusatz "/X. & Y.LLP/" unter der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Eben dieser Zusatz ist nach Hinweis der Beklagten auf entsprechende Bedenken gegen die Postulationsfähigkeit der Klägervertreter in der Berufungsschrift und im Berufungsbegründungsschriftsatz weggelassen worden.

c)

Prozesshandlungen von an sich vertretungsberechtigten Personen (z.B. Rechtsanwälten oder Steuerberatern) sind jedoch nur dann wirksam, wenn sie im eigenen Namen und nicht im Namen einer nicht zur Prozessführung befugten Gesellschaft getätigt werden (vgl. BFH, Beschluss vom 11.06.2019 - XI B 98/18 -, WM 2020, 173). Aus diesem Grund hat der Bundesfinanzhof eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, die von einer LLP englischen Rechts eingelegt worden war, als unzulässig verworfen. Werde ein Rechtsmittel auf dem Briefbogen einer Beratungs-GmbH eingelegt, so sei grundsätzlich davon auszugehen, dass dieses von der juristischen Person eingelegt wurde und nicht als eine persönliche Erklärung der unterzeichnenden Personen (vgl. BFH, Beschluss vom 12.12.2001 - IV B 135/00 -, juris). Im Hinblick auf den Rechtsgrundsatz des § 164 Abs. 2 BGB sei im Interesse der Rechtsklarheit davon auszugehen, dass eine unter dem Briefkopf einer GmbH abgegebene Erklärung in der "Wir-Form" mangels irgendwelcher Einschränkungen als Erklärung der GmbH angesehen werden müsse (vgl. BFH, Beschluss vom 12.12.2001 - IV B 135/00 - Rdn. 6, juris). Der erste Anschein spreche in derartigen Fällen grundsätzlich für eine Erklärung der juristischen Person, so dass es darauf ankomme, ob es Umstände gäbe, die diesen Beweis des ersten Anscheins mit hinreichender Deutlichkeit entkräften könnten. Insoweit verbleibende Zweifel gingen zu Lasten der klagenden Partei.

Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Postulationsfähigkeit in einem Einzelfall bejaht, indem er das dortige Handeln des zugelassenen Rechtsanwalts für die LLP (auch) als Handeln im eigenen Namen ausgelegt hat. Werde die Berufungsschrift von einem zugelassenen Rechtsanwalt sowohl unter Hinweis auf sein Amt als Rechtsanwalt als auch auf seine Zugehörigkeit zu einer deutschen Zweigniederlassung einer englischen Limited Liability Partnership (LLP) unterzeichnet, so sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Prozesshandlung nicht ausschließlich im Namen der Gesellschaft, sondern jedenfalls auch von dem handelnden Rechtsanwalt selbst vorgenommen worden sei, wenn nicht besondere Anhaltspunkte dieser Annahme entgegenstünden (vgl. BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 -, NJW 2009, 3162; zustimmend: Piekenbrock in BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, § 78 ZPO Rdn. 21 und 22). Für die Auslegung von Prozesshandlungen gelte der Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt sei, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig sei und dem recht verstandenen Interesse der Partei entspreche. Deshalb sei nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wortwahl einer Partei festzuhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 22.04.2009 - IV ZB 34/08 - Rdn. 8, a.a.O.). Dass die von einer Partei erteilte Vollmacht die LLP als Bevollmächtigte bezeichne, stehe nicht entgegen. Auch diese Erklärung lasse sich als Bevollmächtigung sowohl der Gesellschaft als auch der ihr angehörenden Rechtsanwälte unmittelbar verstehen. Bereite die Klärung der Postulationsfähigkeit einer Anwaltsgesellschaft ausländischen Rechts Schwierigkeiten, liege vom erkennbaren Interesse der vertretenen Partei her eine Auslegung nahe, die der Prozesshandlung auf jeden Fall zum erstrebten Erfolg verhelfe, insbesondere wenn es auf die Einhaltung einer Frist ankomme (vgl. BGH, a.a.O., Rdn. 9).

Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in der Literatur auf Kritik gestoßen und wird auch vom Bundesfinanzhof nicht geteilt. Von den Vertretern dieser Rechtsansicht wird geltend gemacht: Lege man das Handeln eines LLP-Anwalts als Handeln im eigenen Namen aus, so widerspreche das der Zugehörigkeit zu einer LLP als einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, deren Außenauftritt eher dem einer juristischen Person entspreche (vgl. Frank Roth, Die Postulationsfähigkeit der LLP, in: BB Beilage 2010, Nr. 003, 29-32). Wer sich einer LLP angeschlossen habe und unternehmensbezogen unter Hinweis auf seine Zugehörigkeit zu dieser auftrete, trete im Zweifel nicht als Einzelanwalt auf (vgl. BFH, Beschluss vom 26.02.1999 - XI R 66/97 - Rdn. 9, DStR 1999, 758). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ergebnisorientiert. Henssler spricht von einer etwas gewagten Hilfskonstruktion, die nicht im Interesse des handelnden Rechtsanwalts liege (vgl. Henssler in: Die Postulationsfähigkeit ausländischer Anwaltsgesellschaften, NJW 2009, 3136). Der Bundesgerichtshof wolle die allgemeine Auslegungsregel, wonach im Zweifel von einem Handeln im Namen der Gesellschaft auszugehen sei, offenbar durch einen anderen Grundsatz überlagert wissen, nämlich den Grundsatz, dass im Zweifel immer diejenige Auslegung zu wählen sei, die der Prozesshandlung auf jeden Fall zum Erfolg verhelfe. Als Auslegungsgrundsatz für die Ermittlung eines Handelns im fremdem Namen erscheine diese Maxime unter Berücksichtigung der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers jedoch kaum geeignet. Bei der Beurteilung der Postulationsfähigkeit einer Rechtsanwalts-LLP müsse strikt zwischen der LLP englischen Rechts bzw. vergleichbaren Hybridgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedsstaaten und den LLPs unterschieden werden, die ihren Satzungssitz außerhalb der EU bzw. des EWR hätten. Werde eine US-amerikanische LLP mandatiert, könnten in Deutschland Prozesshandlungen nur durch persönlich handelnde Rechtsanwälte vorgenommen werden. Das deutsche Berufsrecht kenne weder eine Rechtsberatungserlaubnis noch eine Postulationsfähigkeit für Kapitalgesellschaften oder Hybridgesellschaften aus Staaten außerhalb des EU-/EWR-Raumes (vgl. Henssler in: Die Postulationsfähigkeit ausländischer Anwaltsgesellschaften, NJW 2009, 3136, 3137 und derselbe in: NJW 2021, 503). Zwar seien US-LLPs gesellschaftsrechtlich durch den Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der BRD und den USA vom 29.10.1954 über das in diesem bilateralen völkerrechtlichen Vertrag enthaltene Diskriminierungsverbot geschützt. Der Vertrag vermittele aber keine berufs- und rechtsdienstleistungsrechtlichen Befugnisse (vgl. Kilian in: BB 2021, 323, 324 m.w.N.).

d)

Einer Entscheidung zwischen den vorgenannten unterschiedlichen Rechtsauffassungen bedarf es im Streitfall nicht.

