Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 15.05.2007, Az.: S 22 AS 14/06
Höhe des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II); Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung und Beachtung der Produkttheorie; Mietspiegel und Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG)
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 15.05.2007
- Aktenzeichen
- S 22 AS 14/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 65630
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:2007:0515.S22AS14.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 19 S. 1 SGB II
- § 22 SGB II
- § 8 WoGG
Tenor:
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 wird unter Maßgabe der Ziffer 2 abgeändert.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 44,- EUR zu zahlen.
- 3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 4.
Die Beklagte trägt 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
- 5.
Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, in welcher Höhe die Klägerin Anspruch auf Leistungen für Unterkunft für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) hat.
Die Klägerin bewohnt eine seit dem Jahr 2000 bezugsfertige Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 50 m². Die Kaltmiete beträgt monatlich 370,69, die Nebenkosten belaufen sich auf monatlich 85,- EUR. Im Rahmen der Heizkosten erfolgt eine monatliche Abschlagzahlung an die Stadtwerke H. AG in Höhe von 45,- EUR für Gas.
Mit Bescheid der Agentur für Arbeit H. als Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 10. November 2004 wurden der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 bewilligt. Dabei wies die Agentur für Arbeit H. die Klägerin darauf hin, dass die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte Miete nicht angemessen sei und daher lediglich bis zum 30. Juni 2005 anerkannt werde.
Mit weiterem Bescheid vom 15. Juni 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 683,50 EUR monatlich (= 345,- EUR Regelleistung zuzüglich 300,- EUR Leistungen für Unterkunft und 38,50 EUR Leistungen für Heizung). Dabei legte die Beklagte zur Bestimmung der angemessen Kosten den Wert der rechten Spalte aus der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) an und berücksichtigte den tatsächlichen Heizkostenabschlag abzüglich 6,50 EUR Warmwasseranteil. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005 zurückgewiesen. Zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft sei auf die bisher durch die Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe für die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen zurückzugreifen. Auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 22. November 1988 - 4 OVG B 383/88 - wurde verwiesen. Danach sei die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 WoGG maßgeblich und mit 300,- EUR zutreffend berücksichtigt worden. Die Klägerin lebe in einer Situation, die als Regelsituation zu bezeichnen sei. Ausnahmetatbestände, die gegebenenfalls eine weitere Anerkennung der unangemessenen Unterkunftskosten rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich und von der Klägerin nicht vorgetragen worden.
Die Klägerin hat am 5. Januar 2006 Klage erhoben und begehrt die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung. Sie trägt vor, dass der Tabellenwert zu § 8 WoGG zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft nicht geeignet sei. Die zu § 8 WoGG eingeführte Tabelle sei noch von der Maßgabe ausgegangen, dass neben der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Sozialhilfe auch noch Wohngeld beantragt werden konnte. Insofern erschien es durchaus gerechtfertigt, die berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft bis zum 31. Dezember 2004 niedriger anzusetzen. Dieses könne jedoch mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 1. Januar 2005 nicht mehr gelten. Darüber hinaus seien die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft anhand der Wohnfläche, dem Wohnstandard und dem regionalen Mietzinsniveau zu bestimmen. Die Wohnung habe eine Größe von 50 m² und sei damit in diesem Punkt angemessen. Was die Berücksichtigung des regionalen Mietniveaus beträfe, sei auf den Mietspiegel der Stadt H. zurückzugreifen. Danach wäre ein Quadratmeterpreis von 7,20 EUR Kaltmiete in Ansatz zu bringen. Des Weiteren habe sie sich ständig ohne Erfolg bemüht, kostengünstigere Wohnungen anzumieten. Ausreichender Wohnraum bis 50 m² sei nicht vorhanden, weil es immer mehr Single-Haushalte gäbe.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 unter Maßgabe der Ziffer 2 abzuändern und
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe von monatlich 155,- EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Entscheidung fest und reicht ergänzend dazu drei Internet-Recherchen zum Wohnungsmarkt in H. vom 10. August 2006, 5. April 2006 und April 2007 ein. Danach stünde für 300,- EUR Kaltmiete inklusive Neben-/Betriebskosten genügend Wohnraum in H. zur Verfügung. Es bestünden keine Zweifel, dass der Wohnungsmarkt in der Stadt H. auch in der Vergangenheit so entspannt gewesen sei, wie es sich aus der letzten Internet-Recherche aus dem Jahre 2007 ergäbe.
