Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 06.07.2001, Az.: 7 B 45/01
Aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Anordnung der Tötung eines Tierbestandes; Amtliche Feststellung des Ausbruchs der Schweinepest oder des Verdachts des Ausbruchs im Sinne der Schweinepestverordnung als Voraussetzung für die Tötung eines Tierbestandes; Fund eines toten Wildschweinfrischlings auf dem betroffenen Betriebsgelände als Rechtfertigung für die Tötung des Tierbestandes; Betriebsbegriff im Sinne der Schweinepestverordnung; Auftreten von Schweinepest bei Wildschweinen
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.07.2001
- Aktenzeichen
- 7 B 45/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 12063
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2001:0706.7B45.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Schweinepestverordnung
- § 14 a Abs. 1 Nr. 5 Schweinepestverordnung
Fundstelle
- AgrarR 2002, 391-392
Verfahrensgegenstand
Seuchen-, Tierseuchen- und Tierkörperbeseitigungsrecht
Prozessführer
...,
vertreten durch den geschäftsführenden und persönlich haftenden Gesellschafter ...
Prozessgegner
der Landkreis ...
In dem Rechtsstreit
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 7. Kammer-
am 6. Juli 2001
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom heutigen Tage gegen die Anordnung der Tötung des Tierbestandes des Betriebes der Antragstellerin mit Bescheid des Antragsgegners vom 5. Juli 2001 wird angeordnet.
- 2.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird befristet bis der Ausbruch der Schweinepest innerhalb des Tierbestandes des Betriebes der Antragstellerin amtlich festgestellt worden ist.
- 3.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die angefochtene Tötungsanordnung des Antragsgegners findet in § 24 Abs. 1 Tierseuchengesetz i.V.m. § 2 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz i.V.m. § 7 Schweinepestverordnung keine Grundlage. Nach § 7 Abs. 1 Schweinepestverordnung ordnet die zuständige Behörde die Tötung und unschädliche Beseitigung sämtlicher Schweine an, wenn der Ausbruch der Schweinepest in einem Betrieb oder an einem sonstigen Standort amtlich festgestellt worden ist. Nach § 7 Abs. 2 kann die zuständige Behörde die Tötung und unschädliche Beseitigung sämtlicher Schweine anordnen, wenn in einem Betrieb oder an einem sonstigen Standort der Verdacht des Ausbruchs der Schweinepest amtlich festgestellt worden ist oder infolge amtlicher Feststellung Ansteckungsverdacht besteht. Nach § 1 Nr. 1 Schweinepestverordnung liegt ein Ausbruch der Schweinepest vor, wenn diese durch die in dieser Vorschrift genannten Untersuchungen festgestellt worden ist. Nach § 1 Nr. 2 Schweinepestverordnung liegt der Verdacht des Ausbruchs der Schweinepest vor, wenn das Ergebnis der dort genannten Untersuchungen den Ausbruch der Schweinepest befürchten lässt.
Hier ist in dem Betrieb der Antragstellerin weder der Ausbruch der Schweinepest noch der Verdacht des Ausbruchs der Schweinepest im Sinne der Schweinepestverordnung festgestellt worden. Es ist lediglich auf der Hofstelle der Antragstellerin ein toter Wildschweinfrischling gefunden worden. Nach der glaubhaften Schilderung der Vorgänge durch die Antragstellerin am Morgen des 2. Juli 2001 haben die Menschen und Tiere auf dem Hof der Antragstellerin keinen Kontakt zu dem toten Wildschweinfrischling gehabt. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat das Tier gemäß den Vorgaben des § 14 a Abs. 1 Nr. 5 Schweinepestverordnung unschädlich beseitigt. Auch Rattenbefall - ein möglicher Ansteckungsweg - hat aufgrund einer Untersuchung durch Dr. ... am 5. Juli 2001 nicht festgestellt werden können. Eine irgendwie geartete Verbindung zwischen dem gefundenen Wildschweinfrischling und den Tieren im Betrieb der Antragstellerin, dessen Schweine in geschlossenen Ställen gehalten werden, besteht demnach nicht. Nach dem Fund des toten Tieres ist der Hof abgesperrt worden. Würde bereits der bloße Fundort des Wildschweinfrischlings ausreichend sein, um diesen dem Betrieb der Antragstellerin zurechnen zu können, so würde dies auch für den Fall gelten müssen, dass ein infiziertes Wildschwein über eine Hofstelle gelaufen und anschließend erlegt worden ist. Eine derartige Ausweitung des Betriebsbegriffs findet in der Schweinepestverordnung keine Stütze. Die Schweinepestverordnung fordert beim Auftreten von Schweinepest bei Wildschweinen in § 14 a Abs. 1 Nr. 3, dass Hausschweine so abzusondern sind, dass sie nicht mit Wildschweinen in Berührung kommen können. Dies hat die Antragstellerin getan.
Es liegen nach allem keine Anhaltspunkte dafür vor, hier von einem Ausbruch der Schweinepest oder von einem Verdacht des Ausbruchs der Schweinepest innerhalb des Betriebes der Antragstellerin sprechen zu können. Allenfalls könnte hier ein Ansteckungsverdacht infolge amtlicher Feststellung im Sinne des § 7 Abs. 2 Schweinepestverordnung angenommen werden. In diesem Falle hat die Behörde jedoch Ermessen, das hier in keiner Weise ausgeübt worden ist. Darüber hinaus wäre bei einem derart vagen Verdacht - wie im vorliegenden Fall - die Tötung sämtlicher Tiere im Betrieb der Antragstellerin jedenfalls unverhältnismäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.