Selbst wenn man der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgen würde, so wäre eine ordnungsgemäße Klageerhebung - vor dem Zeitpunkt ihrer Genehmigung - nicht anzunehmen. Im Streitfall liegen nämlich besondere Anhaltspunkte vor, die gegen ein Handeln der erstinstanzlich tätigen Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. im eigenen Namen sprechen. Nicht nur der Anwaltsvertrag und die Vergütungsvereinbarung sind mit der X. & Y. LLP geschlossen worden. Auf Seite 1 der Klageschrift wurde vielmehr ausdrücklich auf die beschränkte persönliche Haftung der LLP hingewiesen. Die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. haben die Klageschrift auch nicht als "Rechtsanwalt" unterzeichnet, sondern als "Rechtsanwalt / X. & Y. LLP /", was unmissverständlich darauf hindeutet, dass sie als Vertreter für die LLP und nicht im eigenen Namen handeln wollten. Einer nochmaligen expliziten Erwähnung der LLP hätte es andernfalls nicht bedurft. Dabei steht die Verwendung des Zeichens "/" vor und nach "X. & Y. LLP" aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers für "handelnd für". Der Beschluss des Kreisausschusses G. vom 28.01.2019 gibt für die Annahme, dass der Kläger die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. auch persönlich mit seiner Vertretung beauftragen wollte, im Übrigen nichts her. Der Anwaltsvertrag und die entsprechende Vergütungsabrede sind mit der X. & Y. LLP und nicht mit den Rechtsanwälten Dr. Sch. und Sch. zustande gekommen. Auch vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass die Rechtsanwälte Dr. H. C. Sch. und J. Chr. Sch. nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der X. & Y. LLP handeln wollten.

e)

Der Mangel der Postulationsfähigkeit kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs jedoch dadurch geheilt werden, dass ein bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt die unwirksame Prozesshandlung genehmigt (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1990 - III ZR 142/89 - Rdn. 19, BGHZ 111, 339). Die Forderung, es bedürfte in solchen Fällen stets der förmlichen Wiederholung der Prozesshandlung, läuft auf eine unnötige Förmelei hinaus und ist daher abzulehnen (vgl. BGH, a.a.O.). Sie lasse sich insbesondere nicht daraus herleiten, dass die Postulationsfähigkeit der Disposition der Parteien entzogen sei. Das schließe nur die Heilung nach § 295 ZPO, nicht aber die Genehmigung durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt aus. Unbegründet ist auch die Besorgnis, mit Hilfe der Genehmigung könnten der Anwaltszwang und die Vorschriften über die Befristung von Prozesshandlungen umgangen werden. Nach allgemeiner, zutreffender Auffassung muss bei fristgebundenen Prozesshandlungen die Genehmigung vor Fristablauf geklärt werden; eine rückwirkende Heilung des Mangels kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1990 - III ZR 142/89 - Rdn. 19, BGHZ 111, 339). Bei nicht fristgebundenen Prozesshandlungen kann gegebenenfalls in der Genehmigung selbst eine Neuvornahme gesehen werden. Hiernach ist auch die Einreichung einer Klage durch einen beim Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt grundsätzlich genehmigungsfähig (vgl. BGH, a.a.O., Rdn. 9 und Zöller-Althammer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 78 Rdn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss vom 31.10.2006 - VI ZB 20/06 -, NJW-RR 2007, 278). Die Genehmigung wirkt jedoch lediglich ex nunc und nicht rückwirkend (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1990 - III ZR 142/89 - Rdn. 19, BGHZ 111, 339, und Zöller-Althammer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 78 Rdn. 12 m.w.N.).

Vorliegend wurde der Kläger auf die erforderliche Prüfung der Prozessvollmacht durch die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 07.02.2022 (Bl. 1341 d.A.) hingewiesen, mit der um Übersendung der Prozessvollmacht gebeten wurde. Mit weiterer Verfügung vom 21.02.2022 (Bd. VII Bl. 1418 R. d.A.) wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die als Anlage K 80 (Bd. VII Bl. 1473 f. d.A.) überreichte Prozessvollmacht nicht datiert sei. Gleichzeitig wurde um Übersendung der zum Zeitpunkt der Klageerhebung gültigen Prozessvollmacht gebeten. Nach Maßgabe dieser Verfügungen war offenkundig, dass es auf das Vorliegen einer (oder mehrerer) wirksamer Prozessvollmachten ankommt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Berufungserwiderung vom 07.07.2021 (Bd. VI Bl. 1278 ff., 1282, 1286 d.A.) zudem auf die ihrer Ansicht nach fehlende Zulässigkeit der Klage hingewiesen. Auf Seite 9 ihrer Berufungserwiderung hat sie ausgeführt:

"Die Klage, die mit der Berufung weiter begehrt wird, wurde nicht ordnungsgemäß durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt erhoben, sondern ausweislich des Rubrums der Klage vom 23.04.2019 und der Unterschriftenzeile der Klageschrift ausschließlich durch ' X. & Y. LLP'. Dieser nicht heilbare Mangel führt zur Unzulässigkeit der Klage. (...)"

Auf Seite 5 ihrer Berufungserwiderung (Bd. VI Bl. 1282 d.A.) hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Berufung keinen Erfolg haben dürfte, weil die Klage nicht unter ordnungsgemäßer Vertretung des Klägers nach § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhoben worden sei.

