Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.10.2014, Az.: 5 B 3087/14

Rechtmäßigkeit der Nichtversetzung eines Schülers in die nächsthöhere Klasse

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.10.2014
Aktenzeichen
5 B 3087/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 36049
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2014:1013.5B3087.14.0A

Fundstellen

  • SchuR 2016, 108-110
  • SchuR 2017, 122-123

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag des Antragstellers,

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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens am Unterricht der 8. Jahrgangsstufe teilnehmen zu lassen,

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hat keinen Erfolg.

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Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft, jedoch unbegründet.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, glaubhaft zu machen. Das Gericht kann dabei grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur für beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Eine Ausnahme gilt dann, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 123 Rn. 14 ff.).

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Hiervon ausgehend bleibt der Antragsteller ohne Erfolg.

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Soweit der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung eine Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, ihn im Schuljahr 2014/2015 vorläufig in den 8. Schuljahrgang aufzunehmen, besteht zwar ein Anordnungsgrund, da das Schuljahr bereits begonnen hat und dem Antragsteller die begehrte Beschulung im Falle eines Abwartens einer Entscheidung in der Hauptsache für einen nicht unwesentlichen Teil seiner Schullaufbahn verwehrt würde.

8

Der Antragsteller hat jedoch einen Anordnungsanspruch nicht mit der gebotenen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 9. Juli 2014, den Antragsteller nicht in den 8. Schuljahrgang zu versetzen, wird sich in dem anhängigen Widerspruchsverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen, so dass die im Wege einer einstweiligen Anordnung begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragsteller für das Schuljahr 2014/2015 vorläufig zum Unterricht in der 8. Jahrgangsstufe zuzulassen, nicht in Betracht kommt.

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Gemäß § 59 Abs. 4 Satz 1 Nds. Schulgesetz (NSchG) kann eine Schülerin oder ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang einer Schulform oder eines Schulzweigs erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihr oder ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Nach § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Durchlässigkeit sowie über Versetzungen und Überweisungen an den allgemein bildenden Schulen - DVVO - ist eine Schülerin oder ein Schüler einer Realschule vom 7. in den 8. Schuljahrgang zu versetzen, wenn die Leistungen in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern mindestens mit "ausreichend" bewertet worden sind. Mangelhafte Leistungen in zwei Fächern können gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 2 DVVO durch befriedigende Leistungen in zwei Ausgleichsfächern ausgeglichen werden, wenn eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann. Ob die Klassenkonferenz von Möglichkeiten des Ausgleichs Gebrauch macht, steht nach § 4 Abs. 3 DVVO in ihrer pflichtgemäßen Beurteilung, in die die unter pädagogischen und fachlichen Gesichtspunkten wesentlichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen und mögliche Fördermaßnahmen zu berücksichtigen sind. Kommt hiernach eine Versetzung nicht in Betracht, so entscheidet die Klassenkonferenz gem. § 19 Abs. 1 DVVO darüber, ob sie in einem der beiden Fächer, in denen die Schülerin oder der Schüler eine mangelhafte Leistung erbracht hat, eine Nachprüfung zulässt. Nach § 19 Abs. 2 DVVO kann die Nachprüfung zugelassen werden, wenn bei Bestehen eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann; § 4 Abs. 3 Satz 2 DVVO gilt entsprechend. Durch Runderlass vom 10. Mai 2012 (- 33-83211 -, SVBl. 7/2012 S. 357, ber. S. 463) in der Fassung vom 11. August 2014 (SVBl. 9/ 2014 S. 456) hat das Nds. Kultusministerium ergänzende Bestimmungen zur Durchführung der DVVO getroffen.

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Sowohl der Klassenkonferenz bei ihren fachlich-pädagogischen Prognoseentscheidungen als auch den Lehrkräften bei der Notenvergabe steht ein der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogener Bewertungsspielraum zu, der mit der Rechtsstellung von Prüfern und Prüfungsgremien im Bereich einer fachlich-wissenschaftlichen Bewertung von Prüfungsleistungen vergleichbar ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 20. März 2008 - 2 ME 83/08 - NVwZ-RR 2008, 785, m. w. N.). Weder die Klassenkonferenz noch die Landesschulbehörde oder das Verwaltungsgericht können eine eigene Bewertung der versetzungsrelevanten Leistungen eines Schülers vornehmen oder der einzelnen Lehrkraft eine Tendenz ihres pädagogisch-fachlichen Urteils vorschreiben. Entsprechendes gilt für die pädagogisch-fachliche Beurteilung durch die Klassenkonferenz. In einem Rechtsstreit um die Nichtversetzung prüft das Verwaltungsgericht daher nur, ob die dem Konferenzbeschluss zugrunde liegenden Erwägungen und die versetzungsrelevante Notenfindung im Einklang mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften stehen, ob von richtigen Voraussetzungen und sachlichen Erwägungen ausgegangen wurde, ob der beurteilungsrelevante Sachverhalt vollständig berücksichtigt worden ist und ob die Notengebung sich im Rahmen allgemein anerkannter pädagogischer Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe bewegt. Hierauf beschränkt sich die mögliche Fachaufsicht der Schulbehörden nach § 121 Abs. 2 NSchG wie auch die verwaltungsgerichtliche Kontrolle entsprechend § 114 Satz 1 VwGO (VG Stade, Beschluss vom 12. September 2014 - 4 B 1373/14 -, ).

