Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.10.1976, Az.: P OVG L 11/76 (Nds)

Anfechtung der Wahlen in der Gruppe der Beamten und Angestellten zum Personalrat; Anforderungen an eine ordnungsgemäße Losentscheidung; Aufgaben des Wahlvorstandes bei der Durchführung der Personalratswahl

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.10.1976
Aktenzeichen
P OVG L 11/76 (Nds)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1976, 11896
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1976:1012.P.OVG.L11.76NDS.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 30.04.1976 - AZ: P (L) 1/76

Verfahrensgegenstand

Wiederholung der Losentscheidung

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Gewerkschaft, der mindestens ein wahlberechtigter Bediensteter angehört, kann binnen einer Frist von 14 Tagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl unmittelbar bei dem Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist, eine nach der Wahlordnung zulässige und beantragte Berichtigung nicht vorgenommen worden ist und der Verstoß das Wahlergebnis ändern oder beeinflussen könnte.

  2. 2.

    Für die Losentscheidung ist das vollständige Kollegium der Wahlvorstand zuständig. Nur dieses Kollegium ist nach dem Wahlrecht befugt, die vom Gesetz und der Wahlordnung dem Wahlvorstande übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die Entscheidungen, die für das Ergebnis der Wahl bedeutsam sind, zu treffen.

Der Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
hat in seiner Sitzung am 12. Oktober 1976
durch
die Richter am Oberverwaltungsgericht Kröger, Neumann und Stelling sowie
die ehrenamtlichen Richter Stelljes und Wandert
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 30. April 1976 aufgehoben.

Die Losentscheide für die Bewerber ... und ... sind unwirksam.

Der Beteiligte zu I) wird verpflichtet, die Losentscheidungen in den Gruppen der Beamten und Angestellten binnen eines Monats nach Rechtskraft des Beschlusses zu treffen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin focht die Wahlen zum Personalrat bei der Samtgemeindeverwaltung ... vom 16. März 1976 in den Gruppen der Beamten und der Angestellten an.

2

Die Wahl wurde als Gruppenwahl durchgeführt. Unmittelbar nach Schluß der Wahl begann der Wahlvorstand mit dem Auszählen der Stimmen; er bestand dabei aus den Herren B. und R. und Frau .... Der Wahlvorstand stellte fest, daß auf die beiden Bewerber in der Gruppe der Beamten je 6 Stimmen entfielen; in der Gruppe der Angestellten wurden die Bewerber ... und ... als Ersatzmitglieder mit der gleichen Stimmenzahl von 16 Stimmen und die Bewerber ... und Kornell mit je 6 Stimmen gewählt. Nach der Stimmenzählung wurde - wie es in einem Schreiben des Vorsitzenden des Wahlvorstandes vom 17. März 1976 heißt - "der Wahlvorgang beendet". Die anwesenden Bewerber Amtsinspektor ..., der sich an der Stimmenzählung beteiligt hatte, wurde vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes erklärt, die Losentscheidungen fänden heute nicht mehr statt, erst solle mit den Betroffenen verabredet werden, wie das Los gezogen werden solle. Daraufhin verließen die Wahlvorstandsmitglieder ... und ... sowie der Wahlbewerber ... den Wahlraum. Das Wahlvorstandsmitglied ... kam aber noch einmal zurück und meinte, man müsse den Wahlvorgang noch heute abschließen. Er nahm das Wahlfeststellungsverfahren zusammen mit dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes ... wieder auf. In Anwesenheit eines Herrn ... und eines Herrn ... führten sie die Losentscheide durch. In der Beamtengruppe fiel das Los auf den Bewerber Freitag und in der Angestelltengruppe auf die Ersatzmitglieder ... und ...

3

Nachdem die Bewerber Runge und Watzke noch am gleichen Abend von den Vorgängen gehört hatten, protestierten sie schriftlich gegen die Art und Weise der Losentscheidung. Sie beantragten, die Losentscheidungen ordnungsgemäß durchzuführen und Zeit und Ort hierfür vorher bekanntzumachen.