Mit Schriftsatz vom 09.05.2022 (Bd. VII Bl. 1504 ff. d.A.) hat der Kläger trotz dieser Hinweise seine Rechtsauffassung bekräftigt, dass von einer wirksamen Klageerhebung auszugehen sei. Die Rechtsanwälte Dr. Sch. und Sch. seien von ihm zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche aus dem Privatisierungsvertrag bevollmächtigt worden. Im Übrigen könne ein Mangel der Vollmacht auch noch nach Ablauf der Berufungsfrist mit rückwirkender Kraft geheilt werden. Die auf Seite 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 09.05.2022 (Bd. VII Bl. 1506 d.A.) erklärte Genehmigung bezog sich jedoch nur auf die Berufungseinlegung ("auch noch nach Ablauf der Berufungsfrist") und nicht auf die gesamte Prozessführung. Soweit der Kläger die Auffassung vertrat, es sei wirksam Klage erhoben worden, liegt darin keine Genehmigung der nicht ordnungsgemäßen Klageerhebung, sondern eine Perpetuierung des eigenen Rechtsstandpunktes. Die Annahme einer (konkludenten) Genehmigung setzt regelmäßig voraus, dass der Erklärende erkennt, dass ein schwebend unwirksames und damit genehmigungsbedürftiges Prozesshandeln vorliegt. Andernfalls fehlt es an einem entsprechenden Erklärungswillen. Die Genehmigung der bisherigen Prozessführung durch die X. & Y. LLP ist daher erst im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 06.10.2022 erklärt worden. Sie wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück. Ihre Rechtswirkungen treten lediglich ex nunc ein.

f)

Nach Maßgabe der vorstehenden Einschränkung liegt eine ordnungsgemäße Klageerhebung nunmehr vor.

2.

Die Klageanträge zu I., III. und IV. sind jedoch unzulässig.

Die Berufung, mit der diese Anträge weiterverfolgt werden, hat bereits mangels Zulässigkeit der Klageanträge keinen Erfolg.

a) zum Klageantrag zu I. (Leistungsteil)

Mit dem Klageantrag zu I. begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einem positiven Tun, nämlich zur dauerhaften Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung am Standort C.-Z. gemäß Ziffer 4.1 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 - UR-Nr. ..... des Notars D. R. mit Amtssitz in W. - und die Bewirkung der geschützten Standortsicherung nach Maßgabe von Ziffer 4.1. des Kauf- und Abtretungsvertrages. Dieser Klageantrag ist nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig.

aa)

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist eine Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf die beklagte Partei abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002 - I ZR 168/00 - Rdn. 46, BGHZ 153, 69 und Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 253 Rd. 13). Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt auch von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, a.a.O., Rdn. 46 und BGH, Urteil vom 04.07.2002 - I ZR 38/00 -, WRP 2002, 1269, 1271). Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002 - I ZR 168/00 - Rdn. 46, BGHZ 153, 69).

bb)

Diesen Anforderungen wird der Klageantrag zu I. (Leistungsantrag) nicht gerecht. Durch den Klageantrag zu I. werden lediglich die Vertragspflichten aus § 4 Ziffer 4.1. des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 - UR-Nr. ..... des Notars D. R. - (Anlage K 1, Bl. 63 ff. d.A.) wiederholt und in einen Leistungsantrag gekleidet. In § 4 Ziffer 4.1. des Kauf- und Abtretungsvertrages heißt es wörtlich:

"4.1.

Die Käuferin verpflichtet sich, die stationäre Krankenversorgung im Landkreis dauerhaft sicherzustellen (im folgenden: 'geschützte Krankenversorgung').

Die Käuferin verpflichtet sich ferner, dafür zu sorgen, dass die H. GmbH den Krankenhausbetrieb und die stationäre Krankenhausversorgung an den Krankenhausstandorten G., B. H. und C.-Z. (im folgenden: die 'drei Krankenhausstandorte') dauerhaft fortführt und weiterentwickelt (im folgenden: 'geschützte Standortsicherung').

Für einen Leistungsantrag, mit dem Vertragspflichten - wie hier - lediglich wiederholt werden, ohne diese näher zu konkretisieren, besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Pflicht, deren Bestehen festgestellt werden soll, ergibt sich bereits aus dem Inhalt des Vertrages, der für beide Parteien bindend ist. Die Beklagte stellt die Wirksamkeit des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 sowie die darin enthaltenen Vertragspflichten auch nicht in Abrede. Die Verpflichtung zur dauerhaften Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung am Standort C.-Z. ist bereits vertraglich fixiert worden. Sie wird durch den Leistungsantrag zu I. lediglich wiederholt. Dasselbe gilt, soweit die Beklagte verpflichtet werden soll, die geschützte Standortsicherung am Standort C.-Z. zu bewirken. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich die konkrete Ausgestaltung und der Umfang dieser Vertragspflichten. Insoweit enthält der Klageantrag zu I. jedoch keine Konkretisierung und damit keinen über den Vertragsinhalt hinausgehenden Erkenntnisgewinn. Insbesondere fehlt es an einem bestimmten Pflichtenkatalog, den der Kläger verwirklicht wissen will. Dies betrifft z.B. die Anzahl und die medizinische Ausrichtung der Fachabteilungen, die an der Klinik geführt werden sollen, die Anzahl der Ärzte und des klinischen Personals sowie das Leistungsangebot des Klinikums, welches zu vereinzeln ist. Diese Bestimmung kann nicht dem Gericht überlassen werden.

Der Klageantrag zu I. (Leistungsantrag) weist darüber hinaus keinen aus sich heraus verständlichen vollstreckungsfähigen Inhalt auf. Begehrt werden nicht vertretbare Handlungen im Sinne von § 888 ZPO. Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die aktuelle Fassung des Klageantrags zu I. (Leistungsantrags) würde im Falle der Verurteilung dazu führen, dass die Frage, was die Beklagte eigentlich schuldet, in das Vollstreckungs-verfahren nach § 888 ZPO verlagert würde. Es ist gänzlich unklar, was eine "geschützte Krankenversorgung" und eine "geschützte Standortsicherung" eigentlich sein soll. Eine derart allgemeine Fassung eines Klageantrags ist unzulässig. Durch eine diesem Antrag entsprechende Verurteilung würde das Interesse der Beklagten an der Erlangung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht gewahrt. Die Beklagte wüsste bei einer Verurteilung zur Leistung nicht, welche konkreten Handlungen sie schuldet. Die Entscheidungswirkungen wären für sie unklar. Es ist daher Sache des Klägers im Einzelnen darzulegen, von welchen Mindeststandards er ausgeht, die nach der vertraglichen Vereinbarung nicht unterschritten werden dürfen.

cc)

Dasselbe gilt für die Hilfsanträge zum Klageantrag zu I..

(1)

Der Hilfsantrag, die Beklagte gemäß dem Klageantrag zu I. mit der Maßgabe zu verurteilen, die geschuldete geschützte Krankenversorgung mindestens bis zum Ablauf des Jahres 2033 sicherzustellen und die geschützte Standortsicherung zu bewirken, schränkt den Klageantrag zu I. nur in zeitlicher Hinsicht ein ("bis zum Ablauf des Jahres 2033"). Er beantwortet nicht die Frage, was unter einer geschützten Krankenversorgung und einer geschützten Standortsicherung zu verstehen ist. Um diese Frage streiten sich die Parteien, ohne dass der Kläger vereinzelt dargelegt hätte, von welchen Leistungsanforderungen er ausgeht.

