Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.1995, Az.: V 89/93
Private Nutzung eines auch gewerblich genutzten neuen Nutzfahrzeugs; Beurteilung der für den Eigenverbrauch einkommensteuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Eigengebrauch; AfA als entstandene Kosten bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Eigengebrauch
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.02.1995
- Aktenzeichen
- V 89/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 19589
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0209.V89.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG
- § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG
- § 22 Abs. 2 Nr. 3 UStG
- Abschn. 44 Abs. 2 S. 2 EStR
- Abschn. 155 Abs. 2 S. 2 UStR
Fundstelle
- EFG 1995, 640-641 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Estl.AfA keine Kost. i.S.d.§ 10 IV 2 UStG
Umsatzsteuer 1991
Der V. Senat des Finanzgerichts Niedersachsen hat
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 9. Februar 1995,
an der mitgewirkt haben:
1. Vizepräsidentin des Finanzgerichts ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Landgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ...
5. ehrenamtlicher Richter ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides für 1991 vom 2. November 1992 und des Einspruchsbescheides vom 17. Februar 1993 wird die Umsatzsteuer 1991 auf 73.339,49 DM festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 248 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Sanitärbau- und Reparaturunternehmen. Er nutzte im Streitjahr 1991 einen dem Unternehmen zugeordneten PKW zu 30 v. H. für private Zwecke. Am 29. November 1991 veräußerte er das Fahrzeug und erwarb einen Neuwagen zu einem Preis von 56.573,69 DM. Diesen PKW nutzte er in demselben Umfang, wie das vorherige Fahrzeug für private Zwecke.
In seiner Einkommensteuererklärung setzte der Kläger auf der Grundlage der Vereinfachungsregelung des Abschnitts 44 Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) die halbe Jahres-AfA für den Neuwagen ab. In seiner Umsatzsteuererklärung berücksichtigte er demgegenüber den Fahrzeugwechsel nicht, sondern erklärte neben den laufenden Kosten nur die AfA für den alten PKW als Verwendungseigenverbrauch. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern unterwarf neben der AfA für den alten PKW über einen Zeitraum von 11 Monaten auch die AfA für das Neufahrzeug für ein halbes Jahr der Eigenverbrauchsbesteuerung.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Der Kläger vertritt die Ansicht, die private Nutzung des neuen PKW sei nur im Dezember 1991 möglich gewesen. Folglich könne auch nur für diesen Monat die AfA des Neuwagens der Eigenverbrauchsbesteuerung unterworfen werden. Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung des Abschn. 44 Abs. 2 Satz 2 EStR im Rahmen der Einkommensteuer Veranlagung sei für die Beurteilung der Umsatzsteuer ohne Bedeutung.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 1991 um 247,51 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung, bei der Berechnung der auf die private Nutzung entfallenden Kosten sei von der AfA gem. § 7 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auszugehen. Da der Kläger zur Berechnung des im Rahmen seiner Gewinnermittlung ergebniswirksamen Teils der AfA die Vereinfachungsregelung des Abschn. 44 Abs. 2 Satz 2 EStR in Anspruch genommen habe, müsse er deren Anwendung auch bei der Ermittlung des Privatanteils bei der Umsatzsteuer gegen sich gelten lassen.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu St. Nr. ... sowie die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die auf die private Nutzung des Neufahrzeuges entfallende AfA unterliegt nur für den Monat Dezember 1991 der Eigenverbrauchsbesteuerung. Soweit die vom Beklagten durchgeführte Besteuerung der privaten PKW-Nutzung unter Zugrundelegung der halben Jahres-AfA darüber hinausgeht, ist sie zu Unrecht erfolgt. Insoweit sind bei der privaten PKW-Nutzung keine Kosten i.S.d. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG entstanden.
Die private PKW-Nutzung stellt Verwendungseigenverbrauch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe b UStG dar, dessen Bemessungsgrundlage sich gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG aus den entstandenen Kosten ergibt.
