Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 26.09.2003, Az.: 6 A 108/01

Befristung; Fahrerlaubnis; Fahrerlaubnisregister; Fahrgastbeförderung; Kartenführerschein; Rückwirkung; Verlängerung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
26.09.2003
Aktenzeichen
6 A 108/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48200
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Fahrerlaubnisbehörde darf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nur dann verlängern oder neu erteilen, wenn die allgemeine Fahrerlaubnis alten Rechts auf die Fahrerlaubnisklassen der FeV umgestellt und ein Kartenführerschein nach § 25 FeV ausgestellt ist.

2. Ist die bisherige Befristung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung abgelaufen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde zur rückwirkenden Verlängerung verpflichtet sein, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Verlängerung vor Ablauf der Geltungsdauer beantragt hat.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, ohne dafür die Umstellung der allgemeinen Fahrerlaubnis und die Ausstellung eines Kartenführerscheins beantragen zu müssen.

2

Die im Jahre 1932 geborene Klägerin ist Inhaberin einer im Jahre 1979 von der Beklagten ausgestellten Fahrerlaubnis der Klasse 3. Im Jahre 1983 erteilte die Beklagte ihr erstmals eine befristete Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, die in der Folgezeit auf entsprechende Anträge der Klägerin mehrfach befristet verlängert wurde. Zuletzt verlängerte die Beklagte die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im November 1997 bis zum 7. Dezember 2000.

3

Am 31. Oktober 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die erneute Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Taxi. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 1. Februar 2001 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, auf Grund der Übergangsbestimmungen der Fahrerlaubnisverordnung seien nach Ablauf der bisherigen Befristung nunmehr die neuen Fahrerlaubnisvorschriften anzuwenden. Danach sei für die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erforderlich, dass zuvor die Umstellung der allgemeinen Fahrerlaubnis auf die neuen Fahrerlaubnisklassen und die Ausstellung eines Kartenführerscheins nach den jetzt gültigen Mustern beantragt werde. Dies ergebe sich aus der Formulierung in § 48 Abs. 3 Fahrerlaubnisverordnung, wonach bei der Fahrgastbeförderung der nach dem neuen Muster ausgestellte Führerschein über die allgemeine Fahrerlaubnis mitzuführen sei. Der Gesetzgeber verfolge mit dieser Regelung die Absicht, das im Aufbau befindliche Zentrale Fahrerlaubnisregister mit vollständigen Datensätzen zu füllen.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 1. Februar 2001 setzte die Beklagte die Kosten für ihre Maßnahme auf 61,50 DM fest.

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Gegen diese am 9. Februar 2001 zugestellten Bescheide erhob die Klägerin mit Schreiben vom 6. März 2001, das am selben Tage bei der Bezirksregierung Braunschweig einging, Widerspruch. Dazu machte sie im Wesentlichen geltend, aus der Fahrerlaubnisverordnung ergebe sich, dass die Fahrerlaubnisse alten Rechts ohne Einschränkung bestehen bleiben sollen. Die Entscheidung der Beklagten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei unverhältnismäßig.

6

Mit Bescheid vom 10. April 2001, der der Klägerin am 12. April 2001 zuging, wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der in den Ausgangsbescheiden enthaltenen Begründung zurück.

7

Am 11. Mai 2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

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Der nach dem alten Recht ausgestellte Führerschein über die allgemeine Fahrerlaubnis sei nach der Fahrerlaubnisverordnung (§ 6 Abs. 6 und § 76 Nr. 13) weiterhin gültig und müsse nicht durch einen nach dem neuen Muster ausgestellten Führerschein ersetzt werden. Eine Umtauschpflicht sei an keiner Stelle vorgesehen. Die Regelung in § 48 Abs. 3 der Verordnung sei auf Verlängerungsanträge nicht anwendbar. Da die Fahrerlaubnisbehörden in anderen Bundesländern anders verführen, habe die Beklagte verfassungswidrig gehandelt.

9

Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 1. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 10. April 2001 zu verpflichten, ihr die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Taxi zu verlängern.

