Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 22.09.2005, Az.: 1 A 419/05

Leistungsbescheid aus Anlass einer Grenzfeststellung; Gebührenerhebung nach der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (KOVerm); Berechnung der Kosten nach Zeitaufwand

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
22.09.2005
Aktenzeichen
1 A 419/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 24744
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2005:0922.1A419.05.0A

Fundstelle

  • BauR 2005, 1820 (red. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Vermessungsrecht

Fas Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer - hat
ohne mündliche Verhandlung am 22. September 2005
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 3. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2005 wird aufgehoben, soweit er den Betrag von 429,64 EUR übersteigt.

Der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 16. Februar 2005 wird aufgehoben, soweit er 39,41 EUR übersteigt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 85 %, der Beklagte zu 15 %.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, soweit nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungsbescheid des Beklagten, der aus Anlass einer Grenzfeststellung ergangen ist.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstückes in Buxtehude. Auf der Südseite des Grundstückes sollte im Jahre 2004 eine Grenzgarage neu errichtet werden. Im Auftrage des Klägers beauftragte dessen Architekt den Beklagten mit der örtlichen Grenzfeststellung des Grundstückes. Im Einvernehmen aller Beteiligten wurde bei der tatsächlichen Ausführung am 4. Oktober 2004 der Auftrag dahingehend geändert, dass eine amtliche Grenzauskunft erteilt werden sollte. Am 4. Oktober 2004 wurden sodann die Grenzmale, die für die Errichtung der Garage benötigt werden, an der Südseite des Grundstückes aufgesucht, überprüft und markiert. Dem Kläger wurde am 4. Oktober 2004 die amtliche Grenzauskunft übergeben und erläutert.

3

Durch den Leistungsbescheid Nr. 6.2285 vom 3. November 2004 setzte der Beklagte die Gebühren und Auslagen auf 502,72 EUR fest. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Grundgebühr in Höhe von 26,00 EUR, Kosten für die Außenarbeit eines Ingenieurs oder vergleichbaren Mitarbeiters für 3 Stunden in Höhe von insgesamt 165,00 EUR sowie Kosten für die Außenarbeit eines Technikers oder vergleichbaren Mitarbeiters für 2,5 Stunden in Höhe von insgesamt 105,00 EUR. Für die Innenarbeit eines Technikers oder vergleichbaren Mitarbeiters wurden 1,5 Stunden, insgesamt 63,00 EUR festgesetzt. Darüber hinaus wurden Reisekosten und Vermarktungsmaterial in Höhe von 4,55 EUR, Umsatzsteuer in Höhe von 58,17 EUR und Vermessungsunterlagen in Höhe von 81,00 EUR berechnet.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Die Außenarbeiten mit 3 bzw. 2,5 Stunden sowie die Innenarbeiten eines Technikers mit 1,5 Stunden seien deutlich zu hoch angesetzt, zumal Veränderungen des Lageplanes nicht vorzunehmen waren.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vermessungsarbeiten seien um 13.00 Uhr aufgenommen und gegen 15.30 Uhr beendet worden. Der Kläger sei nicht während der gesamten Dauer der durchgeführten Arbeiten, sondern lediglich in der Zeit von 13.45 Uhr bis 14.30 Uhr anwesend gewesen und habe das Grundstück verlassen, nachdem die beiden Grenzmale aufgefunden und freigelegt worden waren. Danach waren die Grenzzeichen einzumessen und anhand der beschafften Vermessungsunterlagen zu überprüfen. Einschließlich der Vor- und Nachbereitung der öffentlichen Vermessungsarbeiten und der Anfertigung des Protokolls sowie der häuslichen Prüfung und Aufbereitung der Vermessungsarbeiten sei der Zeitaufwand angemessen und für Vermessungsarbeiten der ausgeführten Art üblich gewesen.

6

Am 8. März 2005 hat der Kläger durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten Klage erhoben. Er hält den angesetzten Zeitaufwand sowohl für die Außenarbeiten wie auch für die häusliche Prüfung für unangemessen hoch. Die Tätigkeit der Mitarbeiter des Beklagten seien von dem Kläger selbst begleitet worden. Der Kläger wisse daher, dass der geltend gemachte Zeitaufwand in keinem Fall zutreffend sei. In einem Telefonat habe er auch unmittelbar nach Rechnungserhalt versucht, dies abzuklären. Während der Vermessungsarbeiten sei der Zeuge F. die ganze Zeit anwesend gewesen. Die Mitarbeiter des Klägers seien jedoch zwischenzeitlich weggefahren und hätten andere Aufgaben erledigt. Erst als sie nach einiger Zeit wiedergekommen seien, sei vor Ort besprochen worden, dass das Setzen von Grenzsteinen nicht erforderlich sei. Es würde eine Stange oder ein Kreuz auf der Palisade ausreichen. Die Arbeiten seien dann nach 30 Minuten beendet gewesen.

