Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 16.12.2020, Az.: L 13 AS 261/19

Leistungen nach dem SGB II für Bedarfe der Unterkunft unter Berücksichtigung von Tilgungsleistungen; Anerkennung tatsächlicher Aufwendungen; Verhinderung von Vermögensbildung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
16.12.2020
Aktenzeichen
L 13 AS 261/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 60492
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2020:1216.L13AS261.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
SG Aurich - 25.10.2019 - AZ: S 19 AS 290/16

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 25. Oktober 2019 wird geändert.

Der Beklagte wird unter Änderung seiner Bescheide vom 29. Oktober 2013 und 3. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2014, der Bescheide vom 28. April 2016 und 26. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2016 sowie der Bescheide vom 20. Oktober 2016 und 15. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2017 verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II für November 2013 in Höhe von 31,78 €, für Februar 2014 in Höhe von 7,80 €, für März 2014 in Höhe von 54 €, für November 2015 in Höhe von 55 €, für März 2016 in Höhe von 36,21 €, für Mai 2016 in Höhe von 24,79 €, für Juli 2016 in Höhe von 57,91 €, für August 2016 in Höhe von 51,58 € und für November 2016 in Höhe von 51,09 € zu gewähren.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Aurich vom 25. Oktober 2019, mit dem er verurteilt worden ist, der Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Bedarfe der Unterkunft unter Berücksichtigung von Tilgungsleistungen zu gewähren.

2

Die 1984 geborene, alleinstehende und zuletzt als Reinigungskraft tätig gewesene Klägerin, welche ihren Familiennamen J. in K. geändert hat, stand bei dem Beklagten seit 2008 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie bewohnt ein ca. 60-70 qm großes, mit Ofenheizungen ausgestattetes Einfamilienhaus in der L.. Das 620 qm große Hausgrundstück hatte sie im Jahr 2004 zu einem Kaufpreis von 38.000 € zu Alleineigentum erworben. Den Kaufpreis hatte sie aus Eigenmitteln aufgebracht, für die Finanzierung von Umbaumaßnahmen allerdings zwei Darlehen aufgenommen. Diese wurden nach einer erfolgen Umschuldung ab dem 1. Januar 2013 als Annuitätendarlehen über 21.000 € bzw. 20.000 € geführt. Es waren für Zins und Tilgung monatliche Raten von 78,75 € (Darlehen Nr. 6361317636) und 75 € (Darlehen Nr. 6372790136) zu zahlen. Am 31. Dezember 2016 beliefen sich die Restschulden auf 19.469,36 € bzw. 18.516,50 €.

3

In den im vorliegenden Berufungsverfahren streitbefangenen Zeiträumen von November 2013 bis April 2014 sowie November 2015 bis Dezember 2016 entstanden der Klägerin in den einzelnen Monaten Aufwendungen für die Unterkunft (ohne Tilgungsleistungen) wie folgt (angegebene Beträge in Euro):

4

Monat

Grundabgaben1

Deichacht/Sielacht

Wohngebäudeversicherung

Müllabfuhr

Wasser

Schornsteinfeger

Zinsen für Darlehen Nr. 6372790136

Zinsen für Darlehen Nr. 6361317636

Gesamtaufwendungen

11/13

142,78

48,89

51,40

243,07

12/13

48,82

51,33

100,15

1/14

74,02

48,76

51,26

174,04

2/14

135,08

48,69

51,19

234,96

3/14

158,98

94,00

48,63

51,12

352,73

4/14

81,90

48,56

51,05

181,51

11/15

159,47

47,28

49,71

256,46

12/15

47,21

49,63

96,84

1/16

47,14

49,56

96,70

2/16

83,08

47,07

49,49

179,64

3/16

46,80

77,00

47,00

49,42

220,22

4/16

24,10

46,93

49,34

120,37

5/16

133,06

86,95

46,86

49,27

316,14

6/16

46,79

49,19

95,98

7/16

168,52

77,00

46,72

49,12

341,36

8/16

133,06

46,65

49,05

228,76

9/16

46,80

46,58

48,97

142,35

10/16

77,00

46,51

48,90

172,41

11/16

133,02

46,43

48,82

228,27

12/16

81,90

46,36

48,75

177,01

5

1 Grundabgaben gemäß den in den Abgabenbescheiden festgesetzten Abschlägen abzüglich Hundesteuer (50 € jährlich, Anteil bei fünf Abschlägen: 10 €).

