Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.12.1995, Az.: 3 L 1537/95
Milch-Garantiemenge; Teil eines Betriebs; Pacht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.12.1995
- Aktenzeichen
- 3 L 1537/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 14105
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1995:1214.3L1537.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg 24.01.1995 - 12 A 2012/92
- VG Oldenburg (Oldenburg) 24.01.1995 - 12 A 2012/92
- nachfolgend
- BVerwG - 20.06.1996 - AZ: BVerwG 3 B 46.96
- BVerwG - 30.10.1997 - AZ: BVerwG 3 C 34/96
Rechtsgrundlage
- § 7 Abs. 3a MilchGarMV
Amtlicher Leitsatz
1. Dem Verpächter, der seine Hofstelle und alle landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Ausnahme der bereits Dritten pachtweise überlassenen Flächen verpachtet, werden nach Beendigung des Pachtverhältnisses nur Teile eines Betriebes im Sinne des § 7 Abs 3a der Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV (MilchGarMV) - vom 25. Mai 1985 idF der 19. Änderungsverordnung vom 25. März 1991 (MilchGarMVÄndV 19) zurückgewährt.
2. Die gleichzeitige Verpachtung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche steht der Annahme der Verpachtung und Rückgewähr eines gesamten Betriebes ebenso entgegen wie das Verbleiben von wirtschaftlich nicht gänzlich bedeutungslosen Teilflächen beim Verpächter.
3. Die vorübergehende Verpachtung von landwirtschaftlichen Nutzflächen hat nicht zur Folge, daß diese nicht mehr Teile des Betriebes des Verpächters im Sinne des § 7 Abs 3a MGV (MilchGarMV) sind.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 12. Kammer - vom 24. Januar 1995 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1992 wird aufgehoben, soweit der Übergang einer über 69.346,25 kg hinausgehenden Referenzmenge bescheinigt worden ist.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Kläger zu 1/14 und die Beklagte sowie der Beigeladene je zu 13/28.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Bescheinigung über den Übergang einer Anlieferungs-Referenzmenge.
Der Kläger, der Milchwirtschaft betreibt, pachtete zum 1. Mai 1982 vom Beigeladenen einen "in Butterberg belegenen Hof zur Größe von 30,50 ha einschließlich der vorhandenen Wohn- und Wirtschaftsgebäude" (§ 1 des Pachtvertrages vom 10. August 1981). Bei Abschluß dieses Pachtvertrages standen drei weitere landwirtschaftliche Nutzflächen im Eigentum des Beigeladenen, die jedoch an andere Landwirte verpachtet waren. Durch Vertrag vom 1. Mai 1985 pachtete der Kläger eine weitere 4,0566 ha große Fläche vom Beigeladenen. Beide zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger geschlossenen Pachtverträge liefen am 30. April 1991 aus; zu einer Verlängerung der Pachtverträge aufgrund der vereinbarten Verlängerungsklauseln kam es nicht, weil der Beigeladene die Verträge im Mai 1989 zum 30. April 1991 gekündigt hatte. Bei Pachtende gewährte der Kläger die gepachteten Flächen zurück; bis zu diesem Zeitpunkt hatte er neben den vom Beigeladenen gepachteten Flächen eine anderweitig gepachtete 4,7 ha große Fläche bewirtschaftet.
Auf den Antrag des Beigeladenen bescheinigte die Beklagte diesem durch Bescheid vom 23. Mai 1991 den Übergang einer Referenzmenge von 221.271 kg (255.727 kg : 34,8825 ha = 7.331,10 kg/ha × 30,1825 ha) zum 30. April 1991 aufgrund der Rückgabe eines "ganzen Betriebes mit einer zur Milcherzeugung dienenden Fläche von 30,1825 ha".
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug: Der Beigeladenen habe ihm 1981 nur 30,1825 ha und 1986 weitere 5 ha seines insgesamt 48 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes verpachtet. Die restlichen Flächen seien an andere Landwirte verpachtet gewesen. Bei dem Pachtverhältnis zwischen ihm und dem Beigeladenen habe es sich somit um eine "Teilflächenpacht" gehandelt, so daß ihm Pächterschutz zustehe, zumal er die Milchproduktion fortgesetzt habe und auf die Anlieferungs-Referenzmenge angewiesen sei. Im übrigen habe er auf einzelnen Flächen keine Milchkühe gehalten, sondern diese als Kälber- und Rinderweide genutzt; diese insgesamt ca. 7 ha großen Flächen hätten daher nicht der Milcherzeugung gedient.