(2)

Der (geänderte) Hilfshilfsantrag zum Klageantrag zu I. ist ebenfalls zu unbestimmt, als dass ihm ein vollstreckungsfähiger Inhalt beizumessen wäre. Danach soll die Beklagte verurteilt werden, im Krankenhaus C.-Z. entsprechend dem Niedersächsischen Krankenhausplan 2022 eine innere Abteilung zu betreiben, zu unterhalten und angemessen materiell und personell auszustatten. Welche Vorgaben des Niedersächsischen Krankenhausplanes 2022 von diesem Klageantrag in Bezug genommen werden erschließt sich ebenso wenig wie die Frage, was der Kläger unter einer angemessenen materiellen und personellen Ausstattung versteht. So hatte bereits die Beklagte zur Zulässigkeit des (ursprünglichen) Klageantrags zu I. (Leistungsteil) mit Schriftsatz vom 21.04.2020, Seite 9 (Bd. IV Bl. 748 d.A.) ausgeführt:

"Ein konkreter und zulässiger - nicht aber begründeter - Antrag wäre es zum Beispiel, wenn der Kläger verlangen würde, dass die Beklagte am Standort C.-Z. ein Lehrkrankenhaus mit mindestens 600 Betten und zwölf Chefarztabteilungen mit konkret benannten Fachrichtungen betreibt.

Für diesen zulässigen Antrag fehlt es allerdings an jeglicher Anspruchsgrundlage. Denn der vom Kläger vorgegebene Vertrag sieht gerade keinerlei konkrete Leistungspflicht der Beklagten vor."

Dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 29.04.2003 lassen sich keine konkreten Pflichten der Beklagten entnehmen. Es kann auch nicht dem Gericht oder einem Sachverständigen überlassen werden, derartige Leistungspflichten zu ermitteln. Maßgeblich ist, wie die Parteien den Vertrag seinerzeit verstanden haben. Dazu fehlt es am Vortrag auslegungsbegründender Tatsachen durch den Kläger.

Dasselbe gilt für den ursprünglichen Hilfshilfsantrag zu I.. Eine Erledigung der Hauptsache bezüglich dieses Antrags ist daher nicht eingetreten. Die Klage ist auch insoweit unzulässig.

b) zum Klageantrag zu I. (Feststellungsteil)

Der Leistungsantrag zu I. ist mit mehreren Unterfeststellungsanträgen versehen. Für die (Unter-)Feststellungsanträge zu I.1. a), b), c) und d) sowie I.2. und I.3. fehlt es an dem gemäß § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1 ZPO).

aa)

Ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen gebildet. Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2014 - VIII ZR 79/14 - Rdn. 23, NJW 2015, 873, 875 und Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 256 Rdn. 3). Unzulässig ist daher etwa die Feststellung des Schuldnerverzuges oder die isolierte Feststellung eines Annahmeverzuges, sofern er nicht dazu dient, bei einer Verurteilung Zug um Zug durch den erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren die Vollstreckung zu erleichtern (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2014 - VIII ZR 79/14 - Rdn. 23, NJW 2015, 873, 875; BGH, Urteil vom 19.04.2000 - XII ZR 332/97 -, WM 2000, 1558 und BGH, Urteil vom 31.05.2000 - XII ZR 41/98 -, NJW 2000, 2663). Der Klageantrag zu I.3, der sich auf die Feststellung richtet, dass sich die Beklagte mit der Erfüllung der sich aus Ziffern 4.1 und 4.4 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 ergebenden Pflichten im Verzug befinde, ist danach unzulässig, weil der Schuldnerverzug nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein zulässiges Feststellungsziel ist.

bb)

Dieselben Grundsätze gelten auch für die Zwischenfeststellungsklage. Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage kann gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Damit sind die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen und von Personen zu Sachen gemeint. Nicht zulässig sind nach der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefestigten Auffassung hingegen Feststellungen zur Klärung einzelner Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder zur Klärung der Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2011 - VII ZR 179/10 - Rdn. 19, NJW 2011, 2195). Der Kläger kann ein Feststellungsinteresse daher auch nicht aus § 256 Abs. 2 ZPO herleiten.

cc)

Eine Vorfrage für die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien stellt auch die Frage nach der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit des Verhaltens einer Partei dar (vgl. BGH, Urteil vom 03.05.1977 - VI ZR 36/74 -, NJW 1977, 1288, 1290 und BGH, Urteil vom 10.07.2018 - XI ZR 674/16 - Rdn. 16, BeckRS 2018, 19105 sowie Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 256 Rdn. 5 m.w.N.). Die Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verhaltens kann daher nicht den Gegenstand einer Feststellungsklage oder Zwischenfeststellungsklage bilden. Auf eine derartige Feststellung zielen jedoch die Feststellungsanträge zu I.1. a), b), c), d) und I.2. ab. Danach soll festgestellt werden, dass die Beklagte seit dem Jahr 2003 dauerhaft gegen die sich aus den Ziffern 4.1. und 4.4 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 ergebenden Pflichten verstößt.

Die Feststellungsziele sind in den Feststellungsanträgen zu I.1. und I.2. darüber hinaus zu allgemein formuliert und damit nicht hinreichend bestimmt. Zum einen ist der Begriff des "dauerhaften" Pflichtenverstoßes für sich genommen nicht eindeutig und bedarf der Auslegung. Zum anderen liegt ein Pflichtenverstoß nur dann vor, wenn ein bestimmtes Verhalten nicht vertragskonform ist. Welches Verhalten noch vertragskonform ist und welches nicht, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Zur Klärung dieser Frage tragen auch die Feststellungsanträge nichts bei. Zum anderen knüpfen die Feststellungsanträge wiederum nur an die wörtlich wiedergegebenen Vertragspflichten an, ohne konkrete Pflichtenverstöße zu benennen. Letztlich geht es bei den Feststellungsanträgen um die Frage des Schuldnerverzuges, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein zulässiges Feststellungsziel ist.

c) zum Klageantrag zu III. nebst Hilfsantrag

Der Feststellungsantrag zu III. nebst Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig.

aa)

Der Kläger begehrt mit dem Klageantrag zu III. die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, für jedes auf das Jahr 2020 folgende volle Jahr, in dem die Beklagte gegen ihre Pflichten aus Ziffer 4.1 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 verstößt, einen Betrag in Höhe von 1 Mio. Euro an den Kläger zu zahlen. Der Hilfsantrag zu III. begrenzt diesen Feststellungsanspruch auf das Jahr 2033 ("mindestens bis zum Ablauf des Jahres 2033"). Gegenstand einer Feststellungsklage kann aber nur ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis sein (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2021 - IV ZR 148/20 - Rdn. 19, VersR 2022, 155; BGH, Urteil vom 16.05.1962 - IV ZR 215/61 -, BGHZ 37, 137, 144 und Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 256 Rdn. 3a). Um ein solches handelt es sich hier nicht.