6

Die für den Beklagten handelnde Stadt M. (nachfolgend einheitlich als Beklagter bezeichnet) berücksichtigte die nicht monatlich anfallenden Aufwendungen für die Unterkunft bei den Leistungsbewilligungen nicht in den Monaten der Fälligkeit, sondern teilte diese auf zwölf Monate auf und legte jeweils den hieraus resultierenden anteiligen Betrag in den einzelnen Leistungsmonaten zugrunde. Hinsichtlich der Heizkosten, deren Höhe im vorliegenden Verfahren nicht streitig ist, erteilte der Beklagte gesonderte Bescheide, mit denen er einmalige Leistungen für die Beschaffung von Brennmaterial bewilligte. Im Bewilligungszeitraum von November 2013 bis April 2014 ergaben sich aus den Kontoauszügen der Klägerin monatliche Gutschriften in Höhe von 50 €, welche der Beklagte nach Abzug der Versicherungspauschale von 30 € als Einkommen auf den Regelbedarf anrechnete. Weiteres Einkommen erzielte die Klägerin in den streitbefangenen Zeiträumen nicht.

7

Hinsichtlich des Bewilligungszeitraums von November 2013 bis April 2014 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Unterkunft mit Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2013 in Höhe von 211,29 € (November und Dezember 2013) und mit Änderungsbescheid vom 3. Juni 2014 in Höhe von 227,16 € (Januar bis April 2014). Für den ebenfalls streitbefangenen Bewilligungszeitraum von November 2015 bis April 2016 erteilte der Beklagte zuletzt einen Änderungsbescheid vom 28. April 2016, mit dem er die Leistungen für die Unterkunft gegenüber den zuvor erteilten Bescheiden auf monatlich 201,46 € (November und Dezember 2015), 199,78 € (Januar 2016), 182,66 € (Februar 2016) und monatlich 184,01 € (März und April 2016) erhöhte. Für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum von Mai bis Oktober 2016 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 177,18 € monatlich (Bescheid vom 28. April 2016) und erhöhte diese mit Änderungsbescheid vom 26. September 2016 für Mai 2016 auf 291,35 €. Schließlich erteilte der Beklagte für den Folgebewilligungszeitraum ab November 2016 einen Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016, mit dem er wiederum monatliche Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 177,18 € bewilligte, welche er mit Änderungsbescheid vom 15. Dezember 2016 für Dezember 2016 auf 259,08 € erhöhte. Zum 1. Januar 2017 schied die Klägerin aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II aus und erhielt fortan Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), nachdem von der Deutschen Rentenversicherung Bund im Dezember 2016 eine auf Dauer bestehende volle Erwerbsminderung festgestellt worden war.

8

Gegen die Bewilligungsentscheidungen des Beklagten für die aufgeführten Zeiträume legte die Klägerin Widersprüche ein und machte hinsichtlich der Unterkunftskosten geltend, dass die von ihr für die Darlehen zu zahlenden Raten von 75 € und 78,75 € in voller Höhe (einschließlich des Tilgungsanteils) zu übernehmen seien, da sie aus psychischen Gründen darauf angewiesen sei, in ihrem Haus wohnen bleiben zu können. Die Widersprüche wies der Beklagte unter Hinweis darauf, dass Leistungen nach dem SGB II nicht der Vermögensbildung dienten, mit Widerspruchsbescheiden vom 5. September 2014 (Bewilligungszeitraum von November 2013 bis April 2014), 8. November 2016 (Bewilligungszeiträume von November 2015 bis April 2016 und Mai bis Oktober 2016) und 17. Januar 2017 (Bewilligungszeitraum ab November 2016) als unbegründet zurück.