Durch Bescheid vom 20. Mai 1992 wies die Beklagte diesen Widerspruch mit der Begründung zurück, bei der Rückgabe des Hofs an den Beigeladenen habe es sich um die Rückgabe eines ganzen Betriebes gehandelt, so daß Pächterschutz nicht eingreife. Entscheidend sei, daß der Kläger eine Wirtschaftseinheit mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie dem überwiegenden Teil der zum Hof des Beigeladenen gehörenden Ländereien gepachtet und zurückgegeben habe. Daß der Beigeladene Eigentümer weiterer Flächen gewesen sei, sei unerheblich, weil diese Flächen im Zeitpunkt der Verpachtung an den Kläger anderweitig verpachtet gewesen seien. Der vom Kläger bewirtschaftete Betrieb sei im übrigen insgesamt zur Milcherzeugung genutzt worden; der Kläger habe die insoweit bestehende Regelvermutung nicht widerlegt.
Der Kläger hat am 19. Juni 1992 Klage erhoben, seine Widerspruchsbegründung wiederholt und ergänzend ausgeführt, sowohl er als auch der Beigeladene seien davon ausgegangen, daß der 1981 geschlossene Pachtvertrag nur einen Teil des 48 ha großen Gesamtbetriebs des Beigeladenen betreffe. Sie seien überdies darüber einig gewesen, daß er - der Kläger - auch die übrigen damals anderweitig verpachteten Flächen erhalten solle. Er habe aber lediglich 4 ha durch Vertrag vom 1. Mai 1985 hinzupachten können. Die auf den gepachteten Flächen ruhenden Milchquoten habe er selbst erwirtschaftet. Er habe erhebliche Investitionen, die auf die Zupacht weiterer Flächen vom Beigeladenen zugeschnitten gewesen seien, durchgeführt. Der Beigeladene habe vor der Verpachtung an ihn hingegen keine Milchwirtschaft betrieben. Schließlich habe er nicht alle vom Beigeladenen gepachteten Flächen zur Milcherzeugung genutzt. Auf den Flächen, die er in der Widerspruchsbegründung mit den Nrn. 4, 5, 12 und 13 zeichnet habe, - insgesamt 2,9752 ha - habe er nur Bullen bzw. Bullkälber gehalten. Soweit die Flächen gemäht worden seien, sei dies nur zur Landschaftspflege geschehen; den Schnitt habe er auf den Flächen liegen gelassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 23. Mai 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1992 aufzuheben, soweit der Übergang einer über 57.500 kg hinausgehenden Referenzmenge bescheinigt worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides verwiesen und diese vertieft.
Der Beigeladene hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und vorgetragen: Er habe seinen landwirtschaftlichen Betrieb ab 1977 aus gesundheitlichen Gründen verkleinern müssen und eine 8,5 ha große Teilfläche (Fläche A) vom 1. Mai 1978 bis zum 30. April 1982 an den Landwirt Behrens, danach an andere Landwirte verpachtet. Ab dem 1. Mai 1979 habe er eine andere 5 ha große Teilfläche (Fläche B) an den Landwirt Bijman und ab dem 1. Mai 1991 an den Landwirt Stoydt verpachtet. Eine weitere ca. 4 ha große Teilfläche (Fläche C) habe er dem Landwirt Bijman ab dem 1. Mai 1980 pachtweise bis zum 30. April 1982 überlassen, danach der Marschen-Versuchs-Station Infeld bis zum 30. April 1985, anschließend dem Kläger. 1982 habe er nur noch eine 30,1825 ha große Hofstelle bewirtschaftet. Diesen gesamten landwirtschaftlichen Betrieb habe der Kläger übernommen. Der Kläger habe im übrigen keine Zusicherung erhalten, weitere Flächen pachten zu können. Daß er - der Beigeladene - vor der Verpachtung keine Milchwirtschaft betrieben habe, sei unerheblich. Es komme nur auf die Nutzung durch den Kläger ab 1984 an. Dieser habe auf allen Flächen Milchwirtschaft betrieben.