11

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Sie macht geltend, die Daten der Inhaber von Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung seien im Zentralen Fahrerlaubnisregister nur dann vollständig erfassbar, wenn diese Personen den alten Führerschein zum Nachweis ihrer allgemeinen Fahrerlaubnis gegen einen Kartenführerschein austauschten. Das vorliegende Verfahren sei an sich als ein Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung anzusehen, weil die letzte Verlängerungsfrist inzwischen abgelaufen sei; dies wirke sich aber nicht aus, weil nach der Fahrerlaubnisverordnung (§ 48 Abs. 7 und § 24 Abs. 2) in Fällen wie dem vorliegenden für Erteilung und Verlängerung die gleichen Voraussetzungen gälten. Im Übrigen nimmt sie unter Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren Bezug auf die angegriffenen Bescheide.

14

Das Gericht hat Auskünfte des Kraftfahrt-Bundesamtes und des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vor allem zu den Fragen eingeholt, inwieweit die Erfassung von Fahrerlaubnisdaten im Zentralen Fahrerlaubnisregister technisch möglich ist und ob die hier zu entscheidenden Rechtsfragen nach dortigen Erkenntnissen noch für weitere Verfahren von Bedeutung sind. Wegen der Ergebnisse wird auf die Auskünfte des Ministeriums vom 26. September 2002 (Bl. 59 f. der Gerichtsakte) und des Bundesamtes vom 9. Oktober 2002 (Bl. 63 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

15

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.

17

Eine Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist zwar grundsätzlich trotz Ablaufs der Geltungsdauer noch möglich (I). Die Voraussetzungen für eine Verlängerung sind aber nicht erfüllt (II).

18

I. Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung kann grundsätzlich auch dann noch verlängert werden, wenn ihre Geltungsdauer – wie hier – inzwischen abgelaufen ist.

19

Die Beklagte hatte der Klägerin im November 1997 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung auf der Grundlage von § 15 f Abs. 2 StVZO (alte Fassung) verlängert. Diese Verlängerung blieb auch bei In-Kraft-Treten der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) weiter gültig (§ 76 Nr. 13 Satz 2 FeV) und endete mit dem Fristablauf am 8. Dezember 2000. Die Fahrerlaubnis wird zwar grundsätzlich mit Ablauf der Verlängerungsfrist unwirksam (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 1, § 43 Abs. 2 VwVfG) und darf dann erst auf einen Neuerteilungsantrag hin wieder ausgestellt werden. Die Fahrerlaubnisbehörde kann aber gemäß § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG zu einer rückwirkenden Verlängerung der Fahrerlaubnis verpflichtet sein, wenn die Verlängerung – wie dies die Klägerin getan hat – vor Ablauf der Geltungsdauer beantragt worden ist (vgl. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 31 Rn. 42; P. Stelkens/Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 31 Rn. 47).

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Eine spezielle Regelung, die der Anwendung dieser allgemeinen Vorschrift entgegenstehen würde, enthält das Fahrerlaubnisrecht nicht. Insbesondere ergibt sich eine solche Regelung nicht aus § 48 Abs. 7 Satz 1 FeV i. V. m. § 24 Abs. 2 FeV, wonach die Erteilung einer Fahrerlaubnis unter den für die Verlängerung geltenden erleichterten Voraussetzungen erfolgt, wenn seit dem Ablauf der Geltungsdauer bis zum Tag der Antragstellung nicht mehr als zwei Jahre verstrichen sind. Diese Bestimmung ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – in den Fällen eines vor Ablauf der Verlängerungsfrist gestellten Antrags nicht anwendbar. Sie bezieht sich schon ihrem Wortlaut nach nur auf den Fall des vor der Antragstellung eingetretenen Fristablaufs. Nach der systematischen Stellung der Vorschrift fällt unter den Begriff des „Antrags“ auch ein Verlängerungsantrag. Die Vorgängerregelung in § 15 e Abs. 2 StVZO (alte Fassung) war anders formuliert, hatte eine andere systematische Stellung und kann daher für die Auslegung nicht herangezogen werden (vgl. zur Altregelung VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 17.12.1996 – 10 S 56/96 –, DAR 1997, 290 Leits. <auch juris>; VG Berlin, Urt. vom 28.11.1989 – 18 A 175.89 – <juris>).

21

II. Ein Anspruch der Klägerin auf Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung besteht jedoch nicht, weil die dafür im Fahrerlaubnisrecht vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Fahrerlaubnisbehörde darf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nur dann verlängern oder neu erteilen, wenn die allgemeine Fahrerlaubnis alten Rechts auf die Fahrerlaubnisklassen der FeV umgestellt und ein Kartenführerschein gemäß § 25 FeV ausgestellt ist.

22

Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber im Wege der Auslegung. So ist nach § 48 Abs. 3 Satz 2 FeV bei der Fahrgastbeförderung der nach § 25 FeV ausgestellte Führerschein mitzuführen und den zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. Dies setzt begriffsnotwendig den Besitz und die vorherige Ausstellung des Führerscheins voraus, was der Verordnungsgeber auch durch die Verwendung der Partizipform („ausgestellt“) verdeutlicht hat. Aus der Verweisung auf § 25 FeV ergibt sich, dass der Führerschein nach dem Muster 1 der Anlage 8 zur FeV – also im Kunststoffkartenformat – ausgefertigt sein muss. Ein solcher Führerschein aber, der wie jeder andere Führerschein als bloßes Ausweispapier lediglich dem Nachweis der Fahrerlaubnis dient (§ 2 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 4 Abs. 2 Satz 1 FeV), darf nur ausgestellt werden, wenn zuvor die ihm zu Grunde liegende allgemeine Fahrerlaubnis auf die neuen Fahrerlaubnisklassen der FeV umgestellt worden ist (vgl. § 6 Abs. 7 Satz 2 FeV sowie das Muster 1 der Anlage 8 zur FeV).

23

Die Umstellung der allgemeinen Fahrerlaubnis und die Ausstellung des entsprechenden Kartenführerscheins können nicht von Amts wegen erfolgen, sondern müssen nach § 6 Abs. 7 Satz 1 FeV vom Inhaber der Fahrerlaubnis beantragt werden. Da die Klägerin dies nicht getan hat, darf die Beklagte ihr die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht verlängern.

24

Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass die besonderen Bestimmungen über die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (§ 48 Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 FeV) keine Regelungen zum Nachweis der allgemeinen Fahrerlaubnis enthalten. Der Verordnungsgeber hat die Vorschrift des § 48 Abs. 3 Satz 2 FeV systematisch den speziellen Regelungen über die Erteilung und die Verlängerung der Fahrerlaubnis vorangestellt, um hierdurch zu verdeutlichen, dass sie allgemeine, für die Erteilung und die Verlängerung gleichermaßen bedeutsame Bestimmungen enthält. Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Erteilung der Fahrerlaubnis hätte keinen Sinn, weil diese von vornherein nur befristet erfolgt (§ 48 Abs. 5 Satz 1 FeV und entsprechend bereits die frühere Regelung in § 15 f Abs. 1 StVZO a. F.).

25

Für die Inhaber allgemeiner Fahrerlaubnisse alten Rechts und entsprechender Führerscheine lässt sich auch aus der Übergangsregelung in § 76 Nr. 13 Satz 1 FeV nichts anderes herleiten. Die Vorschrift bestimmt, dass solche Führerscheine gültig bleiben. Sie enthält jedoch keine Regelungen für den Fall der Verlängerung der zur Fahrgastbeförderung zusätzlich erforderlichen Fahrerlaubnis nach § 48 FeV und zu den Auswirkungen auf die allgemeine Fahrerlaubnis. Diese „Wechselbeziehung“ zwischen der besonderen und der allgemeinen Fahrerlaubnis ist ausschließlich in § 48 Abs. 3 Satz 2 FeV geregelt.

26

Der Wortlaut des § 76 Nr. 13 FeV steht dem nicht entgegen. Ihm lässt sich nur entnehmen, dass der nach dem alten Muster ausgefertigte Führerschein bei In-Kraft-Treten der FeV zunächst gültig bleibt, nicht aber, dass er auch bei Änderungen weitergilt, die nach den übrigen Vorschriften der FeV an ihm oder der ihm zu Grunde liegenden Fahrerlaubnis notwendig werden. Dementsprechend hat der Verordnungsgeber beispielsweise vorgesehen, dass bei Änderung der Daten auf dem alten Führerschein gemäß § 25 Abs. 2 FeV stets ein neuer Führerschein in Scheckkartenform ausgestellt werden muss (so ausdrücklich die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr - BMV - zum Entwurf der FeV, BR-Drs. 443/98, S. 277).

