Amtsgericht Lingen
Urt. v. 11.12.2007, Az.: 4 C 1017/07 (I)
Bibliographie
- Gericht
- AG Lingen
- Datum
- 11.12.2007
- Aktenzeichen
- 4 C 1017/07 (I)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 62747
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGLINGE:2007:1211.4C1017.07I.0A
In dem Rechtsstreit
...
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Lingen
auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2007
durch die Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- 3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
- 4.)
Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 1 585,50 Euro.
Tatbestand
Die klagende Haftpflichtversicherung verlangt von dem Beklagten, der Kfz.-Sachverständiger ist, Schadensersatz.
Der Beklagte begutachtete ein Fahrzeug des Herrn ... das mit einem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Pkw einen Verkehrsunfall hatte. Die Klägerin regulierte aufgrund des Gutachtens. Herr ... veräußerte den Wagen nach der Gutachtenerstattung.
In dem Gutachten ist der Beklagte von einem Restwert von 2 500,00 Euro ausgegangen. Herr ... erzielte einen Verkaufspreis von 3 000,50 Euro. Für die weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Anlage zur Klageschrift Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe den Restwert fehlerhaft ermittelt. Es sei ein Wert von jedenfalls 4 586,00 Euro objektiv zutreffend.
Sie ist der Auffassung, dass der Beklagte Angebote in dem Internetauftritt von AUTOonline hätte berücksichtigen müssen. Sie forderte den Beklagten zur Erstattung der Differenz in Höhe von 1 585,50 Euro auf. Am 7.8.2007 lehnte der Beklagte eine Zahlung ab.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1 585,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.8.2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreitet, dass bei AUTOonline seriöse Restwertgebote abgegeben werden. Es handele sich bei AUTOonline um eine Internet-Restwertbörse, die nicht dem regionalen Markt entspricht.
Für das weitere Vorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keine Pflichtverletzung des Beklagten ihr gegenüber bei Erstellung des Gutachtens dargelegt.
Der Vertrag zwischen dem Beklagten und dem Geschädigten Herrn ... entfaltet insoweit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin als Haftpflichtversicherung des Schädigers, als der Beklagte als öffentlich vereidigter Sachverständiger, auch ihr gegenüber die Pflicht hat, das Gutachten ordnungsgemäß zu erstatten. Inbesondere hat er die Gutachten objektiv zu erstatten.
Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus einer Pflichtverletzung dieses Vertrages gem. § 280 Abs. 1 BGB würde eine solche Pflichtverletzung des Beklagten voraussetzen. Diese Pflichtverletzung sieht die Klägerin darin, dass der Beklagte Angebote, die sie selbst bei AUTOonline eingeholt habe und die einen viel höheren Wert des Autos belegten, nicht berücksichtigt habe. Dabei gehen die Pflichten des Beklagten gegenüber der Klägerin aber nicht weiter, als sie gegenüber dem Geschädigten gehen. Das bedeutet, dass der Beklagte nur dann eine ihm gegenüber der Klägerin obliegende Pflicht verletzt hätte, wenn er einen Restwert ermittelt hätte, den der Geschädigte im Verhältnis zum Schädiger bei der Abrechnung nicht zugrunde legen dürfte.
Dies ist hier gerade nicht der Fall. Unabhängig davon, wie man den Internetauftritt von AUTOonline bewertet, ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der zur Wiederherstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Daher ist der Restwert anhand des regionalen Marktes und nicht unter Berücksichtigung eines Marktes, der dem Geschädigten nur durch den Schädiger eröffnet wird z.B. durch die Einschaltung spezialisierter Restwertkäufer, zu ermitteln (BGH, Urteil vom 7.12.2004, NJW 2005, 357, 358 [BGH 07.12.2004 - VI ZR 119/04]; BGH Urteil vom 6.3.2007 NZV 2007, 291, 292; BGH Urteil vom 10.7.2007, NJW 2007, 2918, 2919). Es ist also darauf abzustellen, welchen Wert der Sachverständige auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt (zuletzt BGH-Urteil vom 6.3.2007 a.a.O.). Dass der Beklagte den regionalen Markt nicht zutreffend ermittelt hat, trägt die Klägerin nicht vor. Sie ist lediglich der Rechtsauffassung, dass er auch im Internet hätte Angebote recherchieren müssen. Diese Auffassung geht fehl. Es würde der Ersetzungsbefugnis des Geschädigten gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zuwider laufen, wenn er sich auf eine vom Schädiger vorgegebene günstigere Verwertungsmöglichkeit verweisen lassen müsste. Dies ist der Grund dafür, dass am regionalen Markt, der dem Geschädigten zugänglich ist, der vom Sachverständigen zugrunde zu legende Restwert zu ermitteln ist.
Eine andere Pflichtverletzung des Beklagten hat die Klägerin nicht vorgetragen. Der Umstand, dass der Beklagte den Restwert ohne Berücksichtigung von Geboten bei AUTOonline ermittelt hat, ist keine Pflichtverletzung, so dass die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes war gem. § 48 GKG festzusetzen wie erfolgt.