9

Die Klägerin hat gegen die Widerspruchsbescheide am 15. Oktober 2014, 14. Dezember 2016 und 15. Februar 2017 Klagen erhoben, die das Sozialgericht (SG) Aurich zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Sie hat sich auf ein Attest ihres behandelnden Psychotherapeuten Dr. N. vom 2. Mai 2015 berufen, wonach sie unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung aufgrund vielfachen sexuellen Missbrauchs in Kindheit und Jugend mit Retraumatisierung aufgrund stalkerhaften Verhaltens des Vaters in den letzten Jahren und einer instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus mit gravierenden Angststörungen leide. In der Krankengeschichte seien sieben Suizidversuche zu verzeichnen, wobei die Suizidalität in Drucksituationen steige. Für die seelische Gesundheit der Klägerin sei es unabdingbar, dass sie in der Sicherheit und Vertrautheit gebenden Struktur verbleibe und sich auch weiterhin in den vertrauten Räumlichkeiten ihres Hauses aufhalten könne. Eine gleichlautende Einschätzung ist in einem von dem Beklagten veranlassten Gutachten seines Sozialpsychiatrischen Dienstes (Ärztin O.) vom 18. Februar 2016 vertreten worden. Die Frage, ob der Klägerin bei Auszug aus ihrem Haus psychische Beeinträchtigungen drohten, sei – so die Gutachterin – eindeutig zu bejahen. Das psychische Befinden der Klägerin sei derzeit so instabil, dass im Falle einer Veränderung der Wohnsituation durch den damit einhergehenden Verlust an Sicherheit eine weitere psychische Dekompensation zu befürchten sei. Es sei bei der Untersuchung deutlich geworden, dass schon kleine Veränderungen im vertrauten Umfeld als sehr bedrohlich empfunden würden.

10

Der Beklagte hat im Laufe des Rechtsstreits hinsichtlich der Übernahme von Fahrkosten für die Wahrnehmung von psychotherapeutischen Behandlungsterminen ein Teilanerkenntnis abgegeben, welches die Klägerin angenommen hat. Hinsichtlich der danach allein noch streitig gebliebenen Übernahme von Tilgungsleistungen hat das SG die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage beauftragt, ob der Klägerin bei Auszug aus ihrer jetzigen Unterkunft psychische Beeinträchtigungen drohten oder ein Auszug möglich und durchführbar sei. Die Sachverständige hat ihr Gutachten vom 13. April 2019 nach Genehmigung durch das SG aufgrund eines Hausbesuchs erstattet, nachdem die Klägerin sich gesundheitlich nicht in der Lage gesehen hatte, zu einem Untersuchungstermin in der Praxis zu erscheinen. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten darauf verwiesen, dass die ihr zur Verfügung gestellten Akten neben Bescheinigungen des behandelnden Psychotherapeuten Dr. N. und dem Gutachten der Ärztin O. keine weiteren medizinischen Unterlagen enthielten. Die Klägerin selbst habe auf ihre psychiatrische Vorgeschichte nicht eingehen wollen, da ihre aktuell behandelnde Psychotherapeutin im Urlaub sei und sie Angst habe, dass das Gespräch über ihre Vorgeschichte sie so sehr labilisiere, dass es ihr wieder lange Zeit schlecht gehe. Die Klägerin habe angegeben, dass sie allein einkaufen gehe und auch den Haushalt und den Garten selbst versorge. Sie erledige handwerkliche Arbeiten in ihrem Haus und gehe – wenn es finanziell möglich sei – auch gerne ins Kino oder treffe sich mit Freunden. Viel Zeit verbringe sie mit ihren beiden Hunden und dem Hundesport, wobei der Kontakt zu den Menschen im Hundesportverein für sie kein Problem sei. Hier könne sie mit 40 Personen zusammen sein, auch könne sie mit ihrem Hund einen Parcours vor 400 Zuschauern laufen. Sie gehe mit ihren Hunden zu internationalen Meisterschaften und habe hierüber Freundinnen im Ausland kennengelernt. Bus und Bahn fahren könne sie nach wie vor nicht, wohl aber würde sie sich zutrauen, in einem vollbesetzten Flugzeug zu reisen. Sie fahre selbst PKW, könne aber nicht mit einem Taxi fahren, weil sie dann mit einer anderen Person auf engstem Raum zusammen sei. Eine leichte berufliche Tätigkeit in einem Umfang von fünf Stunden traue sie sich durchaus zu. Sie könne nicht in eine Wohnung ziehen, weil dann Konflikte mit den Nachbarn in der Wohnanlage wegen ihres großen Hundes vorprogrammiert seien. Auch könne sie nicht in einer Wohnung in einer Wohnanlage leben, weil sie mehr Raum um sich brauche. Sie fühle sich schon in ihrem Haus beengt, die Nachbarn seien „zu eng dran“. Zum psychischen Befund hat die Sachverständige ausgeführt, dass die Klägerin bei der Kontaktaufnahme sehr unsicher und etwas ängstlich gewirkt habe, sie sei bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten voll orientiert gewesen. Zu ihrer Vorgeschichte und zu ihren Beschwerden habe sie so viel beizusteuern versucht, wie sie überhaupt habe erinnern könne und wie es ihr möglich gewesen sei, ohne in größere Unruhe oder Ängstlichkeit zu verfallen. Unter diesen Voraussetzungen sei indes eine differenziertere Befragung ebenso wenig möglich gewesen wie eine körperliche Untersuchung und eine Exploration zur biographischen Anamnese. Die Klägerin sei während des gesamten Gesprächs spürbar angespannt gewesen und sei themenbezogen auch hin und wieder in motorische Unruhezustände mit erhöhter innerer Anspannung geraten. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei gut gewesen, die Stimmungslage unterschwellig gereizt, aber nicht gedrückt. Der Antrieb sei ungestört gewesen und es hätte sich kein Anhalt für einen depressiv bedingten sozialen Rückzug oder für depressiv bedingte Interesselosigkeit oder innere Gleichgültigkeit ergeben. Es seien pathologische Ängste angegeben worden, wobei deren Natur wegen unvollständiger Beschwerdeschilderung nicht hätte aufgeklärt werden können. Der Gedankengang sei formal und inhaltlich unauffällig gewesen ohne Wahnbildungen und Halluzinationen. Albträume mit Durchleben stattgehabter Übergriffe seien angegeben worden. Gerade bezogen auf Kindheit und Jugend seien große Gedächtnislücken angegeben worden sowie Schwierigkeiten, Geschehnisse in ihre zeitliche Abfolge einzuordnen. Merkfähigkeitsstörungen und Konzentrationsstörungen seien aber in der Exploration nicht aufgefallen.

