Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.07.2012, Az.: 5 K 200/10

Disquotale verdeckte Einlagen in eine Kapitalgesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
12.07.2012
Aktenzeichen
5 K 200/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 29824
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2012:0712.5K200.10.0A

Fundstellen

  • DStR 2013, 6
  • DStRE 2013, 976-978
  • DStZ 2012, 676
  • StBW 2012, 967

Amtlicher Leitsatz

Disquotale verdeckte Einlagen in eine Kapitalgesellschaft führen beim "leistenden" Gesellschafter anteilig in Höhe seiner Beteiligung und im Übrigen als Drittaufwand bei seinen an der Gesellschaft mitbeteiligten nahen Angehörigen zu nachträglichen Anschaffungskosten, sofern keine wirtschaftlichen Gründe für den disquotalen Gesellschafterbeitrag ausschlaggebend sind.

Tatbestand

1

Streitig sind nachträgliche Anschaffungskosten des Klägers i. H. v. 3.330.000 DM für eine wesentliche Kapitalbeteiligung.

2

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger veräußerten mit notariellem Vertrag vom ... .2007 ... Stammeinlagen von 128.000 EUR (der Kläger) bzw. 51.200 EUR (die Klägerin) der A-GmbH (im Folgenden: GmbH) für 27.777 EUR bzw. 11.111 EUR. Hierdurch entstanden unstreitige Verluste i.S.d. § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in folgender Höhe:

3
KlägerKlägerin
4
1/2 der Veräußerungserlöse13.888,89 EUR5.555,56 EUR
5
1/2 ursprüngliche Anschaffungskosten./. 64.000,00 EUR./. 25.600,00 EUR
6
1/2 Einlage in Kapitalrücklage aus stiller Beteiligung./. 253.003,45 EUR
7
1/2 Einlage in Kapitalrücklage private Forderung./. 425.000,00 EUR
8
Summe./. 728.114,56 EUR./. 19.444,44 EUR
9

In welcher Höhe sich diese Veräußerungsverluste um den Klägern zuzurechnenden verdeckten Einlagen als nachträgliche Anschaffungskosten erhöhen - die Kläger meinen um umgerechnet 3.330.000 DM bzw. 270.000 DM, das Finanzamt (FA) meint um 900.000 DM bzw. 450.000 DM -, ist streitig. Den verdeckten Einlagen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

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Die GmbH erwarb durch Vertrag vom 18.12.2000 von den Kommanditisten der B-GmbH und Co. KG (im Folgenden: KG) sämtliche Kommanditanteile zum 01.01.2001 für insgesamt 12 Mio. DM. Am Kommanditkapital der KG i. H. v. 1.250.000 DM waren der Kläger zu 74%, die Klägerin zu 6% sowie X. und Y. zu je 10% beteiligt. Die nicht am Kapital beteiligte Komplementär-GmbH schied zum 01.01.2001 aufgrund eines gesonderten Vertrages vom 18.12.2000 aus der KG aus.

11
Während einer Außenprüfung der KG ... gelangte das FA für Großbetriebsprüfung ... zu der Ansicht, der vereinbarte Kaufpreis entspreche nicht dem Teilwert der KG. Überschlägig ermittelt liege der Teilwert zwischen 21 und 27 Mio. DM. Die Beteiligten trafen daraufhin eine tatsächliche Verständigung darüber, dass der Teilwert zum 01.01.2001 16,5 Mio. DM betragen habe. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf die Niederschrift vom 09.10.2008 (Bl. 47 - 49 GA) Bezug genommen.
12

Von der Erhöhung des einheitlich und gesondert festgestellten Veräußerungsgewinns um 4,5 Mio. DM entfielen 3.330.000 DM auf den Kläger und 270.000 DM auf die Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 21 und 22 des Bp-Berichts vom 11.12.2008 (Bl. 34 - 37 GA) Bezug genommen.

