Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.12.1995, Az.: II 252/94

Streit über die Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids; Abschluß eines Vergleichs als Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
07.12.1995
Aktenzeichen
II 252/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 19588
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1995:1207.II252.94.0A

Fundstelle

  • EFG 1996, 408-410 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

§ 175 I S. 1 Nr. 2 AO
rückwirkendes Ereignis
Gewinnfeststellung 1986

Der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 7. Dezember 1995,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob ein Gewinnfeststellungsbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) zu ändern ist. Es geht darum, ob bei einer zur Durchführung eines einzigen Objekts geschlossenen Arbeitsgemeinschaft der Abschluß eines Vergleichs ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne der genannten Änderungsvorschrift ist.

2

Klägerin ist die B. AG "G.", eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene sog. Feststellungs-Arbeitsgemeinschaft, für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt wurden.

3

Die B. AG (B.) schloß im Februar 1984 mit einer ägyptischen Gesellschaft einen Vertrag über die Errichtung einer Rohrzuckerfabrik; danach war sie verpflichtet, die Gesamtplanung zu erbringen, Maschinen, Apparate und Ausrüstungen zu liefern und die Montage und Inbetriebnahme zu gewährleisten. Insbesondere waren in dem Vertrag bestimmte Ausbeutewerte garantiert.

4

Zur Durchführung des Vertrages bildete die B. im November 1984 mit der Firma K. Industrietechnik GmbH (K.) eine stille Arbeitsgemeinschaft, nämlich die B. AG "G.", die Klägerin. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern der Klägerin untereinander und gegenüber der ägyptischen Gesellschaft wird auf die Darstellungen im Betriebsprüfungsbericht vom 12.08.1992 (Bl. 42-55 Bilanzakte, dort Bl. 3 und 4) und den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 25.04.1994 (Bl. 5-11 Gerichtsakte - GA -, dort Bl. 2) Bezug genommen. Der Auftragswert belief sich auf rd. 109 Mio. DM.

5

Ende 1986 war der Bau der Anlage abgeschlossen. Es fehlten lediglich die mit der Inbetriebnahme zusammenhängenden Montageleistungen und die Garantiefahrt. Die Klägerin ermittelte für das Streitjahr 1986 (Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich) einen Bilanzgewinn von 5.031.500 DM, Der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA -) stellte die hiervon im Inland steuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend der Gewinnfeststellungserklärung einheitlich und gesondert unter Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO fest. Im Mai 1988 änderte das FA den Gewinnfeststellungsbescheid nach Durchführung einer die Jahre 1984 bis 1986 betreffenden Außenprüfung (Ap.) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf; es wurden lediglich der Inlandsanteil auf 91.03 u.H. erhöht und damit der Inlandsgewinn auf 4.580.320 DM festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 10, 11 des Betriebsprüfungsberichts vom 02.05.1988 (Bl. 14 ff. Bilanzakte) verwiesen. Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid wurde bestandskräftig. Die Klägerin entrichtete schließlich 874.700 DM Gewerbesteuer.

6

Bei mehreren in den Jahren 1984 bis 1989 durchgeführten Garantiefahrten wurden die garantierten Zuckerausbeutewerte nicht erreicht. Ende 1989 schlossen die ägyptische Gesellschaft und die Klägerin einen Vergleich, nach dem die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 8.927.113 DM zu leisten hatte. Hierdurch ergab sich aus der Tätigkeit der Klägerin ein Gesamtverlust in Höhe von 4.237.942,78 DM. Wegen der Zusammensetzung der vereinbarten Schadensersatzleistungen und der Höhe der 1986 bis 1991 angefallenen Gewinne/Verluste wird auf den Inhalt der Klageschrift vom 10.06.1994 (Bl. 13 ff. GA) verwiesen.

7

Am 30. April 1991 schlossen die Gesellschafter der Klägerin einen Vergleich über die endgültige Abrechnung der Arbeitsgemeinschaft, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 29-33 Gerichtsakte).

