Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.09.2012, Az.: 10 WF 235/12
Gebührenfreiheit einer unstatthaften Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.09.2012
- Aktenzeichen
- 10 WF 235/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 24976
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:0920.10WF235.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 07.09.2012 - AZ: 612 F 4436/11
Rechtsgrundlagen
- § 50 FamGKG
- § 59 Abs. 3 S. 1 FamGKG
- Art. 17 Abs. 3 EGBGB
Fundstellen
- AGS 2012, 576-577
- FamRBint 2013, 67-68
- FamRZ 2013, 903
- JurBüro 2013, 29-30
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine unstatthafte Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts ist nicht gebührenfrei; § 59 Abs. 3 Satz 1 FamGKG findet insoweit keine Anwendung.
- 2.
Wenn bei ausländischem Scheidungsstatut mangels eines Antrags nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB kein Versorgungsausgleich durchzuführen ist, fehlt es an einer Grundlage für die Festsetzung eines Verfahrenswerts nach § 50 FamGKG.
In der Familiensache
A. A., geb. A, ...,
Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro M., ...,
Geschäftszeichen: ...
Erinnerungsführerin,
gegen
D. A., ...,
Antragsteller und Beschwerdegegner,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte H., ...,
Geschäftszeichen: ...
Erinnerungsführer,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht G. und die Richterin am Amtsgericht K.l am 20. September 2012
beschlossen:
Tenor:
Die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Kostenansatz vom 7. September 2012 wird zurückgewiesen.
Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet
(§ 57 Abs. 8 FamGKG).
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Beteiligten nach ausländischem Recht geschieden und den Verfahrenswert für die Scheidung auf 2.000 EUR festgesetzt. Ein Versorgungsausgleich wurde nicht durchgeführt, weil keiner der Ehegatten einen Antrag nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB gestellt hatte. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2012 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, auch für den Versorgungsausgleich einen Verfahrenswert festzusetzen, und regte eine Festsetzung auf den nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG maßgeblichen Mindestwert von 1.000 EUR an. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erhob mit Schriftsatz vom 28. Juni 2012 Beschwerde gegen die Wertfestsetzung auf lediglich 2.000 EUR und vertrat die Auffassung, der Wert für den Versorgungsausgleich sei auf mindestens 1.000 EUR festzusetzen. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und führte zur Begründung aus, für den Versorgungsausgleich sei kein Wert festzusetzen, da er nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei. Auch im Verhandlungstermin sei der Versorgungsausgleich nicht erörtert worden. Es sei lediglich festgestellt worden, dass kein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt worden sei. Der Senat verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 31. Juli 2012 als unzulässig, weil der nach § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG erforderliche Beschwerdewert von 200 EUR nicht erreicht sei. Bei der erstrebten Heraufsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren würden sich die (Wahl-) Anwaltsgebühren des Beschwerdeführers nur um 166,60 EUR erhöhen.
Anschließend wurde dem Senat eine Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2012 vorgelegt, mit der ebenfalls die Festsetzung eines Werts von 1.000 EUR für den Versorgungsausgleich erstrebt wurde. Dabei wurde auf einen Senatsbeschluss vom 25. Mai 2010 (10 WF 347/09) hingewiesen, in dem ausgeführt worden ist, dass für den Versorgungsausgleich auch dann ein Wert festzusetzen ist, wenn kein Antrag nach § 3 Abs. 3 VersAusglG gestellt worden und deshalb eine negative Feststellungsentscheidung nach § 224 Abs. 3 FamFG zu treffen ist. Diese Beschwerde wurde vom Senat mit Beschluss vom 7. August 2012 ebenfalls als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei.
Am 7. September 2012 hat die Kostenbeamtin des Oberlandesgerichts Celle gegen die Beschwerdeführer jeweils eine Gebühr "nach Nr. 1912 KV GKG" in Höhe von 50 EUR angesetzt. Dagegen richten sich die Erinnerungen der Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligter. Auch der Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers, mit dem eine "Überprüfung der Kostenrechnung" erbeten wurde, ist als Erinnerung auszulegen. Die Erinnerungsführer sind der Ansicht, eine Beschwerdegebühr sei nicht zu erheben, weil das Beschwerdeverfahren gebührenfrei sei.
II.
