Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.10.2014, Az.: 5 A 3780/12

Anliegergebrauch; Bestandsverzeichnis; Gemeingebrauch; Halteverbot; Parkverbot; Sondernutzung; Widmung; Widmungsfiktion; Zustimmungsfiktion

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
22.10.2014
Aktenzeichen
5 A 3780/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42555
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

(Kein) Anspruch eines Grundstückseigentümers gegen Behörde auf Einschreiten nach Straßenrecht oder Straßenverkehrsrecht gegen vor seinem Grundstück parkende Kraftfahrzeuge.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten ein Einschreiten nach Straßenrecht bzw. Straßenverkehrsrecht wegen vor seinem Grundstück parkender Kraftfahrzeuge.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks G…. in N. (Flurstück ..der Flur . der Gemarkung N.). Er ist ferner Eigentümer des angrenzenden Straßenflurstücks .der Flur ..der Gemarkung N., auf dem teilweise der G. mit einer Fahrbahnbreite von insgesamt etwa 5,40 m verläuft. Dabei handelt es sich um eine Straße, die nahezu ausschließlich dem Verkehr von und zu rund 30 Anliegergrundstücken dient. Aufgrund des Ratsbeschlusses vom 22. Dezember 1983 wurde u.a. das Flurstück .. der Flur .. der Gemarkung N. als Teilfläche der Stadtstraße „G.“ in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen. Eine Widmungsbeschränkung wurde nicht eingetragen. Dieses Straßenbestandsverzeichnis lag in der Zeit vom 2. Januar bis zum 2. Juli 1984 im Bauamt der Beklagten öffentlich aus. Auf die Auslegung war zuvor durch Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis A. sowie in den örtlichen Tageszeitungen Ostfriesischer Kurier und Ostfriesen-Zeitung vom 31. Dezember 1983 hingewiesen worden. Die Bekanntmachung enthielt Hinweise zur Bekanntgabefiktion und zur Ausschlussfrist für Einwendungen. Während der Auslegungsfrist gingen keine Einwendungen gegen die Aufnahme des Flurstückes .. der Flur .. der Gemarkung N. ein.

Nach einem Straßenausbau (Verlängerung) und der Neufassung betroffener Flurstücke erweiterte die Beklagte durch Ratsbeschluss vom 29. Oktober 2002 die Widmung ihrer öffentlichen Straßen u.a. unter der Bezeichnung

G. (Verlängerung)

Zusätzl. Widmung: Flurstücke ….. und …. der Flur .. von N..

Dieser Ratsbeschluss wurde durch amtliche Bekanntmachung im Ostfriesischen Kurier und in der Ostfriesen-Zeitung vom 8. November 2002 bekannt gegeben. Das Bestandsblatt des städtischen Straßenbestandsverzeichnisses wurde am 6. Januar 2003 entsprechend aktualisiert und listet unter „Sonstige Angaben“ u.a. das Flurstück .. der Flur .. des Klägers als gewidmetes Flurstück auf.

Der Kläger beklagt, dass sich seit etwa 1985 die ihn belastende Praxis anderer Anlieger des G. herausgebildet habe, private und gewerbliche Kraftfahrzeuge - Kfz - bevorzugt auf der seinem Grundstück zugewandten Straßenseite des G. zu parken. Begonnen habe der Nachbar des G. .. mit einer Art Taxistand und fortgeführt werde dies durch weitere Anlieger und deren Mieter, derzeit insbesondere die gegenüberliegenden Nachbarn des G. .. (vgl. vorgelegte Lichtbilder). Ein unmittelbares Einwirken auf die Nachbarn sei erfolglos geblieben.