8

Im Dezember 1991 beantragte die Klägerin, den Gewinnfeststellungsbescheid 1986 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern und einen Verlust von 3.895.613 DM (erklärter Gewinn 5.031.500 DM ./. Schadensersatzleistung 8.927.113 DM) festzustellen. Das FA lehnte diesen Antrag, der auch Gegenstand der Erörterungen einer die Gewinnfeststellungen 1987 bis 1991 betreffenden Ap. war, im Dezember 1992 ab. Der Einspruch der Klägerin hiergegen blieb ohne Erfolg.

9

Das FA begründete seine Entscheidung damit, der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) habe in seinen Beschlüssen vom 19.07.1993 (GrS 1/92 und 2/92, BStBl II 1993, 894 ff. und 897 ff.), auf die sich die Klägerin zur Begründung ihres Antrags berief, entschieden, bei laufend veranlagten Steuern seien die bei Eintritt neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt geändert habe. Zwar könne eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts bei Steuertatbeständen, die, wie z.B. die Betriebsveräußerung, an einen einmaligen Vorgang anknüpften, zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führen. So liege der Streitfall indes nicht, denn die Arbeitsgemeinschaft sei nicht zum 31.12.1986 beendet worden. Der Umstand, daß die Klägerin nur ein Projekt abgewickelt habe, sei nicht mit dem vom BFH entschiedenen Fall der Veräußerung eines Gewerbebetriebes vergleichbar.

10

Mit der Klage begehrt die Kl. weiterhin die Änderung des Gewinnfeststellungsbescheides 1986. Sie meint, der Bau der Anlage sei mit der Veräußerung eines Gewerbebetriebes vergleichbar. Beides seien einmalige Vorgänge. Mithin seien die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senates des BFH vom 19.07.1993 auf den Streitfall zu übertragen. Dem stehe auch nicht etwa entgegen, daß sich die Abwicklung des Vertrages über eine längere Zeitspanne erstreckt habe, denn dies sei nur die notwendige Folge des Umfangs des Auftrags gewesen. Die Arbeitsgemeinschaft sei ausschließlich zur Durchführung nur dieses einen Auftrags gegründet worden. Die durch den 1989 geschlossenen Vergleich übernommenen Schadensersatzverpflichtungen von rd. 9 Mio DM stellten die für § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erforderliche später eingetretene Veränderung der 1986 festgestellten Einnahmen dar.

11

Der für 1986 festgestellte inländische Gewinn von 4.580.320 DM sei deshalb noch um den Inlandsanteil des Schadenersatzes zu kürzen und um den Gewerbesteuererstattungsanspruch, da Gewerbesteuer nicht mehr anfalle, zu erhöhen.

12

Die Klägerin beantragt,

das Finanzamt zu verpflichten, den bestandskräftigen Feststellungsbescheid 1986 dahin gehend zu berichtigen, daß ein inländischer Verlust von 2.668.652 DM festgestellt wird.

13

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Das FA hält aus den Gründen der Einspruchsentscheidung an seiner Auffassung fest.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

16

1.)

Die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO, vertreten durch ihren vertretungsberechtigten Geschäftsführer, noch klagebefugt. Sie ist zwar wegen Erreichens des vereinbarten Gesellschaftszwecks aufgelöst (§ 726 BGB), gilt aber nach § 730 Abs. 2 S. 1 BGB als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung dies erfordert. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als selbständige Organisation und damit auch ihre Handlungsfähigkeit durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter und in der Liquidation durch ihre vertretungsberechtigten Liquidatoren erlischt aber erst mit Abschluß der Auseinandersetzung und nach vollständiger Abwicklung des Gesamthandsvermögens; erst dann hat sie kein Klagerecht nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO mehr und geht die Klagebefugnis auf die betroffenen Gesellschafter über (BFH-Urteil v. 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159/15, BStBl. II 1990, 333).

17

Es kann offenbleiben, ob der von der Klägerin noch verfolgte Gewerbesteuererstattungsanspruch 1986 deren Vollbeendigung entgegenstünde; nach dem o.a. BFH-Urteil vom 26. Oktober 1989 (a.a.O. unter 4.)) dürfte allerdings ungeachtet solcher (ggf. auch nur vermeintlicher) Ansprüche die zivilrechtliche Vollbeendigung mit der Folge des Wegfalls der Klagebefugnis bereits eintreten können.