Die Erinnerungen richten sich gegen Kostenrechnungen, mit denen die Kostenbeamtin des Oberlandesgerichts jeweils Gebühren für die Beschwerden in Ansatz gebracht hat, die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im eigenen Namen gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Festsetzung des Verfahrenswerts für das beim Amtsgericht anhängig gewesene Scheidungsverfahren
(612 F 4436/11) eingelegt worden waren. Da das Scheidungsverfahren eine Ehesache und damit eine Familiensache i.S. des§ 111 Nr. 1 FamFG darstellte, richtete sich die Beschwerde nach § 69 FamGKG. Deshalb sind die Gebühren für das Beschwerdeverfahren - entgegen der Bezeichnung in der Kostenrechnung - nicht nach Nr. 1912 KV GKG, sondern nach Nr. 1912 KV FamGKG in Ansatz gebracht worden. Die Erinnerungen gegen den beim Oberlandesgericht erfolgten Kostenansatz sind gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 FamGKG unabhängig vom Wert der Beschwer zulässig.
Der Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 57 Abs. 5 FamGKG).
III.
In der Sache haben die Erinnerungen keinen Erfolg. Der Kostenansatz ist zu Recht erfolgt.
Zwar bestimmt § 59 Abs. 3 S. 1 FamGKG (der mit § 68 Abs. 3 S. 1 GKG übereinstimmt), dass die eine Beschwerde gegen die familiengerichtliche Festsetzung des Verfahrenswerts betreffenden Verfahren gebührenfrei sind. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, die auch - soweit ersichtlich - in der Literatur keinen Widerspruch gefunden hat, bezieht sich die Gebührenfreiheit jedoch nur auf zulässige Beschwerden gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts. Beschwerden, die nicht die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamGKG erfüllen und damit nicht nach dieser Bestimmung "statthaft" sind, fallen dagegen nicht unter die Gebührenfreiheit (BGH Beschluss vom 17. Oktober 1980 - I ZB 8/80 -; Beschluss vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 2/89 - [[...]]; Beschluss vom18. Dezember 2002 - VIII ZB 109/02 - [[...] und BRAGOreport 2003, 163], jeweils zum gleichlautenden § 25 GKG a.F.; N. Schneider in Schneider/Wolf/Volpert FamGKG Handkommentar § 59 Rn.114; Hartmann Kostengesetze 42. Aufl. § 68 GKG Rn. 21). Der Senat hat die Verfahrenswertbeschwerden beider Erinnerungsführer als nicht zulässig angesehen.
Die Unzulässigkeit der Verfahrenswertbeschwerde war für die Erinnerungsführer auch ohne weiteres erkennbar. Sie sind selbst davon ausgegangen, dass der Wert für eine Folgesache Versorgungsausgleich unter den gegebenen Umständen (keine Ermittlungen über Versorgungsanrechte, keine Sachentscheidung des Amtsgerichts) auf den nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG maßgeblichen Mindestwert von 1.000 EUR festzusetzen gewesen wäre. Damit war klar, dass sich der gemäß § 44 Abs. 1 FamGKG aus der Summe der Werte für die Scheidung und die Folgesachen zu berechnende Verfahrenswert nur um zwei Gebührenstufen (von 2.000 EUR auf 3.000 EUR) erhöhen und der nach § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG maßgebliche Beschwerdewert, der sich nach den gebührenrechtlichen Auswirkungen auf den betroffenen Anwalt richtet, nicht erreicht werden konnte.
Ergänzend wird angemerkt: Der Senat hat bereits in seinen Beschwerdeentscheidungen kurz darauf hingewiesen, dass die Beschwerden auch sachlich unbegründet waren. Der Senatsbeschluss vom 25. Mai 2010 (FamRZ 2010, 2103) steht dem nicht entgegen. Darin hat der Senat ausgeführt, dass ein Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich auch in den Fällen festzusetzen ist, in denen das Familiengericht eine negative Feststellungsentscheidung nach § 224 Abs. 3 FamFG zu treffen hat, also z.B. in den Fällen, in denen die Ehezeit drei Jahre nicht überschreitet und kein Antrag nach § 3 Abs. 3 VersAusglG gestellt worden ist. Damit sind die Fälle einer Scheidung nach ausländischem Recht, in denen kein Ehegatte einen Antrag nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB gestellt hat, jedoch nicht vergleichbar. Denn in diesen Fällen hat das Amtsgericht mangels inländischen Versorgungsausgleichsstatuts und fehlenden Antrags nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB überhaupt kein Verfahren über den Versorgungsausgleich einzuleiten und folglich auch keine Sachentscheidung zu treffen. Damit fehlt es an einer Grundlage für die Festsetzung eines Verfahrenswerts. Daran ändert es im vorliegenden Fall auch nichts, dass das Amtsgericht ausgesprochen hat, ein Versorgungsausgleich finde "in diesem Verfahren nicht statt". Hierbei handelte es sich lediglich um einen deklaratorischen Ausspruch, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt.