Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.04.2009, Az.: 2 W 97/09
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.04.2009
- Aktenzeichen
- 2 W 97/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 41675
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2009:0414.2W97.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 09.02.2009 - AZ: 4 AR 71/08
- LG Hannover - AZ: 13 O 81/08
Fundstelle
- HRA 2009, 10-11
In der Beschwerdesache
...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lübbesmeyer als Einzelrichter am 14. April 2009 beschlossen:
Tenor:
Die Erinnerung des Antragstellers vom 27. Februar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des 4. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Februar 2009 (Kostenfestsetzung zu Gunsten der Antragsgegnerin zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach § 11 Abs. 2 RPflG, §§ 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat die Rechtspflegerin mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss Kosten festgesetzt. Die Einwendungen des Antragstellers hiergegen führen zu keiner anderen Beurteilung.
1. Der Kostenfestsetzung stand nicht entgegen, dass der Beschluss des 4. Zivilsenates vom 8. Dezember 2008 dem Antragsteller erst am 6. März 2009 förmlich zugestellt worden ist. Voraussetzung einer Kostenfestsetzung ist lediglich der Erlass einer Kostengrundentscheidung, die im Streitfall am 8. Dezember 2008 ergangen ist. Darauf, dass eine förmliche Zustellung des Beschlusses nicht erforderlich war, hat der Vorsitzende des 4. Zivilsenates den Antragsteller bereits mit Verfügung vom 3. März 2009 hingewiesen, so dass der Umstand, dass der Beschluss auf dem Postweg an die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers verloren gegangen sein muss, einer Kostenfestsetzung nicht entgegen stand.
2. Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich im Streitfall bei dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht um ein Verfahren, das kostenrechtlich nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG als zum Rechtszug gehörige Vorbereitungs- und Nebentätigkeit mit der im Hauptsacheverfahren verdienten Verfahrensgebühr mit abgegolten ist. Denn der 4. Zivilsenat hat mit Beschluss vom 8. Dezember 2008 den Antrag des Antragstellers auf Bestimmung des zuständigen Gerichts abgelehnt. Deshalb handelt es sich um ein besonderes Verfahren im Sinne des § 15 RVG, für das die angefallenen Kosten zu erstatten sind. Das von dem Antragsteller vertretene gegenteilige Verständnis, das von einem Teil der Rechtsprechung jedenfalls für den Fall angenommen wird, in dem eine Entscheidung im Bestimmungsverfahren zu einem Zeitpunkt ergeht, in dem das Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist (vgl. OLG München MDR 2007, 1153 [OLG München 13.06.2007 - 31 AR 079/07]; OLG München AGS 2008, 276; OLG Köln (8. Zs.) AGS 2008, 406; OLG Dresden OLGR 2006, 233), ist mit der gesetzlichen Regelung und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang zu bringen. Der Senat hat hierauf bereits in dem von der Rechtspflegerin im angefochtenen Beschluss benannten Beschluss vom 23. Januar 2009 zum Verfahren 2 W 2/09 hingewiesen und hierzu folgendes ausgeführt:
"2. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 5. Februar 1987 ( NJW-RR 1987, 757 [BGH 05.02.1987 - I ARZ 703/86]) entschieden, dass, wenn der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgenommen oder abgelehnt wird, über die Kosten des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens (bei Zurücknahme nur auf Antrag) zu entscheiden ist. Wörtlich hat er hierzu ausgeführt:
‚Zwar gilt das Verfahren nach § 37 ZPO, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts endet, als Teil des Hauptsacheverfahrens, so daß auch die Kosten des Bestimmungsverfahrens Kosten der Hauptsache sind, die entsprechend der Kostenentscheidung in der Hauptsache zu erstatten sind. Dies gilt jedoch nicht im Falle der Ablehnung oder der Zurücknahme des Bestimmungsantrags. In diesen Fällen kann ein etwaiges gegen die Antragsgegner gerichtetes Klageverfahren nicht als Hauptsache zu dem ohne Bestimmung des zuständigen Gerichts abgeschlossenen Verfahren nach § 37 ZPO angesehen werden; es erscheint daher (entgegen OLG Düsseldorf MDR 1983, 846) geboten, über die Kosten des Bestimmungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 91 oder des § 269 Abs. 3 ZPO zu entscheiden und dem Antragsgegner auf diese Weise eine Möglichkeit einzuräumen, die durch die Stellung des unbegründeten oder des zurückgenommenen Antrags entstandenen Kosten erstattet zu erhalten. Dabei ist unerheblich, ob im Streitfall tatsächlich Gebühren oder Auslagen angefallen sind.‘
Das heißt, dass der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten hat, dass in einem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dann, wenn der Antrag zurückgewiesen wird, das Bestimmungsverfahren selbst dann nicht Teil des Hauptsacheverfahrens ist, wenn sich ein Hauptsacheverfahren anschließt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs liegt also in einem Verfahren, in dem der Antrag zur Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgewiesen wird, stets eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor (so auch: BayObLG NJW-RR 2000, 141; OLG Köln AGS 2007, 229; OLG Koblenz OLGR 2000, 419 und 2006, 701; OLG Köln AGS 2003, 205, OLG Karlsruhe OLGR 2008, 280).