bb)

Der Sache nach handelt es sich um eine Klage auf künftige Leistung, indem die Voraussetzung für die Zahlung der Vertragsstrafe, nämlich ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflichten aus Ziffer 4.1 des Kauf- und Abtretungsvertrages, bereits jetzt abstrakt festgestellt werden soll. Dafür besteht aber kein Bedürfnis. Die Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe ergibt sich bereits aus dem Vertrag. Ein Feststellungsinteresse daran, die Vertragsstrafenregelung noch einmal zu titulieren, besteht nicht.

cc)

Eine Klage auf künftige Leistung ist zudem nur unter der besonderen Voraussetzung zulässig, dass eine Geldforderung oder ein Räumungsanspruch an den Eintritt eines bestimmten Kalendertages geknüpft ist (§ 257 ZPO). Die Zahlung der Vertragsstrafe ist nicht an einen bestimmten Kalendertag geknüpft. Ob eine Vertragsstrafe in der Zukunft verwirkt wird, hängt von der Feststellung weiterer Voraussetzungen ab. Eine solche Feststellung ist im Vorhinein nicht möglich. Für Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe, die voraussetzen, dass die Verwirkung der Vertragsstrafe positiv festgestellt wird, eignet sich die Klage auf künftige Leistung daher nicht. Der Begriff "Pflichtenverstoß" ist darüber hinaus zu unbestimmt, als dass er Gegenstand einer Feststellungsklage sein könnte. Es fehlt an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.

dd)

Auch die Voraussetzungen des § 259 ZPO sind nicht erfüllt. Die Klage auf künftige Leistung ist nach § 259 ZPO nur zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Sie bezweckt damit den Schutz des Gläubigers, der bei Gefährdung seines Anspruchs nicht, wie ansonsten erforderlich, mit der Erhebung der Klage warten muss, bis der Anspruch fällig ist, sondern diesen bereits gerichtlich geltend machen darf, wenn er - etwa mangels Ablaufs einer Frist oder mangels Eintritts einer Bedingung - noch nicht fällig ist. Die Klage auf künftige Leistung ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Sie setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2006 - VIII ZR 235/04 - Rdn. 11, NJW-RR 2006, 1485 und BAG, Urteil vom 27.06.2017 - 9 AZR 120/16 - Rdn. 18, NJW 2017, 2782). Es reicht nicht aus, wenn die Entstehung des Anspruchs nur zu erwarten ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 259 Rdn. 2).

d) zum Klageantrag zu IV.

Durch den Klageantrag zu IV., der an § 4 Ziffer 4.6 des Privatisierungsvertrages anknüpft, soll festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die diesem aufgrund der Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 29.04.2003 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit sie die Zahlungspflichten gemäß den Anträgen zu II. und III. übersteigen. Dieser Klageantrag ist ebenfalls zu unbestimmt und daher unzulässig.

aa)

Eine Verpflichtung zum Schadensersatz kann nur auf konkrete, im Klageantrag zu benennende Pflichtenverstöße gestützt werden. Daran fehlt es. Dieser Mangel kann auch nicht durch einen Rückgriff auf die Klagebegründung geheilt werden. Es ist unklar, auf welche Pflichtverletzung der Kläger seinen Schadensersatzanspruch stützen will. Welcher Schaden dem Kläger aufgrund einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten bereits entstanden ist oder noch entstehen könnte, ist von ihm nicht dargelegt worden. Bereits entstandene Schäden unterliegen zudem dem Vorrang der Leistungsklage. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich ein Schaden noch in der Entwicklung befindet. Dass ein solcher Fall hier vorliegt, hat der Kläger nicht dargelegt.

bb)

Wird die Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens auf eine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung gestützt, so reicht für das Feststellungsinteresse die Möglichkeit eines Schadenseintritts aus, die nur verneint werden darf, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2001 - VI ZR 381/99 - Rdn. 7, NJW 2001, 1431 und BGH, Urteil vom 02.04.2014 - VIII ZR 19/13 - Rdn. 18, VersR 2015, 770). Umstände, nach denen mit einem Schaden des Klägers zumindest zu rechnen wäre, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, weshalb er der Auffassung ist, dass ihm eine Inanspruchnahme nach § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) in der Fassung vom 28.06.2022 ernsthaft droht. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NKHG haben die Landkreise und kreisfreien Städte die Krankenhausversorgung der Bevölkerung im Rahmen der Daseinsvorsorge als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises nach Maßgabe des § 2 und des Krankenhausplans sicherzustellen. Sie haben eigene Krankenhäuser zu errichten und zu unterhalten, soweit die Krankenversorgung nicht durch andere Träger gewährleistet ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NKHG). Eine Inanspruchnahme des Klägers würde daher nur dann drohen, wenn die Krankenhausversorgung im Landkreis G. nicht gewährleistet wäre. Da es neben dem Klinikum in C.-Z. aber noch die Kliniken in G. und in B. H. gibt, die ebenfalls von der Beklagten betrieben werden, ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die medizinische Daseinsvorsorge im Landkreis G. gefährdet wäre. Für die Annahme einer derartigen Gefährdung würde es auch nicht ausreichen, wenn Einwohner oder Touristen aus C.-Z. in das circa 20 km entfernte Krankenhaus in G. fahren müssten. Dass die von der Beklagten betriebenen Krankenhäuser in G. und in B. H. nicht hinreichend leistungsfähig sind, um die Harzregion ausreichend medizinisch zu versorgen, wird vom Kläger nicht behauptet. Ein Feststellungsinteresse des Klägers liegt mit Blick auf den Eintritt künftiger Schäden daher nicht vor.

3.

Die weitergehende Klage ist zulässig, aber unbegründet.

a) Klageantrag zu II.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 16.000.000,00 EUR nebst Zinsen für den Zeitraum von 2004 bis 2019 gemäß § 4 Ziffer 4.7 und 4.8 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 - UR-Nr. 249/2003 des Notars D. R. mit Amtssitz in W. - in Verbindung mit §§ 339, 340 Abs. 1, 341 Abs. 1 BGB besteht nicht.

aa)

Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin in § 4 Ziffer 4.7 (a) zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 1.000.000,00 EUR für den Fall der Verletzung von Vertragspflichten aus § 4 Ziffer 4.1 i.V.m. § 4 Ziffer 4.2 des Privatisierungsvertrages verpflichtet. Dabei soll die Vertragsstrafe für jedes Jahr fällig werden, in dem die Beklagte die sich aus den vorstehenden Vorschriften ergebende Pflicht zur Sicherstellung der geschützten Krankenversorgung oder der geschützten Standortsicherung verletzt. Gemäß § 4 Ziffer 4.8 des Kauf- und Abtretungsvertrages werden die nach diesem Vertrag zu zahlenden Vertragsstrafen nur dann zur Zahlung fällig, wenn die Käuferin die betreffenden Verpflichtungen schuldhaft und trotz schriftlicher Aufforderung und nach Abmahnung mit angemessener Frist nicht erfüllt. Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe muss nach dieser Klausel durch schriftliche Erklärung gegenüber der Verkäuferin erfolgen. Diese Erklärung kann gemäß § 4 Ziffer 4.8 des Kauf- und Abtretungsvertrages nur innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt abgegeben werden, zu welchen der Verkäuferin die die Vertragsstrafe begründenden Umstände bekannt geworden sind oder hätten bekannt sein müssen.

bb)

Etwaige Vertragsstrafenansprüche des Klägers betreffend den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2018 sind verjährt und deshalb nicht mehr durchsetzbar (§ 214 Abs. 1 BGB).

(1)

Der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe unterliegt der regelmäßigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2022 - VII ZR 149/21 - Rdn. 35, juris). Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB). Der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wird mit der Verwirkung der Vertragsstrafe durchsetzbar und entsteht damit (vgl. Staudinger-Peters/Jakoby, BGB, Neubearbeitung 2019, § 199 Rdn. 15 und 25 sowie BGH, Urteil vom 19.05.2022 - VII ZR 149/21 -, NZBau 2022, 585). Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt (§ 339 Abs. 1 Satz 1 BGB). § 339 BGB legt fest, unter welchen Voraussetzungen der Strafanspruch entsteht. Rechtsfolge der Verwirkung ist die Entstehung des Strafanspruchs (vgl. Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 339 Rdn. 17). Unerheblich für den Beginn der Verjährung ist, wann der Gläubiger die Vertragsstrafe einfordert.

(2)

Danach wäre ein etwaiger Vertragsstrafenanspruch des Klägers für das Jahr 2017 spätestens im Jahr 2018 entstanden. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB für einen solchen Anspruch hätte am 31.12.2018 zu laufen begonnen und am 31.12.2021 geendet. Eine Hemmung der Verjährung durch die am 24.04.2019 anhängig gemachte Klage gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht eingetreten, weil die Klage nicht ordnungsgemäß durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt erhoben worden ist. Zwar haben die Rechtsanwälte Dr. Sch., P. und v. L. die Klageerhebung durch die X. & Y. LLM am 06.10.2022 auf Hinweis des Senates genehmigt und die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen. Die Genehmigung wirkt jedoch nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurück. Eine Hemmung der Verjährung für den Zeitraum bis zum 31.12.2017 ist durch die Genehmigung nicht eingetreten. Nur eine wirksame Klage begründet die Hemmung der Verjährung (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 204 Rdn. 4 und OLG Braunschweig, Beschluss vom 08.10.1956 - 2 UH 17/56 -, MDR 1957, 425). Danach kann ein Verstoß gegen die zwingende Bestimmung des Anwaltszwangs (§ 78 ZPO) nicht durch Genehmigung eines zugelassenen, für die Partei später auftretenden Rechtsanwaltes nachträglich geheilt werden. Eine solche Rückbeziehung widerspräche den Grundsätzen des Prozessrechts, das im Interesse der Rechtssicherheit klare Verhältnisse verlangt.

Dasselbe gilt für etwaige Vertragsstrafenansprüche des Klägers in den Jahren 2004 bis 2016.

(3)

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm die behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten im Zeitraum von 2004 bis 2017 nicht bekannt gewesen seien und auch nicht hätten bekannt sein müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Kläger hat Pflichtenverstöße der Beklagten gegen ihre Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag erstmals mit Schreiben vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I Bl. 227 d.A.) gerügt und die Geltendmachung einer Vertragsstrafe für den Fall der Nichtabhilfe nach Fristsetzung angedroht. Eine weitere Abmahnung erfolgte mit Schreiben vom 21.03.2018 (Anlage K 39, Bd. I, Bl. 232 ff. d.A.). Der Kläger hatte Kenntnis von den behaupteten Pflichtverletzungen aber bereits in einem Zeitraum von mehr als drei Monaten vor der ersten Abmahnung vom 22.12.2017. So war der damals amtierende Landrat M. nicht nur Mitglied des Beirates des Krankenhauses in C.-Z. und nahm auch an den jeweiligen Beiratssitzungen teil, was die Sitzungsprotokolle des Beirats (Anlage K 28, Bd. I Bl. 199 ff. d.A., K 29, Bd. I Bl. 202 f. d.A. und K 30, Bd. I Bl. 204 d.A.) belegen, sondern es erfolgten auch regelmäßige Besichtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz durch das Gesundheitsamt des Klägers, über deren Ergebnisse jeweils Besichtigungsprotokolle angefertigt wurden. Auf die Besichtigungsprotokolle vom 15.06.2018 (Anlage K 12, Bd. I Bl. 135 ff. d.A.), vom 14.09.2017 (Anlage K 17, Bd. I Bl. 158 ff. d.A.), vom 09.12.2009 (Anlage K 18, Bd. I Bl. 161 ff. d.A.) und vom 22.04.2005 (Anlage K 15, Bd. I Bl. 146 ff. d.A.) wird insoweit Bezug genommen. Neben dem amtierenden Landrat waren zwei weitere Vertreter des Landkreises an den Beiratssitzungen beteiligt. Der Kläger selbst hat die entsprechenden Protokolle zur Akte gereicht, so dass sie ihm bekannt waren. So ist das Schreiben des Klägers vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I Bl. 227 d.A.) auch nicht auf neue, bisher nicht bekannte Pflichtverletzungen gestützt worden, sondern auf eine mögliche Kündigung des Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Krankenkassen und des Verbandes der Ersatzkassen e.V. nach § 110 SGB V sowie auf eine mögliche Herausnahme des Krankenhauses in C.-Z. aus dem Krankenhausplan. Konkrete Pflichtverletzungen werden in dem Schreiben vom 22.12.2017 nicht genannt. Soweit der Kläger meint, dass weder seine Teilnahme an den Beiratssitzungen noch die Besichtigungsprotokolle des Gesundheitsamtes ausgereicht hätten, ihm die notwendige Kenntnis zu verschaffen, um die Beklagte abmahnen und die Vertragsstrafe geltend machen zu können, so wird diese Einschätzung vom Senat nicht geteilt. Selbst wenn dies zutreffend wäre, so wäre dem Kläger hinsichtlich der fehlenden Kenntnis in Bezug auf die behaupteten Pflichtverletzungen zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. BGB). Dem Kläger lagen nämlich zureichende Anhaltspunkte vor, die nach seinem eigenen Sachvortrag Zweifel an der Einhaltung der Vertragspflichten durch die Beklagte hätten begründen müssen. Diesen Zweifeln hätte der Kläger nachgehen müssen. Soweit der Kläger meint, dass es sich bei dem Beirat des Krankenhauses in C.-Z. nicht um ein Kontrollgremium gehandelt habe, weil der Beirat - anders als der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft - keine Kontrollaufgaben gehabt habe und ihm auch keine Informationsrechte analog § 111 Abs. 2 AktG zugestanden hätten, so trifft diese Rechtsauffassung nicht zu. Gemäß § 10 Ziffer 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 29.04.2003 standen dem Kläger vertraglich fixierte Informationsrechte zur Seite, von denen er hätte Gebraucht machen können. Dort ist geregelt:

"Die Käuferin und die Verkäuferin bilden für einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren einen Beirat aus sechs Personen, dem die Geschäftsführung über die Einhaltung der Vorgaben aus dem Vorgabenkatalog und aus diesem Vertrag rechenschaftspflichtig ist (im folgenden: "Beirat"). Die Verkäuferin ist berechtigt, in den Beirat drei Personen zu entsenden. Der Beirat muß mindestens zwei Mal im Jahr zusammen mit der Geschäftsführung tagen."

Die Geschäftsführung der Beklagten war dem Beirat daher rechenschaftspflichtig. Wenn der Kläger von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ist ihm dies als Obliegenheitsverletzung anzulasten, die den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. BGB begründet. Die die Vertragsstrafe begründenden Umstände hätten dem Kläger daher im Zeitraum von 2004 bis 2017 bekannt sein müssen. Etwaige Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe für den Zeitraum bis zum 31.12.2017 sind deshalb verjährt.

(4)

Die vertraglichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Vertragsstrafe im genannten Zeitraum liegen zudem nicht vor. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, die Beklagte in den Jahren 2004 bis 2017 schriftlich abgemahnt zu haben. Eine solche Abmahnung ist gemäß § 4 Ziffer 4.8 des Privatisierungsvertrages jedoch Voraussetzung für die Verwirkung der Vertragsstrafe. Das erste Schreiben, mit dem der Kläger die Beklagte auf "eine Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von jährlich EUR 1.000.000,00 gemäß § 4.7 des Kaufvertrages" hingewiesen hat, ist das Schreiben vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I, Bl. 227 d.A.), welches der Beklagten Anfang 2018 zugegangen ist. Zudem ist die "Geltendmachung einer Vertragsstrafe" gemäß § 4 Ziffer 4.8 des Privatisierungsvertrages innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt abzugeben, zu welchem der Verkäuferin die die Vertragsstrafe begründenden Umstände bekannt geworden sind oder hätten bekannt sein müssen.

cc)

Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2019 bestehen ebenfalls nicht. Der Kläger hat bereits keinen hinreichenden Sachvortrag zu den Voraussetzungen derartiger Vertragsstrafenansprüche für die Jahre 2018 und 2019 gehalten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung vom 06.10.2022 ist der Kläger hinsichtlich seines Klageantrags zu II. (Vertragsstrafe) darauf hingewiesen worden, dass er folgende Voraussetzungen darzulegen und deren Vorliegen zu beweisen habe:

(1) das Vorliegen einer konkreten Pflichtverletzung durch die Beklagte,

(2) das Verschulden der Beklagten, welches allerdings vermutet werde (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB),

(3) die schriftliche Aufforderung der Beklagten, die konkrete Pflichtverletzung innerhalb einer angemessenen Frist abzustellen,

(4) die schriftliche Androhung der Geltendmachung einer Vertragsstrafe für den Fall, dass die Pflichtverletzung nicht fristgemäß abgestellt wird,

(5) wobei die Kenntnis oder das Kennenmüssen von der Pflichtverletzung nicht länger als drei Monate vor der Androhung der Vertragsstrafe liegen dürfte,

(6) die Fruchtlosigkeit der gesetzten Frist.

Diese Voraussetzungen hätten vom Kläger für jedes Jahr vorgetragen werden müssen, für das eine Vertragsstrafe geltend gemacht wird. Der Kläger hat innerhalb der ihm eingeräumten Schriftsatzfrist bis zum 07.11.2022 jedoch keinen entsprechenden Sachvortrag gehalten. Soweit sich der Kläger auf sein Schreiben vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I Bl. 227 d.A.) bezogen hat, genügt dieses als Abmahnung nicht. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Schreiben vom 22.12.2017 überhaupt an die richtige Partei gerichtet ist. In dem Schreiben wird nur auf die abstrakten Vertragspflichten hingewiesen ("geschützte Krankenversorgung", "geschützte Standortsicherung"), ohne konkrete Pflichtenverstöße und deren Zeitpunkt bzw. Zeitraum zu benennen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Abmahnung den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteres Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen. Hierfür reicht die bloße Rüge vertragswidrigen Verhaltens nicht aus. Die Funktion einer Abmahnung besteht darin, dem Schuldner die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn vor den Folgen einer Fortsetzung dieses Verhaltens zu warnen. Erst die Missachtung dieser Warnung lässt die weitere Vertragsfortsetzung für den Gläubiger unzumutbar erscheinen. Eine Abmahnung muss dem Schuldner daher vor Augen führen, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er für den Fall weiterer Verstöße mit vertraglichen Konsequenzen rechnen muss. Derartige Konsequenzen können auch in der Zahlung einer Vertragsstrafe bestehen. Allgemein gehaltene Schreiben erfüllen die an eine Abmahnung zu stellenden Anforderungen daher nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2011 - VIII ZR 3/11 -, MDR 2011, 1462).

Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe wurde in dem Schreiben vom 22.12.2017 lediglich für den Fall angedroht, dass es zu einer Schließung des Krankenhausstandortes C.-Z. kommen sollte. Zu einer solchen Schließung ist es nicht gekommen. Die Kündigung des Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Krankenkassen und des Verbandes der Ersatzkassen e.V. war zudem nicht wirksam. Konkrete Pflichtenverstöße, insbesondere gegen die Pflichten aus § 4 Ziffer 4.1 in Verbindung mit § 4 Ziffer 4.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages, enthält das Schreiben des Klägers vom 22.12.2017 (Anlage K 38) nicht. Der Beklagten ist insbesondere nicht mitgeteilt worden, hinsichtlich welcher Mängel von ihr Abhilfe erwartet werde.