Mit Verfügung vom 6. März 2006 hat die Kammer anonymisierte Aktenteile aus vergleichbaren Verfahren der 16. und 22. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück beigezogen. Die beigezogenen Aktenteile betreffen Anfragen an die im Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätigen Wohnungsbaugesellschaften, eine Sitzungsniederschrift des Termins zur mündlichen Verhandlung der 16. Kammer am 15. Dezember 2005 sowie die schriftliche Befragung des für den Mitspiegel zuständigen Mitarbeiters der Stadt Herr I ...
Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der Klägerin monatlich weitere 0,50 EUR gewährt werden. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogenen Aktenteile waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 ist insoweit rechtswidrig und beschwert die Klägerin, als die Klägerin einen Anspruch auf weitere Leistungen für Unterkunft für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von monatlich 44,- EUR hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Ein darüber hinausgehenden Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft bis zur Höhe der tatsächlichen Aufwendungen steht der Klägerin nicht zu.
Anspruchsgrundlage sind die §§ 19 Satz 1, 22 SGB II.
Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Das Gesetz definiert dabei den Begriff der angemessenen Aufwendungen nicht. Es sieht allerdings vor, dass durch Rechtsverordnung zu bestimmen ist, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind (§ 27 Nr. 1 SGB II). Dabei ist der Begriff der Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 1. April 2005 - L 8 AS 55/05 ER -).
Die Kammer hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. Urteil vom 15. Februar 2006 - S 22 AS 363/05 -; andere Auffassung in der Berufung: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 133/06 -; zurzeit in der Revision - B 7b AS 44/06 R -) und orientiert sich bezüglich des angemessenen Wohnstandards und der angemessenen Wohnfläche weiterhin an der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Bereich der Sozialhilfe. Bei der Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft ist auf den unteren Bereich der marktüblichen Wohnungsmieten für nach Größe und Wohnstandard zu berücksichtigende Wohnungen abzustellen (Lang in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22, Rn. 45). Dabei sind hinsichtlich des Wohnstandards solche Wohnungen zu berücksichtigen, die nach Lage, Wohnsubstanz, Erhaltungszustand und Ausstattung für ein einfaches und bescheidenes Leben erforderlich, aber auch hinreichend sind (Berlit in: Münder, LPK-SGB II, 2. Auflage, 2007, § 22, Rn. 31). Dies entspricht dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II, nur das für die Sicherung des Lebensunterhalts Notwendige zu gewährleisten.
Danach ist zwar die Wohnfläche - wie die Klägerin zutreffend vorträgt - mit 50 m² (vgl. Nr. 11.2 des Erlasses des Sozialministeriums vom 27. März 2003 - 54-25 100-3/7 - Nds. MBl. S. 580) angemessen (vgl. zur Anwendbarkeit des Wohnungsraumförderungsgesetzes: Bundessozialgericht , Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, [...] Rn. 19; so bereits schon das Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. November 1994 - 5 C 11/93 - = BVerwGE 97, 110).
Unter Beachtung der Produkttheorie (vgl. ausführlich Bundessozialgericht , Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, [...] Rn. 20) sind die Aufwendungen der Klägerin jedoch lediglich in Höhe von weiteren 44,- EUR angemessen.
Zwar ist es grundsätzlich möglich, auch die Tabelle zu § 8 WoGG zur Bestimmung der Angemessenheit heranzuziehen. Gibt es jedoch mehrere Möglichkeiten zur Bestimmung der angemessenen Miete, ist diejenige zu wählen, die die entscheidungserheblichen örtlichen Mieten besser abbildet (so Bundessozialgericht , Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, [...] Rn. 17). Das ist nach Überzeugung der Kammer und entgegen der Bedenken des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen (vgl. Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 133/06 -) der Mietspiegel der Stadt H. aus dem Jahre 2005 (nach Auswertung der neuen Informationen zum Datenmaterial des Mietspiegels ebenso bereits die 16. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück , Urteile vom 22. Dezember 2005 - S 16 AS 301/05 - und - S 16 AS 292/05 -). Für die Beurteilung der Angemessenheit der zu zahlenden Miete ist danach entgegen der Auffassung der Beklagten auf den Mietspiegel der Stadt H. und nicht auf die Tabelle zu § 8 WoGG abzustellen.