11

Die Sachverständige hat die Verdachtsdiagnosen einer komplex-posttraumatischen Belastungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung gestellt, wobei ohne Kenntnis der Vorgeschichte, ohne differenzierte Beschwerdeschilderung, ohne biografische Anamnese mit Darstellung der Beziehungserfahrungen und Beziehungsgestaltung eine sichere Diagnosestellung nicht möglich sei. Zu den Beweisfragen, die sie auf einer eingeschränkten Informationslage beantworte, hat die Sachverständige ausgeführt, sie gehe davon aus, dass es bei der Klägerin bei einem Auszug aus ihrem Haus zu einer lang anhaltenden Labilisierung mit Aufblühen von Ängsten, Schlafstörungen aufgrund erhöhter innerer Anspannung und Aufblühen von intrusiven Albträumen und einem allgemeinen Unsicherheits- und Gefährdungsgefühl komme. Aus psychiatrischer Sicht sei von einem Auszug dringend abzuraten, da absehbar sei, dass sich die Psychotherapie dann durch die damit verbundene Verunsicherung und die Veränderungen über lange Zeit nur mit den Folgen des Umzugs beschäftigen müsse, ohne die Klägerin in ihrem eigentlichen Genesungsprozess auch nur einen Schritt weiter zu bringen.

12

Mit Urteil vom 25. Oktober 2019 hat das SG Aurich die angefochtenen Bescheide „insoweit abgeändert, als der Klägerin weitere Leistungen für die Bedarfe der Unterkunft unter Berücksichtigung der Tilgungsraten zu bewilligen sind“. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zu den Aufwendungen für die Unterkunft zwar grundsätzlich nicht Tilgungsleistungen gehörten, da die Leistungen nach dem SGB II auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt seien und nicht der Vermögensbildung dienten. In besonderen Fällen seien aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Ausnahmen von diesem Grundsatz angezeigt, namentlich wenn die Finanzierung bereits weitgehend abgeschlossen sei und der Verlust der Unterkunft drohe. Damit habe das BSG „den Raum für weitere Ausnahmen eröffnet“, wobei hier der Rechtsgedanke aus § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II heranzuziehen sei, wonach auch unangemessene Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen seien, wenn den Leistungsberechtigten ein Umzug nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Die Sachverständige Dr. P. habe von einem Auszug der Klägerin aus dem Haus dringend abgeraten. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich „bei dem Gutachten nicht lediglich um eine Verdachtsdiagnose“, sondern die Beweisfrage sei „ausdrücklich, eindeutig und nachvollziehbar“ beantwortet worden.