Nach wiederholten erfolglosen Vorsprachen bei Mitarbeitern der Beklagten wandte sich der Kläger zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom 10. April 2012 mit dem Antrag an die Beklagte, gegen permanentes Abstellen von privaten und gewerblichen Kfz anderer Anlieger auf der zu seinem Grundstück hin gelegenen Straßenseite des G. einzuschreiten, etwa Park- oder Haltverbotszonen einzurichten.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 15. Juni 2012 ein Einschreiten nach Straßen- oder Straßenverkehrsrecht sowie insbesondere die Einrichtung einer Haltverbotszone ab. Zur Begründung verwies sie auf die ordnungsgemäße Widmung des Flurstücks .. der Flur . der Gemarkung N. im Zuge der Anlegung des Bestandsverzeichnisses 1983, die von der Ergänzung der Widmung nach Ausbau des Grenzwegs 2002/2003 nicht beeinträchtigt werde. Das wiederholte Abstellen/Parken von Kfz sei ein grundsätzlich zulässiger Gemeingebrauch im Rahmen der Widmung und auch nach 10-tägigen regelmäßigen Kontrollen vor Ort deute nichts auf unzulässige Sondernutzungen oder Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung hin. Der Begegnungsverkehr in der städtischen Wohnstraße lasse sich wie im Regelfall üblich durch kurzes Abwarten hinter parkenden Kfz bewältigen.

Der Kläger hat am 28. Juni 2012 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten nach Straßen- oder Straßenverkehrsrecht sowie Maßnahmen zur Konfliktbewältigung. Die von der Beklagten angenommene Widmung seines Straßenflurstücks sei rechtswidrig, wenn nicht gar nichtig, weil er weder 1983 noch 2002 sein Einverständnis hierzu erklärt habe. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass der Ratsbeschluss vom 22. Dezember 1983 ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Ferner sei die Widmung 1983 zu unbestimmt, weil sich nicht ergebe, in welcher Breite der erfasste G. oder mit welchen betroffenen Flurstücken er öffentlich gewidmet sein solle. Es sei verfahrensfehlerhaft, dass das beschlossene Straßenbestandsverzeichnis erst im ersten Halbjahr 1984 öffentlich ausgelegt worden sei. Überhaupt komme es nach verständiger Auslegung allenfalls auf eine wirksame Widmung 2002/2003 an, zumal das neugefasste Straßenbestandsblatt vom 6. Januar 2003 u.a. auch sein Straßenflurstück aufliste. Mangels seines Einverständnisses verstoße die Widmung 2002/2003 gegen § 6 Abs. 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes - NStrG -. Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Widmung sei das permanente Abstellen von Kfz anderer Anlieger auf der seinem Grundstück zugewandten Straßenseite eine unzulässige Sondernutzung. Die allenfalls stichprobenartigen Kontrollen hätten das Ausmaß seiner Beeinträchtigung nicht richtig erfasst. Sein geschützter Anliegergebrauch werde verletzt, weil die in beanstandeter Weise parkenden Kfz einen fließenden Begegnungsverkehr verhinderten. Wegen der Sichtbeeinträchtigungen durch derart parkende Kfz sei ein gefahrenfreies Ausfahren von seinem Grundstück auf den G. nicht möglich. Die parkenden Kfz vereitelten eine maschinelle Straßenreinigung, für die ihn die Beklagte aber zu Straßenreinigungsgebühren (28,35 € für das Jahr 2013 gemäß Bescheid vom 21. Januar 2013) heranziehe. Insgesamt sei die Ablehnung eines Einschreitens ermessensfehlerhaft, zumal die Besonderheiten verkannt oder erst nach Bescheiderlass gewürdigt worden seien.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und meint, der Kläger könne weder eine nochmalige Ermessensbetätigung noch ein bestimmtes Einschreiten verlangen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Versagung eines Einschreitens nach Straßen- oder Straßenverkehrsrecht wegen der vom Kläger beanstandeten Parksituation vor seinem Grundstück in dem Bescheid vom 15. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann keine erneute Bescheidung seines Antrags vom 10. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verlangen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Grundsätzlich dienen Vorschriften des Straßen- und Straßenverkehrsrechts, die die zuständige Behörde zur Widmung bzw. Einziehung öffentlicher Straßen, zum Vorgehen gegen unerlaubte Sondernutzungen, zum Schutz des sogenannten Anliegergebrauchs oder zum Regeln von Park- und Halteverboten ermächtigen, nur dem Schutz der Allgemeinheit. Die jeweils einschlägigen Bestimmungen aus dem Niedersächsischen Straßengesetz - NStrG - oder der Straßenverkehrsordnung - StVO - sind nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner ausgerichtet. Allenfalls im besonders gelagerten Einzelfall kann indessen ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der zuständigen Straßen- oder Straßenverkehrsbehörde abgeleitet werden, soweit die jeweils geschützten Rechtsgüter und Interessen auch das Individualinteresse erfassen, wie dies etwa bei Grundrechten wie Eigentum oder körperlicher Unversehrtheit der Fall sein kann. Jedenfalls steht dem Einzelnen ausnahmsweise ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber den zuständigen Behörden auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf regelndes Einschreiten zu. Hierfür muss der Straßenanlieger nicht nur geltend machen können, dass die Voraussetzungen der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, sondern auch, dass die Belastung seines Grundstücks (oder seiner Gesundheit) durch rechtswidrige Einwirkungen Dritter schlichtweg unzumutbar sind. Hiervon ausgehend hat die Beklagte der Sache nach zutreffend ein Einschreiten zu Gunsten des Klägers verneint, weil sich eine Verletzung straßen- oder straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, die ihn gleichzeitig unzumutbar belastet, nicht feststellen lässt.