Dabei kann es dahin stehen, dass es sich bei dem Mietspiegel der Stadt H. nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558 d Bürgerliches Gesetzbuch, sondern lediglich um einen einfachen Mietspiegel handelt (auf dieses Unterscheidungskriterium hinweisend: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 28. November 2005 - L 8 AS 181/05 ER -, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 133/06 -). Denn aufgrund des Umstandes, dass der Mietspiegel aus allen laufenden Wohngeldfällen und darüber hinaus aus Datenmaterial sowohl der Interessenvertretungen der Vermieter als auch der Mieter ermittelt wird und insgesamt ca. 13.300 Datensätze umfasst, stellt der Mietspiegel nach Überzeugung der Kammer eine verlässliche Grundlage dar, um das Preisniveau auf dem örtlichen Mietmarkt bestimmen zu können. Er spiegelt ein ausgewogenes Bild des Mietenmarktes wieder. Eine verzerrende Darstellung des Mietniveaus wird durch Berücksichtigung der Fachkunde derjenigen, die maßgeblich am örtlichen Wohnungsmarkt auftreten und der Beteiligung der gegensätzlichen Interessengruppen vermieden. Das Fehlen einer für einen qualifizierten Mietspiegel erforderlichen Beteiligung von Sachverständigen und eines sich daraus ergebenden wie auch immer gearteten Mehrwerts entkräften danach die Aussagekraft des (einfachen) Mietspiegels für die Stadt H. nicht und rechtfertigen nicht die grundsätzliche Verwerfung des dem (einfachen) Mietspiegel zugrunde liegenden Datenmaterials.
Der Mietspiegel der Stadt H. ist den Tabellenwerten zu § 8 WoGG vorzuziehen, denn er gibt die "Besonderheiten des Einzelfalles", wie es § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II fordert, für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten besser wieder. Der Mietspiegel der Stadt H. beruht, im Gegensatz zu den Tabellenwerten zu § 8 WoGG, auf Ermittlungen und Beobachtungen des Wohnungsmarktes in H ... Insoweit ist zu beachten, dass sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus anderen Quellen ergibt, auf welcher Datengrundlage die Tabellenwerte zu § 8 WoGG ermittelt worden sind. Dies ist für die Zwecke der Gewährung des Wohngeldes auch nicht erforderlich, denn die Wohngeldtabelle dient ihrem Zweck nach nicht dazu, den örtlichen Wohnungsmarkt in Bezug auf die Höhe der Miete zu erfassen. Sie stellt vielmehr lediglich eine Bezugsgröße für die Bemessung eines staatlichen Wohnungszuschusses dar. Wegen der dargestellten Unzulänglichkeiten hat die Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (vgl. Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 27. November 1986 - BVerwG 5 C 2.85 - = BVerwGE 75, 168 ; Urteil vom 07. Mai 1987 - BVerwG 5 C 36.85 - = BVerwGE 77, 232; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 29. Januar 2004 - 12 LB 454/02 -) ebenso wie das Bundessozialgericht (Bundessozialgericht , Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, [...] Rn. 17) deshalb zu Recht betont, dass auf die Wohngeldtabelle immer nur dann als Ausgangspunkt zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zurückgegriffen werden darf, wenn andere Anhaltspunkte zur Bestimmung des Mietpreisniveau nicht vorhanden sind. Der Mietspiegel der Stadt H. differenziert darüber hinaus zwischen sieben verschiedenen Fertigstellungszeiträumen, während die Wohngeldtabelle lediglich vier Zeiträume erfasst. Des weiteren können die Tabellenwerte zu § 8 WoGG in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung trotz des durch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung teilweise zugesprochenen zusätzlichen 10% bzw. 20% des jeweiligen Höchstbetrages nicht die Aktualität erreichen, die der Mietspiegel der Stadt H. aus dem Jahre 2005 aufweist. Denn der Mietspiegel aus dem Jahr 2005 beruht auf Daten aus den Jahren 2001 bis 2004 und wird jährlich unter Berücksichtigung der jeweils letzten vier Jahre den veränderten Mietenverhältnissen angepasst. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Wohngeldtabelle auf dem Stand des Jahres 2001 befindet und seitdem nicht überarbeitet worden ist. Hinzu kommt, dass die in der Wohngeldtabelle erfassten Werte bereits nach der Gesetzesbegründung nicht einmal das Mietpreisniveau des Jahres 2001 wiedergeben, sondern die Mietenentwicklung seit der letzten Neufassung der Tabellenwerte nur etwa zur Hälfte erfasst haben (vgl. Schwerz in: NOMOS - Bundesrecht, Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht, Wohngeldgesetz, § 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung des Mietspiegels der Stadt H. ergibt sich danach ein angemessener Mietpreis von 5,19 EUR/m². Dabei legt die Kammer unter Beachtung des Umstandes, dass Hilfeempfänger - wie ausgeführt - auf den unteren Bereich der marktüblichen Wohnungsmieten zu verweisen ist, den Durchschnitt der drei unteren Spalten ([4,98 EUR + 5,25 EUR + 5,36 EUR]: 3) in der Zeile "Wohnungsgröße in Quadratmetern über 40 - 60" seiner Entscheidung zu Grunde. Die aus der Wohngebäudezählung des Jahres 1987 erhobenen Bestandsdaten belegen, dass in ausreichender Zahl Wohnungen vorhanden sind, die dieser Baualtersklasse zuzuordnen sind. Die Bestimmung der angemessen Kosten der Unterkunft an dem Durchschnitt der drei unteren Spalten hat darüber hinaus den Vorteil, dass der Begriff der Angemessenheit klar und eindeutig bestimmt wird, auch um der Beklagten und den Leistungsbeziehern eine deutliche "Richtlinie" an die Hand zu geben (vgl. dazu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 17. Oktober 2005 - L 8 AS 258/05 ER -). Da sich jede Veränderung des Mietenmarktes in H. in dem jährlich neu festgestellten Mietspiegel niederschlägt, kann somit relativ zeitnah auf die Veränderung reagiert und auf den dann maßgeblichen Wert der unteren drei Spalten zurückgegriffen werden.
Der Wert von 5,19 EUR wird dabei auch durch die eingeholten Auskünfte der großen, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätigen Wohnungsanbieter bestätigt. Nach den von der Kammer aus vergleichbaren Verfahren beigezogenen schriftlichen Angaben der J. Wohnungsbaugesellschaft mbH zu den im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen beträgt die durchschnittliche Nettomiete 5,165 EUR/m². Entsprechend den Angaben der Heimstättenverein H. Wohnungsbau-Genossenschaft wurden für die von dieser Gesellschaft im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen bis 50 m² zu einer von Ausstattung und Lage der Wohnungen abhängigen Nettomiete zwischen 3,60 und 5,54 EUR/m² angeboten. Die K. Wohnungsbaugesellschaft mbH gibt einen Durchschnitt von 5,15 EUR/m² an. Entsprechend den schriftlichen Ausführungen der Wohnungsbaugenossenschaft H. eG liegt die Nettodurchschnittsmiete der im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen zwar bei 4,60 EUR/m². In diesem Wert sind aber alle Wohnungen bis 70 m² erfasst. Mit Rücksicht darauf, dass die Nettomiete bei gleicher Lage und Ausstattung mit der Wohnungsgröße abnimmt, dürfte der Wert für die hier in Rede stehenden kleinen Wohnungen aber ebenfalls diesem Wert entsprechen.
Soweit die Beklagte anführt, es bestünden keine Zweifel, dass der Wohnungsmarkt in der Stadt H. auch in der Vergangenheit so entspannt gewesen sei, wie es sich aus der letzten Internet-Recherche aus dem Jahre 2007 ergäbe, mag die Beklagte insoweit keine Zweifel haben. Auf eine solche Vermutung kann die Kammer jedoch ihre Entscheidung nicht stützen, denn diese Vermutung ist - mag der Schluss auch möglicherweise zutreffend sein - für die Kammer nicht überprüfbar und - aufgrund anderweitiger Ermittlungen zur Bestimmung des Wohnungsmarktes - durch die Beklagte nicht nachweisbar. Die von der Beklagten vorgenommenen Internet-Recherchen können zur Bestimmung des Wohnungsmarktes nicht herangezogen werden, denn sie spiegeln nicht den Wohnungsmarkt in dem hier streitigen Zeitraum wider (vgl. zur Verwendung von Zeitungsinseraten: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Urteil vom 24. April 2007 - L 7 AS 494/05 -).