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Hier hat die Versetzungskonferenz am 9. Juli 2014, im Widerspruchsverfahren bestätigt durch die Abhilfekonferenz vom 22. September 2014, die Nichtversetzung des Antragstellers in die 8. Schuljahrgangsklasse, die Nichtanwendung der Ausgleichsregelung und die Zulassung des Antragstellers zu einer Nachprüfung beschlossen, die dieser jedoch nicht bestanden hat, so dass auch eine nachträgliche Versetzung ausscheidet. Dieser Beschluss hält bei der in einem gerichtlichen Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und im Hinblick auf den von der Kammer zu berücksichtigenden, der Klassenkonferenz sowie den daran beteiligten stimmberechtigten Lehrkräften zustehenden pädagogisch-fachlichen Beurteilungsspielraum einer gerichtlichen Kontrolle stand.

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Soweit der Antragsteller geltend macht, die Benotung im Unterrichtsfach Chemie sei für ihn nicht nachvollziehbar, zumal ihm die Lehrkraft im Vorfeld noch mitgeteilt habe, dass seine Leistungen noch mit "ausreichend" bewertet werden könnten, wenn er noch eine entsprechende Mappe zusammenstelle und diese einreiche, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Die Fachlehrerin Frau F. hat in einem undatierten Vermerk (Bl. 37 GA) sowie im Rahmen der Abhilfekonferenz (Bl. 68 f.) zur Entstehung der Chemienote ausgeführt, dass sich diese zu 60 % aus mündlichen und fachspezifischen und zu 40 % aus schriftlichen Leistungen zusammensetzt. Die am 28. März 2014 geschriebene Chemiearbeit sei mit der Note "mangelhaft", die mündlichen und fachspezifischen Leistungen des ersten Schulhalbjahres mit "ausreichend" bewertet worden, so dass sich eine vorläufige Note von 4,28 ergeben habe. Im zweiten Schulhalbjahr hätten sich die mündlichen und fachspezifischen Leistungen des Antragstellers verschlechtert, er habe die Regeln zum sicheren Experimentieren nur in Ansätzen anwenden und Versuche kaum ordnungsgemäß durchführen können. Er habe sich selten an Unterrichtsgesprächen beteiligt, den Unterricht gestört und seine mündlichen Abfragen hätten starke Mängel aufgewiesen. Dadurch habe sich die zweite mündliche Note im Juni auf "mangelhaft" und damit auch die Gesamtnote auf 4,58 und damit "mangelhaft" verschlechtert. Frau F. habe dem Antragsteller gleichwohl gegen Ende des Schuljahres noch einmal die Gelegenheit geben wollen, seine Chemiemappe abzugeben, weil er eine vollständige, gut geführte Mappe als Grundlage hätte nutzen können, um seine fehlenden Kenntnisse für eine erfolgreiche Mitarbeit im 8. Schuljahrgang zu beheben. Die Mappe sei jedoch sehr unvollständig und somit zur Wissenaufbereitung für eine erfolgreiche Mitarbeit in Klasse 8 nicht geeignet gewesen und zudem nicht fristgerecht abgegeben worden. Die Mappe habe daher die Gesamtzensur nicht verändern können.

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Die Ausführungen der Fachlehrerein Frau F. zur Bewertung im Fach Chemie sind von dem Antragsteller nicht im Einzelnen angegriffen, sondern lediglich - und nur hinsichtlich der Bewertung der abgegebenen Chemiemappe - als nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar in Frage gestellt worden. Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der vorgenommenen Bewertung sieht das Gericht hiernach im Rahmen seiner nur eingeschränkten Prüfungskompetenz nicht. Soweit der Antragsteller geltend macht, eine Benotung der Mappe habe nicht stattgefunden und bereits eine Bewertung mit "ausreichend" hätte ausgereicht, um auch eine ausreichende Gesamtnote (4,49) zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Bemerkung der Fachlehrerin, die - wie der Antragsteller auch nicht bestreitet - verspätet abgegebene und - insoweit maßgeblich - nach der Einschätzung der zur Bewertung bestimmten Lehrkraft sehr unvollständige Mappe habe die Gesamtzensur nicht ändern können, den Schluss zulässt, dass eine Bewertung dieser Leistung mit der Note "ausreichend" gerade nicht mehr möglich war.