Das Verwaltungsgericht hat aufgrund seiner Beweisbeschlüsse vom 29. November und 12. Dezember 1994 durch Zeugenvernehmung Beweis über die Nutzung der im Widerspruchsschreiben des Klägers mit den Nrn. 4, 5, 12 und 13 bezeichneten Flächen erhoben. Danach hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 24. Januar 1995 den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben, soweit der Übergang einer über 218.675 kg hinausgehenden Referenzmenge bescheinigt worden ist, und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nur teilweise rechtswidrig. Bei der Rückgabe von zur Milcherzeugung genutzter Flächen oder eines Milchwirtschaftsbetriebes gehe die Anlieferungs-Referenzmenge grundsätzlich vollständig auf den Verpächter über. Die dem Beigeladenen zurückgegebenen Flächen seien als Milcherzeugungsflächen anzusehen, soweit der Kläger vorgetragen habe, sie als Milchvieh- oder Rinderweide (weibliche Jungtiere) bzw. zur Futtergewinnung für Milchvieh genutzt zu haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sehe das Gericht es als erwiesen an, daß auch die mit den Nrn. 12 und 13 bezeichneten Flächen Milcherzeugungsflächen gewesen seien. Der Kläger habe zwar erklärt, auf diesen Flächen ausschließlich Bullkälber gehalten zu haben, die er in seinem Herdbuchbetrieb zu Zuchtbullen herangezogen habe. Seine diesbezüglichen Angaben seien jedoch nicht widerspruchsfrei, zudem widersprächen sich die Zeugenaussagen. Im übrigen sei im Rahmen der Beweiswürdigung der Erfahrungssatz bedeutsam, daß landwirtschaftliche Nutzflächen eines Milchwirtschaftsbetriebes regelmäßig oder typischerweise zur Milcherzeugung genutzt werden. Daher sehe es das Gericht als erwiesen an, daß die o.g. Flächen zur Milcherzeugung genutzt worden seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei hingegen nicht erwiesen, daß auch die Flächen Nr. 4 und 5 der Milcherzeugung gedient haben. Verschiedene Zeugen, deren Aussagen glaubhaft seien, hätten die vom Kläger behauptete ausschließliche Nutzung dieser Flächen als Weide für ältere Bullkälber und Bullen bestätigt.
Dem Übergang der auf den Milcherzeugungsflächen ruhenden Referenzmenge stünden Pächterschutzbestimmungen nicht im Wege. Der nationale Gesetzgeber habe von der Befugnis zu bestimmen, daß die auf den gepachteten Betrieb bzw. den gepachteten Teil des Betriebes entfallende Referenzmenge ganz oder zum Teil dem ausscheidenden Pächter gutgeschrieben wird, sofern er die Milcherzeugung fortsetzen will, nur für den Fall der Rückgabe von Teilflächen in § 7 Abs. 3 a der Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV - Gebrauch gemacht. Im Falle der Rückgabe eines gesamten Betriebes bleibe es infolgedessen beim vollständigen Übergang der Referenzmenge; diese sei sowohl mit Gemeinschaftsrecht als auch mit nationalem Recht vereinbar. Der Kläger könne sich daher auf Pächterschutz nur berufen, wenn die Rückgabe des Pachtgegenstandes nicht als Rückgabe eines gesamten Betriebes im Sinne des § 7 MGV zu qualifizieren sei. Das sei jedoch nicht der Fall. § 7 MGV liege ein eigenständiger Betriebsbegriff zugrunde, der zulässigerweise von dem der gemeinschaftsrechtlichen Definition abweiche. Unter einem Betrieb im Sinne der deutschen Pächterschutzvorschriften sei jede funktional selbständige Produktionseinheit zu verstehen, die durch eine Hofstelle (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) und dazugehörige Nutzflächen geprägt werde. Eine solche Produktionseinheit sei Gegenstand des Pachtvertrages zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen gewesen. Unerheblich sei, ob der Verpächter zur Zeit der Verpachtung weiteren landwirtschaftlichen Besitz gehabt habe, welche wirtschaftliche Bedeutung diesem Besitz zugekommen sei und ob der Pächter später weitere Flächen von dieser Produktionseinheit aus mitbewirtschafte. Entscheidend sei allein, daß der Gegenstand der Verpachtung bei deren Beginn eine funktional selbständige Betriebseinheit im oben genannten Sinne gewesen sei.
Die Beklagte habe daher zu Recht den Übergang der ungekürzten Referenzmenge aufgrund der Rückgabe des gepachteten Hofes bescheinigt. Die Bescheinigung sei jedoch nicht in der richtigen Höhe ausgestellt worden. Der Kläger habe am 30. April 1991 Altpachtmilcherzeugungsflächen zur Größe von insgesamt 32,4385 ha (30,1825 ha (Hof) - 2,444 ha (Flächen Nr. 4 und 5) + 4,7 ha (Zupachtfläche)) mit einer Gesamtreferenzmenge von 255.727 kg bewirtschaftet. Auf den zurückgegebenen Hof (30,1825 ha - 2,444 ha) entfalle daher eine Referenzmenge von nur 218.675 kg.
Gegen diese Entscheidung führt der Kläger Berufung, zu deren Begründung er im wesentlichen vorträgt, er genieße entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Pächterschutz, weil er keinen geschlossenen Betrieb gepachtet und zurückgegeben habe. Bei Abschluß des Pachtvertrages seien sich die Vertragsparteien darüber einig gewesen, daß nur eine Teilfläche des 48 ha großen Gesamtbetriebes verpachtet werde. Die spätere Anpachtung der Flächen A und B sei daran gescheitert, daß der Beigeladene unzumutbare Bedingungen gestellt habe. Es wäre für den Beigeladenen aber ein leichtes gewesen, die Flächen A, B und C dem 30 ha großen Restbetrieb wieder zuzuschlagen. Wenn man die Sache aus der Verpächtersicht betrachte, liege also keineswegs die Verpachtung eines gesamten geschlossenen Betriebes vor. Die gegenteilige Ansicht des Verwaltungsgerichts überzeuge nicht, zumal danach selbst dann ein geschlossener Betrieb verpachtet worden wäre, wenn er von den 48 ha des Beigeladenen lediglich 3 ha mit den Betriebsgebäuden gepachtet hätte. Das Verwaltungsgericht habe offensichtlich nur darauf abgestellt, ob die Betriebsgebäude verpachtet worden seien. Bei verständiger Auslegung des Begriffs "gesamter Betrieb" könne dies nicht richtig sein.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigen das angefochtene Urteil. Der Beigeladene trägt überdies vor, er habe die Fläche A zum 1. Mai 1978 an den Landwirt ... verpachtet. Das Pachtverhältnis sei durch Vertrag vom 31. Oktober 1979 verlängert worden. Zum 1. November 1981 habe der Landwirt ... die Fläche erhalten; der betreffende Pachtvertrag vom 16. November 1981 sei erst 1988 gekündigt worden. Die Fläche B habe er zum 1. Mai 1979 an den Landwirt ... mündlich verpachtet; das Pachtverhältnis sei 1981, 1984, 1986 und 1987 verlängert worden. An den Landwirt ... sei zum 1. Mai 1990 auch die Fläche C verpachtet worden. Dieser habe sie bis zum 30. April 1982 bewirtschaftet. Anschließend sei sie der Marschen-Versuchts-Station überlassen worden, bis der Kläger sie 1985 gepachtet habe.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II.
Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage in diesem Umfang stattgeben müssen.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß anläßlich der Rückgabe der vom Kläger durch Vertrag vom 10. August 1981 gepachteten Flächen eine Anlieferungs-Referenzmenge auf den Beigeladenen übergegangen ist; dies folgt aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 (ABl. EG Nr. L 90/13) idF der Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates vom 26. Februar 1985 (ABl. EG Nr. L 68/1) iVm Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988 (ABl. EG Nr. L 139/12) und § 7 der Verordnung über die Abgaben im Rahmen von Garantiemengen im Bereich der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV -) vom 25. Mai 1985 (BGBl. I S. 720) in der hier anzuwendenden Fassung der 19. Verordnung zur Änderung der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 25. März 1991 (BGBl. I S. 799). Die übergegangene Referenzmenge ist jedoch erheblich geringer als vom Verwaltungsgericht angenommen.