Eine unzumutbare Eigentumsverletzung kann der Kläger nicht erfolgreich mit seinem Vortrag rügen, mangels seiner nach § 6 Abs. 2 NStrG gebotenen Zustimmung sei die Widmung und Nutzung seines Flurstücks .. der Flur . der Gemarkung N. als öffentliche Straße rechtswidrig oder sogar nichtig. Das von ihm benannte Urteil des OVG Lüneburg vom 13. September 2012 (- 7 LB 84/11 - juris) betrifft einen nicht vergleichbaren anderen Fall. Dort ging es um einen Widmungsakt nach § 6 Abs. 2 NStrG aus dem Jahre 2001, der noch dazu bewusst rechtswidrig ohne Zustimmung des Eigentümers vorgenommen worden war, während hier Besonderheiten der Übergangsvorschrift des § 63 NStrG im Zuge der Neuordnung der Straßenbestandsverzeichnisse zum Tragen kommen. Im Übrigen deutet nichts auf ein bewusst rechtswidriges Vorgehen hin.

Die Beklagte hat zutreffend angenommen, dass (auch) das Straßenflurstück des Klägers ordnungsgemäß im Zuge der Anlegung des Straßenbestandsverzeichnisses 1983/1984 als öffentliche Straße gewidmet wurde. Nach § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG in der seinerzeit maßgeblichen Fassung vom 24. September 1980 (Nds. GVBl. S. 359), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 1983 (Nds. GVBl. S. 281) - NStrG a.F. - gilt eine nach § 6 Abs. 2 NStrG erforderliche Zustimmung als erteilt und die Widmung als vollzogen, wenn eine Eintragung im Bestandsverzeichnis unanfechtbar wird. Im Rahmen dieses besonderen Bereinigungsverfahrens zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Öffentlichkeit alter Wege wurde unwiderleglich vermutet, dass der Eigentümer oder dinglich Berechtigte der Widmung zugestimmt hat und die Widmung für den öffentlichen Verkehr vollzogen ist (vgl. Wendrich, Niedersächsisches  Straßengesetz, 4. Auflage 2000, § 63 Rdnr. 4; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Auflage 2010 Kapital 12 Rdnr. 5 m.w.N.). Die Fiktion des § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG a.F. erfasste selbst Straßen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Niedersächsischen Straßengesetzes am 1. Januar 1963 noch nicht Gemeindestraßen oder sonstige öffentliche Wege waren, ohne gegen das Eigentumsrecht aus Art. 14 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 GG zu verstoßen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 8. März 1993 - 12 L 291/90 - juris).

Die Voraussetzungen der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG a.F. lagen hier vor. Gemäß Ratsbeschluss vom 22. Dezember 1983 nahm die Beklagte u.a. das Flurstück .. der Flur der Gemarkung N. als Teilfläche der Stadtstraße „G.“ in ihr Straßenbestandsverzeichnis auf. Eine Beschränkung der Widmung nahm sie dabei nicht vor. Nach vorheriger amtlicher Bekanntmachung am 31. Dezember 1983 im Amtsblatt für den Landkreis A. (Nr. 51), dem Ostfriesischen Kurier und der Ostfriesen-Zeitung mit Hinweis zur Bekanntgabefiktion und zur Ausschlussfrist für Einwendungen legte sie dieses Bestandsverzeichnis in der Zeit vom 2. Januar bis 2. Juli 1984 im Bauamt zu jedermanns Einsicht öffentlich aus. Da weder der Kläger noch ein anderer während der Auslegungsfrist Einwendungen gegen die Aufnahme des genannten Flurstücks erhob, wurde diese Eintragung im Bestandsverzeichnis unanfechtbar.

Die Widmung auf Grundlage des Ratsbeschlusses vom 22. Dezember 1983 lässt auch keine Mängel erkennen, die zu ihrer Nichtigkeit im Sinne von § 44 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG führen könnten. Der Kläger bestreitet zwar das ordnungsgemäße Zustandekommen dieses Beschlusses mit Nichtwissen. Die Kammer vermag aber den vorgelegten Verwaltungsvorgängen und dem Vortrag des Klägers keine Umstände zu entnehmen, aus denen sich ein Verfahrensfehler bei der seinerzeitigen Beschlussfassung ergeben könnte. Jedenfalls ein offensichtlicher Fehler im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG lässt sich daher nicht feststellen. Entgegen der Auffassung des Klägers war die Widmung auch hinreichend bestimmt. Nach § 5 der Verordnung über Bestandsverzeichnisses für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen vom 29. August 1966 (Nds. GVBl. S. 181) sind (auf dem für jede Straße zu führenden besonderen Karteiblatt, § 1 Abs. 2) die Anfangs- und Endpunkte der Straße knapp, aber eindeutig zu vermerken gewesen. Die Aufnahme der genauen Flurstücksbezeichnung für die Wirksamkeit der Eintragung war hingegen nicht erforderlich (Nds. OVG, Urteil vom 8. März 1993 - 12 L 291/90 -, a.a.O.). Allerdings musste sich nach dem Wortlaut der genannten Verordnung zumindest im Wege der Auslegung aus der Karteikarte der Verlauf der Straße ergeben, wobei maßgeblich war, ob der Straßenverlauf in der Natur aufgrund der Angaben in der Karteikarte sowie der bei ihrer Anlegung bekannten Umstände zweifelsfrei feststeht (Nds. OVG, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 12 LA 537/03 - juris, Rn. 9). Hier erschließt sich der von der Widmung umfasste Straßenverlauf hinreichend deutlich aus den im anliegenden Bestandsverzeichnis bezeichneten Anfangspunkt (O.) und Endpunkt (Ausbauende) sowie dem dazugehörigen Lageplan, in welchem die gewidmeten Straßenflächen markiert wurden. Somit war spätestens bei der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses für jedermann deutlich erkennbar, welchen Umfang die Widmung der Straße G. hat. Ein zur Nichtigkeit führender Verfahrensfehler ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht dadurch, dass die Auslegung des beschlossenen Straßenbestandsverzeichnisses erst in der Zeit vom 2. Januar bis zum 2. Juli 1984 erfolgte. In § 63 Abs. 2 Satz 1 NStrG a.F. war ausdrücklich bestimmt, dass die Bestandsverzeichnisse von den Gemeinden bis zum 31. Dezember 1983 anzulegen und nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen sind. In diesem Rahmen hält sich die Auslegung des Verzeichnisses der Beklagten.

Die ordnungsgemäße Widmung 1983 des Straßenflurstücks des Klägers ist durch den Ratsbeschluss der Beklagten vom 29. Oktober 2002 und die Neufassung des Bestandsblattes des städtischen Straßenbestandsverzeichnisses vom 6. Januar 2003 unberührt geblieben. Bei verständiger Auslegung ist bloß der Umfang der früheren Widmung nach einem weiteren Straßenausbau (Verlängerung des G.) und der Neufassung betroffener Flurstücke erweitert worden. Schon die später auch bekanntgegebene Bezeichnung des Beschlusses -„G. (Verlängerung), zusätzliche Widmung: Flurstücke … und ….. der Flur . von N.“ - deutet unzweifelhaft auf die Ergänzung hin. Ein Anlass für den Rat, sich nochmals mit bereits gewidmeten Straßenteilen zu befassen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die zusätzliche Widmung erfasste die Beklagte lediglich deklaratorisch nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Bestandsverzeichnisse für Gemeindestraßen und sonstige öffentlichen Straßen vom 14. Dezember 1990 (Nds. GVBl. 1991, S. 1) durch Neuschreiben des Karteiblattes vom 6. Januar 2003. Um den derzeitigen Widmungsumfang insgesamt darzustellen, listete sie unter „Sonstige Angaben“ die 1983 bereits gewidmeten Flurstücke (also auch das Flurstück .. der Flur .. des Klägers) auf. Nach Ablauf der Frist in § 63 Abs. 2 Satz 1 NStrG a.F. können sich rechtlich bedeutsame Straßenwidmungen nur außerhalb des Bestandsverzeichnisses (etwa durch Widmung nach § 6 NStrG, Planfeststellungsbeschluss oder Bebauungsplan) ergeben, die vom fortgeschriebenen Bestandsverzeichnis lediglich dokumentiert werden.

Vor dem Hintergrund der schon seit längerem wirksamen Widmung des klägerischen Straßenflurstücks kann der Kläger ebenso wenig verlangen, dass die Beklagte zu seinen Gunsten eine künftige Teileinziehung (§ 8 NStrG) oder teilweise Beschränkung der Widmung auf bestimmte Nutzungsarten oder Benutzerkreise (§ 6 Abs. 1 Satz 4 NStrG) des G. im Bereich seines Straßenflurstücks erwägt. Insoweit ist schon bedeutsam, dass die insoweit einschlägigen Vorschriften mangels eines Drittschutzes keine Anspruchsgrundlagen bieten, sondern allenfalls im Rahmen einer ggf. von Amts wegen anstehenden Abwägung eine Berücksichtigung auch der Interessen des Klägers gebieten könnten. Es ist auch nicht ansatzweise vom Kläger dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Voraussetzungen für eine Teileinziehung vorliegen, etwa das streitige Flurstück seine Verkehrsbedeutung im Rahmen des Grenzwegs verloren hätte. Im Rahmen einer Widmungsbeschränkung nach § 6 Abs. 1 Satz 4 NStrG dürfen ohnehin keine Anforderungen an den Verkehr und die Verkehrsteilnehmer geregelt werden, um (vermeintliche) Gefahren abzuwehren und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Insbesondere gehört die Regelung des Parkens von Fahrzeugen allein zum Bereich des Straßenverkehrs (BVerfG, Beschluss vom 09. Oktober 1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299; Wendrich, a.a.O. § 6 Rn 3).