13

Im Rahmen der Prüfung der GmbH ... erfasste das FA für Großbetriebsprüfung ... die den vereinbarten Kaufpreis übersteigenden 4.5 Mio. DM als verdeckte Einlage der Gesellschafter in die GmbH. Gegenstand der Einlage seien Geschäftswerte für die Beteiligung an der ... sowie für die Verlagsobjekte "...", "...", "..." und "...". Wegen der Einzelnen wird insofern auf Tz. 43 des Bp-Berichts vom 12.10.2011 (Bl. 127 f. GA) Bezug genommen.

14

Am Stammkapital der GmbH waren am 01.01.2001 der Kläger mit 20%, die Klägerin mit 10%, ihre beiden Töchter ... mit je 25% sowie X. und Y. mit je 10% beteiligt. Wegen der Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse wird auf Tz. 12 ff des Bp-Berichts vom 12.10.2011 (Bl. 111 f. GA) Bezug genommen.

15

Der Beklagte hatte durch Bescheid vom 13.11.2008 Verluste auf den 31.12.2007 i. H. v. ... (des Klägers) und i. H. v. ... (der Klägerin) sowie durch Bescheid vom 17.09.2009 Verluste auf den 31.12.2008 i. H. v. ... bzw. i. H. v. .. festgestellt.

16

Hiergegen haben die Kläger am 21.05.2010 Untätigkeitsklage mit dem Begehren erhoben, Verlustvorträge i. H. v. ... (2007) und ... (2008) festzustellen. Dabei bestand zunächst Streit über die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens.

17

Am 09.11.2010 erhöhten sie ihr Begehren auf Feststellung von Verlustvorträgen i. H. v. ... (2007) und ... (2008).

18

Durch Einspruchsbescheid 03.02.2012 stellte der Beklagte Verlustvorträge auf den 31.12.2007 i. H. v. ... (des Klägers) bzw. i. H. v. ... (der Klägerin) sowie auf den 31.12.2008 i. H. v. ... bzw. i. H. v. ... fest und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Die Entscheidung begründete er in Bezug auf die streitbefangenen nachträglichen Anschaffungskosten wie folgt:

19

Verdeckte Einlagen der Anteilseigner in das Gesellschaftsvermögen erhöhten die Anschaffungskosten nachträglich. Der Gesellschafter müsse die Einlage nicht selbst erbringen. Es genüge, wenn diese durch eine ihm nahe stehende Person erbracht werde und in der Zuwendung eines Vermögensvorteils an die Gesellschaft zugleich eine Zuwendung an die Gesellschafter zu sehen sei (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2000 VIII 62/93, BStBl II 2001, 234 [BFH 12.12.2000 - VIII R 62/93]). An einer verdeckten Einlage der Einbringenden partizipierten auch deren nahe Angehörigen, die - wie vorliegend die Töchter der Kläger - an der Gesellschaft beteiligt gewesen seien. Denn gedanklich werde das verdeckt eingelegte Wirtschaftsgut i. H. des Bruchteils der Beteiligungsquote der Angehörigen diesen vom Einbringenden zugewandt. Der so empfangene Anteil werde dann von den nahen Angehörigen in die Gesellschaft eingelegt (vgl. BFH-Urteil vom 16.06.2004 X R 34/03, BStBl II 2005, 378). Der Vorgang sei so zu werten, als hätten die an der Gesellschaft beteiligten Töchter der Kläger den auf sie entfallenden Teil an den verdeckt eingebrachten Wirtschaftsgütern von den Klägern geschenkt erhalten und in die Gesellschaft eingelegt. Nach diesem Verständnis seien bei den Töchtern nachträgliche Anschaffungskosten für deren Beteiligung angefallen, die in entsprechender Höhe als nachträgliche Anschaffungskosten des Klägers entfielen.