Dasselbe gilt für das Schreiben des Klägers vom 21.03.2018 (Anlage K 39, Bd. I Bl. 232 d.A.), mit dem gerügt wurde, dass die Beklagte ihrer Pflicht zur Weiterentwicklung des Krankenhausstandortes in C.-Z. nicht nachgekommen sei. Gefordert wurde von der Beklagten lediglich ein "positives 'Mehr'" im Vergleich zum "status quo" bei Vertragsschluss am 29.04.2003. Dieses "positive Mehr" begründe insbesondere "die Verpflichtung, das Krankenhaus mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten und sowohl die technische Ausstattung der einzelnen Bereiche auf den heutigen Stand zu bringen als auch die erforderlichen personellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen." Welche Mindeststandards und -voraussetzungen von der Beklagten nach Ansicht des Klägers hätten geschaffen werden müssen, um die Zahlung einer Vertragsstrafe noch abwenden zu können, sind weder dem Schreiben vom 21.03.2018 noch dem Schreiben vom 22.12.2017 zu entnehmen. Dass es in der Folgezeit weitere schriftliche Abmahnungen der Beklagten mit der Rüge konkreter Pflichtenverstöße, einer Fristsetzung zur Abhilfe und der Ankündigung einer Vertragsstrafe gegeben hat, hat der Kläger nicht vorgetragen. Eine Nachholung der Abmahnung ist wegen der dreimonatigen Ausschlussfrist in § 4 Ziffer 4.8 des Kauf- und Abtretungsvertrages nicht möglich.

dd)

Den geltend gemachten Vertragsstrafenansprüchen für den Zeitraum von 2004 bis 2017 steht darüber hinaus der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen.

Der Kläger hat der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 22.12.2017 (Anlage K 38, Bd. I Bl. 227 d.A.) angedroht, Vertragsstrafenansprüche geltend machen zu wollen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB, wenn ein Vertragsstrafegläubiger Verstöße "sammelt", um so einen möglichst hohen, wirtschaftlich bedrohlichen Vertragsstrafeanspruch entstehen zu lassen. Der Sinn der Vertragsstrafe als Sanktionsmittel bestehe nämlich nicht darin, den Schuldner in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu treiben, sondern ihm frühzeitig vor Augen zu führen, dass der Gläubiger auf der Einhaltung der Vertragspflicht bestehe. Mit der Geltendmachung der jeweils verwirkten Vertragsstrafe hat der Gläubiger den Schuldner zugleich vor einem wirtschaftlich unvernünftigen Verhalten zu bewahren. Diese sich aus der Vertragsstrafevereinbarung selbst ergebende Verpflichtung des Gläubigers schließt auch die Pflicht ein, das Verhalten des Schuldners zu beobachten und auf seine Vereinbarkeit mit der übernommenen Vertragspflicht zeitnah zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.1997 - I ZR 71/95 -, NJW 1998, 1144, 1147). Dies hat der Kläger unterlassen, obwohl ihm nach seinem eigenen Sachvortrag Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Beklagte gegen Vertragspflichten verstoßen haben könnte. Der Vertragsstrafeschuldner, der von seinem Gläubiger nicht in Anspruch genommen wird, vertraut auf diesen Zustand. Erst die Geltendmachung von Vertragsstrafen gibt ihm die Gewissheit, dass die materiellen Gegebenheiten nicht der Wirklichkeit entsprechen, er mehr Verbindlichkeiten hat, als er annehmen durfte. Dem Vertragsstrafeschuldner ist schon deshalb ein berechtigtes Interesse zuzubilligen, in nicht zu fernem zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweils als Zuwiderhandlung in Frage kommenden Verhalten vom Gläubiger zu erfahren, ob er zur Verantwortung gezogen werde (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.1997 - I ZR 71/95 -, NJW 1998, 1144, 1147). Dies gilt umso mehr, wenn die Vertragspflicht, gegen die verstoßen worden sein soll, wie hier auslegungsbedürftig ist.

b) Klageantrag zu V.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 183.619,98 EUR nebst Zinsen besteht ebenfalls nicht. Mangels Begründetheit der Klage in der Hauptsache ist auch die Nebenforderung auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet. Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10 Sätze 1 und 2, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO, liegen nicht vor.

Der Festsetzung des Berufungsstreitwertes liegen § 3 ZPO, §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG zugrunde. Der Klageantrag zu III. ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte - beginnend mit dem Jahr 2021 bis einschließlich 2033 - verpflichtet sei, die jährliche Vertragsstrafe von 1 Mio. Euro an den Kläger zu zahlen. Der Antrag bezieht sich auf einen Zeitraum von 13 Jahren. Bei einer unterstellten Pflichtverletzung der Beklagten während dieses Zeitraumes würde insgesamt eine Vertragsstrafe in Höhe von 13 Mio. Euro anfallen. Da es sich bei dem Klageantrag zu III. lediglich um einen Feststellungsantrag handelt, ist dieser Betrag um einen Feststellungsabschlag von 20 % zu kürzen. Der Streitwert des Klageantrags zu III. beläuft sich daher auf 10.400.000,00 EUR. Insgesamt beläuft sich der Streitwert des Berufungsverfahrens daher auf 29.400.000,00 EUR (Klageantrag zu I.: 2.000.000,00 EUR; Klageantrag zu II.: 16.000.000,00 EUR; Klageantrag zu III.: 10.400.000,00 EUR; Klageantrag zu IV.: 1.000.000,00 EUR). Dem Klageantrag zu V. kommt ein eigenständiger Wert nicht zu. Bei dem Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten handelt es sich um eine Nebenforderung, die nicht streitwert-erhöhend wirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 11.09.2019 - IV ZB 13/19 - Rdn. 20/21, VersR 2019, 1451 und Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 4 Rdn. 13).

Soweit das Landgericht den Streitwert im angefochtenen Urteil auf 20.000.000,00 Euro festgesetzt hat, war diese Wertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen dahingehend abzuändern, dass der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens 31.000.000,00 EUR beträgt. Der Feststellungsantrag zu III bezog sich in erster Instanz auf den Zeitraum von 2019 bis 2033. Dies entspricht 15 Jahren und einer Vertragsstrafe von 15.000.000,00 EUR. Vermindert um den Feststellungsabschlag von 20 % verbleibt ein Einzelstreitwert in Höhe von 12.000.000,00 EUR für den Klageantrag zu III.