Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.05.2008, Az.: 8 PA 23/08

Befugnis des Sachwalters eines Verstorbenen zur gerichtlichen Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung eines Gerichts über Art und Ort einer Bestattung; Erfordernis der Genehmigung einer unteren Gesundheitsbehörde zur Umbettung eines Toten ; Sinn und Zweck von § 8 Abs. 3 Bestattungsgesetz (BestattG)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.05.2008
Aktenzeichen
8 PA 23/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 20312
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2008:0513.8PA23.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 20.03.2008 - AZ: 1 A 5215/07

Amtlicher Leitsatz

Orientierungssatz:

Bestattungsrecht

Amtlicher Leitsatz

Hat gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BestattG die Gemeinde eine Bestattung veranlaßt und dabei gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 BestattG Art und Ort der Bestattung bestimmt, so steht einem Dritten, der weder nach § 8 Abs. 3 BestattG bestattungspflichtig noch zivilrechtlich zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet ist, sich aber als Sachwalter der Interessen des Verstorbenen versteht, kein Recht auf eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle zu, ob die Entscheidung über Art und Ort der Bestattung rechtmäßig gewesen ist.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht versagt.

2

Es kann dafür offen bleiben, ob der Kläger nicht verpflichtet ist, die ihm gehörende Hälfte an der nicht selbst bewohnten Eigentumswohnung zur Bestreitung der Prozesskosten zu verwerten, ob es ihm also schon an der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe notwendigen Bedürftigkeit mangelt (§ 166 VwGO i. V. m. § 115 Abs. 3 ZPO, § 90 SGB XII).

3

Jedenfalls ist Prozesskostenhilfe zu versagen, weil die Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO). Dies gilt schon deshalb, weil unklar ist, welches Klagebegehren im Sinne des § 88 VwGO noch verfolgt wird. Der Kläger wollte ursprünglich erreichen, dass die Leiche der verstorbenen Frau N erdbestattet wird. Der hierauf gerichtete, in der Klageschrift vom 17. Oktober 2007 angekündigte Antrag hat sich mit der Einäscherung der Leiche erledigt. Der Kläger hat daraufhin angekündigt, seinen Antrag zu ändern, dies jedoch trotz gerichtlicher Aufforderungen bislang nicht getan, so dass sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon deshalb erfolglos bleibt.

4

Sollte die Annahme des Verwaltungsgerichts zutreffen, dass der Kläger nunmehr die Umbettung der Urne der verstorbenen Frau N begehrt, so steht einem Erfolg der so verstandenen Klage schon die fehlende sachliche Zuständigkeit der Beklagten entgegen. Gemäß § 15 BestattG ist eine Umbettung von der unteren Gesundheitsbehörde zu genehmigen, d.h. vorliegend von dem Landkreis Schaumburg. Ggf. ist zusätzlich eine Genehmigung des - hier kirchlichen - Friedhofsträgers erforderlich, nicht aber darüber hinaus noch eine solche der Beklagten als Ordnungsbehörde.

5

Schließlich ist dem Verwaltungsgericht auch darin zu folgen, dass dem Kläger in jedem Falle die gemäß § 42 VwGO notwendige Klagebefugnis bzw. für eine etwaige Feststellungsklage das nach § 43 Abs. 1 VwGO notwendige Feststellungsinteresse fehlt. Wird die Leiche einer verstorbenen Person nicht fristgerecht bestattet, kümmern sich hierum insbesondere nicht die in § 8 Abs. 3 BestattG ausdrücklich genannten Bestattungspflichtigen, und hat deshalb - wie vorliegend - die Gemeinde für die Bestattung zu sorgen, so hat nach § 10 Abs. 1 Satz 4 BestattG die Gemeinde über Art und Ort der Bestattung zu entscheiden; den Willen der verstorbenen Person hat die Gemeinde bei ihrer Entscheidung lediglich "zu berücksichtigen". Der Gesetzgeber hat bewusst davon Abstand genommen, den Willen des Verstorbenen zu Art und Ort seiner Bestattung allgemein oder gar speziell für den hier gegebenen Fall der von der Gemeinde veranlassten Bestattung für verbindlich zu erklären (vgl. LT-Drs. 15/2584, S. 10 und 12). Mit dieser bewussten Entscheidung des Gesetzgeber wäre es nicht zu vereinbaren, einem vom Verstorbenen dazu benannten oder gar nur selbsternannten Dritten, der weder zum Kreis der in § 8 Abs. 3 BestattG bestimmten Bestattungspflichtigen gehört noch wenigstens zivilrechtlich, etwa als Erbe, die Bestattungskosten zu tragen hat, das vom Kläger in Anspruch genommene Mitsprache- bzw. Kontrollrecht über Art und Ort der Bestattung einzuräumen. Dies gebietet auch der postmortale Schutz der Menschenwürde des Verstorbenen nicht.