20

Den Gesellschaftern seien daher verdeckte Einlagen in folgender Höhe zuzurechnen:

21
Beteiligung an der GmbHAnteil an der verdeckten Einlage
22
Kläger20%900.000 DM
23
Klägerin10%450.000 DM
24
Tochter 125%1.125.000 DM
25
Tochter 225%1.125.000 DM
26
X.10%450.000 DM
27
Y.10%450.000 DM
28
Summen100%4.500.000 DM
29

Die Kläger begehren mit ihrer Klage nunmehr die Feststellung verbleibender Verlustvorträge unter Ansatz verdeckter Einlagen des Klägers i. H. v. 3.330.000 DM und der Klägerin i. H. v. 270.000 DM als nachträgliche Anschaffungskosten. Zur Begründung tragen sie Folgendes vor:

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Nicht gefolgt werde der Auffassung des Beklagten, der Kläger habe im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner Kommanditanteile seinen Töchtern Wirtschaftsgüter i. H. des Bruchteils ihrer Beteiligungsquote unentgeltlich mit der Auflage zugewendet, diese verdeckt in die GmbH einzulegen.

31

Dabei sei zu berücksichtigen, dass keine Wirtschaftsgüter der KG in die GmbH eingebracht, sondern Kommanditanteile verkauft worden seien. Die vom Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung (u.a. BFH-Urteil vom 16.06.2004 X R 34/03, BStBl II 2005, 378) betreffe aber die Beurteilung der Entnahme von Wirtschaftsgütern aus Einzelunternehmen- bzw. Besitzunternehmen sowie die korrespondiere Einlage in Betriebskapitalgesellschaften und sei daher nicht anwendbar.

32

Maßgebend seien im Streitfall die Grundsatzentscheidungen des Großen Senats des BFH zum sog. Drittaufwand (GrS 2/97, BStBl II 1999, 782 [BFH 23.08.1999 - GrS 2/97]) und zur verdeckten Einlage bei Forderungsverzicht (GrS 1/94, BStBl II 1998, 307 [BFH 09.06.1997 - GrS - 1/94]).

33

Danach sei eine verdeckte Einlage in Form eines fingierten Verzichts auf eine Kaufpreisforderung von 4.5 Mio. DM geleistet worden. Diese Feststellung sei vorgreiflich für die Zurechnung der Einlage. Daraus folge, dass die verdeckte Einlage vom Kläger und nicht von seinen Töchtern getragen worden sei.

34

Nach der Entscheidung des Großen Senates zum Drittaufwand könnten Aufwendungen eines Dritten im Fall der Abkürzung des Zahlungsweges zwar als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten sein. Dazu bedürfe es aber der Zuwendung eines Geldbetrages an den Dritten in der Weise, dass der Zuwendende im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilge. Vorliegend habe der Kläger weder eine Schuld seiner Töchter getilgt, noch diesen einen Geldbetrag zugewandt. Insofern fehle an einem Deckungsverhältnis in Form einer einkommensteuerlich beachtlichen unentgeltlichen Zuwendung eines Vermögensvorteils. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, was (welcher Vermögensgegenstand, welcher Vermögenswert) hier überhaupt zugewendet worden sein könnte. Durch die Kaufpreiserhöhung entstünden höhere fiktive Forderungen aller Kommanditisten gegen die GmbH. Gleichzeitig bzw. in der logischen Sekunde danach werde ein Verzicht auf die Forderungen fingiert, durch den diese erloschen seien. Die verdeckten Einlagen aufgrund der fiktiven Begründung von Forderungen und der nachfolgende Forderungsverzicht stellten aber keinen übertragbaren Vermögensgegenstand dar, sondern hätten allenfalls eine unbeachtliche Reflexwirkung auf die nicht an der KG beteiligten GmbH-Gesellschafter.

35

Dies werde noch klarer, wenn der Vorgang der fiktiven Zuwendung weiter aufspalten werde: Wäre die Kaufpreisforderung nicht nur Fiktion, sondern Realität gewesen, hätte der Kläger sie ohne Gegenleistung an seine Ehefrau und seine Töchter abtreten können. Allerdings hätte dann der Kläger diese Schenkung mit der Auflage verbinden müssen, auf die Forderung unmittelbar nach Wirksamwerden der Abtretung zu verzichten. Zivilrechtlich wäre eine Bereicherung bei dem Abtretungsempfänger damit nicht eingetreten. Eine Schenkung hätte somit nicht vorgelegen.

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Aber auch bei der im Einkommensteuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei die Annahme der Zuwendung eines Wirtschaftsgutes an die Klägerin und die Töchtern zu verneinen.Im Übrigen hätte es auch an einer Bereicherungsabsicht gefehlt. Dafür reiche keineswegs die einfache Feststellung der nahen verwandtschaftlichen Beziehung zwischen den Beteiligten aus. Hierzu bedürfe es der positiven Feststellung weiterer Indizien. Vorliegend gebe es aber weder derartige Übereinkünfte noch Indizien für eine unentgeltliche Zuwendung.
37

Zu beachten sei schließlich, dass die Anwachsung Folge des Kaufvertrages über die Kommanditanteile bei gleichzeitigem Ausscheiden der Komplementärin und nicht Gegenstand dieses Vertrages gewesen sei. Deshalb hätten die Verkäufer der Kommanditanteile keine Einzelwirtschaftsgüter der KG in die GmbH eingebracht.

38

Die Kläger beantragen,

39

unter Abänderung der Feststellungsbescheide vom 13.11.2008 bzw. 17.09.2009, jeweils in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 03.02.2012, verbleibende Verlustvorträge zur Einkommensteuer des Klägers i. H. v. ... und der Klägerin i. H. v. ... auf den 31.12.2007 sowie des Klägers i. H. v. ... und der Klägerin i. H. v. ... auf den 31.12.2008 gegenüber den Klägern einheitlich und gesondert festzustellen.

40

Der Beklagte beantragt,

41

die Klage abzuweisen.

42

Der Beklagte nimmt zur Begründung seines Antrages Bezug auf den Einspruchsbescheid und trägt ergänzend Folgendes vor:

43

Die Kommanditanteile kämen als Gegenstand einer verdeckten Einlage nicht in Betracht, da das Gesellschaftsvermögen der KG durch den Erwerb sämtlicher Kommanditanteile durch die GmbH und das gleichzeitige Ausscheiden der Komplementärin aus der KG der GmbH angewachsen sei. Erbringe die das Unternehmen fortführende GmbH aus gesellschaftsrechtlichen Gründen keine dem Verkehrswert des Gesellschaftsvermögens entsprechende Gegenleistung, so führe diese Gestaltung zu einer mit dem Teilwert zu erfassenden verdeckten Einlage in die Kapitalgesellschaft. Nach den in der Streitsache gegebenen Umständen sei der in das Gesellschaftsvermögen eingelegte Vermögensvorteil eine logische Sekunde vorher vom Kläger auf seine Ehefrau und seine Töchter anteilig übertragen worden, die entsprechende Einlagen in die GmbH bewirkt hätten. Beweggrund hierfür sei die Bereicherungsabsicht des Klägers. Insbesondere der beachtliche Wert der der verdeckten Einlagen sei ein gewichtiges Indiz für einen solchen Bereicherungswillen.