Der Kläger hat im Zeitpunkt der Rückgabe der Pachtflächen über eine Anlieferungs-Referenzmenge von 255.727 kg verfügt. Diese Referenzmenge hat damals jedoch nicht nur auf den vom Beigeladenen mit Vertrag vom 10. August 1981 gepachteten Milcherzeugungsflächen gelegen, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden und auch bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung nicht zu beanstanden sind, 27,7385 ha groß waren (30,1825 ha (Hof) - 2,444 ha (Flächen Nr. 4 und 5)). Die Anlieferungs-Referenzmenge ruhte vielmehr auch auf der 4,7 ha großen Altpachtfläche sowie - was das Verwaltungsgericht übersehen hat - auf der 4,0566 ha großen Fläche, die der Kläger vom Beigeladenen durch Pachtvertrag vom 1. Mai 1986 gepachtet hatte. An der Beurteilung der letztgenannten Fläche als Milcherzeugungsfläche ändert der Umstand nichts, daß diese Fläche erst nach Inkrafttreten der Milch-Garantiemengen-Verordnung zur Milcherzeugung genutzt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, setzt die Bewertung als Milcherzeugungsfläche nämlich nicht voraus, daß die Fläche zur Entstehung der auf ihr ruhenden Referenzmenge beigetragen hat und schon ab Inkrafttreten der Milchkontingentierung als Milcherzeugungsfläche gegolten hat, weil der Begriff der Milcherzeugungsfläche nicht statisch, d.h. auf den 1. April 1984 oder das Kalenderreferenzjahr bezogen, sondern in einem dynamischen Sinne zu verstehen ist. Daher haben auch solche Flächen als Milcherzeugungsflächen zu gelten, auf denen die Milcherzeugung erst nach Inkrafttreten der Milchkontingentierung aufgenommen worden ist, sofern sie - wie hier - vor der Flächenrückgabe nicht eindeutig wieder aufgegeben wurde (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Urt. v. 1. 9. 1994 - BVerwG 3 C 1.93 - AgrarR 1994 S. 401; Urt. v. 13. 10. 1994 - BVerwG 3 C 26.92 -; Senatsurt. v. 9. 3. 1995 - 3 L 1444/93 -). Damit ergibt sich eine Referenzmenge von 7.007,16 kg je Hektar Milcherzeugungsfläche, so daß auf den zurückgegebenen Hof (30,1825 ha - 2,444 ha) eine Referenzmenge von 194.368,1 kg entfällt.
Diese Referenzmenge ist anläßlich der Rückgabe der Hofstelle am 30. April 1991 indessen nicht in vollem Umfang auf den Beigeladenen übergegangen. Dies folgt daraus, daß der Kläger, der die Milcherzeugung fortsetzen wollte, gemäß § 7 Abs. 3 a MGV Pächterschutz genießt, weil er dem Beigeladenen keinen gesamten Betrieb, sondern lediglich Teile eines Betriebes, die für die Milcherzeugung genutzt worden sind, zurückgewährt hat.
Ob ein gesamter Betrieb oder ein Betriebsteil im Sinne des § 7 Abs. 3 a MGV zurückgewährt wird, beurteilt sich nicht aus der Sicht des Pächters bei Beendigung des Pachtverhältnisses (BVerwG, Urt. v. 24. 3. 1994 - BVerwG 3 C 5.93 -; Urt. v. 10. 12. 1992 - BVerwG 3 C 29.90 -, jeweils m.w.N.). Maßgebend ist vielmehr die Sicht des Verpächters bei Pachtbeginn. Aus dieser Sicht hat sich die Verpachtung des Hofs an den Kläger nicht als Verpachtung eines gesamten Betriebes, sondern als Verpachtung von Teilen eines Betriebes im Sinne des § 7 Abs. 3 a MGV dargestellt.