4

Sie meinten, die Betroffenen müßten selbst ein Los ziehen. Der Wahlvorstand wies ihr Begehren zurück.

5

Das Wahlergebnis wurde am 17. März 1976 bekanntgemacht.

6

Am 29. März 1976 hat die Antragstellerin, die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die Wahlen bei dem Verwaltungsgericht angefochten. Sie hat vorgetragen: Die Feststellung des Wahlergebnisses sei ohne zwingende Gründe abgebrochen worden. Der Losentscheid sei in Abwesenheit der interessierten Beschäftigten durchgeführt worden. Er sei überhaupt nicht in einer "Sitzung" des Wahlvorstandes getroffen worden. Hinter dem Antrage, nur die Losentscheidung als ungültig festzustellen, stecke die Absicht, die Beschäftigten der Dienststelle nicht unnötig einer neuen Wahl zu unterwerfen. Die Antragstellerin wolle keinen Unmut erzeugen, der sich dann gegen die die Wahlanfechtung betreibende Gewerkschaft und ihre Kandidaten richte. Das Stimmergebnis sei auch bekannt und biete keinen Anlaß zur Anfechtung.

7

Die Antragstellerin hat beantragt

festzustellen, daß der Losentscheid, der bei der Wahl zu den Gruppen der Beamten und Angestellten bei der Personalratswahl am 16. März 1976 stattgefunden hat, ungültig ist,

8

hilfsweise,

daß die Wahl in den Gruppen der Beamten und Angestellten bei der Personalratswahl am 16. März 1976 ungültig gewesen ist,

9

hilfsweise,

daß die Wahl zum Personalrat bei der Samtgemeinde ... am 16. März 1976 ungültig ist.

10

Der Wahlbewerber W. hat sich nur dem Hauptantrage der Antragstellerin angeschlossen.

11

Er hat ausgeführt: Mit der Losentscheidung habe sich der restliche Wahlvorstand dem Verdacht ausgesetzt, die Losentscheidungen könnten nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sein. Immerhin wohne Frau Meyer unweit des Rathauses und sei telefonisch noch erreichbar gewesen.

12

Der Vorsitzende des Wahlvorstandes und die Wahlbewerber Peyn und Freitag haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

13

Sie haben vorgetragen: Es sei korrekt gehandelt worden. Es sei überhaupt nur möglich, die Wahl des ganzen Personalrates oder einer ganzen Gruppenvertretung zu wiederholen.

14

Die Samtgemeinde ..., der Vorsitzende des Personalrates und die Wahlbewerber ... und ... haben keine Anträge gestellt.

15

Die Samtgemeinde ... hat erwidert: Die Feststellung des Wahlergebnisses sei zwar unterbrochen worden und hätte erst am nächsten Tag fortgesetzt werden sollen. Auch hätte diese Fortsetzung einer Bekanntmachung bedurft, insofern liege ein Fehler des Wahlvorstandes vor. Dieser Fehler sei aber nicht so ausschlaggebend, daß die Wahl wiederholt werden müßte. Neben den beiden Mitgliedern des Wahlvorstandes seien noch zwei Wahlhelfer und ein unparteiischer Vertreter bei der Losentscheidung dabei gewesen. Alle hätten die ordnungsgemäße Losentscheidung bestätigt. Es bestehe kein Anlaß, den Aussagen keinen Glauben zu schenken.

16

Der Wahlbewerber Runge hat dargelegt: Die Auslosung sei formell nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Wahlvorstand habe nicht vollzählig an der Losentscheidung teilgenommen. Durch den Abbruch der Auszählung sei verhindert worden, daß die Öffentlichkeit an der Losentscheidung hätte teilnehmen können. Der Wahlvorstand hätte vollzählig der Losentscheidung beiwohnen müssen. Wiederholt werden müsse allerdings nur die Losentscheidung, denn das Wahlverfahren bis zum Losentscheid sei in Ordnung.