44

Das BFH-Urteil vom 26.06.2007 - IV R 3/01 (BStBl II 2003, 112 [BFH 26.06.2002 - IV R 3/01]) stehe dieser Betrachtungsweise nicht entgegen. So sei der Entscheidung zu entnehmen, dass der tatsächliche Wert eines Wirtschaftsgutes nur insoweit von Bedeutung sei, als sich aus ihm auf die Bereicherungsabsicht der übertragenden Person schließen lasse. Nach den Urteilsgründen müsse die Interessenlage erkennen lassen, dass der den Vermögensvorteil Übertragende eine Bereicherung des Empfängers anstrebe. Davon könne innerhalb des engsten Familienkreises aber in der Regel ausgegangen werden. Die Entkräftung dieser Würdigung obliege den Steuerpflichtigen, den bei einer solchen Ausgangslage die objektive Feststellungslast treffe. Für die Annahme eines von den Klägern behaupteten Verzichts auf eine insoweit zu fingierende höhere Kaufpreisforderung, die nicht Gegenstand der vertraglichen Abreden vom 18.12.2000 gewesen sei, bestehe keine Notwendigkeit.

Entscheidungsgründe

45

Die Klage ist unbegründet.

46

Die Feststellungsbescheide vom 13.11.2008 bzw. 17.09.2009 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 03.02.2012, durch die der Beklagte verbleibende Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31.12.2007 i. H. v. ... bzw. i. H. v. ... sowie auf den 31.12.2008 i. H. v. ... bzw. i. H. v. ... gegenüber den Klägern festgestellt hat, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsgerichtsordnung - FGO -).

47

Zu Recht hat der Beklagte bei der Ermittlung des Verlustes des Klägers aus der Veräußerung seiner Beteiligung an der GmbH in 2007 aufgrund einer verdeckten Einlage in 2001 nur nachträgliche Anschaffungskosten i. H. v. 900.000 DM (umgerechnet 460.162,69 EUR) - und nicht die von den Klägern für zutreffend gehaltenen 3.330.000 DM - angesetzt.

48

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Veräußerungsgewinn i. S. dieser Vorschrift ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG).

49

Der Begriff der Anschaffungskosten ist in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348 [BFH 10.11.1998 - VIII R 6/96]; vom 12.10.1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561 [BFH 12.10.1999 - VIII R 46/98]). Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i. S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind. Als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung sind insbesondere solche Aufwendungen des Gesellschafters anzusetzen, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlagen zu werten sind (BFH-Urteil vom 12.12.2000 VIII R 62/92, BFHE 194, 130 [BFH 12.12.2000 - VIII R 62/93], [BFH 12.12.2000 - VIII R 62/93] BStBl II 2001, 234).

50

Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen Vermögensgegenstände zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Dabei kann Gegenstand der verdeckten Einlage jedes bilanzierbare Wirtschaftsgut sein, das in der Bilanz der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensmehrung führt, sei es durch die Entstehung oder Vermehrung eines Aktivpostens, sei es durch Wegfall oder Minderung eines Passivpostens (BFH-Beschluss vom 26.10.1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 [BFH 26.10.1987 - GrS - 2/86]). Der Gesellschafter muss die als verdeckte Einlage zu beurteilende Leistung an die Gesellschaft nicht selbst erbringen. Es genügt, wenn diese durch eine ihm nahestehende Person erbracht wird und in der Zuwendung eines Vermögensvorteils an die Gesellschaft zugleich eine --entgeltliche oder unentgeltliche-- Zuwendung an den oder die Gesellschafter zu sehen ist (BFH-Beschluss vom 09.06.1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307 [BFH 09.06.1997 - GrS - 1/94], unter C. III. der Gründe). Die Vermögensmehrung bei der Kapitalgesellschaft beruht in diesem Fall auf einer gleichzeitig vollzogenen Vermögensübertragung der nahestehenden Person auf die Gesellschafter und der Gesellschafter auf die Gesellschaft. Sie beruht im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft (Valutaverhältnis) auf dem Gesellschaftsverhältnis, während im Verhältnis der leistenden nahestehenden Person zu den Gesellschaftern (Deckungsverhältnis) unterschiedliche Rechtsbeziehungen in Betracht kommen. Bestehen verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem leistenden Dritten und den Gesellschaftern, kann es sich insbesondere um eine unentgeltliche Zuwendung an die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft handeln (BFH-Urteil vom 12.12.2000 VIII R 62/92 BFHE 194, 130 [BFH 12.12.2000 - VIII R 62/93], [BFH 12.12.2000 - VIII R 62/93] BStBl II 2001, 234).