14

Die Einwendungen des Antragstellers zu Verfahrens- und Formfehlern bei dem Zustandekommen der Nichtversetzungsentscheidung der Klassenkonferenz, greifen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

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Selbst wenn die Antragsgegnerin entgegen Ziff. 2.7 und 2.8 der Durchführungsbestimmungen zu § 3 DVVO die Erziehungsberechtigten des Antragstellers nicht rechtzeitig und in der ordnungsgemäßen (Schrift-)Form über die Gefährdung seiner Versetzung benachrichtigt hat, folgt hieraus kein Anspruch auf eine Versetzung in den 8. Schuljahrgang. Die Verletzung von Hinweis- und Beratungspflichten stellt einen Verfahrensfehler dar, der jedoch nur dann die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes zur Folge hat, wenn sich der Fehler auf ihn ausgewirkt haben kann und eine andere Entscheidung in der Sache gemäß § 46 VwVfG in Verbindung mit § 1 NdsVwVfG hätte getroffen werden können. Hierfür ist nichts ersichtlich. Ob sich der Antragsteller bessere Noten erarbeitet hätte, wenn er und seine Eltern frühzeitig auf eine Gefährdung der Versetzung hingewiesen worden wären, kann dahinstehen, da die Übertragung des im Sozialrecht anerkannten sog. Herstellungsanspruchs auf das allgemeine Verwaltungsverfahren als Erfüllungsanspruch bei fehlerhafter behördlicher Beratung bislang in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein nicht anerkannt worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 ME 444/07 -, NVwZ-RR 2007, 766, m.w.N.).

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Die Annahme des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe eine fehlerhafte Prüfungsreihenfolge gewählt, indem sie nach der Entscheidung über die Nichtversetzung zunächst über die Zulassung einer Nachprüfung statt über die Anwendung der Ausgleichsregelung entschieden habe, ist unzutreffend. Die Klassenkonferenz hat nicht erst in der Abhilfekonferenz vom 22. September 2014, sondern bereits in der Versetzungskonferenz vom 9. Juli 2014 über die Anwendung der Ausgleichsregelung entschieden. Aus der Niederschrift zur Versetzungskonferenz ergibt sich, dass nach entsprechender Abstimmung neun stimmberechtigter Lehrkräfte (6 : 3) eine Anwendung der Ausgleichsregelung bei dem Antragsteller wegen nicht gesicherter Leistungen und eingeschränkten Leistungen im Arbeitsverhalten nicht erfolgt ist (Bl. 9 VV). In derselben Konferenz wurde dann die eine nachträgliche Versetzung ermöglichende und damit bereits begrifflich nachfolgende Entscheidung getroffen, den Antragsteller zur Nachprüfung zuzulassen. Dass in der Versetzungskonferenz erneut abschlägig über die Anwendung der Ausgleichsregelung entschieden worden ist (Bl. 75 VV), ist nicht zu beanstanden. Da der Antragsteller Widerspruch gegen die Nichtversetzung mit dem Ziel erhoben hat, eine Versetzung in den 8. Schuljahrgang zu erreichen, musste im Rahmen der Abhilfekonferenz zwingend eine erneute Befassung der Klassenkonferenz mit dieser Frage erfolgen, weil einerseits der Gesetzgeber durch § 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG ausschließlich der Klassenkonferenz (und den daran beteiligten stimmberechtigten Lehrkräften) die pädagogisch-fachliche Prognose zugewiesen hat, ob von der betroffenen Schülerin oder dem betroffenen Schüler eine erfolgreiche Mitarbeit in dem nächsthöheren Schuljahrgang zu erwarten ist, und andererseits auch der Verordnungsgeber in § 4 Abs. 3 DVVO die Entscheidung darüber, ob die Klassenkonferenz von Möglichkeiten der Ausgleichsregelung Gebrauch macht, in deren pflichtgemäße Beurteilung gestellt hat. Daher hat (auch) in einem Widerspruchsverfahren eine Beschlussfassung über die Versetzung/ Nichtversetzung und damit auch über die Anwendung der Ausgleichsregelungen des § 4 DVVO sowie der Zulassung einer Nachprüfung im Sinne des § 19 DVVO durch die Klassenkonferenz im Wege einer Abhilfeprüfung zu erfolgen (VG Stade, Beschluss vom 12. September 2014, a.a.O.).