Eine nochmalige Entscheidung der Beklagten über ein Einschreiten vermag der Kläger auch nicht mit dem Hinweis zu erreichen, das von ihm beanstandete Abstellen/Parken von Kfz sei eine unzulässige Sondernutzung im Sinne von § 8 NStrG, die eine Anordnung nach § 22 NStrG erlaube und gebiete. Auch insoweit ist schon bedeutsam, dass den Vorschriften über straßenrechtliche Sondernutzungen grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt (vgl. OVG NW, Beschluss vom 03. Juli 2014 - 11 B 553/14 -, juris , Rn. 4 und 8; Bay. VGH, Urteil vom 23. Juli 2009 - 8 B 08.3282 -, BayVBl. 2010, 306 f.; VG Oldenburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 5 B 4829/12 - S. 7 BA). Vor allem aber hat die Beklagte zutreffend angenommen, dass sich das wiederholte Abstellen/Parken von Kfz durch andere Anlieger und deren Besucher auf der dem Grundstück des Klägers zugewandten Straßenseite als ein grundsätzlich zulässiger Gemeingebrauch im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG darstellt. Das Abstellen von betriebsbereiten und angemeldeten Kfz im öffentlichen Verkehrsraum stellt zumindest solange keine Form der Sondernutzung dar, als es sich dabei um einen zulässigen Parkvorgang im Sinne der Straßenverkehrsordnung - StVO - handelt. Anlässlich der stichprobenartigen Kontrollen, die Mitarbeiter des Beklagten in der Zeit vom 16. April bis 25. April 2012 (in der mündlichen Verhandlung wohl versehentlich mit 2013 bezeichnet, anders im Bescheid und den Klageerwiderungen) durchführten, konnten auch keine unzulässigen Parkvorgänge festgestellt werden. Der handschriftlichen Aktennotiz (Bl. 30 BA A) ist zu entnehmen, dass während der sieben Kontrolltage zweimal drei Fahrzeuge, dreimal ein Fahrzeug und zweimal kein Fahrzeug auf dem hier betroffenen Straßenflurstück wahrgenommen wurden. An allen Tagen, an denen Kfz dort abgestellt waren, befand sich auch immer ein Fahrzeug der Familie des Klägers darunter. In nicht zu beanstandender Weise folgerte die Beklagte anhand der notierten wechselnden Fahrzeugdaten, dass von einem „Dauerparken“ nichts zu bemerken war. Im Hinblick auf künftig nie ganz auszuschließende Regelüberschreitungen ist der Kläger darauf zu verweisen, solche ggf. der Beklagten oder der Vollzugspolizei zu melden, um Überprüfung und Abhilfe im Einzelfall zu ermöglichen. Denn derartigen Abweichungen oder Missbräuchen ist grundsätzlich mit polizei- und ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen. Der Vertreter der Beklagten erklärte in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich die Bereitschaft, den Kläger ggf. zu unterstützen, falls dieser Parkverstöße anzeigt, die ihn bei der Grundstücksausfahrt behindern.

Die begehrte Neubescheidung über ein Einschreiten zur besseren Wahrung seiner Belange, kann der Kläger auch nicht mit Hinweis auf den sogenannten Anliegergebrauch verlangen. Auch insoweit ergibt sich grundsätzlich kein Drittschutz (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 6. November 2012, a.a.O.; Urteil vom 12. Dezember 2007 - 5 A 3646/06 - S. 5 UA) und im Übrigen verkennt der Kläger den Schutzumfang dieses Rechtsinstituts. Der Anliegergebrauch, der nicht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern aus den einschlägigen Vorschriften des Straßenrechts - hier etwa §§ 14 und 20 NStrG - hergeleitet wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7.99 - juris; Nds. OVG, Beschluss vom 12. August 2008 - 12 LA 106/07 -; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2006 - 8 B 05.1356 -, juris), sichert im Wesentlichen die Erreichbarkeit eines Anliegergrundstücks und dies im Übrigen nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern. Der gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch gesteigerte Anliegergebrauch reicht nur soweit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert und der Anlieger auf das Vorhandensein der Straße in spezifischer Weise angewiesen ist. Er schützt ihn nicht vor Änderungen der Verkehrssituation oder des Straßenzustandes und damit verbundene Erschwernisse in Bezug auf die Erreichbarkeit seines Grundstücks (vgl. Nds. OVG, a.a.O.; Wendrich, a.a.O., § 14 Rdnr. 10). Zudem wird der Anliegergebrauch gesetzlich begrenzt durch das Erfordernis der Gemeinverträglichkeit der eigenen begehrten Nutzung (vgl. Axer, Der Anliegergebrauch an Straßen, DÖV 2014, 323, 325). Die Straßenbehörde ist gehalten, die derart geschützten Anliegerbelange im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung bei Planungen und Maßnahmen angemessen mit anderen Interessen und Belangen abzuwägen.