18

In Ziff. 7 i.V.m. Ziff. 4 des Vergleichs der Gesellschafter der Klägerin vom 30.04.1991 (Einzelheiten Bl. 28 bis 33 Gerichtsakte) ist hierzu jedenfalls ausdrücklich bestimmt, daß die Auseinandersetzung erst mit der Abwicklung des Vergleichs endet und ist Gegenstand des Vergleichs und damit noch abzuwickeln der noch zu verfolgende Gewerbesteuererstattungsanspruch und dessen Verteilung unter den Gesellschaften.

19

Die Klägerin ist auch wirksam vertreten. Zwar ist die Klage von der B. für die Klägerin erhoben worden und steht nach § 730 Abs. 2 S. 2 BGB die Geschäftsführung und Vertretung von der Auflösung der Gesellschaft an allen Gesellschaftern gemeinsam zu, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes geregelt ist. Ob der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthält, läßt der Senat ungeprüft, weil die B. in der mündlichen Verhandlung noch eine auf sie lautende Prozeßvollmacht der Mitgesellschafterin vorgelegt hat.

20

2.)

Das FA hat zu Recht die Änderung des bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheids 1986 vom 19.05.1988 abgelehnt.

21

a)

Allerdings sind Steuerbescheide, mithin auch Gewinnfeststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 AO) gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, "soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis)".

22

Der am 27.01.1989 geschlossene (außergerichtliche) Vergleich, wonach die Klägerin auf eine Forderung in Höhe von 1.627.113 DM verzichtete, zusätzlich Zentrifugen im Werte von 6,5 Mio. DM zu liefern und weitere Leistungen über 800.000 DM zu erbringen bzw. Verpflichtungen in dieser Höhe zu übernehmen hatte (Gesamtsumme der Schadensersatzleistungen: 8.927.113 DM), ist indes kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne dieser Änderungsvorschrift.

23

aa)

Bei lfd. Gewinneinkünften stehen der Annahme eines rückwirkenden Ereignisses aufgrund vergleichsweiser Regelungen eines in der Vergangenheit entstandenen Anspruchs in der Regel schon die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 EStG) entgegen. Denn als stichtagsbezogene Vermögensaufstellung bleibt eine Bilanz auch dann richtig, wenn sich nach ihrer Aufstellung herausstellt, daß z.B. ein bisher als wirksam angesehenes Rechtsgeschäft nachträglich unwirksam geworden ist. Die Folgerungen aus der Rückgängigmachung eines Geschäfts werden danach erst in der auf den Zeitpunkt der Aufhebung oder Anfechtung des Vertrags folgenden Bilanz gezogen (so: BFH-Urteil vom 26.07.1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786 m.w.N., u.a. auch auf Tipke-Kruse, 11. Aufl., § 175 AO Tz. 77 - letzterer hat seine Auffassung inzwischen geändert, vgl. neuere Auflagen § 175 Anm. 12; Vorlagebeschluß vom 26.03.1991 VIII R 315/84, BFHE 166/7, BStBl II 1992, 472 unter III 5) m.w.N.).

24

Denn die grundsätzliche Maßgeblichkeit der Handelsbilanz wird durch die Regelungen des § 41 Abs. 1 AO nicht berührt. Wird ein Rechtsgeschäft unwirksam, ist dies nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO zwar für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten dessen wirtschaftliches Ergebnis bestehen lassen, d.h. umgekehrt ist ein solcher Vorgang erheblich, wenn die Beteiligten den Geschäftsvorfall rückgängig machen. Entgegen Tipke-Kruse (§ 175 AO Tz. 12) kann hierin aber keine spezielle gesetzliche Ausnahme vom Maßgeblichkeitsgrundsatz gesehen werden mit der dort angenommenen Folge, daß insoweit Bilanzberichtigung oder Bilanzänderung in Betracht kämen, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung folglich eine rückwirkende Änderung nicht ausschlössen. Dieser Auslegung steht § 41 Abs. 1 Satz 2 AO entgegen. Danach gilt die Anordnung in § 41 Abs. 1 Satz 1 AO nämlich dann nicht, wenn und soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt. Aus dem Steuergesetz (§ 5 Abs. 1 EStG) ergibt sich jedoch gerade die Maßgeblichkeit der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 EStG). Da § 41 Abs. 1 Satz 2 AO die Anordnung des Satzes 1 aufhebt, wenn sich nach den Einzelsteuergesetzen etwas anderes ergibt, ist es nach der Gesetzessystematik falsch, das Einzelsteuergesetz schon als durch Satz 1 modifiziert anzusehen, weil dann Satz 2 insoweit leerliefe.