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Auf die weiteren Folgerungen des Antragstellers aus seiner irrigen Annahme, nach der die Antragsgegnerin, wenn sie die richtige Prüfungsreihenfolge angewandt hätte, zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass er in den nächsten Schuljahrgang zu versetzen sei, kommt es daher nicht an.

18

Materiell-rechtlich ergeben sich im vorliegenden Fall auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Klassenkonferenz hinsichtlich der von der Klassenkonferenz beschlossenen Nichtanwendung der Ausgleichsregelungen der §§ 4 f. DVVO hinsichtlich der beiden mit "mangelhaft" bewerteten Fächer Biologie und Chemie. Zwar verfügt der Antragsteller insoweit mit den Fächern Deutsch, Politik oder Musik und Sport, in denen er jeweils die Note "befriedigend" oder "gut" erhalten hat, grundsätzlich über Ausgleichsfächer im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 DVVO. Dies allein genügt jedoch nicht für seine Versetzung in den 8. Schuljahrgang. Sowohl aus § 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG als auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 DVVO ergibt sich, dass zusätzlich auch eine positive pädagogisch-fachliche Prognose der Klassenkonferenz erforderlich ist, dass eine erfolgreiche Mitarbeit in dem höheren Schuljahrgang zu erwarten ist. Dies hat die Klassenkonferenz im Falle des Antragstellers in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint, weil die im Protokoll der Versetzungskonferenz enthaltenen Ausführungen sowie die im Protokoll der Abhilfekonferenz festgehaltenen Erörterungen der den Antragsteller in dem Schuljahr 2013/2014 unterrichtenden Lehrkräfte die Nichtversetzungsentscheidung rechtfertigen. Aufgrund der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Verpflichtung der Klassenkonferenz, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls in die pflichtgemäße Beurteilung einzubeziehen und neben den im gesamten Schuljahr gezeigten Leistungen auch auf das Lernverhalten und Leistungsvermögen der betroffenen Schülerin oder des betroffenen Schülers abzustellen (vgl. Ziff. 3 der Durchführungsbestimmungen zu § 4 DVVO), kann hier nicht festgestellt werden, dass die beteiligten Lehrkräfte bei ihren Entscheidungen über die Nichtversetzung und die Nichtanwendung der Ausgleichsregelung von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen sind. Der Antragsteller ist diesen Ausführungen auch nicht substantiiert entgegengetreten.

19

Der Antragsteller kann auch aus der Entscheidung der Klassenkonferenz, ihn zu einer Nachprüfung zuzulassen, im Hinblick auf die Entscheidung über die Anwendung der Ausgleichsregelung nichts für ihn Günstiges herleiten. Die vom Antragsteller vertretene Auffassung, die von der Klassenkonferenz getroffene positive Prognose hinsichtlich einer erfolgreichen Mitarbeit im höheren Schuljahrgang im Falle des Bestehens der Nachprüfung nach § 19 Abs. 2 DVVO sei deckungsgleich mit der nach § 4 Abs. 2 DVVO für die Anwendung der Ausgleichsregelung zu treffende Prognose, geht fehl. Die beiden Vorschriften legen unterschiedliche Ausgangssituationen zugrunde, die bei der nach (§ 19 Abs. 2, 2. Hs. i.V.m.) § 4 Abs. 3 Satz 2 DVVO erforderlichen Berücksichtigung der jeweiligen wesentlichen Umstände des Einzelfalles entsprechend zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Die Anwendung der Ausgleichsregelung setzt voraus, dass die Schülerin oder der Schüler neben den mangelhaften Leistungen jedenfalls in anderen Fächern gezeigt hat, dass er die nötige Leistung zu erbringen grundsätzlich in der Lage ist, während sich im Falle der Zulassung zur Nachprüfung Anhaltspunkte für eine im Sinne des § 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG erfolgreiche Mitarbeit zwar nicht aus den übrigen Noten erkennen lassen, aber dennoch ausreichende Gründe bestehen, eine der beiden mangelhaften Bewertungen im Wege einer "zweiten Chance" zu verbessern.

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Auch der vom Antragsteller angenommene Ermessensnichtgebrauch hinsichtlich der vermeintlich fehlenden Entscheidung über die Anwendung der Ausgleichsregelung kann nach den obigen Ausführungen nicht festgestellt werden.