Die Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG entspricht hinsichtlich der "Bestimmung des zuständigen Gerichts" wörtlich dem der früheren gesetzlichen Regelung in § 37 Nr. 3 BRAGO. Der Gesetzgeber wollte, wie sich aus der amtlichen Begründung zur gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG ergibt (BT-Drucksache 15/1971 Seite 193), an der gesetzlichen Regelung insoweit nichts ändern. Dies tat er in Kenntnis des Umstandes, dass der Bundesgerichtshof die Ansicht vertreten hat, die Voraussetzung des § 37 Nr. 3 BRAGO und damit ein kostenrechtlich zum Hauptsacheverfahren gehörendes Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts liege dann nicht vor, wenn der Antrag auf Bestimmung abgelehnt wird. Für die Annahme, der Gesetzgeber habe in Kenntnis dieser Rechtsprechung gleichwohl regeln wollen, dass unabhängig vom Ausgang des Bestimmungsverfahrens stets eine kostenrechtlich zum Rechtszug gehörende Tätigkeit vorliegt, wenn es zu einem Hauptsacheverfahren kommt oder ein solches bereits anhängig ist, spricht nichts. Anderenfalls wäre anzunehmen, dass der Gesetzgeber entweder eine klarstellende Formulierung im Gesetzestext aufgenommen hätte oder jedenfalls aber Ausführungen im Gesetzgebungsverfahren gemacht hätte, dass er die Rechtslage anders als der Bundesgerichtshof beurteilt. Derartiges hat der Gesetzgeber aber unerlassen und damit deutlich gemacht, dass er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs billigt und auch die gesetzliche Neuregelung in diesem Sinne verstanden wissen wollte.
Wenn daher davon auszugehen ist, dass nach der gesetzlichen Regelung ein gebührenrechtlich gesondertes Verfahren i.S. des § 15 RVG vorliegt, wenn vor einem Hauptsacheverfahren ein gesondertes Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts betrieben und der Antrag abgelehnt wird, sieht der Senat keinen Grund, warum derjenige Fall anders zu beurteilen sein sollte, in dem im Rahmen eines bereits rechtshängigen Rechtsstreites ein Antrag der Klägerseite auf Bestimmung des zuständigen Gerichts abgelehnt wird. Auch in diesem Fall fehlt jede Verbindung zum Hauptsacheverfahren, das Bestimmungsverfahren hat keinerlei Auswirkungen auf das Hauptsacheverfahren, weshalb es auch in diesem Fall gerechtfertigt erscheint, das Bestimmungsverfahren als kosten rechtlich selbstständiges Verfahren zu betrachten.
Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang die Ansicht des Oberlandesgerichts Köln ( AGS 2008, 406), dass es einen großen Unterschied mache, ob ein Hauptsacheverfahren bereits im Gange sei oder nicht. Richtig ist zwar, dass bei einem vorgeschalteten selbstständigen Bestimmungsverfahren noch ungewiss ist, ob es zu einem Hauptsachverfahren kommt oder nicht. Wenn aber nach Auffassung des Gesetzgebers kostenrechtlich ein besonderes Verfahren auch dann vorliegt, wenn sich ein Hauptsacheverfahren anschließt, kann nichts anderes gelten, wenn ein Hauptsacheverfahren bereits im Gange ist und der Antrag der klagenden Partei auf Bestimmung des zuständigen Gerichts abgelehnt wird.
Entgegen der u.a. vom Oberlandesgericht Dresden ( OLGR 2006, 233) vertretenen Ansicht hat der Bundesgerichtshof auch keineswegs offen gelassen, ob ein Rechtsanwalt bei Zurückweisung des Antrages nach § 36 ZPO auch dann eine gesonderte Vergütung von seinem Mandanten verlangen kann, wenn er im anschließenden Hauptsacheverfahren zugleich als Prozessbevollmächtigter tätig wird. Das Oberlandesgericht hat den Inhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs verkannt. Richtig ist sicherlich, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat, dass unerheblich sei, ob im Streitfall tatsächlich Gebühren oder Auslagen angefallen seien. Er hat aber zuvor ausdrücklich ausgeführt, dass wenn der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts abgelehnt wird, gerade kein Teil des Hauptsacheverfahrens vorliegt. Er hat damit ausdrücklich ausgeführt, dass die Voraussetzungen des damaligen § 37 Nr. 3 BRAGO, der der heutigen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG entspricht, in einem solchen Fall nicht vorliegen. Diese Ausführungen betreffen sowohl die zu treffende Kostengrundentscheidung, als auch das anschließende Kostenfestsetzungsverfahren. Warum lediglich für die zu treffende Kostengrundentscheidung nach den ausdrücklichen Ausführungen des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen werden müsste, dass bei einer Zurückweisung des Bestimmungsantrages kein Teil des Hauptsacheverfahrens vorliegt, im Kostenfestsetzungsverfahren aber demgegenüber bei gleichem Sachverhalt angenommen werden müsste, das Bestimmungsverfahren sei ein Teil des Hauptsacheverfahrens, wäre nicht verständlich. Hierzu führt das Oberlandesgericht Dresden in seiner Entscheidung auch nicht aus. Der Hinweis des Bundesgerichtshofs macht jedenfalls zwanglos vor dem Hintergrund Sinn, dass für das Bestimmungsverfahren kein Anwaltszwang besteht und der Antragsgegner nicht zwingend Kosten auslösende Maßnahmen ergreifen muss."
An dieser Auffassung hält der Senat nach erneuter kritischer Prüfung auch im Streitfall fest (vgl. auch OLG Karlsruhe AGS 2009, 137). Argumente, die für die gegenteilige Ansicht sprechen könnten, bringt der Antragsteller auch nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Möglichkeit der Zulassung einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof besteht, anders als der Antragsteller meint, nicht. Die auf die nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG befristete Erinnerung des Antragstellers ergangene Entscheidung des Senats ist nach dem Gesetz nicht mit einer Rechtsbeschwerde anfechtbar.