Entsprechende Grundsätze gelten auch für ein (ausnahmsweises) Einschreiten nach Straßenverkehrsrecht, etwa durch Anordnung von Halt- und Parkverbotszeichen und
-zonen nach § 45 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 5 und Abs. 9 StVO i.V.m. Zeichen der laufenden Nrn. 61 ff. der Anlage 2 zur StVO. Grundsätzlich darf die Verkehrsbehörde aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs Verkehrszeichen aufstellen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). Das gleiche Recht hat sie u.a. auch zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen und hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 5 StVO). Bürgerinnen und Bürger können dies jedoch nur unter engen Voraussetzungen von der Verkehrsbehörde verlangen. Ein dahingehender Anspruch setzt voraus, dass die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs konkret gefährdet ist und damit öffentlich-rechtlich geschützte Individualinteressen des Klägers beeinträchtigt sind. Daneben ist gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO erforderlich, dass das Verkehrszeichen auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, so stehen die Anordnung und das Anbringen des Verkehrszeichens im Ermessen der Verkehrsbehörde. Ein Rechtsanspruch des Klägers auf etwa ein begehrtes Verkehrszeichen kann sich dann nur ergeben, wenn der der Behörde eingeräumte Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass jede andere Entscheidung als die Aufstellung des Verkehrszeichens rechtswidrig wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 - 3 C 9.02 -, juris; VG Stade, Urteil vom 4. Juni 2014 - 1 A 2664/12 -, juris; VG Braunschweig, Urteil vom 18. Juli 2006 - 6 A 389/04 - juris).

Hiervon ausgehend lassen sich die Erwägungen, mit denen die Beklagte ein straßenverkehrsbehördliches Einschreiten zu Gunsten des Klägers ablehnt, nicht beanstanden. Danach kann der Kläger die Anordnung des begehrten Halt- oder Parkverbots schon deswegen nicht beanspruchen, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO nicht erfüllt sind und die Aufstellung solcher Verkehrszeichen damit rechtswidrig wäre (vgl. unten). Dahinstehen kann daher, ob die von der Beklagten hier (auch) angenommene straßenverkehrsbehördliche Zuständigkeit als selbständige Gemeinde (nach §§ 6, 17 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes [NKomVG] i.V.m. § 20 der Niedersächsischen Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Verkehr [ZustVO-Verkehr]: Genereller Übergang dieser Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises, soweit nicht partiell bestimmte Rückübertragung auf den Landkreis) im Einklang mit der anders lautenden Vorschrift in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZustVO-Verkehr steht.