25

Der Annahme eines Ereignisses mit steuerlicher Rückwirkung stehen deshalb nach Auffassung des erkennenden Senats schon die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entgegen.

26

Hiervon ist auch der Große Senat des BFH in seinen Beschlüssen vom 19.07.1993 (GrS 1/92 und 2/92, a.a.O.) ohne weitere Begründung ausgegangen, indem dort (GrS 2/92 unter II 1. d)) ausgeführt ist, bei den lfd. veranlagten Steuern, wie der Einkommensteuer, seien die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert, und gelte dies auch bei der Gewinnermittlung durch Bestands vergleich.

27

bb)

Allerdings führt der Große Senat weiter aus, dieser Grundsatz sei nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmten, daß eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führe (vgl. § 41 Abs. 1 AO); eine solche Rechtslage sei indes bei Steuertatbeständen gegeben, die an einen einmaligen Vorgang anknüpften, wie z.B. bei § 29 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz; um ein solches einmaliges, punktuelles Ereignis handele es sich auch bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs i.S.d. § 16 EStG.

28

In der Folge hat der BFH derartige einmalige, punktuelle Ereignisse, auf die die Steuergesetze mit der Folge der steuerlichen Rückbeziehung späterer Ereignisse abheben, zutreffend angenommen für die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns, obwohl die Betriebsaufgabe auch ein zeitlich gestreckter Vorgang sein kann (BFH-Urteil vom 10.02.1994 IV R 37/92, BFHE 174/140, BStBl II 1994, 564), den Gewinn aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen nach § 17 EStG (BFH-Urteil vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BFHE 174/324, BStBl II 1994, 648), den Gewinn bei Ausscheiden aus einer Personengesellschaft (BFH-Urteil vom 14.12.1993 VIII R 35/90, BFH/NV 1994, 543, und vom 14.12.1994 X R 128/92, BFHE 176/465, BStBl II 1995, 465) und früher schon für den Sondertatbestand der sonstigen Leistung (§ 22 Abs. 3 EStG), sofern es bei einer einmaligen Leistung verbleibt (BFH-Urteil vom 03.06.1992 X R 91/90, BFHE 168/272, BStBl II 1992, 1017).

29

Insbesondere im BFH-Urteil vom 21.12.1993 VIII R 69/88 (a.a.O.) ist nochmals ausdrücklich betont, diese Auslegung sei wesentlich davon bestimmt, daß es sich um Steuertatbestände handele, "die an einen einmaligen Vorgang anknüpften, und bei denen nachträgliche Änderungen nicht in einer Folgebilanz oder nach den Grundsätzen des Zuflußprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden könn(t)en".

30

So - punktueller Steuertatbestand - liegen die Verhältnisse entgegen der Auffassung der Klägerin bei ihr indes nicht.

31

Im Streitfall hatten sich die Gesellschafter der Klägerin zwar zur Durchführung nur eines einzigen Großauftrags zu einer Arbeitsgemeinschaft in Form einer GbR zusammengeschlossen und hat sich diese Gesellschaft mit Erreichen des Zwecks auch wieder aufgelöst (vgl. § 726 BGB); gleichwohl war für die Klägerin der gesamte Gewinn nicht etwa nur auf einen einzigen Zeitpunkt zu ermitteln, vielmehr waren während der Gesamtdauer ihres Bestehens in jedem Veranlagungszeitraum unter Zugrundelegung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung der Gewinn/Verlust zu ermitteln und bis zur Aufgabe des Betriebs, wie geschehen, Bilanzen zu fertigen.