Nach der Produkttheorie ergibt sich bei der im Falle der Klägerin angemessenen Wohnfläche von 50 m² und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Miete in Höhe von 5,19 /m² ein Betrag von 259,50 EUR als Kaltmiete (ohne Betriebskosten).
Darüber hinaus hat die Beklagte die tatsächlich anfallenden Betriebskosten der Klägerin für ihre Wohnung in Höhe von 85,- EUR zu übernehmen.
Als angemessene Unterkunftskosten sind grundsätzlich die nach dem Mietvertrag geschuldeten Betriebskosten zu berücksichtigen, soweit diese nicht ausnahmsweise aus besonderen Gründen unangemessen oder nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (vgl. etwa Sozialgericht Aurich , Urteil vom 12. Oktober 2005 - S 15 AS 159/05 -; Berlit in: LPK-SGB II, § 22, Rn. 17). Denn die Betriebskosten sind dem Vermieter geschuldet und können nicht durch den Leistungsempfänger als Mieter beeinflusst werden.
Unter Beachtung dieser Vorgaben sind die tatsächlichen Betriebskosten in Höhe von 85,- EUR noch angemessen. Dass die Betriebskosten unangemessen hoch sind oder von der Klägerin aufgrund mietrechtlicher Regelungen nicht verlangt werden können, wurde von der Beklagten nicht vorgetragen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich; zumal die von der Klägerin zu zahlenden Betriebskosten mit 1,70 EUR/m² lediglich geringfügig über dem Durchschnittswert für Betriebskosten in Niedersachsen für 2004 in Höhe von 1,66 EUR/m² (ohne Kosten für Aufzug und Heizung) liegen und die Betriebskosten allein in 2005 im Vergleich zu 2004 nach Information des Deutschen Mieterbundes für Wasser und Abwasser um 5,5 Prozent sowie für Grundsteuer, Müll und Straßenreinigung um 13,5 Prozent gestiegen sind (vgl. "http://www.mieterbund.de" [Stand 14. April 2007]).
Die Leistungen für Heizung waren zwischen den Beteiligten nicht streitig und sind von der Beklagten zutreffend mit monatlich 38,50 EUR in Ansatz gebracht worden.
Nach alledem war der Klägerin ein weiterer Betrag in Höhe von 44,- EUR monatlich zuzusprechen, denn die Beklagte hat Leistungen für Unterkunft und Heizung bislang lediglich in Höhe von 338,50 EUR bzw. unter Beachtung des Teilanerkenntnisses in Höhe von 339,- EUR monatlich (vgl. § 41 Abs. 2 SGB II) bewilligt, obwohl ihr monatlich 383,- EUR (= 259,50 EUR Kaltmiete zuzüglich 85,- EUR Betriebskosten und 38,50 EUR Heizkosten) zustehen.
Soweit die Klägerin weitergehende Leistungen für Unterkunft einfordert, konnte die Kammer dem nicht folgen. Ihr Vortrag, es gäbe nicht genügend Wohnraum bis 50 m², weil es immer mehr Single-Haushalte gäbe, ist nicht haltbar, denn zum einen kommt es unter Beachtung der obigen Ausführungen entscheidend auf den Quadratmeterpreis und nicht auf die Wohnfläche an und zum anderen widerlegen die Auskünfte der Wohnungsbaugesellschaften die pauschale Behauptung der Klägerin. Vielmehr fanden sich im streitigen Zeitraum genügend Mietangebote zu einem Quadratmeterpreis von 5,19 EUR auf dem Wohnungsmarkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Die Klägerin kann das Urteil gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG mit der Berufung anfechten. Für die Beklagte war die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen. Auf die beiliegende Rechtmittelbelehrung wird Bezug genommen.