Jedenfalls in der Sache zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass der G. nahezu ausschließlich dem Verkehr von und zu rund 30 Anliegergrundstücken dient und nach der StVO das Parken auf Straßenflächen grundsätzlich erlaubt ist (vgl. auch König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 12 StVO Rn. 42 und 42a). Ferner geht sie davon aus, dass die vorhandene Fahrbahnbreite von etwa 5,40 m zwischen den Bordanlagen das einseitige Parken problemlos zulässt. Dabei verneint sie zutreffend, dass hier eine enge Straße bzw. schmale Fahrbahn im Sinne der Vorgaben des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO vorliegt, denn die neben einem parkenden Fahrzeug verbleibende Restfahrbahnbreite lässt ohne weiteres zu, dass auch Lkw die betroffene Stelle passieren können. In nicht zu bestandener Weise verneint sie auch mit Blick auf den Begegnungsverkehr in beide Richtungen eine besondere Konfliktsituation zwischen ruhendem und fließendem Verkehr. Auch aus Sicht des Gerichts entspricht es in vergleichbaren städtischen Wohnstraßen dem Regelfall, dass bei Gegenverkehr hinter parkenden Fahrzeugen ggf. kurz gewartet werden muss (vgl. auch König, a.a.O., § 12 StVO Rn. 44). Im Hinblick auf die hier gradlinig verlaufende Fahrbahn ohne bauliche Einengungen mit freien Sichtbeziehungen verneint sie ohne Rechtsfehler die Annahme einer Sondersituation. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger beanstandeten Sichtbeeinträchtigungen durch abgestellte Fahrzeuge bei der Ausfahrt von seinem Grundstück in den G.. Im Hinblick auf die Örtlichkeit und das begrenzte Verkehrsaufkommen verweist die Beklagte zutreffend auf eine ggf. umsichtige Fahrweise bzw. ein „Hineintasten“ in den fließenden Verkehr, das dem Kläger zuzumuten ist. Denn der Betroffene muss nach der straßenverkehrsrechtlichen Rechtsprechung alle ihm im Einzelfall möglichen und zumutbaren Abhilfemaßnahmen, insbesondere auf dem eigenen Grundstück, treffen, um seinen subjektiven Bedürfnissen gerecht zu werden, bevor ein Anspruch auf verkehrsbehördliche Anordnung bestehen kann (vgl. etwa VG Würzburg, Urteil vom 20. August 2014 - W 6 K 13.854 -, juris Rn. 29 m.w.N.);

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise auch abgelehnt, zugunsten des Klägers durch Aufbringen einer amtlichen Z-Markierung in der Nähe seiner Grundstücksausfahrt zur Sichtverbesserung einzuschreiten. Neben dem vorerwähnten Hinweis auf eine ausreichende allgemeine Regelung des Haltens und Parkens in der StVO verweist sie darauf, dass sie eine solche Verwaltungspraxis, die es früher in Einzelfällen gegeben habe, wegen des hohen Unterhaltungsaufwandes nicht fortführt und - wegen der Vielzahl vergleichbarer Straßenverhältnisse und Begehrlichkeiten der Anlieger - keinen neuen Präzedenzfall schaffen will.

Schließlich kann der Kläger eine nochmalige Entscheidung über das Einschreiten zu seinen Gunsten auch nicht mit Hinweis darauf verlangen, das beanstandete Parken vereitele eine maschinellen Straßenreinigung des G. auf seinem Straßenflurstück, die er wegen geleisteter Straßenreinigungsgebühren beanspruchen könne, bzw. entwerte die gezahlte Abgabe. Insoweit verkennt der Kläger, dass aus der Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren durch die Beklagte nicht deren gesteigerte Pflicht folgt, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die maschinelle Straßenreinigung umfassend ohne Störung durch zulässig parkende Kfz erbracht werden kann. In gebührenrechtlicher Sicht weist die Beklagte ebenso zutreffend darauf hin, dass die Grundstückseigentümer nicht zu den Kosten der Reinigung vor ihrem Haus herangezogen werden, sondern zu denjenigen der gesamten das Grundstück unmittelbar erschließenden Straße. Folglich ist die Heranziehung (bereits) gerechtfertigt, wenn die Gemeinde dort tätig wird, unabhängig, ob die Fahrbahn in einzelnen Bereichen wegen tatsächlicher Besonderheiten nicht gesäubert werden konnte. Selbst bei vielen abgestellten Kfz wird der größere Teil der Straße tatsächlich gesäubert.

Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich die Frage einer am Maßstab des § 114 VwGO fehlerfreien Ausübung des Ermessens hier schon nicht, weil bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt vorlagen. Alle von ihm eingewandten Besonderheiten wurden im Übrigen im Rahmen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen, die nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen waren, hinreichend berücksichtigt.