32

Schließlich ist jede Arbeitsgemeinschaft unter der Voraussetzung ihres Auftretens nach außen im eigenen Namen eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Nr. 2 EStG, und zwar unabhängig von ihrer Dauer (Rechtsprechung des BFH in Abkehr von der Rechtsprechung des RFH seit BFH-Urteil vom 23.02.1961 IV 313/59 U, BFHE 72, 533, BStBl III 1961, 194), und erzielt nach den allgemeinen Vorschriften Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Diese Rechtsprechung ist später lediglich gesetzlich eingeschränkt worden (zur Rechtsentwicklung vgl. die Darstellung im BFH-Urteil vom 02.12.1992 I R 165/90, BFHE 170, 224, BStBl II 1993, 577). Denn nach § 2 a GewStG in der hier anzuwendenden Fassung gilt § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG nicht bzw. nach der durch Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 09.12.1985 geänderten Fassung gilt nicht als Gewerbebetrieb die Tätigkeit solcher Arbeitsgemeinschaften, deren alleiniger Zweck sich auf die Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags beschränkt, es sei denn, daß bei Abschluß des Vertrags anzunehmen ist, daß er nicht innerhalb von drei Jahren erfüllt wird, und ist in § 180 Abs. 4 AO - verfahrensrechtlich folgerichtig - nur für die gewerblichen Arbeitsgemeinschaften die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorgesehen (sog. Feststellungs-Arbeitsgemeinschaften); die gewerbesteuerlichen Vorschriften sind dabei sinngemäß (Schmidt, § 15 EStG, Rdn. 329) auf die Einkommensteuer anzuwenden, denn sonst liefe § 180 Abs. 4 AO leer. Da die Feststellungs-Arbeitsgemeinschaften nach den Steuergesetzen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, ergibt sich aus einkommensteuerrechtlichen Vorschriften keine Einschränkung dahin, daß der gesamte Gewinn auf einen festen Zeitpunkt wie etwa ein Veräußerungsgewinn zu erfassen wäre. Eine derartige Einschränkung im Bereich der Gewinneinkünfte ergibt sich lediglich aus den Vorschriften über den Veräußerungs- und Aufgabegewinn in § 16 EStG.

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cc)

Dieses Ergebnis mag unbillig sein, weil die Klägerin ohne eine Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids trotz eines Gesamtverlustes von rd. 4 Mio. DM Gewerbesteuer auf rd. 4,6 Mio. DM Gewerbeertrag entrichten muß, da im Gewerbesteuergesetz nur ein Verlustvortrag, nicht indes ein Verlustrücktrag vorgesehen ist (§ 10 a GewStG), zumal durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310; BStBl I 1994, 50, dort Art. 13 Nr. 1, 14 Nr. 8 und 26 Nr. 19) die Mitunternehmerschaft der Arbeitsgemeinschaften nochmals eingeschränkt worden ist auf solche, deren Zweck sich nicht auf die

34

Durchführung nur eines einzigen Werk- oder Werklieferungsvertrags beschränkt. Das Ergebnis entspricht jedoch den gesetzlichen Vorschriften.

35

b)

Eine Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids ist auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, auf den sich die Klägerin noch ergänzend in der mündlichen Verhandlung berufen hat. Danach kann ein Steuerbescheid geändert werden, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, daß die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekanntwerden.

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Dieser Änderungstatbestand ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Sachverhalt des Vergleichs im Streitjahr 1986 noch gar nicht verwirklicht war. Bei der Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 AO erfährt der steuerlich relevante Sachverhalt nicht wie bei § 175 Abs. 1 S. 1 AO nachträglich und rückwirkend eine andere Gestaltung, sondern es wird nur die Kenntnis der Finanzbehörde bezüglich des im betreffenden Veranlagungszeitraum verwirklichten Sachverhalts nachträglich erweitert (BFH-Urteil v. 21. April 1988 IV R 215/85, BFHE 153/485, BStBl II 1988, 863). Der im Streitjahr 1986 vorhandene und in diesem Veranlagungszeitraum zu erfassende steuerliche Sachverhalt war dem FA aber in vollem Umfang bekannt.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.