7

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 3. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005 aufzuheben und den Kostenfestsetzungsbescheid, der mit dem Widerspruchsbescheid verbunden ist, ebenfalls aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Der Zeitaufwand sei angemessen gewesen. Der Termin sei von dem Mitarbeiter G. wahrgenommen worden. Die beiden anderen Mitarbeiter hätten das Grundstück verlassen, um die Lagefestpunkte Nr. 15 und 16 an der Einmündung Harburger Straße/B 73 sowie Nr. 21 und 71 an der Harburger Straße/Ecke Eilendorfer Moorweg aufzusuchen, zu überprüfen und mit Stativen und Zielprismen zu versehen. Diese Lagefestpunkte seien aus dem Hause des Klägers nicht unmittelbar einzusehen.

10

Der Architekt des Klägers, der Dipl.-Ing. H., der die Garage geplant hat und der auch die Grenzfeststellung angeregt hatte, um spätere Grenzstreitigkeiten der Nachbarn auszuschließen, hat eine Stellungnahme abgegeben. Danach war der Termin zur Grenzfeststellung auf den 4. Oktober 2004 um 13.00 Uhr abgesprochen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Mitarbeiter des Beklagten gekommen, der jedoch mitgeteilt habe, dass noch an anderer Stelle eine Vermessung durchzuführen sei. Nach kurzer Unterhaltung über die Sachlage habe der Mitarbeiter das Grundstück des Klägers dann verlassen. Er habe das Grundstück sodann selbst verlassen und sei davon ausgegangen, dass die Grenzpunkte von dem Wohnhaus des Klägers aus festgestellt würden, weil die genauen Maße zur Grenze dort vorliegen müssten.

11

Das Gericht hat eine Auskunft des Leiters der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Otterndorf - Katasteramt Stade - zu der Frage eingeholt, ob der in dem angefochtenen Gebührenbescheid geltend gemacht Zeitaufwand angemessen erscheint. Der Leiter des Katasteramtes, Vermessungsdirektor I., hat am 16. August 2005 eine Stellungnahme abgegeben, die den angesetzten Zeitaufwand für die Durchführung der amtlichen Grenzauskunft für weitgehend nachvollziehbar hält. Auch im Übrigen halte sich die Gebührenrechnung im Bereich des Normalen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2005 hat das Gericht den Zeugen J. gehört. Wegen der Einzelheiten der Aussage wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage hat hinsichtlich der im Leistungsbescheid geltend gemachten Kosten für 1,5 Stunden Innenarbeiten eines Technikers, also in Höhe von 63,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer Erfolg, im Übrigen ist sie abzuweisen..

14

Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 3. November 2004 sowie der Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005 sind nur teilweise rechtmäßig.

15

Die Gebührenerhebung findet ihre Rechtsgrundlage in der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen ( - KOVerm - vom 16. Dezember 2003, Nds. GVBl. S. 451 ff.). Nach § 1 dieser auf das niedersächsische Verwaltungskostengesetz und das niedersächsische Gesetz über das amtliche Vermessungswesen (vom 12. Dezember 2002, Nds. GVBl. 2003, S 5.) gestützten Verordnung sind für Amtshandlungen und Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden, der kommunalen Körperschaften und öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure im amtlichen Vermessungswesen Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben. Die Höhe der Gebühren sind einem der Verordnung als Anlage beigefügten Gebührenverzeichnis zu entnehmen. Gebühren nach Zeitaufwand sind gemäß § 5 KOVerm je angefangene halbe Arbeitsstunde zu berechnen, wobei die An- und Abreise bei örtlichen Arbeiten als Arbeitszeit gilt.