27

Im Übrigen entspricht es den mit der Einführung des Kartenführerscheins verfolgten Zielen, dass die Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach Ablauf der bisherigen Befristung zum Nachweis ihrer allgemeinen Fahrerlaubnis einen Kartenführerschein vorweisen müssen.

28

Der Führerschein im Scheckkartenformat wurde im Zusammenhang mit dem Zentralen Fahrerlaubnisregister (§ 48 Abs. 2 StVG) eingeführt. Das Zentrale Fahrerlaubnisregister dient der Speicherung von Daten, die erforderlich sind, um feststellen zu können, welche Fahrerlaubnisse und Führerscheine eine Person besitzt (§ 49 Abs. 1 StVG). Damit soll ein effektiver Informationsaustausch in der gesamten Europäischen Union zum Schutz vor ungeeigneten Kraftfahrern und im Interesse der Verkehrssicherheit ermöglicht werden (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des StVG, BT-Drs. 13/6914, S. 52, 54 sowie Begründung des BMV zum Entwurf der FeV, BR-Drs. 443/98, S. 300). Eine vollständige Erfassung der Daten aus der allgemeinen Fahrerlaubnis und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (§ 49 Abs. 1 Nr. 14 FeV) ist aber nur möglich, wenn ein Führerschein im Kartenformat (§ 25 FeV) ausgestellt ist. Daten aus den Führerscheinen alten Rechts können technisch – wie das Kraftfahrt-Bundesamt in der eingeholten Auskunft klargestellt hat – im Zentralen Fahrerlaubnisregister gar nicht erfasst werden. Das Datenbankkonzept des Zentralen Fahrerlaubnisregisters sieht vor, nur solche Informationen zu speichern, die einer speziell definierten Fahrerlaubnisnummer (§ 49 Abs. 1 Nr. 7 FeV) zugeordnet und hierdurch identifizierbar sind. Eine solche Fahrerlaubnisnummer existiert für Fahrerlaubnisse alten Rechts nicht (s. a. Begründung des BMV zum Entwurf der FeV, BR-Drs. 443/98, S. 299). Dementsprechend ist eine nachträgliche Speicherung von Daten über allgemeine Fahrerlaubnisse alten Rechts in den Übergangsvorschriften nicht vorgesehen (vgl. a. § 65 Abs. 3 StVG).

29

Nur durch die vollständige Erfassung der Daten – unter Einschluss der Informationen zur allgemeinen Fahrerlaubnis – wird den zuständigen Behörden die mit der Einführung des Zentralen Fahrerlaubnisregisters bezweckte umfassende Überprüfung ermöglicht. Dies ist bei der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung auch deswegen erforderlich, weil sie vom Bestand der allgemeinen Fahrerlaubnis abhängig (also ein „akzessorisches“ Recht) ist (vgl. § 48 Abs. 10 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 FeV). Aus der Begründung zur FeV ergibt sich, dass der Verordnungsgeber mit den Regelungen der FeV zu einem möglichst raschen Aufbau des Zentralen Fahrerlaubnisregisters beitragen wollte (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 277).

30

Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich auf die Regelung in § 6 Abs. 6 FeV berufen, nach der die Fahrerlaubnisse alten Rechts im Umfang der bisherigen Berechtigung vorbehaltlich abweichender Übergangsbestimmungen bestehen bleiben. Diese Vorschrift enthält schon nach ihrer systematischen Stellung nur eine Grundregel für Inhaber allgemeiner Fahrerlaubnisse, von der die FeV in den in einem gesonderten Abschnitt geregelten speziellen Bestimmungen für das Führen von Kraftfahrzeugen zur Fahrgastbeförderung abgewichen ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass in der Begründung zum Entwurf der FeV an verschiedenen Stellen ausgeführt ist, eine Pflicht zum Umtausch der alten Führerscheine bestehe nicht (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 225, 236). Damit kann unter Berücksichtigung aller übrigen Regelungen nur gemeint sein, dass eine Umtauschpflicht vorbehaltlich spezieller Bestimmungen regelmäßig nicht vorgesehen ist. So hat der Verordnungsgeber ausdrücklich selbst einen Umtausch vorgesehen für den Fall, dass Eintragungen auf den bisherigen Führerscheinen geändert werden müssen (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 277). Die FeV lässt damit erkennen, dass ein Umtausch ausnahmsweise dann verlangt wird, wenn die Behörden nach In-Kraft-Treten der Verordnung mit der Fahrerlaubnis befasst werden und sich daher ein konkreter Anlass ergibt, zum Aufbau des Zentralen Fahrerlaubnisregisters beizutragen. Wegen der „Akzessorietät“ der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist ein solcher Anlass schon dann gegeben, wenn die Behörde über die Änderung oder Neuerteilung dieser zusätzlichen Fahrerlaubnis entscheiden muss.

31

Dass für die Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung daher andere Regelungen gelten als für Personen, die allein über eine allgemeine Fahrerlaubnis verfügen, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Für die differenzierenden Vorschriften gibt es sachliche Gründe. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zum Schutz der beförderten Personen auch sonst erhöhten Anforderungen und einer besonderen Überwachung durch die Fahrerlaubnisbehörde unterliegen. Dieses Schutzkonzept rechtfertigt eine effektive Datenerfassung, die sich nicht auf die – isoliert nicht sinnvoll verwertbaren – Daten aus der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung beschränkt, sondern die Daten der allgemeinen Fahrerlaubnis einbezieht. Im Übrigen wäre eine Umstellungspflicht für jeden Fahrerlaubnisinhaber nach den überzeugenden Ausführungen des Kraftfahrt-Bundesamtes in seiner Auskunft vom 9. Oktober 2002 mit einem Aufwand verbunden, der die Kapazitäten der zuständigen Behörden übersteigen würde.

32

Es kann offen bleiben, ob Behörden in anderen Bundesländern bei der Verlängerung und Neuerteilung von Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung anders verfahren. Selbst wenn dies so wäre, hätte die Beklagte nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt. Wird eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verlängert oder neu erteilt, ohne dass die allgemeine Fahrerlaubnis umgestellt und ein Führerschein nach § 25 FeV ausgestellt ist, so ist dies aus den dargelegten Gründen rechtswidrig. Aus einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis kann der Bürger wegen der von Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht keinen Anspruch auf entsprechende Behandlung herleiten; einen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Unrecht“ gibt es nicht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 11.06.1986, NVWZ 1986, 758). Im Übrigen ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG keine Bindung der Beklagten an die Praxis anderer Hoheitsträger: Der Gleichheitsanspruch besteht nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. BVerfG, Beschl. vom 23.11.1988, BVerfGE 79, 127, 158). Damit ist auch die den angegriffenen Bescheiden zu Grunde liegende Arbeitsanweisung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 1. November 1999 (401.4-30012 15 d allg.) rechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie für den Erwerb und die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Umstellung der allgemeinen Fahrerlaubnis verlangt.

33

Eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung kann die Klägerin nach allem nur erreichen, wenn sie bei der Beklagten die Neuerteilung dieser Fahrerlaubnis und dazu die Umstellung ihrer allgemeinen Fahrerlaubnis sowie die Ausstellung eines Kartenführerscheins (§ 25 FeV) beantragt (vgl. § 48 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Nr. 5 FeV). Die damit verbundenen, nicht schwer wiegenden Beeinträchtigungen sind ihr zuzumuten. Der Eingriff in ihr Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit ist durch den Zweck der Regelungen, die Allgemeinheit vor den von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehenden Gefahren zu schützen, gerechtfertigt und daher mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Ob die Voraussetzungen für die erneute Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gegeben sind und die Klägerin die Anforderungen an eine allgemeine Fahrerlaubnis weiterhin erfüllt, muss das Gericht in dem vorliegenden Verfahren nicht entscheiden.

34

Die von der Beklagten im Kostenfestsetzungsbescheid erhobenen Kosten sind auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht verweist insoweit zur weiteren Begründung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

35

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 711, 708 Nr. 11 ZPO.

36

Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG und entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Nds. OVG in Rechtsstreitigkeiten, die allein die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung betreffen (vgl. die regelmäßigen Streitwertannahmen des 12. Senats, Nds. VBl. 1995, 116). Bei der Festsetzung ist gemäß § 15 GKG von dem DM-Betrag auszugehen, weil die Klage bereits vor dem 1. Januar 2002 erhoben worden ist.

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Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich. Insbesondere gibt es nach den eingeholten Auskünften keine Anhaltspunkte dafür, dass die entscheidungserheblichen Rechtsfragen, die auslaufendes Recht betreffen, noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis von Bedeutung sind und daher der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO gegeben ist.