Der Beigeladene ist bei Abschluß des Pachtvertrages sowie Beginn des Pachtverhältnisses Eigentümer einer Hofstelle mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Größe von insgesamt ca. 48 ha gewesen. Von diesen in seinem Eigentum stehenden Flächen sind an den Kläger lediglich die Hofstelle sowie landwirtschaftliche Nutzflächen zur Größe von insgesamt 30,1825 ha verpachtet worden. Die übrigen im Eigentum des Beigeladenen stehenden Flächen waren bei Abschluß des Pachtvertrages zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger anderweitig verpachtet, so die ca. 8,5 ha große Fläche A an den Landwirt ... und die insgesamt ca. 9 ha großen Flächen B und C an den Landwirt .... Die Verpachtung dieser Flächen hat den Beigeladenen jedoch nicht gehindert, sie - zumindest teilweise - zusammen mit den 30,1825 ha dem Kläger zum 1. Mai 1982 zu verpachten. Damals stand dem Beigeladenen jedenfalls die Fläche C wieder zur Verfügung, da der mit den Landwirt ... geschlossene Pachtvertrag nach Angaben des Beigeladenen am 30. April 1982 auslief. Der Beigeladene hätte diese Fläche somit am 1. Mai 1982 wieder im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes nutzen können, wenn er sie nicht von diesem Zeitpunkt an erneut, diesmal an die Marschen-Versuchs-Station, verpachtet hätte. Der Beigeladene wäre zudem nicht gehindert gewesen, dem Kläger bei Abschluß des Pachtvertrages vom 10. August 1991 auch die Fläche A zu verpachten, weil der über diese Fläche mit dem Landwirt ... bestehende Pachtvertrag schon am 1. November 1981 und damit vor dem Beginn des Pachtverhältnisses mit dem Kläger endete. In Anbetracht dessen kann keine Rede davon sein, der Beigeladene habe dem Kläger zum 1. Mai 1982 seinen gesamten Betrieb verpachtet. Er hat dem Kläger lediglich die Hofstelle und einen Teil der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen überlassen, zu demselben Zeitpunkt bzw. kurz zuvor aber zwei weitere nicht unbedeutende landwirtschaftliche Nutzflächen anderweitig verpachtet. Dieser Umstand, zumindest die gleichzeitige pachtweise Überlassung der Fläche C, steht der Annahme der Verpachtung und der Rückgewähr eines gesamten Betriebes ebenso entgegen wie das Verbleiben von wirtschaftlich nicht gänzlich bedeutungslosen Teilflächen beim Verpächter.
Im übrigen wäre die Annahme, der Beigeladene habe dem Kläger einen gesamten Betrieb verpachtet, selbst dann verfehlt, wenn der Beigeladene dem Kläger die Flächen A und C zum 1. Mai 1982 nicht hätte verpachten können. Die anderweitige Verpachtung dieser Flächen hat nach Auffassung des Senats nämlich - auch vorübergehend - nicht zur Folge gehabt, daß diese nicht mehr Teile des Betriebes sind. Ansonsten läge in einem Fall wie dem vorliegenden einerseits die Verpachtung eines gesamten Betriebes und andererseits die Verpachtung von Teilen eines Betriebes vor, obwohl der Verpächter vor Abschluß der Pachtverträge nur einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt hat. Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, daß verpachtete Ländereien für die Dauer ihrer Verpachtung aus dem Betrieb ausscheiden, bestünde kein Grund für die Annahme, sie würden nach Ablauf des Pachtverhältnisses nicht automatisch an den Betrieb zurückfallen und zusammen mit diesem den gesamten Betrieb bilden.
Schließlich kann von der Verpachtung eines gesamten Betriebes nicht schon dann gesprochen werden, wenn der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien auf eine Betriebspacht und nicht auf eine Stücklandpacht gerichtet gewesen ist, wovon der Beigeladene ausgeht. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein ganzer Betrieb verpachtet worden ist, sind nämlich allein objektive Umstände, nicht aber die - möglicherweise falschen - Vorstellungen der Vertragspartner.
Nach alledem genießt der Kläger gemäß § 7 Abs. 3 a MGV Pächterschutz, so daß unter Berücksichtigung dessen, daß die 5 ha - Klausel des § 7 Abs. 3 a Satz 1 MGV wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz und die Eigentumsgarantie verfassungswidrig und daher ungültig ist (BVerwG, Urt. v. 11. 11. 1993 - 3 C 37.91 - AgrarR 1994 S. 138 = RdL 1994 S. 165), eine Referenzmenge von nur 69.346,25 kg (27,7385 ha × 2.500 kg/ha) auf den Beigeladenen übergegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
Eichhorn
Dr. Gehrmann
Meyer-Lang