16

Nach dem der Verordnung als Anlage 1 beigefügten Gebührenverzeichnis sind im Falle einer amtlichen Grenzauskunft zunächst gemäß Ziffer 1.2.1 Grundgebühren in Höhe von 26,00 EUR zu erheben, für die Unterlagen zur Vermessung sind 60 vom 100 der Gebühr nach 17.1 zu erheben. Die Gebühr nach 17.1.1. beträgt 135,00 EUR, sodass für die Vermessungsunterlagen wie in dem angefochtenen Bescheid geschehen, 81,00 EUR zu erheben sind. Hinsichtlich der örtlichen Arbeiten schreibt Ziffer 1.2.3. des Gebührenverzeichnisses vor, dass diese nach Tabelle 3 zu erheben sind. Nach dieser Tabelle ist die angefangene halbe Arbeitsstunde eines Beschäftigten des gehobenen Dienstes oder eines vergleichbaren Mitarbeiters 27,50 EUR, für einen Beschäftigten des mittleren oder vergleichbaren Dienstes 21,00 EUR zu erheben. Der Kläger beanstandet im vorliegenden Verfahren allein die von dem Beklagten in Ansatz gebrachten Stunden für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für die örtlichen Arbeiten hat er drei Stunden Außenarbeit eines Ingenieurs und 2,5 Stunden für Außenarbeiten eines Technikers angesetzt. Diese Ansätze erscheinen nach den eingeholten Auskünften und der Aussage des Zeugen Augustin gerechtfertigt. Die Aussage des Zeugen Augustin in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2005 erscheint insgesamt schlüssig und glaubwürdig. Er konnte relativ detailliert darüber berichten, welche Arbeiten er gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter durchgeführt hat. Der Zeitaufwand habe etwa 2,5 Stunden betragen. Dieser sei u.a. durch das Aufsuchen der Aufnahmepunkte an der Kreuzung Harburger Straße zur B 73 entstanden. Da zudem auch die An- und Abfahrt bei der Berechnung Berücksichtigung findet, erscheint die Berechnung gerechtfertigt. Dies wird im Ergebnis bestätigt durch die Stellungnahme des Leiters des Katasteramtes Stade, der in seiner Stellungnahme im Einzelnen darlegt, wie eine amtliche Grenzauskunft erfolgt und dabei nachvollziehbar begründet, dass der Zeitaufwand gerechtfertigt erscheint. Hinsichtlich der örtlichen Arbeiten ist der Zeitaufwand daher letztlich nicht zu beanstanden.

17

Nicht nachvollziehbar ist hingegen der Ansatz eines Zeitaufwands von 1,5 Stunden für die Innenarbeiten eines Technikers. Dieser Ansatz in Höhe von 63,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer ist daher auch nach den Versuchen einer Klärung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich dieses Ansatzes muss zunächst festgestellt werden, dass sich in den der Kostenordnung beigefügten Tabellen keine diesbezügliche Berechnung nach Zeitaufwand findet. Vielmehr ist das Herstellen von Vermessungsunterlagen regelmäßig mit der sich aus Ziffer 1.2.2. in Verbindung mit Ziffer 17.1. ergebenden Gebühr, hier in Höhe von 81,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer abgegolten. Auch aus der Stellungnahme des Katasteramtes Stade ergibt sich, dass ein "Zeitaufwand für die häusliche Bearbeitung in der Regel bei der amtlichen Grenzauskunft nicht üblich ist". Er findet in der Kostenordnung in Verbindung mit den Tabellen keine Grundlage. Auch durch die Aussage des Mitarbeiters der Beklagten hat insoweit nicht weitergeführt, weil dieser lediglich Informationen an einen Mitarbeiter weitergegeben hat, dass es sich nunmehr um eine Grenzauskunft handele. Im Falle einer Grenzauskunft ergeben sich jedoch die zu erhebenden Gebühren nach der Ziffer 1.2., die derartige Stundensätze für Innenarbeiten nicht vorsieht. Der Bescheid des Beklagten war daher hinsichtlich einer Höhe von 73,08 EUR aufzuheben.

18

Hinsichtlich des dem Widerspruchsbescheid beigefügten Kostenfestsetzungsbescheides, der der Höhe nach nicht zu beanstanden ist, war ebenfalls eine Kostenteilung festzusetzen, wobei dem Kläger, der sich mit seinem Widerspruch allein gegen einen Anteil der geltend gemachten Stundensätze gewandt hatte, nur drei Viertel der Kosten des Widerspruchsverfahren hätten auferlegt werden können, wenn der Beklagte zutreffend über den Widerspruch entschieden hätte. Der Kostenfestsetzungsbescheid war daher in Höhe von 13,14 EUR aufzuheben.

19

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

20

Die Kostenentscheidungen ergeben sich aus §§ 162 Abs. 2, 155 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 555,27 Euro festgesetzt.

Schmidt