13

Gegen das ihm am 7. November 2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. Dezember 2019 Berufung eingelegt. Ein besonderer Ausnahmefall, welcher nach der Rechtsprechung des BSG die Übernahme von Tilgungsleistungen erlaube, liege hier nicht vor, da nach den vorliegenden Unterlangen noch keine wesentliche Tilgung der Darlehen erfolgt sei. Auch lasse das Urteil des SG Ausführungen dazu vermissen, inwieweit der Klägerin tatsächlich ein Verlust der Unterkunft gedroht habe. Im Übrigen sei auch die Unzumutbarkeit eines Umzugs nicht nachgewiesen. Soweit die Klägerin gegenüber der Sachverständigen überhaupt Angaben gemacht habe, seien diese z. T. widersprüchlich, ohne dass diese Widersprüche in dem Gutachten aufgelöst worden seien. Weder hätten die Angaben der Klägerin eine belastbare Beantwortung der Beweisfragen erlaubt, noch hätten der Sachverständigen entsprechende Unterlagen vorgelegen. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass es der Klägerin offenbar maßgeblich auf die Mitnahme ihrer Hunde ankomme. Nicht alle Vermieter lehnten indes die Vermietung an Hundebesitzer ab.

14

Der Beklagte beantragt,

15

das Urteil des SG Aurich vom 25. Oktober 2019 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält das eingeholte Gerichtsgutachten für überzeugend. Auch nach dem Gutachten des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Beklagten sei ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Eine weitgehende Tilgung der Darlehen sei bislang deswegen nicht erfolgt, weil die Tilgung eine Zeitlang ausgesetzt gewesen sei. Eine weitere Stundung sei von der Sparkasse aber nicht akzeptiert worden, so dass eine Umschuldung erfolgt sei.

19

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

20

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist teilweise begründet.

22

Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind insoweit rechtswidrig, als der Klägerin für die Monate November 2013, Februar 2014, März 2014, November 2015, März 2016, Mai 2016, Juli 2016, August 2016 und November 2016 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zustehen. Das anderslautende Urteil, mit dem (sinngemäß) darüberhinausgehende Leistungen zugesprochen worden sind, ist entsprechend zu korrigieren.

23

Gegenstand des Rechtsstreits sind in zeitlicher Hinsicht die Bewilligungszeiträume von November 2013 bis April 2014, November 2015 bis April 2016, Mai bis Oktober 2016 sowie hinsichtlich des Bewilligungszeitraums ab November 2016 die Leistungsmonate November und Dezember 2016. Zum 1. Januar 2017 ist die Klägerin aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschieden und macht dementsprechend für die nachfolgenden Monate keine Leistungsansprüche nach dem SGB II geltend. Hinsichtlich der genannten Zeiträume sind jeweils die Bescheide Gegenstand des Rechtsstreits, mit denen die höchsten Leistungen bewilligt worden sind, weil zuvor erteilte Bescheide sich hierdurch erledigt haben (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Maßgeblich sind danach für den Bewilligungszeitraum von November 2013 bis April 2014 der Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2013 (November und Dezember 2014) und der Änderungsbescheid vom 3. Juni 2014 (Januar bis April 2014), für den Bewilligungszeitraum von November 2015 bis April 2016 der Änderungsbescheid vom 28. April 2016, für den Bewilligungszeitraum von Mai bis Oktober 2016 der Bewilligungsbescheid vom 28. April 2016 (Juni bis Oktober 2016) sowie der Änderungsbescheid vom 26. September 2016 (Mai 2016) sowie für den Bewilligungszeitraum ab November 2016 der Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 2016 (November 2016) und der Änderungsbescheid vom 15. Dezember 2016 (Dezember 2016). Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt nur noch höhere Leistungen für die Bedarfe nach § 22 Abs. 1 SGB II geltend gemacht und diese sind in dem angefochtenen Urteil auch nur ausgeurteilt worden, so dass der Streitgegenstand im Berufungsverfahren auf diese Bedarfe beschränkt ist. Da nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist der Streitgegenstand der Höhe nach beschränkt auf die Beträge, die in den einzelnen Monaten für die Tilgung der Darlehen aufgewendet worden sind. Innerhalb dieses Rahmens hat der Senat den vom SG ausgeurteilten Anspruch auf höhere Leistungen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, da es sich bei den im Tenor genannten Tilgungsraten lediglich um ein Berechnungselement handelt.