51

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze gelangt der Senat zu der Auffassung, dass dem Kläger aufgrund einer verdeckten Einlage in die GmbH nur --die vom Beklagten im Rahmen der Feststellung auf den 31.12.2007 berücksichtigten-- nachträglichen Anschaffungskosten von 900.000 DM (umgerechnet 460.162,69 EUR) entstanden sind.

52

Aufgrund der Veräußerung der KG-Anteile unter Teilwert sind in die GmbH 4,5 Mio. DM verdeckt eingelegt worden.

53

Dass die Kommanditisten der KG der GmbH ihre Kommanditanteile zu einem Kaufpreis unter dem Teilwert veräußert haben, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und zum Gegenstand einer schriftlichen fixierten tatsächlichen Verständigung über die Höhe des Teilwertes --nämlich 16,5 Mio. DM-- gemacht worden.

54

Der Beklagte hat --von den Klägern unbeanstandet-- unter Berufung auf § 16 Abs. 3 Sätze 1 und 3 EStG und unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 24.03.1987 - I R 202/83 (BFHE 149, 542, BStBl. II 1987, 705) den Teilwert der Besteuerung des Veräußerungsgewinns zugrunde gelegt, den so ermittelten Veräußerungsgewinn gegenüber den Gesellschaftern der KG einheitlich und gesondert festgestellt und den Klägern entsprechend ihrer Beteiligungen an der KG die auf sie entfallenden Anteile des Veräußerungsgewinns zugerechnet. Von der Erhöhung des Veräußerungsgewinns um 4,5 Mio. DM entfielen anteilig 3.330.000 DM auf den Kläger und 270.000 DM auf die Klägerin.

55

Zu Recht --und von den Klägern unbeanstandet-- ist der Beklagte entsprechend den Feststellungen der GBp. davon ausgegangen, dass die GmbH-Gesellschafter korrespondierend mit der Besteuerung der KG durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst verdeckt 4,5 Mio. DM in die Gesellschaft eingelegt haben. Insofern haben die Gesellschafter --entsprechend der tatsächlichen Verständigung-- ohne Gegenleistung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses bilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter im Wert von 4,5 Mio. DM in die Kapitalgesellschaft eingelegt. Ob diese Einlagen zunächst in dem "Mehrwert" der erworbenen Kommanditbeteiligungen oder --wie die GBp. ausweislich des Prüfungsberichts meint-- in den durch die KG-Beteiligungen vermittelten Geschäftswerten der ... sowie der Verlagsobjekte "...", "..", "..." und "..." bestanden, wofür das Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der KG zum Übertragungsstichtag (01.01.2001) und die damit verbundene Anwachsung nach § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuches sprechen, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn es fest steht, dass die GmbH-Gesellschafter ihre Kommanditbeteiligungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst unter Wert verkauft und als Gegenleistung hierfür keine neuen Stammeinlagen erhalten haben. Dementsprechend wurden in Höhe der Wertdifferenz zwischen Kaufpreis und der Summe der Teilwerte der Beteiligungen verdeckte Einlagen geleistet.

56

Die anteilig auf die Veräußerung der Kommanditbeteiligung des Klägers entfallende Einlage im Gesamtwert von 3.330.000 DM hat der Kläger zur Überzeugung des Senates i. H. v. 900.000 DM selbst in die Gesellschaft eingelegt und unter Anwendung der Rechtsprechung des Großen Senates des BFH als Drittaufwand i. H. v. jeweils 1.125.000 DM seinen Töchtern und i. H. v. 150.000 DM seiner Ehefrau zugewendet, die diese verdeckt in das Gesellschaftsvermögen eingelegt haben.