17

Das Verwaltungsgericht hat dem Hilfsantrage des Antragstellers stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Dem Hauptantrage habe nicht stattgegeben werden können. Es sei unzulässig, eine Anfechtung auf einzelne Entwicklungsstadien der Wahl zu beschränken. Die Ungültigkeit einzelner Abschnitte hätte zur Folge, daß diese später wiederholt werden müßten, während andere gültig blieben. Bis zur Wiederholung des ungültigen Abschnittes könnte sich die Zusammensetzung der Wählerschaft aber ändern, so daß schließlich ein neues Wahlergebnis aus nicht mehr gleichen Wählerschaften zu einer Gesamtwählerschaft zusammenwüchse. Daher sei es nur zulässig, die Ungültigkeit der ganzen Wahl zu beantragen. Die Wahl in den Gruppen der Beamten und Angestellten habe für ungültig erklärt werden müssen. Das Losziehen habe in einer Versammlung des Wahlvorstandes stattfinden müssen, die als Sitzung bezeichnet und im Wahlausschreiben mit Zeit und Ort angekündigt worden sei. Das Losziehen sei jedoch nicht in Anwesenheit des Wahlvorstandes durchgeführt worden. Denn ein Wahlvorstand sei dann nicht mehr anwesend, wenn die Sitzung für beendet erklärt, eine Fortsetzung für einen unbestimmten Zeitpunkt angekündigt worden sei und zwei von drei Mitgliedern des Wahlvorstandes den Sitzungsraum verlassen hätten. Das Fehlen des vollständigen Wahlvorstandes habe nicht durch die Anwesenheit von dritten Personen ausgeglichen werden können, selbst, wenn sie durch ihre Unterschriften bestätigt hätten, daß ordnungsgemäß gelost worden sei.

18

Gegen den am 28. Juni 1976 übersandten Beschluß hat die Antragstellerin am 9. Juli Beschwerde eingelegt.

19

Die Antragstellerin trägt vor: Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, eine Losentscheidung könne nicht isoliert angefochten werden. Wenn - wie hier - feststehe, daß sich Nichtigkeit oder Anfechtungsgründe auf einen tatsächlich und rechtlich eng beschränkten Abschnitt der Wahl beschränkten, so entspreche es dem Grundgedanken des Gesetzes, eine Störung der Kontinuität der Personalratsarbeit und des Friedens in der Behörde dadurch zu verhindern, daß nicht die gesamte Wahl, sondern nur der engbegrenzte Einzelakt wiederholt werde. Wenn es nach der Rechtsprechung möglich sei, bei einer Gruppenwahl nur die Wahl einer einzelnen Gruppe zu wiederholen, dann sei es aber auch möglich, lediglich den Losentscheid zu wiederholen.

20

Die Antragstellerin begehrt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, daß die Losentscheide für die Beteiligten ... und ... unwirksam sind sowie den Beteiligten zu I) zu verpflichten, die Losentscheidungen in den Gruppen der Beamten und Angestellten binnen eines Monats nach Rechtskraft des Beschlusses zu treffen.

21

Der Beteiligte zu II 2) schließt sich diesem Antrage und seiner Begründung an.

22

Die Beteiligten zu I), II 1) und IV) begehren,

die Beschwerde zurückzuweisen

23

und beziehen sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Die übrigen Beteiligten stellen keine ausdrücklichen Anträge.

24

Wegen des übrigen Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze verwiesen.

25

II.

1.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie hat Erfolg.

26

Nach § 26 Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen - NdsPersVG - in der am Wahltage geltenden Fassung vom 27. Mai 1974 (Nds GVBl S. 250) kann eine Gewerkschaft, der mindestens ein wahlberechtigter Bediensteter angehört, binnen einer Frist von 14 Tagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl unmittelbar bei dem Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist, eine nach der Wahlordnung zulässige und beantragte Berichtigung nicht vorgenommen worden ist und der Verstoß das Wahlergebnis ändern oder beeinflussen könnte.

27

Die beanstandeten Losentscheidungen verstoßen gegen das Wahlverfahren.

28

Nach § 1 Abs. 1 Wahlordnung für die Personalvertretungen im Lande Niedersachsen - WO - idF vom 13. April 1972 (Nds GVBl S. 201) führt der Wahlvorstand die Wahl der Personalvertretung durch. Er faßt seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Der Wahlvorstand besteht aus drei wahlberechtigten Bediensteten, und zwar einem Vorsitzenden sowie zwei weiteren Mitgliedern (§ 20 a PersVG Nieders.). Der Wahlvorstand stellt nach "Beendigung" der Stimmabgabe das Wahlergebnis fest (§ 20 Abs. 1 WO). Die hierfür vorgesehene Sitzung ist öffentlich (§ 20 Abs. 5 WO). Der Wahlvorstand fertigt über das Wahlergebnis eine Niederschrift, die von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstandes zu unterzeichnen ist (§ 21 Abs. 1 WO). Bei einer Gruppenwahl ermittelt der Wahlvorstand die gewählten Bewerber in der Reihenfolge der jeweils höchsten auf sie fallenden Stimmzahlen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 WO). Die Vorschrift des § 29 Abs. 3 WO bestimmt dann, daß bei gleicher Stimmenzahl das Los entscheidet.

29

Wahlvorstand für die Losentscheidung ist somit das vollständige Kollegium. Nur dieses Kollegium ist nach dem Wahlrecht befugt, die vom Gesetz und der Wahlordnung dem Wahlvorstande übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die Entscheidungen, die für das Ergebnis der Wahl bedeutsam sind, zu treffen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. November 1959 - VII P 18.58 - Buchholz Rspr. BVerwG 238.3 § 17 Nr. 3 = BVerwG-E 9, 357; 25. Februar 1966 - VII P 13.64 - Buchholz a.a.O. 238.3 § 76 Nr. 14 und 23. September 1966 - VII P 14.65 - Buchholz a.a.O. 238.37 § 22 Nr. 2 = BVerwGE 25, 120).

30

Wenn der Wahlvorstand entscheidet, haben sämtliche Mitglieder mitzuwirken. Dies gilt besonders für die Feststellung des Wahlergebnisses nach § 20 WO (vgl. BVerwGE 25, 120).

31

Handelt es sich dagegen nur um Maßnahmen vorwiegend technischer Natur, so brauchen nicht sämtliche Mitglieder des Wahlvorstandes als Kollegium mitzuwirken. So zum Beispiel, wenn festzustellen ist, ob die Wahlurnen leer sind (vgl. BVerwGE 25, 120 [122], Seifert 1976, Bundeswahlrecht, RdNr. 11 zu § 8 BWG).

32

Die Losentscheidung bei Stimmengleichheit ist nach der Systematik des Wahlrechts des Personalvertretungsgesetzes ein Teil des Verfahrensabschnitts - Feststellung des Wahlergebnisses - nach § 29 (rechtsvergleichend: Seifert a.a.O., Anm. ... zu § 5 BWG). Somit kann bei dieser wichtigen Aufgabe des Wahlvorstandes nur das Kollegium die Losentscheidung treffen (vgl. Kuhn, Sabottig, Schneider, Thiel, Wehner 1976, RdNr. 10 zu § 5 Wahlordnung Bundespersonalvertretungsgesetz). Eine bestimmte Methode für die Losentscheidung schreibt die Wahlordnung nicht vor. Es genügt, daß der Wahlvorstand eine Methode anwendet, die einen Einfluß auf das Zufallergebnis nicht zuläßt (so BVerwGE 7, 197 [200]).

33

Im vorliegenden Falle ist innerhalb des Verfahrensabschnitts - Feststellung des Wahlergebnisses - die Losentscheidung nicht vom Wahl vorstand als Kollegium durchgeführt worden, da ein Mitglied, Frau Martha Meyer, fehlte. Es kann hier ungeprüft bleiben, ob bei der Maßnahme der Losentscheidung ein einziges Mitglied des Wahlvorstandes für einen Augenblick den Sitzungsraum verlassen kann, ohne daß dies für die Ordnungsgemäßheit Folgen hätte. Dies kann allein deshalb hier dahingestellt bleiben, weil Frau ... dauernd abwesend war. Sie hatte von der spontanen Ansetzung einer neuen zweiten Sitzung keine Nachricht erhalten. Zutreffend weist daher das Verwaltungsgericht darauf hin, daß ein Zusammentreten von zwei Mitgliedern eines Dreierkollegiums kein Zusammentreten des Kollegiums sei. Da die Mitglieder des Wahlvorstandes ... und ... nicht befugt waren, allein den Vorstand bei der Feststellung des Wahlergebnisses zu bilden, liegt ein nicht heilbarer Mangel vor, der die Losentscheidungen unwirksam macht.

34

Da somit unwirksame Bewerberberufungen vorliegen, ist aus Gründen der Rechtsklarheit kassatorisch der Verlust der zu Unrecht übertragenen Mandate zu erkennen (vgl. Seifert a.a.O. S. 391).

35

Weil aber der Senat nach der Wahlordnung nicht befugt ist, selbst die Losentscheidungen vorzunehmen, ist der alte Wahlvorstand, der Beteiligte zu I), zu verpflichten, die erforderlichen Losentscheidungen nachzuholen. Hierfür erscheint ein Monat nach Rechtskraft des Beschlusses angemessen und ausreichend. Denn diese Maßnahmen sind weder mit einem besonderen Verwaltungsaufwand verbunden noch haben die Beteiligten im Termin zur Anhörung dem Senat Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden könnte, daß diese Zeitspanne zu kurz wäre.

36

Abzulehnen ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, aus dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 1969 - VII P 10.68 - BVerwGE 32, 182 - folge, unzulässig sei es, eine Wahlanfechtung auf einzelne Entwicklungsstadien zu beschränken. Das gleiche gelte für einzelne Wahlabschnitte; denn in der Zwischenzeit habe sich die Zusammensetzung der Wählerschaft verändern können. Das Verwaltungsgericht übersieht, daß hier nicht die Wahl im engeren Sinne, die Stimmabgabe der Wähler, an einem Fehler leidet, sondern nur die Feststellung des Wahlergebnisses. Nur wenn die Neufeststellung des Wahlergebnisses auf andere Weise als durch eine neue Stimmabgabe unmöglich wäre, käme als Folgemaßnahme eine Wiederholung der Wahl in Betracht. Einen Fehler bei der Feststellung kann grundsätzlich das Gericht selbst berichtigen (vgl. Engelhardt-Ballerstedt 3. Aufl. RdNr. 40 zu § 26 PersVG; OVGE 27, 181 [191]). Da somit die Wahlordnung die Feststellung durch Losentscheidung allein dem Wahlvorstande zuweist, ist dieser zu verpflichten. Im übrigen kann ein selbständig abtrennbarer Teil der Wahl isoliert angefochten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8. Juni 1962 - VII P 7/61 - ZBR 1962, 283).

37

Für eine Kostenentscheidung ist in dem Beschlußverfahren kein Raum (vgl. BVerwGE 4, 357 [359]).

38

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 NdsPersVG i.V.m. § 91 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

39

Unabhängig hiervon kann die Rechtsbeschwerde gemäß § 85 Abs. 2 NdsPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auch ohne Zulassung eingelegt werden, wenn die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts von einer in der Rechtsbeschwerdebegründung bezeichneten Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, Uelzener Straße 40, oder bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin 12, Hardenbergstraße 31, einzulegen; die Rechtsbeschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 85 Abs. 2 NdsPersVG i.V.m. § 94 Abs. 1 Satz 2 und 4 ArbGG).

40

Die Beschwerdeschrift muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Rechtsbeschwerde eingelegt wurde. Die Beschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerde keine Begründung enthält, innerhalb weiterer zwei Wochen zu begründen; die Frist beginnt mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerdebegründung muß angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll (§ 95 Abs. 2 NdsPersVG i.V.m. § 94 ArbGG).

Kröger
Neumann
Stelling
Stelljes
Wandert