24

Die Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang einen Anspruch auf weitere Leistungen für die Unterkunft, wobei dieser Anspruch – anders als vom SG entschieden – nicht aus der Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungsleistungen resultiert, sondern aus einer fehlerhaften Berechnungsweise des Beklagten, durch die die Bedarfe für die Unterkunft nicht in vollem Umfang den Leistungsmonaten zugeordnet worden sind, in denen sie angefallen sind.

25

Die Anspruchsvoraussetzungen (§§ 7, 9, 19 SGB II) für Arbeitslosengeld II lagen in den streitbefangenen Zeiträumen dem Grunde nach vor. Die Klägerin hatte die Altersgrenze nach § 7a SGB II bei weitem noch nicht erreicht und sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Hilfebedürftigkeit lag ebenfalls vor, weil die Klägerin bedarfsdeckendes Einkommen nicht erzielte. Auch war ihr Grundeigentum nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil es gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II als selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht verwertet werden musste. Mögliche Zweifel an der Erwerbsfähigkeit der Klägerin in den Streitzeiträumen können dahinstehen, da ein Jobcenter fehlende Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II nicht annehmen darf, ohne den zuständigen Sozialhilfeträger eingeschaltet zu haben (vgl. hierzu näher: BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 4 AS 26/13 R – juris Rn. 49). In den Streitzeiträumen war die Klägerin daher dem Rechtskreis des SGB II zuzuordnen.

26

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Zu diesen Aufwendungen gehören bei Eigenheimbesitzern auch Schuldzinsen für Immobiliendarlehen, wobei unerheblich ist, ob diese für den Erwerb des Eigenheims oder – wie im Falle der Klägerin – für dessen Sanierung und Modernisierung aufgenommen worden sind (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 58). Die Tilgungsleistungen für derartige Darlehen rechnen indes grundsätzlich nicht zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, auch dann nicht, wenn die Gesamtaufwendungen für die Unterkunft unterhalb der örtlichen Mietobergrenze liegen. Denn die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen. Ausnahmen von diesem Grundsatz hat das BSG nur in besonderen Ausnahmefällen zugelassen, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen, und der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs erfolgt ist. Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Schuldzinsen Leistungsbezieher, die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen die Tilgungsraten weit übersteigen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Leistungsberechtigten, die aufgrund der Besonderheiten etwa eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Geht es nur um die Tilgung einer Restschuld, ist die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung tritt gegenüber dem vom SGB II ebenfalls verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurück (vgl. zum Vorstehenden zuletzt: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 49/14 R – juris Rn. 18 ff. mit umfangreichen Nachweisen).

27

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier ersichtlich nicht vor, da die Klägerin die für Umbaumaßnahmen aufgenommenen Darlehen in den hier in Rede stehenden Zeiträumen nur in geringfügigem Umfang getilgt hatte und die Finanzierung danach nicht annähernd bereits vor ihrem Abschluss stand.

28

Entgegen der Auffassung des SG bietet die Rechtsprechung des BSG zu dem besonderen Ausnahmefall einer bereits weitgehend abgeschlossenen Immobilienfinanzierung keinen Ansatz für weitere Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums nicht der Vermögensbildung dienen. Maßgeblich für die Annahme dieses besonderen Ausnahmefalls war – wie ausgeführt – die Vermeidung einer ungerechtfertigten Bevorzugung von Leistungsberechtigten, die gerade erst Wohneigentum erworben haben, gegenüber Leistungsberechtigten, deren Immobilienfinanzierung bereits weitgehend abgeschlossen ist und bei denen die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Derartige Erwägungen spielen für die vorliegende Fallkonstellation einer geltend gemachten Umzugsunfähigkeit keine Rolle. Auch hat das BSG – anders als das SG offenbar angenommen hat – die Schaffung weiterer Ausnahmefälle nicht einer – nur eingeschränkt überprüfbaren – tatrichterlichen Beurteilung überlassen. Die entsprechenden Ausführungen zum Entscheidungsspielraum des Tatrichters unter Rn. 21 des o. g. BSG-Urteils betreffen ausschließlich die auf einer Abwägung im Einzelfall beruhenden Annahme, dass die Finanzierung bereits abgeschlossen ist.

29

Soweit danach die Frage entscheidungserheblich wäre, ob in Fortentwicklung der bisherigen restriktiven Rechtsprechung die Übernahme von Tilgungsleistungen auch in Fällen gesundheitlich bedingter Umzugsunfähigkeit des Leistungsberechtigten angezeigt ist, vermag der Senat sich bereits nicht davon zu überzeugen, dass der Klägerin bei einem Auszug aus ihrem Haus tatsächlich unzumutbare gesundheitliche Nachteile drohen. Die erstinstanzlich gehörte Sachverständige Dr. P. hat in ihrem Gutachten ausdrücklich nur Verdachtsdiagnosen gestellt, da ohne Kenntnis der Vorgeschichte, ohne differenzierte Beschwerdeschilderung und ohne biographische Anamnese eine sichere Diagnosestellung nicht möglich sei. Dementsprechend hat sie die Beweisfragen auch ausdrücklich auf der Grundlage einer eingeschränkten Informationslage, mithin rein spekulativ beantwortet. Der Eintritt der von ihr beschriebenen psychischen Destabilisierung der Klägerin im Falle eines Auszugs aus dem Haus kann daher nur als möglich, aber keinesfalls gesichert bezeichnet werden. Der vollen Überzeugungsbildung des Senats vom Vorliegen einer gesundheitlich bedingten Umzugsunfähigkeit der Klägerin steht namentlich auch entgegen, dass die von der Klägerin angegebenen pathologischen Ängste, die in einem gewissen Kontrast zu den von ihr beschriebenen umfangreichen Freizeitaktivitäten stehen, in Ermangelung näherer Angaben von der Sachverständigen nicht eruiert werden konnten. Auch konnten bei mitgeteilten beträchtlichen Erinnerungslücken Merkfähigkeits- oder Konzentrationsstörungen nicht festgestellt werden. Zudem erscheinen die von der Klägerin gegenüber der Sachverständigen angegebenen Hinderungsgründe für einen Umzug wenig plausibel, soweit an erster Stelle die Hunde angeführt worden sind und der weitere Grund, das Bedürfnis nach Abstand und viel Raum, angesichts der gleichzeitig beklagten Beengtheit der aktuellen Wohnsituation nicht für einen Verbleib im Haus, sondern vielmehr für einen Auszug sprechen würde. Vor diesem Hintergrund sind auch die in dem Gutachten des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Beklagten und dem Attest des behandelnden Psychotherapeuten mitgeteilten Einschätzungen zu hinterfragen.