57

Dieser Beurteilung des Streitfalles liegen folgende Überlegungen zugrunde:

58

Eigene wirtschaftliche oder betriebliche Interessen des Klägers, eine seine GmbH-Beteiligung übersteigende Gesellschaftereinlage zu leisten, haben die Kläger nicht dargelegt und sind aus den Akten auch nicht ersichtlich. Die Begründung nachträglicher Anschaffungskosten der Beteiligung als Rechtsfolge einer verdeckten Einlage genügt nach Auffassung des Senates hierfür nicht.

59

Zweitens waren die Kläger bei Addition ihrer Beteiligungen zu 80% am Kapital der KG (74% der Kläger und 6% die Klägerin) und zusammen mit ihren Töchtern ebenfalls zu 80% am Kapital der GmbH (20% der Kläger, 10% die Klägerin und je 25% die beiden Töchter) beteiligt. Aufgrund der Gesamtumstände geht der Senat deshalb unter Anwendung der Rechtsprechung des Großen Senates des BFH bei wirtschaftlicher Betrachtung davon aus, dass der Kläger die verdeckten Einlagen, soweit diese seine Beteiligung an der GmbH überschritten haben, zunächst seinen nahen Angehörigen entsprechend deren quotaler Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zugewendet hat, die diese anschließend in die Gesellschaft eingelegt haben.

60

Zwar kann Senat --worauf die Kläger zu Recht hingewiesen haben-- nicht feststellen, dass der Kläger auf der einen Seite und seine Töchter und seine Ehefrau auf der anderen Seite irgendeine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen haben, dass der Kläger eine Gesellschaftereinlage zugunsten seiner nahen Angehörigen leistet. Aber es darf nicht übersehen werden, dass grundsätzlich kein Gesellschafter bereit ist, ohne rechtliche Verpflichtung einen disquotalen Gesellschafterbeitrag zu leisten, und dass die streitbefangenen Einlagen erheblichen Wert hatten. Im Übrigen haben die Kläger ihre wirtschaftlichen Interessen gegenüber den familienfremden GmbH-Gesellschaftern X. und Y. ausweislich der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarungen genau abgegrenzt. Insofern verweist der Senat beispielhaft auf § 2 Abs. 2 (a) des "Vertrages über die Veräußerung von Kommanditbeteiligungen" vom 18.12.2000, die die Zahlung der Kaufpreise an die Fremdgesellschafter zum Gegenstand haben. Mangels anderer Anhaltspunkte steht daher zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger die streitbefangenen Einlagen anteilig seinen Töchtern und seiner Ehefrau zugewendet hat, weil es sich bei ihnen um nahe Angehörigen handelt.

61

Dieser Beurteilung steht die Rechtsprechung des 2. Senates des BFH nicht entgegen. Zwar liegen nach dieser Rechtsprechung die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 7 Erbschaftsteuergesetz alter Fassung des einbringenden Gesellschafters an den anderen Gesellschafter nicht vor, wenn sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch erhöht hat, dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehle es in einem solchen Fall an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen diesen Gesellschaftern (vgl. BFH Urteil vom 09.12.2009 II R 28/09, BFHE 228, 169 [BFH 09.12.2009 - II R 28/08], [BFH 09.12.2009 - II R 28/08] BStBl II 2010, 566).

62

Die erbschaft- und schenkungssteuerliche Beurteilung disquotaler Gesellschaftereinlagen, die maßgeblich abstellt auf die zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen, hat für die ertragsteuerliche Beurteilung keine Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 09.11.2010 IX R 24/09, BFHE 231, 557, BStBl II 2011, 799).

63

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte die angefochtenen Feststellungsbescheide während des Klageverfahrens durch den Einspruchsbescheid vom 03.02.2012 zugunsten der Kläger geändert hat.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

65

Die Revision ist gem. § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.