Zu den Kosten in diesem Sinne gehört auch die auf die private Nutzung eines dem Unternehmen dienenden Gegenstandes entfallende AfA, sofern der Erwerb des Gegenstandes zum Vorsteuerabzug berechtigt hat (vgl. dazu Urteil des EuGH vom 27. Juni 1989 Rs 50/88, UR 1989, 373). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der auf die Privatnutzung entfallende Teil der AfA kann aber im Streitjahr 1991 nur für einen Monat der Eigenverbrauchsbesteuerung unterworfen werden, weil das Fahrzeug erst im Dezember 1991 dem Unternehmen des Klägers zugeordnet gewesen ist. Vor der Anschaffung hat der PKW tatsächlich keine Kosten verursachen können, die Eingang in die Bemessungsgrundlage der Eigenverbrauchsbesteuerung hätten finden können.
Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Verwendungseigenverbrauchs ist es ohne Bedeutung, daß der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung im Rahmen der Vereinfachungsregelung des Abschn. 44 Abs. 2 Satz 2 EStR die halbe Jahres-AfA in Anspruch genommen hat. Zu den Kosten i.S.d. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG gehören nicht sämtliche Beträge, die bei der Einkunftsermittlung abgezogen werden dürfen und tatsächlich abgezogen werden, sondern nur diejenigen, die echten Kostencharakter aufweisen (Schuhmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG § 10, Anm. 213; Philipowski, DB 1985, 724). Zwar sehen die Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) in Abschn. 155 Abs. 2 Satz 2 eine grundsätzliche Anbindung der in § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG geregelten Bemessungsgrundlage an die einkommensteuerlich zugrunde zu legenden Kosten. Dem kann aber nicht gefolgt werden, weil die Regelung des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG einen eigenständigen umsatzsteuerrechtlichen Kostenbegriff beinhaltet (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13. Juni 1984 1 K 86/84, EFG 1985, 150; Schuhmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 10 Anm. 213; Philipowski, DB 1985, 724; Wagner in Sölch/Ringleb/List, UStG§ 10 Anm. 375, Söhn, DStZ 1987, 371; Reiß, DB 1985, 1726). Das ergibt sich daraus, daß das Einkommensteuergesetz (EStG) zwar verschiedene Kostenarten (Anschaffungskosten, Herstellungskosten, Werbungskosten usw.), nicht aber einen allgemeinen einkommensteuerlichen Kostenbegriff kennt. Insbesondere müssen deshalb bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch einkommensteuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, die keinen realen Wertverzehr wiedergeben, außer Betracht bleiben (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 1982 IV 128/80, EFG 1983, 199, 200).
Der Kläger ist auch seinen Aufzeichnungspflichten aus§ 22 Abs. 2 Nr. 3 UStG nachgekommen, weil er für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch eigenständige Aufzeichnungen geführt hat. Insoweit wird auf die zu den Gerichtsakten gelangten Aufzeichnungen des Klägers Bezug genommen.
Daraus ergibt sich folgende Berechnung der Umsatzsteuer:
Ermittlung des Eigenverbrauchs aus privater Nutzung bisher:
lfd. Kosten lt. G+V | 3.301,84 DM |
---|---|
+ AfA AH-Pkw 11/12 | 11.045,00 DM |
+ AfA Neu-Pkw 6/12 | 7.071,69 DM |
Summe | 21.417,53 DM |
davon 30 % | 6.425,56 DM |
+ 14 % Umsatzsteuer | 899,58 DM |
Ermittlung der Bemessungsgrundlage der privaten Pkw-Nutzung durch das Urteil:
lfd. Kosten lt. G+V | 3.301,84 DM |
---|---|
+ AfA Pkw (alt) 11/12 | 11.045,00 DM |
+ AfA Pkw (neu) 1/12 | 1.178,61 DM |
Summe | 15.525,45 DM |
× 30 % | 4.657,63 DM |
+ 14 % Umsatzsteuer | 652,07 DM |
Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch (alt) | 899,58 DM |
Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch (neu) | 652,07 DM |
Herabsetzung der Umsatzsteuer durch Urteil | 247,51 DM |
Umsatzsteuer durch USt-Festsetzung bisher | 73.587,00 DM |
./. 247,51 DM | |
Umsatzsteuer lt. Urteil | 73.339,49 DM |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 248 DM festgesetzt.