30

Selbst wenn aber zugunsten der Klägerin eine gesundheitlich bedingte Umzugsunfähigkeit unterstellt würde, würde hieraus kein Anspruch auf Übernahme von Tilgungsleistungen resultieren. Insoweit ist der aus dem Sozialhilferecht übernommene und in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung seit jeher anerkannte (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 24. April 1975 – V C 61.73) Grundsatz, dass existenzsichernde Leistungen nicht der Vermögensbildung dienen dürfen, nicht durch weitere Ausnahmen aufzuweichen (kritisch zu der bisher von der BSG-Rechtsprechung zugelassenen Ausnahme in Fällen geringer Restschuld: Piepenstock in: Schlegel-Voelzke, juris PK-SGB II, § 22 Rn 77; Šušnjar in: GK-SGB II, § 22 Rn. 44 ff.). Vielmehr können Fälle der vorliegenden Art durch die Anwendung von § 22 Abs. 8 SGB II gelöst werden, welcher die Übernahme von Schulden – im Regelfall als Darlehen (vgl. S. 4) – ermöglicht, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft erforderlich ist (für die generelle Anwendung dieser Vorschrift auf Tilgungsleistungen: Šušnjar a. a. O. Rn. 47; Groth, jurisPR-SozR 4/2009 Anm. 1, Abschnitt C; vgl. zur Übernahme von Tilgungsleistungen als Darlehen nach früherer Rechtslage: BVerwG a. a. O. juris Rn. 18; Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28. April 1999 – 4 L 2827/98 – juris Rn. 13; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – juris Rn. 36). Ob im Fall der Klägerin die Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II für die darlehensweise Übernahme von Schulden vorlagen, kann dahinstehen, da die Klägerin im vorliegenden Verfahren die Übernahme der Tilgungsraten als Zuschussleistungen begehrt. Zwar können Schulden in atypischen Ausnahmefällen auch als Zuschuss übernommen werden (vgl. § 22 Abs. 8 S. 4 SGB II), etwa dann, wenn die Behörde durch ihr fehlerhaftes Verhalten wesentlich zur Entstehung der Schulden beigetragen hat (vgl. Luik a. a. O. Rn. 275 m. w. N.). Letzteres ist hier nicht zu verzeichnen und auch sonst liegen keine Gesichtspunkte für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls vor, welcher die Übernahme von Schulden im Wege eines Zuschusses gebieten würde. Vielmehr dürften gerade Fälle, in denen die Übernahme von Tilgungsleistungen zur Sicherung der Unterkunft, die gesundheitsbedingt nicht aufgegeben werden kann, angezeigt ist, davon geprägt sein, dass es sich um einen vorübergehenden Zustand handelt, dem ohne weiteres durch eine Hilfegewährung auf Darlehensbasis begegnet werden kann.

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Hat der Beklagte nach alledem die Übernahme von Tilgungsleistungen als Zuschuss zu Recht abgelehnt, ergibt sich für einzelne Leistungsmonate gleichwohl ein höherer Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Unterkunftsbedarfe. Denn der Beklagte hat bei seiner Leistungsgewährung die ständige Rechtsprechung des BSG nicht beachtet, wonach nicht monatlich, sondern z. B. viertel- oder halbjährlich anfallende Unterkunftskosten im Monat ihrer Fälligkeit als Bedarf zu berücksichtigen sind und für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags eine Rechtsgrundlage fehlt (vgl. hierzu grundlegend: BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 – B 7b AS 40/06 R; vgl. auch Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R – juris Rn. 14). Aus der Aufstellung im Tatbestand über die in den einzelnen Monaten entstandenen Aufwendungen für die Unterkunft ergeben sich Nachzahlungen für November 2013 in Höhe von 31,78 € (Gesamtkosten von 243,07 € abzüglich gezahlter 211,29 €), für Februar 2014 in Höhe von 7,80 € (234,96 – 227,16), für März 2014 in Höhe von 125,57 € (352,37 – 227,16), für November 2015 in Höhe von 55 € (256,46 – 201,46), für März 2016 in Höhe von 36,21 € (220,22 – 184,01), für Mai 2016 in Höhe von 24,79 € (316,14 – 291,35), für Juli 2016 in Höhe von 164,18 € (341,36 – 177,18), für August 2016 in Höhe von 51,58 € (228,76 – 177,18) und für November 2016 in Höhe von 51,09 € (228,27 – 177,18). Dabei kann der Senat der Klägerin aus prozessualen Gründen (Berufungseinlegung nur durch den Beklagten) über das angefochtene Urteil hinausgehende Leistungen nicht zusprechen, so dass der Nachzahlungsanspruch der Klägerin für die Monate März 2014 und Juli 2016 auf die Höhe der vom SG ausgeurteilten Tilgungsleistungen begrenzt ist. Aus den vorliegenden Jahreskontoauszügen lassen sich Tilgungsanteile im März 2014 in Höhe von 54 € und im Juli 2016 in Höhe von 57,91 € ermitteln.

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Soweit es bei zutreffender Bedarfsberechnung in anderen Leistungsmonaten zu Überzahlungen gekommen ist, scheidet nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R – juris Rn. 14) eine Verrechnung mit den Nachzahlungsansprüchen der Klägerin mangels Rechtsgrundlage aus.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Teilerfolg der Klägerin.

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Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.